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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 08.08.2002
Aktenzeichen: 7 U (Hs) 35/01
Rechtsgebiete: RabattG, UWG, BGB, ZPO


Vorschriften:

RabattG § 1
UWG § 1
UWG § 3
UWG § 8
UWG § 7
UWG § 18
UWG § 8 Abs. 2
UWG § 13 Abs. 6 Ziffer 2
BGB §§ 249ff
BGB § 252
BGB § 242
BGB § 249
BGB § 667
BGB § 687 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 2
ZPO § 3
ZPO § 287
ZPO § 344
ZPO § 711
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 713 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1 n.F.
Zum Auskunfts- und Schadensersatzanspruch eines durch eine wettbewerbswidrige Handlung geschädigten Wettbewerbers.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U (Hs) 35/01 OLG Naumburg

verkündet am: 08.08.2002

In dem Rechtsstreit

wegen wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzes

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 01. August 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und des Richters am Amtsgericht Dr. Koch

für Recht erkannt

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 09. März 2001 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Magdeburg teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefaßt.

II. Das am 24. November 2000 verkündete Versäumnisurteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Magdeburg wird teilweise aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, welchen täglichen Umsatz die Beklagte in ihrem Geschäfts- lokal in H. in der Zeit vom 20. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 aus dem Verkauf von Handtaschen, Koffern und Kleinlederwaren erzielt hat und welchen Umsatz die Beklagte in ihrem Geschäftslokal in H. in der Zeit vom 27. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 aus dem Verkauf von Lederwaren der Marke

PIERRE CARDIN erzielt hat.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem seit dem 20. März 2000 dadurch entstanden ist und / oder künftig noch entstehen wird, daß die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in H. in der Zeit vom 20. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 auf alle Lederwaren einen Preisnachlaß von 40 % und in der Zeit vom 27. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 auf alle Lederwaren der

Marke PIERRE CARDIN einen Preisnachlaß von 50 % gewährt

hat.

Im übrigen bleibt das am 24. November 2000 verkündete Versäumnisurteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Magdeburg aufrechterhalten.

III. Von den Kosten des Rechtsstreites in beiden Rechtszügen haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die dadurch entstanden sind, daß der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. November 2000 vor dem Landgericht Magdeburg säumig war. Diese Mehrkosten werden dem Kläger auferlegt.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 25.564,59 Euro ( 50.000 DM ) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Auskunft und um Schadensersatz im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen der Beklagten.

Der Kläger betreibt in H. in der H. straße ein Geschäft, in dem er unter anderem Lederwaren verkauft. Die Beklagte betrieb dort ebenfalls in einer Entfernung von etwa 500 Metern ein Lederwarengeschäft. Diese warb umfangreich, darunter auch in dem kostenlos im gesamten Landkreis O. verteilten Anzeigenblatt GENERALANZEIGER, mit einem Rabatt von 40 % wegen Räumungsverkaufes ( Bl. 7 d.A. ), den sie im Zeitraum vom 20. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 gewährte. Die Beklagte führte die Geschäfte in dem Ladenlokal in der nachfolgenden Zeit zunächst weiter. Ferner warb sie in dem Anzeigenblatt GENERALANZEIGER vom 26. Mai 2000 mit einem Rabatt von 50 % auf alle Produkte der Marke PIERRE CARDIN. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. - Zweigestelle Niedersachsen und Sachsen - Anhalt - mahnte die Beklagte ab, die die von ihr beworbenen Verkaufsaktionen ab dem 11. Mai 2000 einstellte.

Der Kläger hat gemeint, daß ihm ein Lizenzentgelt in Höhe von 5 % vom Bruttoerlös auf die mit einem Nachlaß von 40 % verkauften Lederwaren und ein Lizenzentgelt in Höhe von 7 % auf die mit einem Nachlaß von 50 % verkauften Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN zustehe. Zur Berechnung des Lizenzentgeltes benötige er die Auskunft der Beklagten über deren Umsatz in dem fraglichen Zeitraum.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

das am 24. November 2000 verkündete klagabweisende Versäumnisurteil aufzuheben und 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm darüber Auskunft zu erteilen, welche täglichen Bruttoerlöse, Umsätze und Gewinne sie in der Zeit vom 20. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 aus dem Verkauf von Handtaschen, Koffern und Kleinlederwaren erzielt hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm darüber Auskunft zu erteilen, welche täglichen Bruttoerlöse, Umsätze und Gewinne sie in der Zeit vom 27. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 aus dem Verkauf von Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN erzielt hat;

3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und / oder noch entstehen wird, weil die Beklagte in der Zeit vom 20. März 20000 bis zum 10. Mai 2000 alle Lederwaren mit einem Preisnachlaß mit 40 % und in der Zeit vom 27. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 alle Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN mit einem Preisnachlaß von 50 % an den Endverbraucher verkauft hat;

4. die Beklagte zu verurteilen, ihm nach der erteilten Auskunft eine noch zu beziffernde Lizenzgebühr zu zahlen.

Die Beklagte hat zuletzt beantragt,

das am 24. November 2000 verkündete Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat behauptet, daß die beiden Parteien keine Mitbewerber gewesen seien, soweit es um den Verkauf von Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN gehe. Die Werbung habe zu keinem höheren Gewinn geführt, denn dem erhöhten Umsatz habe die Preisreduktion um 40 % bzw. 50 % entgegengestanden.

Die Beklagte hat gemeint, daß ihr ein Wettbewerbsverstoß in bezug auf die Werbung für Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN nicht vorgeworfen werden könne. Es habe sich dabei nicht um eine unerlaubte Sonderveranstaltung gehandelt. Die Umsatzerhöhung bei ihr, der Beklagten, lasse keinen Rückschluß auf die kausale Umsatzeinbuße bei dem Kläger zu, weil die Werbung im gesamten Landkreis O. geschaltet worden sei. Gerade weil der Kläger keine Waren der Marke PIERRE CARDIN führe, habe die Rabattaktion auch nicht zu einem Umsatzrückgang bei ihm führen können.

Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Magdeburg hat die Klage zunächst durch das am 24. November 2000 verkündete Versäumnisurteil abgewiesen, wogegen der Kläger form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat.

Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Magdeburg hat die Klage durch das am 09. März 2001 verkündete Urteil abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung ausgeführt daß beide Verkaufsveranstaltungen grundsätzlich Schadensersatzansprüche des Klägers auslösen könnten. Allerdings gebe es keinen allgemeinen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruches. Anders als bei Eingriffen in fremde gewerbliche und geistige Schutzrechte gebe es bei Schäden, die einem Unternehmer durch unlauteren Wettbewerb zugefügt worden seien, keinen Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr oder auf Herausgabe des Verletzergewinnes. Die von dem Kläger dargelegte Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie komme daher nicht in Betracht. Damit seien die stufenweise gestellten Anträge zur Auskunftserteilung und zur Zahlung einer noch zu beziffernden Lizenzgebühr abzuweisen gewesen.

Auch der Feststellungsantrag sei abzuweisen, weil er wenigstens die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes voraussetze. Wenn es auch insoweit keiner detaillierten Darlegung bedürfe, müsse der Kläger dennoch zumindest ansatzweise darlegen, welche Schäden ihm durch die beiden Verkaufsveranstaltungen der Beklagten entstanden seien. Da er sich aber auf den von Rechts wegen nicht möglichen Weg der Lizenzanalogie beschränke, könne das Landgericht die Wahrscheinlichkeit eines Schadens nach dem Akteninhalt nicht feststellen.

Gegen dieses dem Kläger am 14. März 2001 zugestellte Urteil hat er am 10. April 2001 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 11. Juni 2001 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Frist zur Begründung des Rechtsmittels bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Der Kläger nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, daß der Schadensersatzanspruch noch nicht endgültig berechnet werden könne, denn wer sich zum Beispiel eine hochwertige Tasche oder einen ebensolchen Koffer gekauft habe, werde ein solches Produkt in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht mehr erwerben. Der entsprechende Umsatz sei bei ihm, dem Kläger, auch zurückgegangen. Die Höhe seines erlittenen Schadens hänge aber von dem Umsatz der Beklagten ab. Kontrollkäufer hätten ihm berichtet, daß sich der Tagesumsatz von etwa 2.000,00 DM bis 3.000,00 DM auf zunächst 25.000,00 DM in dem Zeitraum der werblichen Aktion erhöht habe und dann kontinuierlich auf etwa 15.000,00 DM zurückgegangen sei. Durch die Werbung habe die Beklagte in den 38 Tagen somit einen zusätzlichen Umsatz von 50.000,00 DM erzielt, wodurch der lokale Markt in H. abgeschöpft worden sei.

Der Kläger meint, daß ihm nach der Bejahung eines Schadensersatzanspruches dem Grunde nach durch das Landgericht zwingend ein Auskunftsanspruch gewohnheitsrechtlich zustehe. Der Feststellungsanspruch ergebe sich bereits aus dem Interesse an der Unterbrechung der Verjährung. Er könne den Schaden auch im Wege einer fiktiven Lizenzgebühr berechnen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Magdeburg unter Aufhebung des am 24. November 2000 verkündeten Versäumnisurteiles abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. ihm darüber Auskunft zu erteilen, welche täglichen Bruttoerlöse, Umsätze und Gewinne sie in der Zeit vom 20. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 aus dem Verkauf von Handtaschen, Koffern und Kleinlederwaren erzielt hat;

2. ihm darüber Auskunft zu erteilen, welche täglichen Bruttoerlös, Umsätze und Gewinne sie in der Zeit vom 27. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 aus dem Verkauf von Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN erzielt hat;

3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und / oder noch entstehen wird, weil die Beklagte in der Zeit vom 20. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 alle Lederwaren mit einem Preisnachlaß von 40 % und in der Zeit vom 27. März 2000 bis zum 10. Mai 2000 alle Lederwaren der Marke PIERRE CARDIN mit einem Preisnachlaß von 50 % an den Endverbraucher verkauft hat;

4. ihm nach der erteilten Auskunft eine noch zu beziffernde Lizenzgebühr zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, daß durch die streitgegenständliche Werbung keine Marktverwirrung für die Dauer von drei Jahre habe eintreten können. Soweit bei dem Kläger tatsächlich ein Umsatzrückgang eingetreten sei, was bestritten werde, beruhe dieser auf die sich ungünstig entwickelnde Wirtschaftslage und dem nicht marktgerechten Angebot des Klägers in seinem Ladenlokal.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung gegen das am 09. März 2001 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Magdeburg ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO a.F. ).

Sie hat in der Sache auch zu einem Teil Erfolg.

II.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und auf Feststellung der Haftung der Beklagten für die Schäden zu, die ihm durch die beiden Werbeaktionen der Beklagten entstanden sind.

1.) Die Beklagte hat sich durch die beiden Werbeaktionen gegenüber dem Kläger wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens schadensersatzpflichtig gemacht. Dabei galt im Zeitpunkt der Werbeaktionen noch das Rabattgesetz uneingeschränkt. Dieses ist erst durch Art. 1 des Gesetzes zur Aufhebung des Rabattgesetzes und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften vom 23. Juli 2001 ( BGBl. I, S. 1663 ) mit Wirkung zum 25. Juli 2001 aufgehoben worden. Darüber hinaus ergibt sich die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten nicht nur aus Verstößen gegen das damals noch geltende Rabattgesetz, sondern auch aus solchen gegen das UWG.

a) Soweit es um die Werbung geht, durch die die Beklagte gegenüber den Endverbrauchern einen Rabatt von 40 % auf alle Artikel wegen Räumungsverkaufes angekündigt hat ( Bl. 7 d.A. ), ergibt sich der Schadensersatzanspruch aus §§ 13 Abs. 6 Ziffer 2, 8 Abs. 2 UWG und § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 RabattG. Zum einen bestand schon keine Absicht zur Schließung des Ladenlokales in H. , was bereits aus dem Umstand folgt, daß der Geschäftsbetrieb von der Beklagten nach deren Abmahnung durch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. bis zu einem nicht weiter vorgetragenen Zeitpunkt fortgesetzt worden ist. Zum anderen ist von der Beklagten die höchst zulässige Dauer einer solchen Veranstaltung von 24 Werktagen überschritten worden ( 20. März 2000 bis 10. Mai 2000 ). Ob es sich bei § 8 UWG um einen Spezialtatbestand handelt oder ob es sich bei Räumungsverkäufen um einen Unterfall der Sonderveranstaltungen nach § 7 UWG handelt, so daß sich dann der Schadensersatzanspruch auch aus dieser Norm ergeben kann, ist streitig, bedarf aber in diesem Rechtsstreit keiner Entscheidung ( Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 7 RdNr. 3; Hinz WRP 1988, 80 [ 81 ] ).

b) Soweit es um den angekündigten Nachlaß von 50 % auf alle Waren der Marke PIERRE CARDIN geht ( Bl. 9 d.A. ), steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 RabattG zu. Der Schadensersatz ergibt sich ferner aus § 1 UWG. Die Gewährung eines Nachlasses gehört nämlich zur Wertreklame, die bei der Höhe von 50 % die Voraussetzungen der Fallgruppe des wettbewerbswidrigen übertriebenen Anlockens erfüllt. Die Wettbewerbswidrigkeit liegt darin, daß die Vorteile ihrem Wert und ihrer Art nach geeignet sind, die Entschließungsfreiheit des Kunden unsachlich zu beeinflussen, so daß er seine Entscheidung nicht mehr nach dem Leitbild des Leistungswettbewerbes im Hinblick auf die Preiswürdigkeit und Qualität der Ware trifft, sondern nur noch im Hinblick auf den ihm gewährten oder in Aussicht gestellten Vorteil ( vergl. BGH GRUR 1995, 353 [ 354 ] - Super - Spar - Fahrkarten - mit Anm. von Wiebe in WRP 1995, 445 [ 446 ]; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, § 1 RdNr. 90 b und 92 a.E.; Meyer GRUR 2001, 98 [ 101f ]; Berneke WRP 2001, 615 [ 618 ]; Cordes WRP 2001, 867 [ 874 ]; kritisch Weiler WRP 2002, 871 ). Ob darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung nach § 3 UWG besteht, etwa weil es sich bei den zur Berechnung der Preisreduktion zugrundeliegenden Preise um Mondpreise handelte, läßt der erkennende Senat offen ( vergl. Heermann WRP 2001, 855 [ 858 ] ). Die Parteien haben sich zu diesem Gesichtspunkt auch nicht weiter erklärt.

2.) Steht danach fest, daß die Beklagte dem Kläger grundsätzlich auf Schadensersatz haftet, berechnet sich der Schadensersatz der Höhe nach nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249ff BGB.

a) Entgegen der Auffassung des Klägers steht ihm ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die Höhe des Schadens bei einer rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung eines Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmusters oder Urheberrechts, eines Kennzeichnungs oder Persönlichkeitsrechtes zwar dreifach berechnet werden, sog. Grundsatz der dreifachen Schadensberechnung nach Wahl des Geschädigten. Zum einen kann der Verletzte danach den Ersatz seines tatsächlich entstandenen Schadens gemäß §§ 249, 252 BGB verlangen. Er kann ferner die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr als einer abstrakten Schadensberechnung verlangen, weil der Verletzer nicht besser stehen darf, als wenn er die fremden Rechte beachtet hätte. Diese Art der Schadensberechnung ist dann auf die Nachahmung von dem Immaterialgüterschutz vergleichbaren Rechtspositionen, auf die Verletzung von Betriebsgeheimnissen und auf die Vorlagenfreibeuterei ( § 18 UWG ) ausgeweitet worden. Der Verletzte darf schließlich den durch den Verletzer erzielten Gewinn nach dem Gedanken einer unechten Geschäftsführung analog §§ 687 Abs. 2, 667 BGB herausverlangen ( Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, UWG Einl. RdNr. 381 - 392 mit umfangreichen wN; Fezer, Markenrecht, 3. Auflage, § 14 RdNr. 518 - 523 ).

Diese Art der Schadensberechnung ist dagegen bei Schäden, die dem Unternehmer durch unlauteren Wettbewerb zugefügt werden, schon denkgesetzlich ausgeschlossen, weil nicht nur ein absolutes Schutzrecht und damit nur ein anderer durch die Verletzung betroffen wird, sondern der Kreis der Verletzten bei irreführenden Werbeangaben sehr groß sein kann ( BGH GRUR 1965, 313 [ 314 ] - Umsatzauskunft -; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, UWG Einl. RdNr. 386 ).

b) Scheidet somit eine Schadensberechnung nach der Art aus, die der Kläger der Ziffer 4 des im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Antrages zugrundegelegt hat, so hat er den Schaden darzulegen, der auf dem haftungsbegründenden Ereignis adäquat - kausal beruht. Hinzu mögen noch die Aufwendungen kommen, die für die Beseitigung einer von dem Kläger als eingetreten behaupteten Marktverwirrung erforderlich sind. Die Darlegung eines solchen Schadens ist nur unter großen Schwierigkeiten möglich und führt in der Praxis dazu, daß Schadensersatzklagen nur sehr selten von Mitbewerbern erhoben werden. Zur Erleichterung der Berechnung des Schadens läßt die Rechtsprechung allerdings eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu. Diese Schätzung kann soweit gehen, daß das Gericht den tatsächlichen Schaden offen läßt und nur den Mindestschaden schätzt und zuspricht. Der Verletzte hat dann nach Kräften die ( Anknüpfungs - ) Tatsachen darzulegen und erforderlichenfalls unter Beweis zu stellen, die eine Schätzung des Schadens überhaupt ermöglichen ( BGHZ 119, 20 [ 30f ] - Tchibo / Rolex II -; BGH GRUR 1991, 914 [ 917 ] - Kastanienmuster -; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage, UWG Einl. RdNr. 390 ).

c) Auch wenn der Vortrag des Klägers zu den erforderlichen Anknüpfungstatsachen noch zurückhaltend ist, so genügt dennoch für die Feststellung einer Haftung als Teil der materiellen Klagebegründung hier, daß der Eintritt des Schadens nach den Erfahrungen des Lebens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten steht. Dem Klagebegehren steht auch nicht der Grundsatz des Vorranges der Leistungsklage entgegen, denn es entspricht im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht einhelliger Meinung, das Feststellungsinteresse nicht zu verneinen, wenn der Kläger im Rahmen einer Stufenklage auf Leistung von Schadensersatz klagen könnte ( BGHZ 130, 205 [ 220f ] - Feuer, Eis & Dynamit I -; BGH GRUR 1954, 457 [ 459 ] - Irus / Urus -; BGH GRUR 1972, 180 [ 183 ] - Cheri -, insoweit abgedruckt in NJW 1972, 198; BGH GRUR 1992, 559 - Mikrofilmanlage -; BGH GRUR 2001, 78 [ 79 ] - Falsche Herstellerpreisempfehlung -; BGH GRUR 2001, 1177 [ 1178 ] - Feststellungsinteresse II -; BGH WRP 2002, 977 [ 979 ] - Scanner - Werbung - ). Die letzte Stufe der Klage des Klägers beschränkt sich hier ausdrücklich auf die Zahlung einer Lizenzgebühr.

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes besteht hier die allgemeine Lebenserfahrung, daß Endverbraucher, die ohne die Werbung der Beklagten bei dem Kläger eingekauft hätten, aufgrund des Nachlasses von 40 % und 50 % in das fünfhundert Meter entfernt liegende Ladenlokal der Beklagten gegangen sind und dort Lederwaren eingekauft haben. Daß der Kläger keine Lederwarenartikel der Marke PIERRE CARDIN in seinem Sortiment führt, ist für die Feststellung der Haftung unerheblich, denn diese können Lederwaren des gleichen Qualitätsniveaus im Sortiment des Klägers substituieren. Die streitgegenständlichen Werbeaktionen waren geeignet, einen nicht unerheblichen Teil der nur einmal im Landkreis O. vorhandenen Kaufkraft zur Beklagten als Verletzerin hinüberzuziehen und somit im Wettbewerb wirksam zu werden ( vergl. ergänzend BGH GRUR 2001, 84 [ 85 ] - Neu in Bielefeld II - ).

4.) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft über ihre erzielten Umsätze in dem Ladenlokal in H. zu.

a) Seit der Entscheidung RG GRUR 1927, 484 - Sanoskopgläser - besteht ein Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB auch bei allgemeinen Wettbewerbsverstößen. Der Auskunftsanspruch kann sich ferner aus § 249 BGB als einer unmittelbaren Folge der Verpflichtung des Verletzers zur Wiedergutmachung des Schadens ergeben ( BGHZ 95, 274 [ 278f ] - Gema - Vermutung I -; BGH GRUR 1972, 558 [ 560 ] - Teerspritzmaschinen - mit Anm. von v. Falck; BGH GRUR 1965, 313 [ 314 ] - Umsatzauskunft -; BGH GRUR 1964, 320 [ 323 ] - Maggi -; BGH GRUR 1974, 351 - Frisiersalon - jeweils für den Fall einer Preis - bzw. Vertriebsbindung ). Der Auskunftsanspruch ist allerdings nur auf die Angaben beschränkt, derer der Verletzte für die Berechnung seines Schadensersatzanspruches bedarf. Die Verpflichtung umfaßt dagegen nicht die für ein Vorgehen gegen den Verletzer erforderlichen Informationen.

b) Dem Auskunftsanspruch des Klägers steht im konkreten Fall nicht entgegen, daß der Umsatz des Verletzers bei Wettbewerbsverstößen im allgemeinen keine geeignete Grundlage für eine Schadensberechnung ist, denn die von dem Verletzer erzielte Umsatzsteigerung entspricht nicht ohne weiteres einer Umsatzeinbuße bei dem Verletzten. Hier hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, daß die beiden streitgegenständlichen Werbungen in dem Anzeigenblatt GENERALANZEIGER veröffentlicht worden sind, das im gesamten Landkreis O. unentgeltlich verteilt wird. Damit steht fest, daß die nach dem Vortrag des Klägers deutlichen Umsatzsteigerungen nicht nur auf Kosten des Klägers erzielt worden sind, sondern wenigstens auch zulasten der weiteren unmittelbaren Wettbewerber in H. und der näheren Umgebung. Dem läßt sich auch die räumliche Nähe der beiden Geschäftslokale entgegenhalten, denn durch die Werbung ist nicht die auf den Kläger räumlich orientierte Kundschaft abgezogen worden, sondern für die Kundschaft, die aufgrund der beiden Werbeanzeigen das Geschäftslokal der Beklagten aufgesucht hat, war die räumliche Nähe zum Geschäftslokal des Klägers nur von untergeordneter Bedeutung ( vergl. ergänzend BGH GRUR 1965, 313 [ 315 ] - Umsatzauskunft - ).

c) Etwas anderes ergibt sich hier aber aus dem Umstand, daß dem Kläger der Tagesumsatz der Beklagten vor den beiden Werbeaktionen bekannt ist, was er im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat. Wenn gedanklich unterstellt wird, daß der Umsatzanteil der Beklagten, der den durchschnittlichen Umsatz vor den Werbeaktionen übersteigt, in demselben Verhältnis auf den Kläger und die Beklagte verteilt wird, wie deren Umsätze vor den Werbeaktionen zueinander standen, dann steht fest, wie hoch der Schaden des Klägers maximal sein kann. Auch wenn die Beklagte in dem eigentlichen Schadensersatzprozeß dann wahrscheinlich einwenden wird, daß die Umsatzsteigerung nicht nur zulasten des Klägers erfolgt ist, sondern aufgrund des großen Verbreitungsgebietes des Anzeigenblattes GENERALANZEIGER auch zulasten weiterer Lederwarenhändler im Landkreis O. , dann ist es für den Kläger mit den Tatsachen, über die die Beklagte Auskunft erteilt hat, nur ausgeschlossen, den Schaden, den er erlitten hat, zu 100 % zu beziffern. Die Tatsachen sind dem Kläger aber behelflich, soweit es darum geht, seinen Mindestschaden zu beziffern. Der Kläger sieht seinen Schaden als maßgeblich dadurch entstanden an, daß Käufe von hochwertigen Lederwaren, wie zum Beispiel Reisekoffern, aufgrund der Werbeaktionen von einem Teil der Endverbraucher vorgezogen worden sind, so daß die Werbeaktionen nach seiner Auffassung auch noch in den Zeitraum von drei Jahren nach deren Beendigung hineinwirken. Es erscheint dem erkennenden Senat unter dieser Prämisse nicht ausgeschlossen zu sein, einen Prozentsatz vom Mehrumsatz gemäß § 287 ZPO zu schätzen, den der Kläger ohne die Werbeaktionen mindestens in dem nachfolgenden Zeitraum von drei Jahren erzielt hätte. Erforderlich wird dann nur die Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse auf dem Lederwarenmarkt in H. sein. Damit besteht dann aber auch das Interesse des Klägers an der Kenntniserlangung gerade dieser Tatsache.

d) Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft über die Höhe des von ihr während der Werbeaktionen erzielten Gewinnes nicht zu, denn dem Kläger steht ein Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinnes von Rechts wegen nicht zu, was der Senat unter Ziffer II.2.a der Entscheidungsgründe ausgeführt hat.

Danach ist wie erfolgt über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichtes Magdeburg zu entscheiden.

III.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites im ersten Rechtszug beruht auf §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO und für den Berufungsrechtszug auf § 92 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO n.F.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. ).

Ende der Entscheidung

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