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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 01.09.2008
Aktenzeichen: 6 W 73/08
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 81 Abs. 1 lit. a
EGV Art. 81 Abs. 1 lit. d
EGV Art. 81 Abs. 2
EGV Art. 86 Abs. 1
EGV Art. 86 Abs. 2 Satz 1
1. Das Beschwerdeverfahren betreffend die Gerichtskosten für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids - Aktenzeichen 07-7931275-01N Amtsgericht Aschersleben - wird ausgesetzt.

2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Artikel 86 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV in der Fassung des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 geändert durch Art. 2 Nizza-Vertrag vom 26. Februar 2001) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

2.1 Ist Art. 86 Absatz 1 EGV in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 lit. a und d sowie Abs. 2 EGV dahin auszulegen, dass die vom Land Sachsen-Anhalt der von ihm errichteten Investitionsbank nach § 6 Abs. 1 des Investitionsbank-Begleitgesetzes vom 18. Dezember 2003 (Gesetz- und Verordnungsblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 47/2003 Seite 371) eingeräumte Befreiung von Gerichtskosten und Gerichtsgebühren nichtig ist?

2.2 Falls die Frage zu 2.1. verneint wird: Sind die Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 EGV dahin auszulegen, dass die Investitionsbank bei Gerichtskosten und Gerichtsgebühren nur dann die Kostenbefreiung wie das Land Sachsen-Anhalt genießt, wenn sie hoheitliche Aufgaben gemäß § 6 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vom 30. Dezember 2003 (GVBl. LSA 2004, Seite 20) geändert durch Änderungsverordnung vom 2. Dezember 2006 (GVBl. LSA Seite 534) wahrnimmt?


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

6 W 73/08 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht v. Harbou, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Otparlik und den Richter am Amtsgericht Scholz

am 1. September 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Das Beschwerdeverfahren betreffend die Gerichtskosten für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids - Aktenzeichen 07-7931275-01N Amtsgericht Aschersleben - wird ausgesetzt.

2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Artikel 86 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV in der Fassung des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 geändert durch Art. 2 Nizza-Vertrag vom 26. Februar 2001) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

2.1. Ist Art. 86 Absatz 1 EGV in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 lit. a und d sowie Abs. 2 EGV dahin auszulegen, dass die vom Land Sachsen-Anhalt der von ihm errichteten Investitionsbank nach § 6 Abs. 1 des Investitionsbank-Begleitgesetzes vom 18. Dezember 2003 (Gesetz- und Verordnungsblatt Land Sachsen-Anhalt Nr. 47/2003 Seite 371) eingeräumte Befreiung von Gerichtskosten und Gerichtsgebühren nichtig ist?

2.2. Falls die Frage zu 2.1. verneint wird: Sind die Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 EGV dahin auszulegen, dass die Investitionsbank bei Gerichtskosten und Gerichtsgebühren nur dann die Kostenbefreiung wie das Land Sachsen-Anhalt genießt, wenn sie hoheitliche Aufgaben gemäß § 6 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vom 30. Dezember 2003 (GVBl. LSA 2004, Seite 20) geändert durch Änderungsverordnung vom 2. Dezember 2006 (GVBl. LSA Seite 534) wahrnimmt?

Gründe:

1. Die Antragstellerin hat in dem zivilrechtlichen Ausgangsverfahren wegen der Haupt- und Nebenforderung in Höhe von insgesamt 362.106,34 € beim Amtsgericht Aschersleben den Erlass eines Mahnbescheids gegen den Antragsgegner, A. G. , beantragt (§§ 688 ff ZPO). Die Kostenbeamtin hat nach den kostenrechtlichen Bestimmungen zum Gerichtskostengesetz (GKG) von der Antragstellerin Gerichtskosten, Vordruckkosten und Porto von insgesamt 1181,00 € verlangt. Die Antragstellerin hat die Kostenrechnung vom 15. Januar 2008 unter Vorbehalt gezahlt. Sie hat Erinnerung gegen die Kostenerhebung eingelegt. Sie meint, sie sei von der Zahlung der Gerichtskosten gem. § 2 Abs. 3 Satz 2 GKG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz befreit.

2. § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz lautet: "Die Investitionsbank genießt bei Kosten die gleichen Vergünstigungen wie das Land."

4. Der Bund und die Länder sowie die nach den Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen sind von der Zahlung der Gerichtskosten und Gerichtsgebühren im Wesentlichen nach folgenden Vorschriften befreit:

4.1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit.

§ 2 Abs. 1 GKG lautet: "In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach den Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderung ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

§ 2 Abs. 3 Satz 2 GKG lautet: "Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

4.2. Kostenfreiheit genießen der Bund und die Länder sowie die nach den Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Kostenordnung (KostO).

§ 11 Abs. 1 KostO lautet: "Von der Zahlung der Kosten sind befreit der Bund und die Länder sowie die nach den Haushaltsplänen des Bundes und der Länder für Rechnungen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. Bei der Vollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist." § 11 Abs. 2 KostO: "Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben in Kraft. Landesrechtliche Vorschriften, die in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt."

4.3. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) sind sie von der Zahlung der Kosten für die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers befreit.

4.4. Gem. § 8 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz sind sie von der Zahlung der Gebühren für Amtshandlungen befreit, die Gemeinden und die Gemeindeverbände jedoch nur, sofern die Amtshandlungen nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmungen betreffen.

5. Die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Magdeburg hat beantragt, die Erinnerung der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenrechnung sei geprüft und nicht zu beanstanden. Sie hat gemeint, dass die Investitionsbank nicht von den Gerichtskosten und -gebühren befreit sei, weil sie in § 2 Abs. 1 GKG nicht ausdrücklich genannt worden sei. Die Antragstellerin sei auch keine nach den Haushaltsplänen des Landes verwaltete Körperschaft oder Anstalt, sodass auf sie diese Vorschrift keine unmittelbare Anwendung finden könne. Eine Kostenbefreiung einer Bank wie der Antragstellerin komme nur dann in Betracht, wenn sie als Anstalt des öffentlichen Rechts Teil des Fiskus selbst sei und mit ihren gesamten Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes erscheine. Das sei bei der Antragstellerin nicht der Fall. Aus diesem Grund sei auch die Bundesbank nebst ihren Landesstellen nicht von den Gerichtskosten befreit, weil diese nur bei der Gewinnabführung im Haushaltsplan erschienen.

6. Das Amtsgericht Aschersleben hat die Erinnerung der Antragstellerin durch Beschluss vom 21. Februar 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sich die Amtsrichterin auf die Argumente der Bezirksrevisorin gestützt.

7. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde gem. § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG eingelegt. Sie hat vorgebracht, dass ihre Kostenfreiheit in § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG geregelt worden sei. Außerdem ergäbe sich die Kostenfreiheit aus § 2 Abs. 3 Satz 2 GKG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 4. März 2008 Blatt 28 bis Blatt 30 der Akten Bezug genommen.

8. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg hat in der gerichtsverfassungsmäßigen Besetzung mit drei Richtern durch Beschluss vom 8. April 2008 - 3 T 187/08 - auf die Beschwerde der Antragstellerin "die Kostenrechnung des Amtsgerichts Aschersleben ... vom 15. Januar 2008 aufgehoben. "Der bereits gezahlte Betrag ist <der Antragstellerin> zurückzuzahlen." Die Kammer hat die weitere Beschwerde zugelassen (§ 66 Abs. 4 Satz 1 GKG). Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Antragstellerin nach § 2 Abs. 3 Satz 2 GKG, § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz bei Gerichtskosten die gleichen Vergünstigungen gewährt würden wie dem Land Sachsen-Anhalt. In persönlicher Hinsicht sollte sie also wie das Land behandelt werden. Es bestände kein Grund zu der Annahme, dass die angefallenen Gerichtskosten nicht gemeint sein könnten. Gründe, die für eine einschränkende Anwendung sprächen, seien nicht vorhanden. Die Kammer hat sich im Übrigen den Rechtsausführungen des Landgerichts Stendal im Beschluss vom 28. August 2007 - 25 T 68/07 - angeschlossen (zitiert nach juris).

9. Durch diesen nicht rechtskräftigen Beschluss hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Stendal entschieden, dass die Investitionsbank Sachsen-Anhalt gegenüber den Gerichtsvollziehern gem. § 2 Abs. 3 GvKostG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz Kostenfreiheit in ihrem eigenen Bundesland, nicht aber in anderen Bundesländern genieße. Über die zugelassene weitere Beschwerde, die der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Stendal eingelegt hat, hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg - 5 W 86/07 - noch nicht entschieden.

10. Unter dem 18. April 2008 hat die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Magdeburg gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 8. April 2008 weitere Beschwerde eingelegt. Sie meint, dass die Antragstellerin vor den ordentlichen Gerichten nicht von der Zahlung der Kosten befreit sei. Sie wiederholt ihre Begründung, dass die Einnahmen und Ausgaben der Investitionsbank nicht vollständig in den Haushalt des Landes Sachsen-Anhalt eingestellt würden, was sich unter anderem aus § 17 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt ergäbe.

11. Aufgrund des § 4 Abs. 5 Satz 2 des Staatsvertrages zwischen dem Land Niedersachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale - vom 22. Mai 2002 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Land Mecklenburg-Vorpommern über die Norddeutsche Landesbank - Girozentrale - vom 18. Dezember 2002 (GVBl. LSA Seite 441) ist die Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vom 30. Dezember 2003 (GVBl. LSA 2004, Seite 20) geändert durch Änderungsverordnung vom 2. Dezember 2006 (GVBl. LSA Seite 534) ergangen:

§ 1 Errichtung, Rechtsform, Name, Sitz.

(1) Das Land Sachsen-Anhalt (Land) errichtet bei der Norddeutschen Landesbank - Girozentrale - (Landesbank) als teilrechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts die "Investitionsbank Sachsen-Anhalt - Anstalt der Norddeutschen Landesbank - Girozentrale" (Investitionsbank).

(2) Die Investitionsbank kann im Rechtsverkehr unter ihrem Namen handeln, klagen und verklagt werden. ...

§ 4 Aufgaben.

(1) Die Investitionsbank ist das zentrale Förderinstitut des Landes und unterstützt das Land in dessen Auftrag bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Sie kann ferner mit Zustimmung des Verwaltungsrates auch andere Träger der öffentlichen Verwaltung unterstützen. Die Investitionsbank beachtet dabei die Grundsätze und Ziele der staatlichen Förderpolitik sowie die Bestimmungen der europäischen Gemeinschaft.

(2) Im Einzelnen unterstützt die Investitionsbank im Rahmen der übertragenen Förderprogramme das Land und andere Träger der öffentlichen Verwaltung in folgenden Bereichen:

1. Durchführung und Verwaltung öffentlicher Fördermaßnahmen im Einklang mit den Beihilfevorschriften der Europäischen Gemeinschaft:

a) Förderung des Wohnungswesens,

b) Städtebauförderung einschließlich der städtebaulichen Erneuerung und Entwicklung,

c) Regionalförderung,

d) Mittelstandsförderung,

e) Förderung im Rahmen der Bereitstellung von Risikokapital,

f) Technologie- und Innovationsförderung,

g) Infrastrukturförderung,

h) Förderung von Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung,

i) Förderung des Umweltschutzes,

j) Förderung der rationellen Energienutzung, der erneuerbaren Energien und der Energieeinsparung,

k) Förderung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und des ländlichen Raumes,

l) Förderung des Gesundheitswesens,

m) Kunst- und Kulturförderung,

n) Förderung des Tourismus,

o) international vereinbarte Förderprogramme,

p) internationale Zusammenarbeit;

die öffentlichen Fördermaßnahmen sind bei der Beauftragung der Investitionsbank gem. § 5 zu konkretisieren,

2. Beteiligung an Projekten im Gemeinschaftsinteresse, die von der Europäischen Investitionsbank oder ähnlichen europäischen Finanzierungsinstitutionen mitfinanziert werden;

3. Gewährung von Darlehen und anderen Finanzierungsformen an Gebietskörperschaften und öffentlich-rechtliche Zweckverbände;

4. Treuhand- und Verwaltungsgeschäfte aus öffentlichen Mitteln;

5. Maßnahmen rein sozialer Art;

6. sonstige Aufgaben, die im öffentlichen Interesse stehen, soweit sie den Grundsätzen und Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft für die Geschäftstätigkeit eines Förderinstituts nicht widersprechen; die Konkretisierung erfolgt im Einzelfall bei der Beauftragung der Investitionsbank gem. § 5 dieser Verordnung.

(3) Die Förderung erfolgt insbesondere durch die Gewährung von Darlehen und Zuschüssen, die Übernahme von Bürgschaften, das Eingehen von Beteiligungen sowie durch sonstige Finanzierungshilfen.

(4) Soweit die Mittel nicht aus dem Landeshaushalt bereitgestellt werden, beschafft sich die Investitionsbank die erforderlichen Mittel durch die Aufnahme von Darlehen. Die Investitionsbank darf Zuschüsse nur dann bewilligen, wenn diese ihr aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt wurden; die Verbilligung von Darlehensprogrammen bleibt hiervon unberührt.

(5) Die Investitionsbank kann Bankgeschäfte durchführen und Dienstleistungen erbringen, soweit sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind und mit den Aufgaben in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Soweit es sich hierbei um Effektenhandel, Einlagengeschäft oder Girogeschäft handelt, darf sie diese nur für eigene Rechnung durchführen.

§ 5 Übertragung von Aufgaben.

(1) Das Land überträgt der Investitionsbank die Durchführung der bisher vom Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt, Geschäftsbereich der Norddeutschen Landesbank Girozentrale Mitteldeutsche Landesbank, wahrgenommenen Aufgaben durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (Investitionsbankvertrag).

(2) Die Durchführung weiterer Aufgaben im Rahmen von § 4 kann auf der Grundlage des Investitionsbankvertrages durch öffentlich-rechtliche Verträge (Geschäftsbesorgungsverträge) zwischen dem jeweils zuständigen Fachministerium und der Investitionsbank vereinbart werden. In den in § 4 Abs. 2 genannten Bereichen ist die Investitionsbank zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet, wenn das Fachministerium dies verlangt und die Erstattung der entstehenden Aufwendungen zusagt.

(3) Die Durchführung von Aufgaben für andere Träger der öffentlichen Verwaltung erfolgt ebenfalls aufgrund von öffentlich-rechtlichen Verträgen und bedarf der Zustimmung des Verwaltungsrates.

§ 6 Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben.

Die Investitionsbank ist berechtigt, im Rahmen der ihr vom Land übertragenen Aufgaben Verwaltungsakte zu erlassen und öffentlich-rechtliche Verträge zu schließen. Die Berechtigung erstreckt sich auch auf den Abschluss von Vergleichen und die Veränderung von Ansprüchen gemäß den Bestimmungen in §§ 58 und 59 Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt sowie den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften. Die Investitionsbank ist insoweit Behörde im Sinne der gesetzlichen Vorschriften.

§ 7 Grundsätze der Geschäftsführung.

(1) Der Geschäftsbetrieb der Investitionsbank ist nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen, wobei den der Investitionsbank gestellten besonderen Aufgaben Rechnung zu tragen ist. Die Tätigkeit der Investitionsbank ist nicht auf Gewinnerzielung gerichtet.

(2) Die Aufwendungen aus der Geschäftstätigkeit der Investitionsbank müssen insgesamt und nachhaltig gedeckt sein. Eine Übertragung oder Änderung von Aufgaben darf nur erfolgen, wenn die Deckung der Aufwendungen gewährleistet ist.

(3) Die Investitionsbank ist bei der Durchführung der ihr übertragenen Aufgaben zu Wettbewerbsneutralität verpflichtet. Näheres regelt das Statut. Die Einhaltung der Wettbewerbsneutralität wird durch den Verwaltungsrat überwacht.

(4) Die Investitionsbank beachtet bei der Durchführung ihrer Aufgaben das Diskriminierungsverbot sowie das Gebot zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern gemäß den Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft.

§ 17 Geschäftsvermögen.

(1) Überschüsse sind am Ende des Geschäftsjahres einer Rücklage zuzuführen.

(2) Die Mittel aus der Rücklage sind unter Berücksichtigung von Liquiditätserfordernissen zu marktüblichen Zinsen anzulegen, soweit sie nicht im Anlagevermögen der Investitionsbank gebunden sind. Soweit die Rücklage mit Zustimmung des Verwaltungsrates zur Finanzierung von Fördermaßnahmen herangezogen wird, kann der marktübliche Zinssatz unterschritten werden. Die Zinsen fließen dem Geschäftsvermögen zu.

(3) Sobald die vom Aufsichtsrat der Landesbank auf Empfehlung des Verwaltungsrates festgesetzte Rücklage überschritten wird, sind die darüber hinausgehenden Beträge nach Maßgabe eines Beschlusses des Verwaltungsrates für Förderzwecke einzusetzen.

12. Durch Beschluss vom 13. Mai 2008 hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg der weiteren Beschwerde der Bezirksrevisorin nicht abgeholfen. Die Kammer hat die Rechtssache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

13. Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Naumburg hat in ihrer Stellungnahme vom 3. Juni 2008 in dem Parallelverfahren 6 Wx 5/08 OLG Naumburg (vorgehend 3 T 113/08 Landgericht Magdeburg) ausgeführt und im vorliegenden Verfahren ihre dort geäußerte Meinung bestätigt, dass die Entscheidung der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg nicht zu beanstanden sei. Die Investitionsbank genieße gem. § 6 Investitionsbank-Begleitgesetz bei Kosten die gleichen Vergünstigungen wie das Land, mithin Kostenfreiheit. Das gelte jedenfalls für die Gerichte und Behörden des Landes Sachsen-Anhalt.

14. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hält sich nach Art. 234 Abs. 3 EGV für verpflichtet, den Gerichtshof anzurufen. (Vergleiche auch das dem EuGH vorgelegte Beschwerdeverfahren wegen Kostenbefreiung der Investitionsbank in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 11 Abs. 2 KostO in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz, Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 1. September 2008 - 6 Wx 5/08 - vorgehend 3 T 113/08 Landgericht Magdeburg.) Die Entscheidung des Senats kann nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden. Ebenso wie keine weitere Beschwerde gegen eine Erstentscheidung eines Oberlandesgerichts an den Bundesgerichtshof stattfindet (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG), ist auch keine Beschwerde gegen die nach § 66 Abs. 4 Satz 3 GKG ergangene Entscheidung eines Oberlandesgerichts statthaft. Der Senat hält für den Erlass seines Beschlusses eine Entscheidung des Gerichtshofs gem. Art. 234 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 EGV darüber für erforderlich, wie der EG-Vertrag hinsichtlich der Wettbewerbsregeln (Art. 81 ff EGV) auszulegen ist.

15. Der Erfolg der weiteren Beschwerde hängt davon ab, ob der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 6. März 2008 auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 66 Abs. 4 Satz 2 GKG, §§ 546 und 547 ZPO). Auf einer Verletzung des Rechts würde die angefochtene Entscheidung beruhen, wenn die Auslegung des Art. 86 Abs. 1 EGV in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 und Abs. 2 EGV ergibt, dass die der Investitionsbank durch § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz eingeräumte Vergünstigung, keine Gerichtskosten und Gerichtsgebühren zahlen zu müssen, als wettbewerbshindernde Maßnahme nichtig ist.

16. Nach Art. 86 Abs. 1 EGV sind die Mitgliedsstaaten (vgl. Art. 23 GG), also indirekt auch das Land Sachsen-Anhalt, gehalten, in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere dessen Art. 12 und 81 bis 89 EGV widersprechenden Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten. Die in § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz für die Investitionsbank eingeräumte Vergünstigung hinsichtlich der Kosten ist nach Auffassung des Senats als eine wettbewerbshindernde Maßnahme anzusehen, die nach Art. 81 Abs. 1 EGV mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist. Die der Investitionsbank für ihre Tätigkeit eingeräumte Vergünstigung ist nach Auffassung des Senats geeignet, den Wettbewerb unter den Banken und Sparkassen einzuschränken oder zu verfälschen. Die nach der landesrechtlichen Vorschrift in § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz durch § 2 Abs. 3 Satz 2 GKG der Investitionsbank gewährte Kostenfreiheit bedeutet Befreiung von Gebühren und Auslagen. Wer Kostenfreiheit genießt, braucht die öffentlichen Abgaben nach dem GKG für die Tätigkeiten der Gerichte nicht zu bezahlen. Durch § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz werden der Investitionsbank bei gleichwertigen Leistungen für die in § 4 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vom 30. Dezember 2003 aufgezählten Aufgaben günstigere Bedingungen eingeräumt als allen anderen Banken und Sparkassen. Die Deutsche Bundesbank als die Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wenig wie die Landesbanken nach § 2 GKG kostenfrei. Das Land Sachsen-Anhalt hat zwar nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Justizkostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 23. August 1993 (GVBl. LSA Seite 449, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes zur Änderung des Landeskostenrechts und des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte im Lande Sachsen-Anhalt vom 14. Februar 2008 GVBl. Seite 58) Kirchen, sonstige Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, soweit sie die Rechtsstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts haben einschließlich ihrer Gemeinden und Gliederungen sowie öffentlich-rechtliche Verbände, Anstalten und Stiftungen von der Zahlung der Gebühren befreit, die die ordentlichen Gerichte und die Landesjustizverwaltungsbehörden erheben. Aber die Gebührenfreiheit, die durch § 7 Justizkostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt eingeräumt wird, erfasst nicht die Investitionsbank. Denn sonst hätte es nicht der speziellen Regelung in § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz bedurft. Wer wie die Investitionsbank dem Gerichtsfiskus nichts schuldet, kann seinen Kunden günstigere Geschäftsbedingung oder Leistungen zu niedrigeren Kosten anbieten. Die Investitionsbank hat wegen der Kostenfreiheit auch den Wettbewerbsvorteil, dass sie derartige Ausgaben bei den allgemeinen Geschäftskosten nicht einkalkulieren muss.

17. Das Land Sachsen-Anhalt hat der Investitionsbank zu Lasten des freien Wettbewerbs Vorteile und Vergünstigungen eingeräumt, die andere auf gleichen oder ähnlichen Geschäftsgebieten tätige Kreditinstitute nicht genießen. Die Investitionsbank kann zwar im Rahmen der ihr vom Land übertragenen Aufgaben hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Aber die Investitionsbank wird nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz GKG nach den Haushaltsplänen des Landes verwaltet, sondern führt den Geschäftsbetrieb nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vom 30. Dezember 2003). Zwingende europarechtliche Bestimmungen, die den freien Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes vor Einschränkungen oder Verfälschungen schützen sollen, dürfen durch den Geschäftsbetrieb der Investitionsbank nicht verletzt werden.

18. Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 EGV die Vorschriften des EG-Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln. Diese Bestimmung soll nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz EGV dann nicht eingreifen, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Nach Auffassung des Senats kann jedoch keine Rede davon sein, dass die Investitionsbank die ihr nach der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt vom 30. Dezember 2003 übertragenen besonderen Aufgaben nicht erfüllen könnte, wenn sie wie jede andere Gläubigerbank auch zunächst die Gerichtskosten und Gebühren einzahlen müsste, um ihre Darlehens-, Zins- oder sonstigen Forderungen gegen ihre Schuldner gerichtlich durchzusetzen.

19. Falls die im Tenor unter 2.1. gestellte Frage zu verneinen ist, weil die Anwendung der Vorschriften nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und d EGV die Erfüllung der der Investitionsbank übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert (Art. 86 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz), müsste § 6 Abs. 1 Investitionsbank-Begleitgesetz nach Auffassung des Senats einschränkend nur in den Fälle angewendet werden, in denen die Investitionsbank als Landesbehörde gem. § 6 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

Ende der Entscheidung

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