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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 16.02.2007
Aktenzeichen: 6 Wx 7/06
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 144
KostO § 144 Abs. 1 Satz 1
KostO § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
1. Die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO gilt nicht für notarielle Beurkundungen zur Eingliederung des Vermögens eines Abwasserzweckverbandes in einen anderen Abwasserzweckverband. Denn diese Angelegenheit betrifft das wirtschaftliche Unternehmen der am Zweckverband beteiligten Gemeinden.

2. Abwasserzweckverbände sind gebührenrechtlich als wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO anzusehen.

3. § 144 KostO ist als Ausnahmevorschrift zur Gebührenermäßigung eng auszulegen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

6 Wx 7/06 OLG Naumburg

In der Notarkostenbeschwerde

betreffend die Kostenberechnungen des Notars ... vom 10. Juni 2005 zu UR-Nr. ... /05 (betreffend Kostenrechnung für Bewertung zu UR-Nr. ... /2004, UR-Nr. ... /05 (betreffend Bewertung zu UR-Nr. ... /2004) und UR-Nr. ... /05 (betreffend Bewertung zu UR-NR. ... /2004),

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht v. Harbou, den Richter am Oberlandesgericht Manshausen und die Richterin am Landgericht Geyer auf die weitere Beschwerde des Notars vom 1. Juni 2006

am 16. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde des Notars wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2006 aufgehoben.

2. Die Einwendungen des Kostenschuldners, des Beteiligten zu 2, gegen die Kostenberechnungen des Notars vom 10. Juni 2005 zu

- UR-Nr. ... /05 (offener Betrag 22.309,24 €)

- UR-Nr. ... /05 (offener Betrag 7.436,41 €)

- UR-Nr. ... /05 (offener Betrag 3.776,84 €)

werden als unbegründet zurückgewiesen.

3. Die gerichtlichen Auslagen der Beschwerde und die außergerichtlichen Auslagen des Notars hat der Kostenschuldner zu tragen. Die außergerichtliche Auslagen des Kostenschuldners werden nicht erstattet.

4. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf die Summe der offenen Beträge, nämlich auf 33.522,49 €, festgesetzt.

Gründe:

I.

1. Der Notar beurkundete das Angebot des beteiligten Abwasserzweckverbandes zum Abschluss eines Vertrages mit dem Abwasserzweckverband C. (UR-Nr. ... /2004). Durch das Angebot sollte die Übertragung des gesamten Vermögens nebst Übernahme von Verbindlichkeiten des Abwasserzweckverbandes C. auf den Kostenschuldner geregelt werden. Das Aktivvermögen des übertragenden Zweckverbandes wurde mit 29.580.406,22 € angegeben.

Der Notar beurkundete die Annahme dieses Angebotes (UR-Nr. ... /2004).

In der Urkunde UR-Nr. ... /2004 beurkundete der Notar die Auflassung von Grundstücken.

2. Der Notar erhob vom Kostenschuldner die gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO ermäßigten Gebühren. Für das Angebot in UR-Nr. ... /2004 berechnete er die 15/10-Gebühr gem. § 37 KostO auf 12.821,40 €. Für das Geschäft zu UR-Nr. ... /2004 berechnete er eine 5/10-Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 2 KostO auf 4.273,80 €. Die Auflassung zu UR-Nr. ... /2004 berechnete er mit einer 5/10-Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 6 a KostO aus 10.135.000,47 € auf 2.170,60 €.

3. Die Prüfungsabteilung der Ländernotarkasse - Anstalt des öffentlichen Rechts - überprüfte die Kostenberechnungen des Notars und beanstandete, die gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO eingeräumte Gebührenermäßigung. Einer der Revisoren führte dazu aus:

"Eine entsprechende Gebührenermäßigung ist zu gewähren, wenn es sich um eine in § 144 Abs. 1 Satz 1 genannte Person handelt, die gesetzlich zur Kostentragung verpflichtet ist, es sich dabei nicht um das wirtschaftliche Unternehmen der begünstigten Person handelt und keine Weiterveräußerungsabsicht besteht. Nur bei Vorliegen aller genannten Voraussetzungen können die Gebühren ermäßigt werden.

Die privilegierten Kostenschuldner erhalten somit nur dann die Ermäßigung, wenn die Sache nicht deren wirtschaftliche Unternehmen betrifft - also keine Führung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorliegt. Nach Auffassung der Revisoren handelt es sich bei Abwasserzweckverbänden jedoch gerade um wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz, da derartige Einrichtungen auch von Privatunternehmern als Eigenbetrieb mit privatwirtschaftlichem Management und mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden können."

Dementsprechend schlugen die Revisoren folgende Kostenberechnung vor:

 "UR-Nr. ... /2004- 15/10 Gebühr gem. § 37 aus 29.580.406,22 Euro 32.053,50 Euro
UR-Nr. ... /2004 - 5/10 Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 2 aus 29.580.406,22 Euro 10.684,50 Euro
UR-Nr. ... /2004 - 5/10 Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 6 a aus 10.135.047 Euro 5.426,50 Euro
durch den Notar wurde insgesamt erhoben 19.265,80 Euro
nach zu erheben sind (abgabenpflichtig) 28.898,70 Euro."

4. Der Notar übersandte dem Kostenschuldner die drei im Rubrum genannten Kostenberechnungen vom 10. Juni 2005, die dem Vorschlag der Revisoren entsprachen (wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Durchschriften Bezug genommen, siehe Blatt 7, 8 und Blatt 9).

5. Der Kostenschuldner beanstandete mit Schreiben vom 8. Juli 2005 gegenüber dem Notar die Kostenberechnungen. Der Notar beantragte daraufhin nach § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO die Entscheidung des Landgerichts. Nach Anhörung der Ländernotarkasse und des Präsidenten des Landgerichts Halle als vorgesetzter Dienstbehörde des Notars hob die 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg die Kostenberechnungen des Notars auf. Die Kammer setzte die zu leistenden Gebühren und Auslagen auf 22.792,09 € fest. Die Kammer führte aus, dass es sich bei dem Kostenschuldner um einen Zweckverband und somit um einen in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO genannten Begünstigten handele. Mit Rücksicht darauf, dass die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 KostO eine Ausnahme von der Gebührenpflicht gegenüber dem Notar darstelle, sei "der Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens weit auszulegen" (siehe Beschluss Seite 3 1. Absatz, Blatt 34). Nicht vom Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens seien solche Unternehmen erfasst, zu deren Einrichtung die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet sei, bei denen die gemeinnützige Zielsetzung im Vordergrund stünde oder die bloßen Vermögensverwaltung dienten. Hier sei nicht ein wirtschaftliches Unternehmen des Kostenschuldners betroffen gewesen, denn die beurkundeten Rechtsgeschäfte seien auf die Stärkung des Kostenschuldners als einer bereits bestehenden Körperschaft gerichtet gewesen. Der Kostenschuldner habe mit der Abwasserbeseitigung eine in den Bereich der Daseinsvorsorge einzuordnende Tätigkeit erfüllt, zu deren Wahrnehmung die Trägergemeinden nach § 151 Abs. 1 Wassergesetz LSA verpflichtet wären. Darüber hinaus sei die Tätigkeit des Kostenschuldners nach der für diesen geltenden Satzung nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet.

Die Kammer hat die weitere Beschwerde zugelassen.

6. Gegen den Beschluss der Kammer vom 23. Mai 2006, der dem Notar am 31. Mai 2006 zugestellt worden ist, legt der Notar mit der im Oberlandesgericht Naumburg am 2. Juni 2006 eingegangenen Antragsschrift vom 1. Juni 2006 weitere Beschwerde ein.

Er beantragt,

den Beschluss des Landgerichts aufzuheben und die Kostenberechnungen vom 10. Juni wieder herzustellen.

Der Kostenschuldner beantragt,

den Tenor des Beschlusses vom 23. Mai 2006 wegen verschiedener Schreibfehler (wird ausgeführt) zu berichtigen, und die weitere Beschwerde des Notars zurückzuweisen.

Der Kostenschuldner vertritt die Auffassung, dass die Einbeziehung des Vermögens eines bestehenden Zweckverbandes keine wirtschaftliche Betätigung darstelle. Die Eingliederung des Vermögens des Abwasserzweckverbandes "C. " in seinen Abwasserzweckverband stelle lediglich die Vollziehung einer vom Landesgesetzgeber gewollten Großverbandsgründung dar. Eine solche Gründung habe mit wirtschaftlicher Betätigung nichts gemein.

7. Die Ländernotarkasse hat in ihrer Stellungnahme vom 27. Juli 2006 auf ihre Ausführungen vom 13. März 2006 verwiesen. Die Ländernotarkasse vertritt die Auffassung, dass sich die Kammer weder mit ihren Argumenten noch mit der in der Literatur und Rechtsprechung vertretenen Meinung auseinandergesetzt habe. Ein Abwasserzweckverband sei auch nach überkommener Auslegung als "wirtschaftliches Unternehmen" im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO anzusehen.

II.

1. Die statthafte und zulässige weitere Beschwerde des Notars (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und 2 KostO) ist begründet; denn die angefochtene Entscheidung der Kammer beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO). Die Kammer hat den Tatbestand der Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO rechtlich fehlerhaft ausgelegt und ist deshalb zu dem rechtlich nicht richtigen Ergebnis gelangt, dass der Notar die vom Kostenschuldner zu erhebenden Gebühren ermäßigen müsse.

2. Der beteiligte Notar muss gem. § 154 Abs. 1 und Abs. 2 KostO diejenigen Kosten einfordern, die er in seinen Kostenberechnungen vom 10. Juni 2005 angegeben hat. Nach den maßgebenden Kostenvorschriften, die der Notar in seinen Kostenberechnungen zitiert hat, muss er die hier richtig berechneten Kosten vom Kostenschuldner einfordern.

3. Zu Recht haben die Revisoren der Ländernotarkasse die dem Kostenschuldner vom Notar ursprünglich nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KostO gewährte Gebührenermäßigung beanstandet, weil nicht alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung ermäßigen sich die Gebühren, wenn ein Notar, dem die Gebühren für seine Tätigkeit selbst zufließen, die in den §§ 36 bis 59 KostO bestimmten Gebühren von einem Zweckverband erhebt. Die Gebühren sind jedoch nur dann zu ermäßigen, wenn die Angelegenheit nicht dessen wirtschaftliche Unternehmen betrifft. Hier betrafen die Beurkundungen des Notars wirtschaftliche Unternehmen des Kostenschuldners; denn die Übertragung des gesamten Vermögens eines Abwasserzweckverbandes auf einen anderen Abwasserzweckverband und die Übernahme sämtlicher Verbindlichkeiten des übertragenden durch den übernehmenden Zweckverband sind jedenfalls im Sinne des Kostenrechts dessen wirtschaftliche Unternehmen.

4. Die Gebührenermäßigung nach § 144 KostO ist - was das Landgericht bei seinem Ausgangspunkt womöglich verkannt hat - eine Ausnahmevorschrift. "Wie jede nach der Systematik klare Ausnahmevorschrift ist auch § 144 eng auslegbar." (siehe Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl. 2004, KostO § 144 Rn. 2 am Ende, zur Hervorhebung hier kursiv und fett gedruckt). Sinn und Zweck der Regelungen in § 144 KostO ist es, dass der Notar nicht eine starre Ermäßigung vornehmen muss, sondern nur in den in § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO aufgezählten Ausnahmefällen ermäßigt. Das Bundesverfassungsgericht hatte deshalb die undifferenzierte Übernahme der für gerichtliche Gebühren geltenden verpflichtenden Befreiungstatbestände in § 144 Abs. 3 der KostO vom 26. Juli 1957 wegen Verletzung der Grundrechte der Notare aus Art. 12 Abs. 1 GG für nichtig erklärt (BVerfGE 47, 285-327 zitiert nach juris). Der Gebührennotar hat nach der gesetzlichen Bestimmung die Gebühren nicht zu ermäßigen, wenn die Angelegenheit "wirtschaftliche Unternehmen" des begünstigten Gebührenschuldners betrifft. Es kommt also bei der Einordnung nicht darauf an, welche Rechtsform der Gebührenschuldner hat, sondern maßgeblich für die Gebührenermäßigung ist, ob die Angelegenheit "wirtschaftliche Unternehmen" betrifft. Dabei ist dieser unbestimmte Rechtsbegriff orientiert am Sinn und Zweck der Regelung eng auszulegen.

5. Wie die Ländernotarkasse in ihrer Stellungnahme vom 13. März 2006 zutreffend im Einzelnen dargestellt hat, gibt es keine eindeutig herrschende Meinung zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes "wirtschaftliche Unternehmen" der in § 144 Abs. 1 KostO aufgezählten öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie Bund, Länder, Gemeinden, Gebietskörperschaften und Zweckverbände. Zutreffend stellt die Ländernotarkasse bei ihrer Interpretation darauf ab, dass die Interessen des selbstständigen Gebührennotars und des Kostenschuldners abzuwägen sind und dass der Zweck des § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO aufgrund der Entwicklungen in den letzten Jahren neu zu bestimmen ist. Seit dem Wirksamwerden der Einigung haben sich die Tätigkeitsbereiche von Bund, Ländern und den Gebietskörperschaften immer weiter weg von der rein hoheitlichen oder öffentlich rechtlich geregelten Daseinsvorsorge auf privatrechtlich ausgerichtete und nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgestaltete Tätigkeiten verlagert. Nicht nur die Bahn, die Post und die Telekommunikation im weitesten Sinne werden heutzutage wie in privatwirtschaftlichen Unternehmungen organisiert, sondern wie die der Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 13. März 2006 aus dem von Achterberg/Püttner/Würtenberger herausgegebenen Lehrbuch des Besonderen Verwaltungsrechts, Band II, eingefügte Liste ergibt, sind den privatwirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeiten der Gebietskörperschaften kaum Grenzen gesetzt. Die Liste enthält die alphabetische Aufzählung, von der hier nur eine gekürzte Auswahl wiedergegeben werden soll: Abfallbeseitigungsanlagen, Abwässerbeseitigungsanlagen, Bankenbeteiligungen, Campinggesellschaften, Entwicklungsgesellschaften, Grundstücks- und Anlagegesellschaften, Heime, Installationsbetriebe, Kantinen, landwirtschaftliche Betriebe, Müllverbrennungsanlagen, Parks, Restaurationsbetriebe, Schlachthöfe, Sparkassen, Trinkwassergewinnungsbetriebe, Verkehrsbetriebe, Weingüter, Wohnungsbauunternehmen (vgl. die Liste in "Besonderes Verwaltungsrecht", Bd. II, 2. Aufl., Seite 61, die Hidien 1981 erstellt hat).

6. Aus der Vielzahl der kostenrechtlichen Entscheidungen seien in diesem Zusammenhang nachstehend aufgezählte Beschlüsse herausgegriffen: Das Bayerische Oberste Landesgericht hat entschieden, dass eine von einem Zweckverband betriebene Tierkörperbeseitigungsanlage als wirtschaftliches Unernehmen im Sinne des Gebührenrechts anzusehen sei (Beschluss vom 23. Januar 1996 - 3Z BR 20/95 - in RdL 1996, 102-103 zitiert nach juris). Das Kammergericht hat die Deutsche Bundespost (Telekom) kostenrechtlich als wirtschaftliches Unternehmen eingeordnet (Beschluss vom 22. August 1995 - 1 W 6027/93 - zitiert nach juris). Eine gleiche Einordnung hat das OLG Frankfurt für die Deutsche Bundesbahn vorgenommen (Beschluss vom 17. September 1996 - 20 W 374/93 - im Anschluss an OLG Düsseldorf Beschluss vom 5. März 1992 - 10 W 30/91 - zitiert nach juris).

Das OLG Dresden hat im Beschluss vom 1. Juli 1998 - 15 W 1695/97 - (NotBZ 1998, 154-155 zitiert nach juris) ausgeführt, dass ein kommunaler Zweckverband sein "wirtschaftliches Unternehmen" veräußere, wenn er Geschäftsanteile eines ihm gehörenden Versorgungsbetriebes, einer GmbH, veräußere .

"Nach der amtlichen Begründung der Neufassung von § 144 KostO dient diese Einschränkung dazu sicherzustellen, dass die Gebührenvergünstigung nur in einem engen, den Notar möglichst wenig belastenden Rahmen in Anspruch genommen werden kann. Denn nur wenn Gemeinwohlgründe vorliegen, die schwerer wiegen als die Belange der betroffenen Notare, besteht ein Rechtfertigungsgrund dafür, die Gebühren auf einen Betrag zu ermäßigen, der erheblich unter den Regelgebühren liegt. ...

Als "wirtschaftliche Unternehmen" sind entsprechend der kommunalrechtlichen Terminologie (vgl. § 95 SächsGemO) solche Einrichtungen und Anlagen anzusehen, die auch von einem privaten Unternehmer mit der Absicht, dauernde Einnahmen zu erzielen, betrieben werden können; das Gegenstück hierzu bilden Unternehmen, zu deren Betrieb und Unterhaltung die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet ist, oder bei dem die gemeinnützige Zielsetzung oder die Daseinsvorsorge im Vordergrund steht ( BGHZ 95, 155 , 157; BayObLG DNotZ 1994, S. 703; MittBayNot 1996, S. 57 f; JurBüro 1997, 546 ; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 285 /86; Mümmler/Assenmacher/Mathias, KostO, 13. Aufl. 1997, S. 361; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 13. Aufl. 1995, § 144 KostO Rn 13; Otto/Schnigula, JurBüro 1989, S. 890 ff, 896). Als kommunaler Versorgungsbetrieb unterfällt die E. GmbH, deren Geschäftsanteile hier durch den Zweckverband veräußert worden sind, dem Unternehmensbegriff des § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO (vgl. zu kommunalen Versorgungsbetrieben im Allgemeinen: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann , KostO, 13. Aufl. 1995, § 144 Rn. 13 bis 15, S. 818, 819). Dies ist unter den Beteiligten unstreitig und ergibt sich aus dem privatwirtschaftlichen Management und der von ihr verfolgten Gewinnerzielungsabsicht. Der Zweck der Daseinsvorsorge, der von der mitverfolgt wird, tritt hinter dieser wirtschaftlichen Zielsetzung zurück."

Das OLG Rostock hat sich im Beschluss vom 4. April 2002 - 8 W 104/01 - (OLG Report Rostock 2002, 351) mit der gebührenrechtlichen Definition "wirtschaftliches Unternehmen" auseinandergesetzt. Nach dieser Entscheidung sind Kommunen in den Angelegenheiten, die ihre in der Organisationsform des Eigenbetriebes geführten Krankenhäuser betreffen, von der Gebührenbefreiung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 LJKG M-V ausgeschlossen. Entscheidend sei die wirtschaftliche Betätigung in einem Aufgabenkreis, den auch ein privates Unternehmen betreiben könnte.

Allen diesen Entscheidungen ist gemeinsam, dass wirtschaftliche Unternehmen im kostenrechtlichen Sinne dann angenommen werden, wenn betriebswirtschaftliche Gründe des Geschäftes die Belange der Daseinsvorsorge überwiegen. Geht es weder um die konkrete Umsetzung des aus Art. 20 Abs. 1 und 28 Abs. 1 GG abzuleitenden Sozialstaatsprinzips noch um staatliche Für- und Vorsorge im Sinne reiner Gemeinnützigkeit, sondern um die Erreichung ökonomischer oder finanzieller Ziele mit Mitteln, wie sie auch in marktwirtschaftlichen Betrieben allgemein gebräuchlich sind, handelt es sich kostenrechtlich um wirtschaftliche Unternehmen.

7. Das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1998 (GKG-LSA GVBl. Seite 81, unter Nr. 105 in Gesetze des Landes Sachsen-Anhalt, herausgegeben von Knöll / Brachmann, Stand Mai 2006) fördert und ermuntert den Zusammenschluss kommunaler Gebietskörperschaften, um gemeinsam einzelne Aufgaben erfüllen zu können (vgl. § 6 Abs. 1 GKG-LSA). Die kommunalen Gebietskörperschaften können dem Zweckverband einzelne oder mehrere sachlich verbundene Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zur gemeinschaftlichen Erfüllung übertragen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 GKG-LSA). Nach § 7 Satz 1 GKG-LSA ist der Zweckverband - wie hier der Kostenschuldner - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Aber für ihn gelten, wenn er der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung oder der Abfallentsorgung dient, die Vorschriften für die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen der Eigenbetriebe entsprechend (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 GKG-LSA). Wie sich aus dem Gesetz über die kommunalen Eigenbetriebe im Land Sachsen-Anhalt (Eigenbetriebsgesetz vom 24. März 1997 GVBl. Seite 446, Nr. 119 in Gesetze des Landes Sachsen-Anhalt, aaO) entnehmen lässt, handelt es sich um wirtschaftliche Unternehmen. "Soweit Zweckverbände die für die Eigenbetriebe geltenden Vorschriften gem. § 16 Abs. 2 anwenden, tritt an die Stelle der Haushaltssatzung der Wirtschaftsplan." (siehe § 13 Abs. 2 Satz 1 GKG-LSA). § 15 Eigenbetriebsgesetz regelt die Aufstellung eines Wirtschaftsplanes. Absatz 2 der Bestimmung lautet: "Der an den Haushalt der Gemeinde abzuführende Jahresgewinn oder der aus dem Haushalt der Gemeinde abzudeckende Jahresverlust ist in den Haushaltsplan der Gemeinde aufzunehmen." In § 18 Eigenbetriebsgesetz ist im einzelnen geregelt, wie der Jahresabschluss und der Lagebericht aufzustellen sind. Darin ähnelt diese Bestimmung den handelsrechtlichen Normen über den Jahresabschluss (vgl. §§ 242 ff HGB).

8. Alle diese Bestimmungen belegen, dass ein Zweckverband im Lande Sachsen-Anhalt sich durchaus zur Erfüllung seiner Aufgaben am Wirtschaftsleben beteiligen kann und muss. Nichts anderes ergibt sich aus dem Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen Anhalt. So ist zum Beispiel in § 5 Abs. 2 KAG-LSA geregelt, dass die Kosten der öffentlichen Einrichtung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln sind. Wenn zum Beispiel - wie es hier geschehen ist - ein Zweckverband das Vermögen eines anderen Zweckverbandes und dessen Liegenschaften übernimmt, so wird eine solche Vermögensübernahme in erster Linie nach betriebs- und marktwirtschaftlichen Grundsätzen geprüft und entschieden (vgl. auch die Bestimmungen über Ausgliederung aus dem Vermögen von Gebietskörperschaften oder Zusammenschlüssen von Gebietskörperschaften in §§ 168 ff Umwandlungsgesetz). Die Umsetzung dieser Entscheidungen ist jedenfalls im kostenrechtlichen Sinn ein wirtschaftliches Unternehmen. Denn Ziel und Zweck einer solchen Eingliederung eines Zweckverbandes in einen anderen durch Übernahme von dessen Vermögen ist die Optimierung der Produktivität und die damit verbundene die Planung, künftig Kosten zu senken. Werden im Zusammenhang mit solchen Tätigkeiten Beurkundungshandlungen eines Notars erforderlich, bedarf ein solcher Zweckverband, der wie jedes andere kaufmännische Unternehmen am Wirtschaftsleben teilnimmt, keiner Gebührenermäßigung.

9. Die Kosten für die weitere Beschwerde sind nach § 156 Abs. 5 Satz 2 KostO gem. § 131 bestimmt worden. Die gerichtlichen Auslagen der für begründet befundenen Beschwerde sind gem. § 156 Abs. 5 Satz 3 dem Gegner des Beschwerdeführers, nämlich dem Kostenschuldner auferlegt worden.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist gem. § 156 Abs. 5 Satz 2 KostO in Verb. mit §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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