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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 7 U 135/02
Rechtsgebiete: ZVG, BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

ZVG § 74a Abs. 5
BGB § 252
BGB § 252 Satz 2
BGB § 284 Abs. 1 S. 2
BGB § 288 Abs. 1 S. 2
BGB § 521
BGB § 599
BGB § 662
BGB § 690
BGB § 2039
ZPO § 287
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3
Der Haftungsmaßstab ist nicht allein deshalb auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt, weil die Leistung unentgeltlich erbracht wird.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 135/02 OLG Naumburg

verkündet am: 17.04.2003

In dem Rechtsstreit

...

wegen pVV eines Auftragsvertrages

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und des Richters am Landgericht Ehm

für Recht erkannt

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 18. Oktober 2002 ver- kündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichtes Halle teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefaßt.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.354,22 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. Januar 2002 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreites werden wie folgt verteilt:

Von den Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger 60 % und dem Beklagten 40 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges haben der Kläger zu 54 % und der Beklagte zu 46 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 35.206,84 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus übergegangenem Recht aus der Tätigkeit des Beklagten bei dem Verkauf von zwei in L. belegenen Grundstücken.

Der Kläger und der Beklagte sind Enkel des am 06. April 1963 in L. verstorbenen Karl Robert O. . Dieser wurde von seinen Kindern Robert Edgar O. jun., dem Vater des Klägers, Helene H. , geb. O. , der Mutter des Beklagten, Marianne M. , geb. O. und Helmut O. beerbt, worüber das Staatliche Notariat L. am 09. Juli 1963 einen gemeinschaftlichen Erbschein ausstellte ( Bl. I/14 d.A. ). Helmut O. verstarb am 23. Mai 1996 und wurde von seiner Tochter Suse Christine R. , geb. O. alleine beerbt. Robert Edgar O. jun. verstarb am 21. Januar 2001 und wurde von dem Kläger alleine beerbt ( Erbschein des Amtsgerichtes Erlangen - Nachlaßgericht - [ Bl. I/175 d.A. ] ). Der Nachlaß des Erblassers Karl Robert O. bestand im streitgegenständlichen Zeitraum nur noch aus den in L. belegenen zwei Grundstücken A. straße 03 und 05. Die Miterben Robert Edgar O. jun., Marianne M. und Helene H. erteilten dem Beklagten jeweils notariell beurkundete Vollmachten zur Verwertung der beiden Grundstücke. Die Miterbin Suse Christine R. erteilte ihrem Großneffen Christian W. eine solche Vollmacht. Dieser war im streitgegenständlichen Zeitraum Prokurist der Filiale L. der Dresdner Bank AG und als Leiter der Abteilung Finanzierung mit dem Grundstücksmarkt im Beitrittsgebiet und besonders im Raum L. vertraut. Der Kläger als Alleinerbe des ursprünglichen Miterben Robert Edgar O. jun. wirft dem Beklagten Schlechterfüllung bei der Verwertung der beiden Grundstücke vor und macht in diesem Rechtsstreit Schadensersatzansprüche des Miterben Robert Edgar O. jun. gegen den Beklagten geltend, die nach dem Erbfall auf ihn übergegangen sind.

Die Miterbin Suse Christine R. wandte sich mit Schreiben vom 06. August 1996 ( Bl. I/211f d.A. ) an die drei weiteren Miterben und bat diese um Zahlung von jeweils 13.368,68 DM für Aufwendungen, die sie auf die beiden Grundstücke geleistet habe. Mit Schreiben vom 20. September 1996 ( Bl. I/213 d.A. ) mahnte sie die Miterben. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Oktober 1996 ( Bl. I/214 d.A. ) ließ sie für den Fall der Nichtzahlung die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche ankündigen. Keiner der Erben war finanziell in der Lage, die geltend gemachten Ansprüche zu erfüllen. Mit Schreiben vom 19. Mai 1997 ( Bl. I/233 d.A. ) forderte die Miterbin R. den Miterben Robert Edgar O. jun. zur Zahlung von weiteren 3.063,37 DM auf.

Die beiden Grundstücke waren dinglich belastet. Mit Schreiben vom 04. Februar 1997 ( Bl. I/230 - 232 d.A. ) forderte die Stadt- und Kreissparkasse L. von der Erbengemeinschaft den Ausgleich von Rückständen in Höhe von 9.929,72 DM aus Darlehensverträgen.

Der Beklagte beantragte am 21. März 1997 im Namen der drei Vollmachtgeber bei dem Amtsgericht Leipzig die Teilungsversteigerung der beiden Grundstücke zum Zwecke der Aufhebung der Erbengemeinschaft ( Bl. I/69 d.A. ). Nach der Anordnung der Teilungsversteigerung durch Beschlüsse vom 22. April 1997 ( Bl. I/71f d.A. ) ordnete das Amtsgericht Leipzig durch Beschlüsse vom 12. August 1997 an, daß jeweils ein Gutachten über den Verkehrswert der Grundstücke eingeholt werden solle ( Bl. I/73f d.A. ). Die Sachverständige R. R. aus L. kam in ihrem Gutachten vom 26. September 1997 für das Grundstück A. straße 03 zu einem Verkehrswert von 310.000,00 DM ( Bl. I/94 - 111 d.A. ) und in ihrem Gutachten vom 29. September 1997 für das Grundstück A. straße 05 zu einem Verkehrswert von 290.000,00 DM ( Bl. I/75 - 93 d.A. ). Das Amtsgericht Leipzig setzte den Verkehrswert gemäß § 74a Abs. 5 ZVG jeweils in diesen Höhen fest ( Bl. I/112 - 115 d.A. ). Zur Durchführung der Teilungsversteigerung kam es dann nicht mehr, was von den Parteien nicht weiter dargestellt wird.

Der Beklagte machte der E. Grundbesitz - und Verwaltungs - GmbH ( AG Leipzig HRB 13575; vorher E. Immobilien -, Anlage - und Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung ) am 23. Juli 1997 ein bis zum 31. Dezember 1998 befristetes und unwiderrufliches notariell beurkundetes Angebot zum Abschluß eines Erbteilkaufvertrages im Namen der drei vertretenen Erben zum Preis von 322.500,00 DM abzüglich der Belastungen ( Nr. 868 der Urkundenrolle aus 1997 der Notarin H. H. mit Amtssitz in H. [ Bl. I/116 - 123 d.A. ] ).

Die in L. sitzende M. GmbH ließ den vier Miterben durch Schreiben der Maklerin A. GmbH vom 23. Juni 1998 ( Bl. I/126 d.A. ) das Angebot machen, die beiden Grundstücke für 650.000,00 DM abzüglich der Belastungen zu erwerben ( Bl. I/127 - 138 d.A. ). Das Angebot konnte wegen der Bindung der drei Miterben naturgemäß nicht angenommen werden.

Die Miterbin R. veräußerte ihren Erbanteil von 1/4 durch notariell beurkundetem Vertrag vom 03. September 1998 zum Preis von 150.000,00 DM an die E. Grundbesitz - und Verwaltungs - GmbH ( UR-Nr. 2196 / 1998 des Notars Dr. H. A. mit Amtssitz in L. [ Bl. 139 - 150 d.A. ] ). Die Ablösung der Belastungen oblag der Erwerberin. Die E. Grundbesitz - und Verwaltungs - GmbH nahm das Angebot zum Abschluß eines Erbteilkaufvertrages durch notariell beurkundete Erklärung vom 04. September 1998 an ( UR-Nr. 2213 / 1998 des Notars Dr. H. A. mit Amtssitz in L. [ Bl. I/166 - 169 d.A. ] ). Diese veräußerte die beiden Grundstücke zum Preis 670.000,00 DM an die M. GmbH aus L. . Damit ist das Handeln für die Miterbin R. im Vergleich zum Handeln des Beklagten für die drei weiteren Miterben bei der Veräußerung der beiden Grundstücke günstiger und bildet den Gegenstand der Schadensersatzklage.

Die E. Grundbesitz - und Verwaltungs - GmbH zahlte zwar den Kaufpreis an die Miterbin Suse Christine R. , blieb den Kaufpreis gegenüber den anderen drei Miterben aber zunächst schuldig. Dieser mußte im Wege der Zwangsvollstreckung in der Zeit vom 22. Mai 2000 bis zum 29. April 2001 vollstreckt werden. Der Kaufpreis ist an die drei Miterben anteilig ausgezahlt worden, so daß insoweit keine weiteren Ansprüche mehr aus dem Erbschaftsanteilkaufvertrages mehr bestehen.

Der Kläger hat behauptet, daß von Maklern Angebote für die beiden Grundstücke von Herrn W. eingeholt worden seien, die sich auf 650.000,00 DM bis 800.000,00 DM belaufen hätten. Diese Angebote seien dem Beklagten bekannt gewesen. Die Kündigungen der Darlehensverträge mit Schreiben vom 06. Dezember 1997 ( Bl. II/39f d.A. ) durch die Stadt- und Kreissparkasse L. seien durch die Einleitung der Teilungsversteigerungsverfahren ausgelöst worden. Die Miterbin R. habe die von ihr geltend gemachten Ansprüche im Schreiben ihres außergerichtlichen Bevollmächtigten Rechtsanwalt G. aus L. vom 19. November 1997 ( Bl. II/18 - 20 d.A. ) auch begründen lassen.

Der Kläger hat gemeint, daß der Beklagte die ihm obliegende Pflicht aus dem Auftragsverhältnis, die beiden Grundstücke bestmöglichst zu veräußern, verletzt habe. Er hätte die beiden Grundstücke mit der Miterbin R. zum Preis zwischen 600.000,00 DM und 800.000,00 DM veräußern können und müssen. Eine weitere Pflichtverletzung liege darin, daß sich der Beklagte in dem Angebot auf Abschluß eines Erbteilkaufvertrages für 17 Monate gebunden habe und einen Kaufpreis unter dem wirtschaftlichen Wert vereinbart habe, zumal in diesem Zeitpunkt bereits das Teilungsversteigerungsverfahren angeordnet gewesen sei. Ferner habe der Beklagte nicht die üblichen Sicherungen, wie z.B. Zahlung auf ein Notaranderkonto, mit in das Angebot aufgenommen. Schließlich habe sich die Erwerberin nicht wegen der Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Erst für ihn, den Kläger, sei die notarielle Urkunde berichtigt worden.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 62.258,59 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß DÜG aus 72.804,76 DM seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten ferner zu verurteilen, ihm einen angemessenen Schadensersatz für den entgangenen Anlagegewinn nach billiger Schadensschätzung durch das Gericht zu zahlen, wobei als angemessen ein Betrag in Höhe von etwa 6.600,00 DM in Betracht kommt, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß DÜG seit Rechtshängigkeit;

3. festzustellen, daß sich die Klage in Höhe eines Betrages von 10.546,17 DM in der Hauptsache erledigt hat.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, daß er sich nach den Forderungsschreiben der Miterbin R. bereit erklärt habe, für die restliche Erbengemeinschaft tätig zu werden. Er habe dabei Wert darauf gelegt, daß bereits zu Beginn der Sohn des Miterben Robert Edgar O. jun., der Kläger, und die Tochter der Miterbin Marianne M. , geb. O. beteiligt werden würden. Wegen der von der Miterbin R. geltend gemachte Forderung habe sich der Miterbe Robert Edgar O. jun. in großer Sorge befunden. Er, der Beklagte, habe mehrfach versucht, Kontakt mit dem Bevollmächtigten der Miterbin R. , Herrn W. , aufzunehmen. Eine Reaktion sei auf diese Schreiben zu keiner Zeit erfolgt. Er habe sodann drei Angebote für die beiden Grundstücke eingeholt, deren Höhen sich zwischen 400.000,00 DM und 450.000,00 DM belaufen hätten. Der Immobilienmakler Sch. sei im Laufe eines Gespräches am 19. November 1996, in dem er eine Einschätzung des Verkehrswertes abgegeben habe, von dem Vertreter der Miterbin R. , Herrn W. , des Grundstückes verwiesen worden. Er habe danach von den drei Miterben ein Schuldanerkenntnis bezüglich der geltend gemachten Forderungen verlangt. Die drei Miterben seien dem nicht nachgekommen, weil ein Nachweis über die Berechtigung der Forderungen nicht geführt worden sei. In Anbetracht der Forderungen und des Umstandes, daß die Miterbin R. einen Verkauf abgelehnt habe, habe er den Antrag auf Anordnung der Teilungsversteigerungen bei dem Amtsgericht Leipzig gestellt. Ungeachtet dessen habe er sich aber weiter um einen freihändigen Verkauf der Grundstücke bemüht. Er habe die E. Grundbesitz - und Verwaltungs - GmbH als Interessentin gefunden und das notariell beurkundete Angebot auf Abschluß eines Erbanteilkaufvertrages gemacht. Damit seien alle drei Miterben, darunter auch Herr Robert Edgar O. jun., einverstanden gewesen. Erst nach Abgabe des Angebotes seien ihm, dem Beklagten zwei Angebote übermittelt worden, deren Seriosität sich aber nicht habe nachprüfen lassen, weil die Absender geschwärzt worden seien ( Bl. I/243f d.A. ). Maklerangebote, die Herrn W. vorgelegen haben sollen, seien ihm nicht bekannt gewesen. Die im Rechtsstreit vorgelegten Kaufangebote datierten aus dem Zeitraum Mai 1998 und damit erheblich nach den von dem Beklagten geführten Verhandlungen. Mit der Zahlung der 150.000,00 DM seien die Forderungen der Miterbin R. gegen die drei weiteren Miterben erfüllt worden. Das ergebe sich aus dem Schreiben von Rechtsanwalt G. vom 19. November 1997 ( Bl. II/18 - 20 d.A. ).

Der Beklagte hat gemeint, daß der Kläger Ansprüche als Mitglied einer noch nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft geltend mache. Dann sei aber nur die vollständige Erbengemeinschaft zur Klageerhebung befugt. Er erhebt die Einrede der Verjährung.

Die 5. Zivilkammer des Landgerichtes Halle hat die Klage durch das am 18. Oktober 2002 verkündete Urteil abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung ausgeführt, daß sich dem Vortrag des Klägers eine schuldhafte Verletzung von vertraglichen Pflichten durch den Beklagten nicht entnehmen lasse. Aus dem Umstand, daß der Miterbin R. für die beiden Grundstücke ein Angebot von der M. GmbH in Höhe von 650.000,00 DM gemacht worden sei, könne nicht auf eine Pflichtverletzung rückgeschlossen werden. Der Beklagte habe nämlich nicht eine erfolgsbezogene Pflicht zur Veräußerung der beiden Grundstücke zum Marktwert übernommen, sondern nur die, von den sich bietenden Kaufangeboten das für seine Auftraggeber günstigste Angebot Gebrauch zu machen. Der Beklagte habe aber nicht die beiden Grundstücke verkaufen können, weil er nur drei der vier Miterben vertreten habe. Auch die vierte Miterbin R. habe von dem Angebot der M. GmbH keinen Gebrauch gemacht. Diese habe auch bezüglich der anderen Angebote keine Anstalten gemacht, in ernsthafte Verhandlungen mit dem Beklagten zu treten. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, daß sich der Beklagte in vorwerfbarer Weise gegen eine Zusammenarbeit mit der Miterbin R. gesperrt habe. Sei aber die Erbengemeinschaft durch die Verweigerungshaltung der Miterbin R. handlungsunfähig geworden, sei es auch nicht vorwerfbar, daß der Beklagte nur eine Kaufoption für Erbschaftsanteile angeboten habe. Dieses Handeln habe zwangsläufig zu einem ungünstigeren Ergebnis führen müssen als der Verkauf der beiden Grundstücke in Natur.

Gegen dieses dem Kläger am 04. November 2002 zugestellte Urteil hat er am 04. Dezember 2002 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 07. Februar 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Begründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Der Kläger nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, daß der Hintergrund der sehr weit gehenden Vollmacht die Unerfahrenheit des Vollmachtgebers bei Grundstücksgeschäften und dessen angegriffene körperliche und seelische Konstitution gewesen sei. Einigkeit habe bei allen Erben bestanden, die beiden Grundstücke bestmöglichst zu veräußern. Erst im Zuge der Verhandlungen zwischen den Miterben sei es zu Spannungen zwischen dem Beklagten und der Miterbin R. und ihrem Bevollmächtigten W. gekommen, der mehrere Maklerangebote über 600.000,00 DM eingeholt habe. Diese Maklerangebote seien dem Beklagten auch bekannt gemacht worden. Der Beklagte habe gewußt, daß im Rahmen eines Teilungsverfahrens ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsse. Trotzdem habe er sich vor deren Einholung für einen sehr langen Zeitraum gebunden und zudem einen zu geringen Kaufpreis vereinbart, was sich zwanglos aus dem Weiterverkauf der beiden Grundstücke für 670.000,00 DM ergebe. Daß die Miterbin das entsprechende Angebot der M. GmbH nicht angenommen habe, liege nur daran, daß auch sie nicht zum Verkauf der beiden Grundstücke in der Lage gewesen sei.

Der Kläger meint, daß die geltend gemachte Forderung keine Nachlaßforderung im Sinne des § 2039 BGB sei, sondern eine Schadensersatzforderung wegen Schlechterfüllung des der Vollmachtserteilung zugrundeliegenden Auftragsverhältnisses. Der Beklagte sei mit der Annahme die Verpflichtung eingegangen, den größtmöglichen Nutzen aus der Verwertung der beiden Grundstücke zu ziehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Halle vom 18. Oktober 2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

1. ihm 31.832,31 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit der Zustellung der Klage zu zahlen;

2. ihm einen angemessenen Schadensersatz für entgangenen Anlagegewinn nach billiger Schadensschätzung durch das Gericht zu zahlen, wobei als angemessen ein Betrag in Höhe von 3.374,53 Euro in Betracht kommt nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, daß es wegen der Forderungen der Miterbin R. notwendig gewesen sei, die beiden Grundstücke zu veräußern. Erst nach der notariellen Beurkundung des Angebotes auf Abschluß eines Erbanteilkaufvertrages habe der Bevollmächtigte der Miterbin R. Angebote für die beiden Grundstücke eingeholt, die einen höheren Kaufpreis ausgewiesen hätten. Im Zeitpunkt des Angebotes hätten keine höheren Angebote vorgelegen. Das Ziel der Erben sei nach der Veräußerung der Grundstücke auch erreicht gewesen. Die Belastungen der Grundstücke seien getilgt worden und es habe nicht mehr die Gefahr der persönlichen Inanspruchnahme der Erben bestanden. Die lange Bindungsfrist sei vor dem Hintergrund der langen Verhandlungen mit der Miterbin R. zu sehen, die ihre Mitwirkung bis zur Abgabe des notariell beurkundeten Angebotes versagt habe. Die von ihm vertretenen Miterben seien informiert gewesen und hätten sein Handeln gebilligt.

Der Beklagte meint, daß die Erbengemeinschaft nach Karl Robert O. immer noch bestehe und der Kläger daher keine eigenen Schadensersatzansprüche geltend machen könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung gegen das am 18. Oktober 2002 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichtes Halle ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO ).

In der Sache hat sie teilweise auch Erfolg.

II.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 16.354,22 Euro aus pVV eines Auftragsverhältnisses nebst Zinsen zu.

1.) Zwischen dem ehemaligen Miterben Robert Edgar O. jun. und dem Beklagten ist mit dessen Bevollmächtigung zum Verkauf der beiden Grundstücke ( UR-Nr. 1515/1996 des Notars V. mit Amtssitz in N. [ Bl. I/45 - 49 d.A. ] ), zu deren freiwilliger Versteigerung ( UR-Nr. 318/1997 des Notars V. mit Amtssitz in N. ) und zum Verkauf des Erbanteiles an dem Nachlaß des Karl Robert O. ( UR-Nr. 994/1997 des Notars V. mit Amtssitz in N. [ Bl. I/50 - 55 d.A. ] ) ein Auftragsvertrag gemäß § 662 BGB zustandegekommen.

a) Inhaltlich war der Beklagte danach verpflichtet, die beiden in L. belegenen Grundstücke, die den noch verbliebenen Nachlaß des Erblassers Karl Robert O. bildeten, im Interesse des Vollmachtgebers nach jeder Richtung und umfassend bestmöglich zu verwerten, was sich auch nicht im Streite der Parteien befindet. Dazu gehörte es ähnlich wie bei einem Rechtsanwalt, daß der Beklagte über die konkreten wirtschaftlichen Gefahren der beabsichtigten Vorgehensweise aufklärt ( vergl. hierzu BGH NJW 1998, 900 [ 901 ] ). Weil es sich dabei um eine grundlegende und von jedermann zu beachtende Vorgehensweise handelt, kommt es auf die dem Vollmachtgeber bekannte konkrete Vorbildung des Beklagten, die im allgemeinen den Pflichtenumfang beeinflussen wird, nicht an. Soweit das Landgericht zu meinen scheint, der Beklagte sei nicht zur Prüfung der Marktverhältnisse verpflichtet gewesen und habe nur das günstigste Angebot anzunehmen gehabt, entspricht dieser Vertragsinhalt somit nicht dem Interesse des Vollmachtgebers, das für den Beklagten erkennbar war. Selbstverständlich oblag dem Beklagten wenigstens eine Plausibilitätskontrolle der Kaufpreisangebote und verbat ihm, ein Angebot anzunehmen, das sich nicht in der Größenordnung des tatsächlichen Verkehrswertes befand. Entgegen der Auffassung von Medicus ( in FS für Walter Odersky zum 65. Geburtstag am 17. Juli 1996, S. 589 [ 594ff ] ), der das Landgericht zuzuneigen scheint, greift eine mögliche, auf der Absprache der Unentgeltlichkeit beruhende Privilegierung des Handelnden nach Auffassung des Senates nicht schon bei der Bestimmung des Pflichtenumfanges ein, sondern die rechtliche Folge der Unentgeltlichkeit ist erst bei der Frage zu prüfen, für welche Formen des Verschuldens gehaftet werden muß.

b) Bei dieser Verpflichtung handelte es sich trotz der vereinbarten Unentgeltlichkeit der Geschäftsbesorgung nicht um ein Gefälligkeitsverhältnis, dem der Rechtsbindungswille fehlt und in dessen Rahmen eine rechtgeschäftliche Haftung ausscheidet ( sog. Gefälligkeitshandlung ohne rechtliche Bindung ). Es ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten, wie die Grenzen der vertraglichen Haftung bei den Gefälligkeiten des täglichen Lebens zu ziehen sind ( vergl. Medicus, Bürgerliches Recht, 19. Auflage, RdNr. 364ff; Maier JuS 2001, 746; Hirte / Heber JuS 2002, 241 [ 242 ]; Wirth JuS 2002, 764 [ 765 ]; Gehrlein VersR 2000, 415; Grundmann AcP 198 [ 1998 ], 457 [ 471 ] ). Der Bundesgerichtshof, dem sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, stellt für die Haftung allein auf den Willen, sich rechtlich binden zu wollen, ab und beantwortet die Frage anhand von Indizien. Entscheidend für den Bundesgerichtshof ist die Art der Gefälligkeit, ihr Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Empfänger, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird, und die dabei bestehende Interessenlage der Parteien. Weiter hält der Bundesgerichtshof den Wert einer anvertrauten Sache für erheblich, die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die jener durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann ( BGHZ 21, 102 [ 106f ], 56, 204 [ 209f ]; 88, 373 [ 382 ]; 92, 164 [ 168 ]; BGH VersR 1993, 1274; BGH NJW 1992, 498 ).

c) Nach diesen Grundsätzen handelten beide Parteien mit Rechtsbindungswillen. Für den Miterben Robert Edgar O. jun., der nach dem Vortrag des Beklagten finanziell nicht in der Lage war, die Forderungen der nachgerückten Miterbin Suse Christine R. und der Stadt- und Kreissparkasse L. zu erfüllen, bildete seine Beteiligung an der Erbengemeinschaft nach Karl Robert O. einen ganz erheblichen Vermögensbestandteil und hätte schon wegen der Höhe des Wertes zu einer qualitativen Änderung seines Lebens in einem Altenheim führen können. Nach dem Vortrag des Beklagten soll er in großer Sorge vor einer persönlichen Inanspruchnahme durch die Stadt- und Kreissparkasse L. gelebt haben. Er selber war nach dem unwidersprochen gebliebenen und durch die Vorlage des Attestes der Fachärzte Dr. H. und Dr. L. aus N. vom 03. Dezember 2001 ( Bl. I/67f d.A. ) substantiierten Vortrag körperlich nicht mehr in der Lage, sich um die Verwertung zu kümmern. Wegen der Bedeutung für ihn bedurfte es einer sachgerechten Ausführung und jeder Fehler bei der Besorgung des Geschäftes hätte eine erhebliche Auswirkungen gehabt. Als Alternative zum tatsächlichen Handeln hätte ihm auch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Verfügung gestanden, dessen Kosten in Relation zum Risiko bei einer Schlechtleistung von eher untergeordneter Bedeutung gewesen wären.

d) Der Haftungsmaßstab des Beklagten ist nicht auf grobe Fahrlässigkeit oder auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten reduziert. Eine analoge Anwendung der Haftungsmilderungen in §§ 521, 599 und 690 BGB auf den Auftragsvertrag kommt nicht in Betracht, weil das BGB die Haftung für eine unentgeltlich erbrachte Leistung unterschiedlich ausgestaltet hat. Das Haftungsregime muß daher nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt werden ( RGZ 145, 390 [ 394f ]; BGHZ 21, 102 [ 110 ] ).

Für eine konkludente Beschränkung der Haftung des Beklagten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit fehlen entsprechende Anhaltspunkte und eine solche hätte auch nicht im Interesse des Vollmachtgebers gestanden. Regelmäßig haftet der Leistende auch für einfache Fahrlässigkeit, wenn die Geschäftsbesorgung einem Vertrauensverhältnis entspringt und einen Gegenstand wirtschaftlicher und geschäftlicher Bedeutung betrifft ( BGZHZ 21, 102 [ 110 ] ). Beide Voraussetzungen liegen im konkreten Fall vor. Soweit Grundmann ( AcP 198 [ 1998 ], 457 [ 471 ] ) von dem Haftungssystem des Bundesgerichtshofes abweicht und zwischen dem Erfüllungs- und dem Integritätsinteresse differenziert, führt auch dies bei dem vorliegenden Auftragsvertrag zu keiner Änderung. Der Vollmachtgeber Robert Edgar O. jun. ist hier in seinem Integritätsinteresses, also dem Interesse, nicht in seinem vorhandenen Vermögen geschädigt zu werden, beeinträchtigt worden, wofür auch Grundmann eine Haftung für fahrlässiges Verhalten annimmt.

2.) Der Beklagte hat bei der Besorgung der ihm durch den Auftragsvertrag obliegenden Geschäfte nicht die ihn treffende Sorgfalt beachtet.

a) Dabei kann es der Senat dahingestellt sein lassen, in welchem Umfang der Beklagte über die von Herrn W. eingeholten Angebote von Maklern vor der Abgabe des notariell beurkundeten Angebotes auf Abschluß eines Erbteilkaufvertrages informiert worden war. Dies deshalb, weil es dem klaren Interesse des Vollmachtgebers Robert Edgar O. jun. widersprach, sich für den Zeitraum vom 23. Juli 1997 bis zum 31. Dezember 1998 zu binden. Mit der zeitlich limitierten Unwiderruflichkeit des Angebotes schied eine Verwertung der Grundstücke innerhalb des Bindungszeitraumes faktisch aus, weil sich die drei Vollmachtgeber anderenfalls gegenüber der E. Grundbesitz - und Verwaltungs GmbH schadensersatzpflichtig gemacht hätte. In diesem Sinne dürfte das Schreiben der Miterbin R. vom 11. Juli 1998 ( Bl. II/22 d.A. ), in dem sie den Vollmachtgeber zur Zustimmung zum Verkauf des Grundstückes auffordert, auf einer Verkennung der Rechtslage liegen bzw. auf dem Versuch, die eigenen Interessen ohne die gebotene Rücksicht auf die Situation des Empfängers durchzusetzen. Der langen Bindung stand nämlich kein Vorteil gegenüber, der das Handeln des Beklagten möglicherweise in einem anderen Lichte hätte erscheinen lassen können. Der Beklagte hat ein Angebot über 450.000,00 DM vorgelegt ( Bl. II/60 d.A. ), über das am 05. Februar 1997 verhandelt worden sein soll ( Bl. II/54 d.A. ). Nach dem Vortrag des Beklagten drängten die Miterbin R. und die Stadt- und Kreissparkasse L. , die im Schreiben vom 04. Februar 1997 ( Bl. I/230 - 232 d.A. ) Forderungen in Höhe von insgesamt 9.939,72 DM geltend machte, auf den Ausgleich von offenen Forderungen. Diese kündigte die Darlehenskonten aber erst mit zwei Schreiben vom 06. Dezember 1997 ( Bl. II/39f d.A. ), weil jeweils eine Teilungsversteigerung angeordnet worden war. Selbst wenn eine Erfüllung der geltend gemachten Forderungen für die drei Miterben aus finanziellen Gründen ausschied, änderte sich durch die Abgabe des Vertragsangebotes nichts an der konkreten Situation, in der sich der Beklagte und die drei Vollmachtgeber befanden, weil die E. Grundbesitz - und Verwaltungs GmbH nicht zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet war. Es war auch nicht damit zu rechnen, daß die Angebotsempfängerin von dem Angebot Gebrauch machen wird, wenn sich der Verkehrswert der beiden Grundstücke unter den rechnerischen Wert der Grundstücke in dem Bindungszeitraum entwickeln sollte. Es kommt hinzu, daß es dem Beklagten bekannt war, daß das Amtsgericht im Rahmen eines Teilungssteigerungsverfahrens verpflichtet ist, ein Gutachten über den Verkehrswert des jeweiligen Grundstückes einzuholen. Obwohl die Einholung eines Gutachtens kurz bevorstand, band sich der Beklagte für einen sehr langen Zeitraum und konnte auf Angebote auf Kauf der beiden Grundstücke weder für die drei Erben reagieren, noch konnte die Miterbin R. auf ein solches Angebot in irgendeiner Weise reagieren. Zu Recht weist der Klägerin deshalb daraufhin, daß aus der Nichtannahme des Angebotes der M. GmbH durch die Miterbin R. keine Schlüsse gezogen werden können. Wenn das pflichtwidrige Verhalten in der langen Bindung gesehen wird, dann kommt es auch nicht darauf an, ob die Miterbin R. auf Schreiben des Beklagten reagiert hat oder nicht ( Bl. II/48 d.A. ).

b) Das Handeln des Beklagten ist nicht durch den Willen des Vollmachtgebers gedeckt. Nach der Darlegungs- und Beweislastverteilung hat der Auftragnehmer den entsprechenden Willen des Auftragebers zu beweisen, wenn die Geschäftsbesorgung abweichend vom Auftragsinhalt ausgeführt wird ( RGZ 90, 129 [ 135 ]; BGH VersR 1987, 663 [ 664 ]; Erman - Ehmann, BGB, 9. Auflage, § 665 RdNr. 5 ). Der Beklagte im Schriftsatz vom 14. Februar 2002 vorgetragen, daß der Vollmachtgeber mit der Höhe des Kaufpreises einverstanden gewesen sei, weil damit die Verpflichtungen hätten erfüllt werden können und auch noch etwas für die Erben übrig geblieben sei ( Bl. I/205 d.A. ). Diesen Vortrag kann der Senat dahingestellt sein lassen, denn dem Beklagten wird eben nicht der vereinbarte Kaufpreis zum Vorwurf gemacht, sondern nur die lange Bindung an das Angebot. Daß der Vollmachtgeber Robert Edgar O. jun. damit einverstanden gewesen sei, wurde schriftsätzlich nicht behauptet und wäre im übrigen auch unwahrscheinlich, wenn entgegen der ärztlichen Beurteilungen der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. H. und Dr. L. vom 03. Dezember 2001 ( Bl. I/67f d.A. ) und ergänzend des praktischen Arztes Dr. B. vom 10. Juli 2000 ( Bl. I/173 d.A. ), in dessen Behandlung er sich seit dem 29. Mai 2000 begeben hatte, eine durchschnittliche Erkenntnis- und Beurteilungsfähigkeit vorausgesetzt wird. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte weiter - bestritten - behauptet, auch die Dauer der Bindung sei mit dem Vollmachtgeber abgesprochen worden. Diesen Vortrag betrachtet der Senat aus den vorgenannten Erwägungen als zu pauschal. Insbesondere hätte es gerade wegen der Beschränkung der Beurteilungsfähigkeit weiteren Vortrages dazu bedurft, in welcher Form er den Vollmachtgeber in die Lage versetzt hat, tatsächlich frei und informiert über die Frage der Bindungsdauer zu entscheiden.

c) Schließlich vermag sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens zu berufen ( vergl. MüKo - Oetker, BGB, 4. Auflage, § 249 RdNr. 210 - 217; Medicus, Bürgerliches Recht, 19. Auflage, RdNr. 852f ). Nach seinem - bestrittenen - Vortrag wäre ihm der Verkauf der drei Erbanteile für 322.000,00 DM abzüglich der Belastungen nicht vorzuwerfen gewesen, weil er dahingehende Maklerangebote eingeholt habe und von Herrn W. nicht vor Abschluß des hypothetischen Kaufvertrages über die von diesem eingeholten - entgegenstehenden - Maklerangebote und über seine als Prokurist gewonnenen beruflichen Erfahrungen auf dem Grundstücksmarkt in L. informiert worden sei. Der Verkauf der drei Erbanteile wäre allein dadurch aber nicht rechtmäßig geworden, sondern es könnte höchstens nur an dem erforderlichen Verschulden fehlen, woran der Senat allerdings zweifelt, weil es dem Beklagten oblegen hätte, wenigstens auf die im Rahmen des Teilungsversteigerungsverfahrens einzuholenden Gutachten abzuwarten.

3.) Der dem Miterben Robert Edgar O. jun. erlittene Schaden errechnet sich der Höhe nach wie folgt.

a) Hinsichtlich des Kaufpreises ist der entgangene Gewinn als Schaden gemäß § 252 BGB prognostisch zu schätzen. Dabei enthält § 252 Satz 2 BGB insoweit eine Beweiserleichterung, als der Geschädigte nur die Umstände und zudem nur in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen hat, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Einzelfalles die Wahrscheinlichkeit eines Gewinneintrittes ergibt. Dabei dürfen die insoweit zu stellenden Anforderungen nicht überspannt werden ( BGHZ 29, 393 [ 398 ]; 54, 45 [ 55 ]; 77, 16 [ 19 ] - Tolbutamid -; 100, 36 [ 50 ]; BGH NJW 1993, 1989 [ 1990 ] - Kollektion "Holiday" -, insoweit nicht in BGHZ 122, 262 abgedruckt; BGH NJW 2000, 3287 [ 3288 ]; Palandt - Heinrichs, BGB, 62. Auflage, § 252 RdNr. 5 ). Es steht zwar fest, daß die M. GmbH aus L. im Juni 1998 bereit war, für die beiden Grundstücke 650.000,00 DM abzüglich der Belastungen zu zahlen. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der A. GmbH vom 23. Juni 1998 ( Bl. I/126 d.A. ) und mit hinreichender Sicherheit letztlich aus dem Umstand, daß sie die Grundstücke am 04. September 1998 für 670.000,00 DM abzüglich der Belastungen von der E. Grundbesitz - und Verwaltungs GmbH erworben hat. Dennoch kann die tatsächliche Entwicklung allein nicht zur Grundlage der Schadensschätzung gemacht werden. Es bestand auf der einen Seite ein gleichgerichtetes Interesse der Miterben an einer zügigen Verwertung. Der Verkehrswert der beiden Grundstücke ist von dem Amtsgericht Leipzig nach der Einholung der beiden Gutachten nur auf 600.000,00 DM festgesetzt worden. Unstreitig zwischen den Parteien gab es kurz vor dem Ende des Jahres 1998 in L. nochmals eine kurzzeitige Erholung der Immobilienpreise, weil die Sonderförderung im Beitrittsgebiet mit Ablauf des Jahres 1998 endete. Es gab ein anonymisiertes Angebot aus B. vom 07. Mai 1998 über 640.000,00 DM ( Bl. II/34 d.A. ). Ausweislich des Schreibens des von der Miterbin R. beauftragten Rechtsanwaltes G. aus L. vom 19. November 1997 ( Bl. II/18 - 20 d.A. ) gab es ein Angebot der N. GmbH über 550.000,00 DM. Der Kläger trägt im Schriftsatz vom 07. Februar 2003 vor, daß der Bevollmächtigte W. um die Jahreswende 1996 / 1997, als es zu Spannungen zwischen jenem und dem Beklagten gekommen sei, von einem realistischen Wert von 600.000,00 DM ausgegangen sei ( Bl. II/142 d.A. ). Soweit der Kläger in der Klageschrift vorgetragen hat, daß sich die von dem Bevollmächtigten W. eingeholten Maklerangebote auf 650.000,00 DM bis 800.000,00 DM belaufen hätten ( Bl. I/4 d.A. ), mißt dem der Senat kein entscheidendes Gewicht bei, denn offen bleibt, mit welchem Bindungswillen diese Angebote abgegeben worden sind. Insgesamt vermag der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände mit der hinreichenden Sicherheit prognostisch nur davon auszugehen, daß die beiden Grundstücke für 600.000,00 DM verkauft worden wären, weil die Grundstücke von einer vernunftgeleiteten zusammenarbeitenden Erbengemeinschaft bereits im Laufe des Jahres 1997 veräußert worden wären. b) Auf den beiden Grundstücken lagen per 30. Dezember 1997 dingliche Belastungen in Höhe von 98.765,16 DM. Dies ergibt sich aus den beiden Schreiben der Stadt- und Kreissparkasse L. , mit denen sämtliche Darlehensverträge gekündigt worden sind ( Bl. II/40f d.A. ). In welcher Höhe die Darlehensforderungen Anfang 1997 valutierten, läßt sich dem Vortrag der Parteien nicht entnehmen. Hinzu kommt die Forderung der Miterbin R. , die diese im Schreiben des Rechtsanwaltes G. vom 19. November 1997 ( Bl. II/18 - 20 d.A. ) hat beziffern lassen. Diese beträgt 47.865,91 DM und setzt sich aus in der Vergangenheit liegenden Zahlungen ( "Inanspruchnahmen" ) der Miterbin R. in Höhe von 42.320,07 DM auf Altkredite und aus 5.545,84 DM für Auslagen und Aufwendungen für Räumungsklagen zusammen. Nach dem Vortrag des Klägers soll diese Forderung bestanden haben, weshalb sich der Beklagte zu Unrecht dagegen gewehrt habe, daß von dem Bevollmächtigten W. hierüber ein Schuldanerkenntnis verlangt worden sei. Dies macht insgesamt 146.631,07 DM. Der prognostische Wert der beiden Grundstücke betrug 1997 somit unter Berücksichtigung der auf ihnen liegenden Verbindlichkeiten 453.368,93 DM. Ein Viertel davon beträgt 113.342,23 DM.

c) Der Rechtsvorgänger des Klägers hat aus dem Verkauf ein Erlös in Höhe von 84.099,17 DM gezogen. Die den Schaden ausmachende Differenz beträgt somit 29.243,06 DM ( 14.951,74 Euro ).

d) Dem Kläger steht gegen den Beklagten ferner ein Anspruch auf Zahlung von 1.402,48 Euro für entgangenen Zinsgewinn zu. Der Kläger macht einen solchen Anspruch für den Zeitraum von 1999 bis 2001 geltend. Ab dem 23. Januar 2002 wird der Schaden von den geltend gemachten Prozeßzinsen mit umfaßt. Bei höheren Geldbeträgen spricht die Lebenserfahrung dafür, daß der Betrag angelegt worden wäre. Durch den sich daraus ergebenden Anscheinsbeweis, der die Darlegungslast erleichtert, ergibt sich ein Anspruch auch auf den Ersatz der insoweit gezogenen Zinsen. Der Höhe nach richten sich die Zinsen nach den Zinsen, die für Termingelder, Festgelder oder gewöhnliche Spareinlagen erlangt werden können ( BGH NJW 1992, 1223 [ 1224 ]; Staudinger - Schiemann, 13. Bearbeitung, § 252 RdNr. 55f; MüKo - Oetker, BGB, 4. Auflage, § 252 RdNr. 36f ). Dies gilt hier um so mehr, als dem Miterben Robert Edgar O. jun. und später dem Kläger die ersten 84.099,17 DM zur Verfügung standen, um eventuelle Verbindlichkeiten zurückzuführen, sofern solche bestanden haben sollten, und um sich bestimmte Lebenswünsche zu erfüllen.

Der Senat nimmt die Monatsberichte der Europäischen Zentralbank für Dezember 2001 und März 2003 zur Grundlage seiner Schätzung. Danach betrug der Durchschnittszinssatz im Kundengeschäft der Banken für Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit bis zu einem Jahr wie folgt:

1999 2,44 % Monatsbericht Dezember 2001, Statistikteil, S. 33

2000 3,45 % Monatsbericht März 2003, Statistikteil, S. 37

2001 3,49 % Monatsbericht März 2003, Statistikteil, S. 37

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen sind dem Kläger bzw. seinem Rechtsvorgänger für 1999 Zinszahlungen in Höhe von 364,82 Euro entgangen, für 2000 in Höhe von 515,84 Euro und für 2001 in Höhe von 521,82 Euro, insgesamt 1.402,48 Euro.

4.) Schließlich steht der Durchsetzbarkeit des Anspruches nicht entgegen, daß er nur allein von dem Kläger geltend gemacht wird. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich nicht um einen Anspruch, der der ungeteilten Erbengemeinschaft nach Karl Robert O. zusteht. Der von dem Beklagten geschlossene Auftragsvertrag ist auch nicht einheitlich mit den drei Miterben zustandegekommen, sondern der Beklagte hat jeweils einen Auftragsvertrag mit einem Miterben geschlossen. Bei dem geltend Schadensersatz handelt es sich daher nicht um eine unteilbare Leistung gemäß § 432 BGB.

5.) Die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 284 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Schadensersatzforderung ist im Sinne von Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB zwar vor dem 01. Mai 2000 fällig geworden. Seit dem 01. Januar 2002 gilt aber für alle Forderungen wieder ein einheitlicher gesetzlicher Verzugszinssatz ( vergl. allgemein zur Zinsproblematik Meier / Grünebaum MDR 2002, 746 ).

Danach ist wie erfolgt über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichtes Halle zu entscheiden.

III.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die einseitige teilweise Erledigung in der Hauptsache im ersten Rechtszug hatte auf die Gebühren, die im ersten Rechtszug angefallen sind, keine Auswirkung mehr. Aller Voraussicht nach wäre der Kläger mangels eines Schadens insoweit auch unterlegen gewesen.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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