Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 14.05.2004
Aktenzeichen: 7 U 6/04
Rechtsgebiete: BBergG, BGB, GG


Vorschriften:

BBergG § 12 Abs. 1
BBergG § 11 Nr. 8
BGB § 839
GG Art. 34
Zur Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff bei einer Entscheidung nach dem Ablauf einer befristet erteilten Aufsuchungserlaubnis.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 6/04 OLG Naumburg

verkündet am: 14.05.2004

In dem Rechtsstreit

...

wegen bergrechtlicher Amtshaftung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 06. Mai 2004 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Corcilius und Baumgarten und der Richterin am Amtsgericht Küsel

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 18. Dezember 2003 verkündete Grundurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung des beklagten Bundeslandes wird das am 18. Dezember 2003 verkündete Grundurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst.

III. Die Klage wird abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreites in beiden Rechtszügen hat die Klägerin zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 Euro abwenden, wenn nicht das beklagte Bundesland vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

VII. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 7.477.774,77 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einer behaupteten Amtspflichtverletzung von Beamten des Bergamtes Staßfurt zulasten der Klägerin.

Das Bergamt Staßfurt erteilte dem Kaufmann W. v. D. aus W. ( Königreich der Niederlande ) am 30. Dezember 1991 eine bis zum 31. Dezember 1992 befristete Erlaubnis zur Aufsuchung des nach Ziffer 9.23 der Anlage zur Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15. August 1990 ( GBl. DDR I, S. 1071 ) bergfreien Bodenschatzes Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen im Erlaubnisfeld Groß Rosenburg / Sachsendorf im Landkreis Schönebeck ( Anlage K 1 im Anlagenordner zum Klageschriftsatz vom 25. Mai 2000 ). Das landwirtschaftlich genutzte Erlaubnisfeld mit einer Größe von 2.506.500 m2 liegt im Elbe - Saale - Dreieck westlich der Straße von Groß Rosenburg nach Sachsendorf ( K 1284 ). Nach Osten schließt sich dem Erlaubnisfeld das Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" an ( vergl. ergänzend den als Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 31. Juli 2000 zur Akte gereichten Ausschnitt der Berechtsamskarte [ § 75 BBergG ] ). Mit Vertrag vom 10. Juni 1992 übertrug der Kaufmann v. D. die Erlaubnis auf die Klägerin, der das beklagte Bundesland gemäß § 22 BBergG mit Schreiben vom 06. August 1992 zustimmte ( Bl. 13 der Beiakte des Verwaltungsgerichtes Magdeburg mit dem Aktenzeichen 4 B 156/93 ). Das Bergamt Staßfurt erteilte den Unternehmen Sch. GmbH & Co. KG und S. , die jeweils Inhaber einer bergrechtlichen Erlaubnis waren, die darauf aufbauende Bewilligung zum Abbau von Kiesen und Kiessanden in Bergwerksfeldern, die sich dem Erlaubnisfeld der Klägerin nordwestlich und südwestlich anschlossen. Den Antrag der Klägerin vom 23. Oktober 1992 ( Bl. I/11 - 13 der Beiakte des Verwaltungsgerichtes Magdeburg mit dem Aktenzeichen 3 A 2110/94 ) auf Erteilung einer bergrechtlichen Bewilligung zur Gewinnung von Kiesen und Kiessanden in ihrem Erlaubnisfeld versagte das Bergamt Staßfurt mit Bescheid vom 20. Januar 1994 ( Anlage K 2 im Anlagenordner zum Klageschriftsatz vom 25. Mai 2000 ). Zur Begründung führte das Bergamt Staßfurt aus, dass die Bewilligung nach § 12 Abs. 1 iVm § 11 Nr. 8 und 10 BBergG zu versagen sei. Da das Vorhaben der Klägerin den Grundwasserspiegel absinken ließe, würden Feuchtbiotope im Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" austrocknen. Eine Abwägung nach § 44 NatSchG LSA werde in keinem Fall zu einer Befreiung von den naturschutzrechtlichen Beschränkungen führen, was der Landkreis Schönebeck - untere Naturschutzbehörde - bereits festgestellt habe. Zudem wäre eine sinnvolle und planmäßige Gewinnung von Bodenschätzen in den beiden benachbarten Bewilligungsfeldern gefährdet. Die landesplanerische Beurteilung der bergbaulichen Vorhaben nach § 18 des Vorschaltgesetzes zur Raumordnung und Landesentwicklung des Landes Sachsen - Anhalt vom 02. Juni 1992 habe ergeben, dass die bergbaulichen Vorhaben in diesem Raum auf 170 ha bzw. auf 270 ha bei Aufgabe von bestehenden Wasserrechten zu beschränken seien. Dieses Ergebnis sei nach § 6a Abs. 6 ROG von dem Bergamt zu berücksichtigen. Die danach maximal zulässige Fläche von 270 ha bzw. 170 ha müsste dann durch die drei vorhandenen Berechtigten geteilt werden. Die Inhaber der beiden Bewilligungen hätten aber glaubhaft gemacht, dass sie dann nicht mehr genug Vorräte hätten, um ihre Investitionen zu amortisieren. Hierdurch würden die Vorhaben verhindert und somit eine sinnvolle und planmäßige Gewinnung von Bodenschätzen gefährdet. Bei der Prüfung des Ablehnungsgrundes nach § 11 Nr. 8 BBergG seien die Interessen der Inhaber der beiden Bewilligungen mit den Interessen der Klägerin abzuwägen. Dies gehe trotz der Aufsuchungskosten von mehreren 100.000,00 DM zulasten der Klägerin, weil bei Erteilung der von der Klägerin beantragten Bewilligung Investitionen der beiden anderen Bewilligungsinhaber und Arbeitsplätze in einem erheblichen Umfang in einer strukturschwachen Umgebung gefährdet werden würden. Nach der erfolglosen Durchführung eines Vorverfahrens ( Anlagen K 2a und K 3 im Anlagenordner zum Klageschriftsatz vom 25. Mai 2000 ) erhob die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg mit dem Begehren, den Bescheid des Bergamtes Staßfurt vom 20. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1994 aufzuheben und das Bergamt zur Erteilung der beantragten Bewilligung zu verpflichten, hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid des Bergamtes rechtswidrig sei. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat den Hauptantrag der Klage im Hinblick auf das am 23. April 1996 in Kraft getretene Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15. April 1996 ( BGBl. I, S. 602 ) durch das am 30. Januar 1997 verkündete Urteil abgewiesen und auf den Hilfsantrag die Rechtswidrigkeit des Bescheides festgestellt ( Az. 3 A 2110/94 - unveröffentlicht - ). Das Oberverwaltungsgericht des Bundeslandes Sachsen - Anhalt hat die Berufung des beklagten Landes durch das am 04. November 1999 verkündete Urteil zurückgewiesen ( Az. A 1/4 S 170/97 - unveröffentlicht - ). Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

Nach dem Eingang des Antrages der Klägerin vom 23. Oktober 1992 auf Erteilung einer Bewilligung schrieb das Bergamt Staßfurt mit Schreiben vom 23. November 1992 die in Betracht kommenden Träger öffentlicher Belange an und bat um Stellungnahmen ( § 15 BBergG ). Die Stellungnahme des Regierungspräsidiums Magdeburg vom 08. Juli 1993 ging am 16. Juli 1993 bei dem Bergamt ein ( Bl. V/82f d.A. ), die der Gemeinde Sachsendorf am 07. Dezember 1993 und die des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung Magdeburg am 09. Dezember 1993. Der Versagungsbescheid des Bergamtes Staßfurt erging am 20. Januar 1994.

Nachdem von dem beklagten Bundesland im Prozess ein Mitverschulden eingewandt worden war, weil von der Klägerin nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15. April 1996 ( BGBl. I, S. 602 ) keine Abgrabungsgenehmigung beantragt worden sei, beantragte sie mit Schreiben vom 23. November 2000 einen Vorbescheid gemäß § 70 BauO LSA für eine beabsichtigte Abgrabung von Kiesen und Kiessanden in dem früheren Erlaubnisfeld ( Bl. II/66f d.A. ). Der Landkreis Schönebeck teilte mit, dass es sich um quarzhaltige Kiese und Kiessande in der Lagerstätte "Groß Rosenburg" handele und damit das Bergamt Staßfurt zuständig sei.

Die Klägerin hat behauptet, dass ihr folgender Schaden entstanden sei. Durch die Versagung der Bewilligung durch das Bergamt Staßfurt und die sich daran anschließende Rechtsverfolgung, die dann durch die Gesetzesänderung vom 15. April 1996 zwingend zur Versagung der Bewilligung habe führen müssen, seien entstandene Aufwendungen in Höhe von 510.722,17 DM nutzlos geworden ( Anlagen K 9 bis K 12 im Anlagenordner zum Klageschriftsatz vom 25. Mai 2000 ). Sie habe für die Inanspruchnahme von Gesellschafterdarlehen und Bankkrediten Zinsen in Höhe von 216.483,96 DM bezahlen müssen.

Die Klägerin hat gemeint, dass ihr ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG gegen das beklagte Bundesland zustehe. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen - Anhalt stehe die Rechtswidrigkeit der Versagung der Bewilligung fest. Der Leiter des Bergamtes Staßfurt habe dabei auch schuldhaft gehandelt. Soweit die Versagung darauf gestützt worden sei, dass der Wasserspiegel im Biosphärenreservat absinken würde, sei die Begründung offensichtlich falsch, weil weder die Gutachten, die sich auf die benachbarten Felder bezögen, noch die im Raumordnungsverfahren eingeholten Gutachten einen solchen Hinweis enthielten. Amtspflichtwidrig sei die Einholung eines Gutachtens unterlassen worden, das zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass keinerlei Beeinträchtigung des Biosphärenreservates zu besorgen sei. Das Raumordnungsverfahren habe sich nur auf die Bewilligungsfelder der Unternehmen S. und Sch. bezogen.

Es sei kein Grund dafür erkennbar, dass ihr, der Klägerin, nach der Bewilligung nicht auch ein Betriebsplan zugelassen worden wäre.

Das beklagte Bundesland könne sich nicht darauf berufen, dass es der Klägerin nach der Rechtsänderung freigestanden habe, eine Abgrabungsgenehmigung zu beantragen. Sie habe nämlich nicht irgendwann einmal Kies und Sand abbauen wollen, sondern dieses während der Baustoff - Konjunktur in den ersten Jahren nach der Wende machen wollen. Nur unter diesen Umständen wäre es möglich gewesen, dem derzeitigen Umsatzrückgang mit Gelassenheit entgegen zu sehen. Außerdem setze die Abgrabungsgenehmigung das Grundeigentum der abzugrabenden Flächen, wenigstens aber die Genehmigung des Grundeigentümers, voraus. Ob ihr dies gelungen wäre, sei offen. Da sie nicht in der Lage gewesen wäre, den Kaufpreis aufzubringen, wäre ihr die Beantragung einer Abgrabungsgenehmigung auch unzumutbar gewesen. Der Grundstückskaufpreis liege bei einem bergfreien Bodenschatz bei etwa 3,60 DM / m2, bei Annahme eines grundeigenen Bodenschatzes bei etwa 15,00 DM / m2 bis 20 DM / m2. Jedenfalls sei es ihr im Hinblick auf die schlechte Baukonjunktur und auf die Konkurrenzsituation in den Nachbarfeldern unzumutbar, auf den Weg der Abgrabung verwiesen zu werden. Es wäre auch aussichtslos gewesen, eine Abgrabungsgenehmigung bei dem Landkreis Schönebeck zu beantragen, denn der Kreistag habe durch Beschluss vom 30. August 1995 bestimmt, keine weiteren Kies - Abbaue mehr zuzulassen ( Beschluss Nr. 85 - 10/95 [ Bl. II/117 - 122 d.A. ] ). Dieser Beschluss sei vor der Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse ergangen. Ferner sei von den Gemeinden Schwarz, Sachsendorf und Groß - Rosenburg vertraglich vereinbart worden, über den Abbau der Fa. Sch. hinaus keinen weiteren Kies- und Sandabbau zu gestatten. Da die Abgrabungsgenehmigung nur im Einvernehmen mit der Gemeinde und mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde habe erfolgen können, sei ihr, der Klägerin, auch kein Mitverschulden gemäß § 254 BGB durch Unterlassen der Beantragung einer Abgrabungsgenehmigung zuzuweisen. Das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren müsse hingegen die Interessen der Gemeinden nur angemessen berücksichtigen, setze jedoch ein Einvernehmen nicht voraus.

Es sei höchst fraglich, ob es sich bei dem Bodenschatz um grundeigenen Quarz und Quarzit gemäß § 3 Abs. 4 BBergG handele.

Das Bergamt hätte die Versagung auch nicht mit den Interessen der Unternehmen in den angrenzenden Feldern begründen dürfen, denn es hätte wissen müssen, dass es nicht berechtigt gewesen sei, die Wirtschaftlichkeit von Investitionen von bergbaulichen Gewinnungsbetrieben zum Gegenstand der Versagung der Bewilligung zu machen. Das habe sich bereits aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Freiburg ergeben ( ZfB 126 [ 1985 ], 108 [ 120ff ] ). Auch das Urteil des Verwaltungsgerichtes Leipzig, auf das sich das beklagte Land beziehe, sei nicht einschlägig.

Amtspflichtwidrig sei auch die verzögerliche Bearbeitung des Antrages durch das Bergamt Staßfurt gewesen. Bereits im bergrechtlichen Verwaltungsverfahren über die Erteilung einer Erlaubnis sei den Behörden, deren Aufgabe die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne von § 11 Nr. 10 BBergG sei, gemäß § 15 BBergG Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Gegenläufige öffentliche Interessen, die bereits vor der Erteilung der Erlaubnis bestanden hätten, seien dann nach § 12 Abs. 2 BBergG nicht berücksichtigungsfähig. Damit hätten im Bewilligungsverfahren alle öffentlichen Interessen im Sinne von § 11 Nr. 8 und 10 BBergG nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Dennoch sei die Verpflichtung des Bergamtes, den anderen Behörden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, kein Grund, mit der Entscheidung bis zum tatsächlichen Eingang der Stellungnahmen zu warten. Damit habe das Bergamt nur bis zum Eingang der Stellungnahme der Bezirksregierung Magdeburg warten dürfen und sodann entscheiden müssen. Das Bergamt hätte nicht mehr auf den Eingang der Stellungnahme der Gemeinde Sachsendorf warten dürfen, die tatsächlich erst am 07. Dezember 1993 eingegangen sei. Wegen der bevorstehenden Angleichung des im Beitrittsgebiet geltenden Bergrechtes habe eine besondere Eilbedürftigkeit bestanden. Eines Raumordnungsverfahrens hätte es für die Erteilung der Bewilligung nicht bedurft.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1.) das beklagte Land zu verurteilen, an sie 371.814,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2.) das beklagte Land zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe eines von dem Gericht zu schätzenden Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3.) festzustellen, dass das beklagte Land zum Ersatz des zukünftigen Schadens verpflichtet ist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Bundesland hat behauptet, dass es entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen - Anhalt durch den Kies- und Sandabbau der Klägerin zu einer Grundwasserabsenkung im Naturschutzgebiet "Wulfener Bruchwiesen" und damit zu einer Verarmung von Flora und Fauna gekommen wäre. Bei einer Kiesgewinnung im Nassschnitt wirke sich die Entnahme von Grundwasser bei horizontal verlaufenden Grundwasserschichten weiträumig aus, so dass auch entfernt liegende Gebiete noch zum Grundwassertrichter zählten.

Das beklagte Bundesland hat gemeint, dass die ordentliche Gerichtsbarkeit nur an die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch die verwaltungsgerichtliche Entscheidung gebunden sei. Diese Bindung erstrecke sich jedoch nicht auf die Gründe der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung. Dies sei im Hinblick darauf, ob der Leiter des Bergamtes Staßfurt schuldhaft gehandelt habe, von Bedeutung. Allerdings stehe durch die Bindung der objektive Tatbestand einer Verletzung der Amtspflicht zum rechtmäßigen Handeln fest. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichtes zu den entgegenstehenden Belangen des Naturschutzes seien unzutreffend. Es sei von unrichtigen Annahmen ausgegangen ( zum Beispiel, dass die Bewilligungsfelder der beigeladenen Unternehmen näher am Naturschutzgebiet "Wulfener Bruchwiesen" lägen als das Erlaubnisfeld der Klägerin ) und habe sich bei der Beantwortung von naturwissenschaftlichen Fragen verfahrensfehlerhaft nicht sachverständig beraten lassen ( zum Beispiel zur Größe des Grundwassertrichters bei horizontal verlaufenden Grundwasserschichten ). Bei dem Landgraben, der mit seinen links und rechts befindlichen landwirtschaftlich nicht genutzten Wiesenflächen zum Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" gehöre und ein bedeutendes Biotop darstelle, habe das Oberverwaltungsgericht zwar eine Grundwasserabsenkung von 7 cm eingeräumt, aber trotzdem gemeint, dass er seine Funktion im Ökosystem dadurch nicht verliere. Dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen - Anhalt hätte es entgegen den Entscheidungsgründen oblegen, hier gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO eine weitere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Damit sei aber die Begründung, der Versagungsgrund des § 11 Nr. 10 BBergG liege nicht vor, weil keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes im Sinne von § 12 NatSchG LSA zu besorgen sei, schlichtweg falsch.

Der damalige Bergamtsleiter Ltd. Bergdirektor Dipl.- Ing. Kr. habe mit der Sorgfalt eines pflichtgetreuen Durchschnittsamtsleiters bei der Versagung der Bewilligung gehandelt ( vergl. Bl. I/60ff d.A. ). Das Raumordnungsverfahren, das auf Antrag der Inhaber der beiden benachbarten Bewilligungsfelder für die Betriebsplanzulassung nach §§ 51, 52 und 55 BBergG erforderlich gewesen sei, sei zu dem Ergebnis gelangt, dass jeder Kiesabbau, der über eine Abbaufläche von 270 ha, bzw. 170 ha im Falle des Fortbestandes der alten Wasserrechte der Fa. H. , hinausgehe, zu Grundwasserabsenkungen führen werde, die für das Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" und insbesondere für das Naturschutzgebiet "Wulfener Bruchwiesen" schädlich seien. Die 270 ha bzw. 170 ha. seien nur ein Bruchteil der Bewilligungsfelder der Fa. B. ( 535,24 ha ) und der Fa. S. ( 331,52 ha ) gewesen. Es habe daher bei Abschluss des Raumordnungsverfahrens festgestanden, dass ein weiterer Abbau in einem Bewilligungsfeld nicht umweltverträglich sei. Der Bergamtsleiter habe damit auch ohne Einholung eines weiteren Gutachtens davon ausgehen dürfen, dass das Vorhaben der Klägerin zu einer Grundwasserabsenkung führen werde. Jedenfalls habe er nicht schuldhaft gehandelt. Allenfalls hätte es der staatlichen Bergverwaltung oblegen, weitere Begutachtungen in Auftrag zu geben, wenn die Klägerin durch Vorlage eines hydrologischen Gutachtens mit hydrologischen Modellierungen zuvor dargelegt hätte, dass die Kiesgewinnung in ihrem Feld entgegen den Ergebnissen des Raumordnungsverfahrens nicht zu einer Beeinträchtigung der Naturschutzgebiete "Wulfener Bruchwiesen" und "Diebziger Busch" sowie des Landgrabens führe.

Hinsichtlich des Versagungsgrundes des § 12 Abs. 1 iVm § 11 Nr. 8 BBergG habe das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefährdung des sinnvollen und planmäßigen Abbaues von Kies nicht mit wirtschaftlichen Erwägungen begründet werden könne. Diesen Gesichtspunkt habe die Bergbehörde anhand des nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BBergG vorzulegenden Arbeitsprogrammes allein unter technischen Gesichtspunkten zu prüfen. Abgesehen davon, dass die Argumentation nicht überzeugend sei, habe es keine feststehende Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage gegeben. Im Gegenteil, dem Bergamtsleiter sei vor der Formulierung des Widerspruchsbescheides das Urteil des Verwaltungsgerichtes Leipzig vom 03. März 1994 ( ZfB 1994, 143 [ 148 ] ) bekannt geworden, das für die Auffassung des Bergamtes streite. Jedenfalls sei dem Leiter des Bergamtes bei der Auslegung des Versagungsgrundes in § 11 Nr. 8 BBergG kein schuldhaftes Handeln vorzuwerfen. Er habe nach sorgfältiger Prüfung nur zu einer Auffassung gelangen müssen, die rechtlich vertretbar sei.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch nach dem Gesetz zur Regelung von Entschädigungsansprüchen im Lande Sachsen Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 01. Januar 1997 ( GVBl. LSA, S. 17 ) zu. Der Versagungsbescheid des Bergamtes Staßfurt sei schon kein unmittelbar hoheitlicher Eingriff in das Eigentum der Klägerin. Im Zeitpunkt des Versagungsbescheides vom 20. Januar 1994 habe die Klägerin über keine Eigentumsposition im Sinne des Art. 14 GG verfügt, in die das Bergamt hätte eingreifen können. Die Bergbauberechtigungen nach §§ 6ff BBergG könnten zwar einen Grundrechtsschutz nach Art. 14 GG beanspruchen, allerdings sei die bergbaurechtliche Erlaubnis der Klägerin bis zum 31. Dezember 1992 befristet gewesen. Eine Verlängerung sei nicht beantragt worden. Eine Bewilligung nach § 8 BBergG sei zwar noch am 23. Oktober 1992 beantragt worden, aber bis zum 31. Dezember 1992 noch nicht erteilt worden. Als ehemalige Inhaberin einer Aufsuchungserlaubnis habe sie im Zeitpunkt des Versagungsbescheides nur eine Chance gehabt, eine Bewilligung zu erhalten. Die Vorrangstellung, die § 14 Abs. 1 BBergG dem Inhaber einer Erlaubnis gegenüber einem Dritten, der für dasselbe Feld eine Bewilligung beantrage, einräume, gelte hier wegen des Ablaufes der Erlaubnis gerade nicht. Zum Erhalt der Vorrangposition wäre die Beantragung der Verlängerung der Erlaubnis erforderlich gewesen. Hätte ein anderer Unternehmer ein besseres Arbeitsprogramm gemäß § 14 Abs. 2 BBergG vorgelegt, so hätte das Bergamt diesem die Bewilligung erteilen müssen.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch gemäß § 69 Abs. 1 SOG LSA zu. Das Bergamt sei weder eine allgemeine Verwaltungsbehörde nach § 84 SOG LSA, noch eine besondere Verwaltungsbehörde nach § 85 SOG LSA, denn dem Bergamt seien nicht Aufgaben der Gefahrenabwehr übertragen worden.

Ferner liege eine Verletzung der Amtspflicht zur zügigen Prüfung und Entscheidung nicht vor, denn das Bergamt Staßfurt habe den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer bergrechtlichen Bewilligung nicht einfach liegen lassen, wie von ihr fälschlicherweise behauptet werde. Nach § 15 BBergG habe das Bergamt vor einer Entscheidung den Behörden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, zu deren Aufgaben die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 11 Nr. 10 BBergG gehörten. Das Bergamt habe diese Träger öffentlicher Belange nach dem Eingang des Antrages der Klägerin um Stellungnahme gebeten. Nach Eingang der letzten Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung Magdeburg am 09. Dezember 1993 sei der Versagungsbescheid zeitnah am 10. Januar 1994 ergangen. Der Leiter des Bergamtes Ltd. Bergdirektor Dipl.- Ing. Kr. habe Rechtsanwalt Dr. F. nicht erklärt, den Antrag der Klägerin einfach liegen zu lassen, sondern er habe lediglich unter Hinweis auf § 15 BBergG darüber informiert, dass der Antrag bis zum Eingang der Stellungnahmen aus verwaltungsverfahrensrechtlichen Gründen unbearbeitet bleiben müsse.

Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches bestehe für einen Großteil der Schadenspositionen kein Kausalzusammenhang zwischen der 1994 erfolgten Versagung der Bewilligung und dem behaupteten Schaden. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen - GVRB - vom 15. April 1996 ( BGBl. I, S. 602 ) am 23. April 1996 habe es für Sande und Kiese, die nunmehr zu grundeigenen Bodenschätzen geworden seien, keiner Bewilligung mehr nach dem BBergG bedurft. Die geplante Auskiesung sei nunmehr eine Abgrabung nach außerbergrechtlichen Vorschriften und hätte einer Baugenehmigung nach § 66 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BauO LSA und einer naturschutzrechtlichen Abgrabungsgenehmigung nach § 16 NatSchG LSA bedurft. Da die Auskiesung nur im Nassschnitt möglich sei, hätte es auch eines Planfeststellungsverfahrens nach § 120 WasserG LSA bzw. einer Plangenehmigung bedurft. Damit habe sich die Situation der Klägerin gebessert, denn die Gewinnung eines grundeigenen Bodenschatzes im Sinne von § 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG unterliege nicht den Bestimmungen über erforderliche Bergbauberechtigungen im Sinne der §§ 6ff BBergG. Es fehle damit an der Kausalität zwischen der rechtswidrigen Versagung der Bewilligung und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Die vor dem 23. April 1996 aufgewendeten Kosten der Aufsuchung seien daher nicht nutzlos, weil die Untersuchungen auch für die außerbergrechtlichen Rechtsgrundlagen erforderlich gewesen seien. Für den Ersatz des entgangenen Gewinnes fehle es am Kausalzusammenhang. Soweit die Klägerin einwende, dass die Gemeinden Groß Rosenburg und Sachsendorf ein gemeindliches Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 BauGB mit der Abgrabung nicht erteilt hätten, gelte, dass die Gemeinden zur Erteilung des Einvernehmens verpflichtet seien, wenn ein Anspruch auf Zulassung des Vorhabens gemäß §§ 31 bis 35 BauGB bestehe. Bei einer rechtswidrigen Verweigerung hätte das gemeindliche Einvernehmen durch die Rechtsaufsicht ersetzt werden können.

Selbst wenn eine Bewilligung erteilt worden wäre, wäre das Ergebnis der Betriebsplanzulassung gewesen, dass die Kies- und Sandgewinnung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung nicht vereinbar gewesen wäre ( Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten ).

Die 6. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg hat gemäß den am 05. Oktober 2000 ( Bl. II/2 - 8 d.A. ) und am 07. März 2002 ( Bl. III/126 - 128 d.A. ) verkündeten Beweisbeschlüssen in Verbindung mit den Beschlüssen vom 29. November 2000 ( Bl. II/46 d.A. ) und vom 10. Mai 2002 ( Bl. III/154 d.A. ) Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens über die Umweltverträglichkeit des Abbaues von Sand und Kies im Erlaubnisfeld der Klägerin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.- Geologe Dr. D. H. von der G. GmbH vom 30. Mai 2001 ( Bl. III/2 - 24 d.A. ) und vom 31. März 2003 ( Bl. IV/106 - 134 d.A. ) und auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. Kn. von der W. mbH vom 10. Dezember 2002 ( Bl. IV/40 - 71 d.A. ). Ferner wird Bezug genommen auf die Protokolle der Termine zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 14. Februar 2002 ( Bl. III/108 - 112 d.A. ) und vom 09. Oktober 2003 ( Bl. IV/182 - 195 d.A. ).

Die 6. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg hat durch das am 18. Dezember 2003 verkündete Grundurteil festgestellt, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Zur Begründung der Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG und ein Entschädigungsanspruch aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Entschädigungsansprüchen im Lande Sachsen - Anhalt gegen das beklagte Bundesland zustehe. Dieses habe durch Beamte im Sinne von § 839 Abs. 1 BGB rechtswidrig und fahrlässig gegen die es treffende Amtspflichten verstoßen, indem es die beantragte Bewilligung auf der Grundlage der §§ 12 Abs. 1, 11 Nr. 10 BBergG versagt habe. Die Gutachten der H. GmbH vom 29. Oktober 1992 zur Kiessandgewinnung im Elbe - Saale - Dreieck und vom 31. März 1993 zur Wasser- und Kiesgewinnung im Landkreis Schönebeck seien als Grundlage für die Ablehnung der von der Klägerin beantragten Bewilligung nicht geeignet gewesen. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 mache nur Ausführungen zu der Frage, welche Auswirkungen es auf den Grundwasserhaushalt habe, wenn sämtliche Erlaubnis- und Bewilligungsfelder im Landkreis Schönebeck oder nur ein Teil der Felder ausgebeutet werden würden. Es enthalte jedoch keine konkreten Angaben dazu, wie sich das Gewinnungsvorhaben der Klägerin auf das Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" auswirke. Das Gutachten vom Oktober 1992 beziehe ebenfalls nicht das Erlaubnisfeld der Klägerin mit ein, sondern befasse sich nur mit der Auswirkung der beiden weiter westlich gelegenen Felder. Es sei jedoch erforderlich gewesen, das Feld der Klägerin für die Beurteilung dieser Frage mit einzubeziehen. Der Schluss des Bergamtes Staßfurt, dass aufgrund der Auswirkungen des Abbaues in den Feldern der beiden Konkurrenzunternehmen erst Recht kein weiterer Abbau mehr bewilligt werden dürfe, habe nicht gezogen werden dürfen. Dieses stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die Unzureichendheit der beiden Gutachten hätte von den Beamten als Fachbeamten erkannt werden müssen. Diese hätten sich auch nicht auf die Stellungnahme der Bezirksregierung Magdeburg im Raumordnungsverfahren bei der landesplanerischen Beurteilung verlassen dürfen, denn in der Begründung werde von einer Modellrechnung ausgegangen, die die Fläche der Klägerin nicht mit einbezogen habe.

Das Bergamt Staßfurt habe seine Entscheidung auch nicht auf §§ 12 Abs. 1 S. 1, 11 Nr. 8 BBergG stützen dürfen. Die Voraussetzung hierfür hätten nicht vorgelegen, was aufgrund der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen - Anhalt feststehe. Allerdings sei die unrichtige Auslegung des § 11 Nr. 8 BBergG nicht schuldhaft erfolgt, denn eine gesetzliche Vorschrift werde nur dann vorwerfbar unrichtig ausgelegt, wenn die Auslegung gegen den klaren, bestimmten und unzweideutigen Wortlaut einer Vorschrift oder gegen höchstrichterliche Rechtsprechung verstoße. Im konkreten Fall handele es sich bei § 11 Nr. 8 BBergG nicht um eine eindeutige Vorschrift, höchstrichterliche Rechtsprechung sei im Zeitpunkt der Amtshandlung nicht bekannt gewesen und das Verwaltungsgericht Leipzig habe in dem Urteil vom 03. März 1994 ( ZfB 1994, 143 ) ausgeführt, dass das Abstellen auf wirtschaftliche Gesichtspunkte bei einer Vorrangentscheidung nach § 14 Abs. 2 BBergG zulässig sei. Die Auslegung des § 11 Nr. 8 BBergG durch die Beamten des Bergamtes Staßfurt sei im Zeitpunkt der Amtshandlung somit vertretbar gewesen.

Der Klägerin sei durch die Versagung der Bewilligung zum Kiesabbau auch ein Schaden entstanden. Wäre ihr eine solche Bewilligung erteilt worden, so hätte sie etwa im Jahre 1995 mit der Förderung von Kies beginnen können. Die Einholung der erforderlichen Gutachten nach der Bewilligung hätte etwa 1 1/2 Jahre in Anspruch genommen. Da die Kiesvorkommen noch vorhanden seien, sei lediglich der Abbauzeitpunkt in die Zukunft verlegt worden, woraus folge, dass der Klägerin lediglich ein Verzögerungsschaden entstanden sei. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15. April 1996 sei eine neue Situation eingetreten, denn damit sei die Notwendigkeit einer bergrechtlichen Bewilligung entfallen. Die Gewinnung von Sand und Kies habe nur noch einer Abgrabungsgenehmigung bedurft. Insoweit treffe die Klägerin ein Mitverschulden, weil es ihr nach dem Inkrafttreten des GVRB oblegen hätte, eine solche Abgrabungsgenehmigung zu beantragen. Unter Zugrundelegung der erforderlichen Bearbeitungszeiten sei davon auszugehen, dass die Klägerin ab 1998 Sand und Kies hätte fördern können. Dabei gehe das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass das Vorhaben umweltverträglich gewesen wäre und die entsprechenden Genehmigungen hätten erteilt werden müssen. Der Einwand der Klägerin, ihr sei die Einholung einer Abgrabungsgenehmigung unzumutbar gewesen, weil sowohl die Gemeinde Groß Rosenburg wie auch der Landkreis Schönebeck ihr Einvernehmen verweigert hätten, greife nicht, denn das Verwaltungsverfahren sei von der Klägerin nicht bis zu Ende geführt worden, was bedeute, dass dieser Einwand nur hypothetischer Natur sei.

Die Kosten der Aufsuchung seien nicht vergeblich aufgewandt, weil die Förderung von Kies immer noch möglich sei.

Der Klägerin stehe ferner ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Entschädigungsansprüchen im Land Sachsen - Anhalt zu. Die Versagung der Bewilligung sei ein unmittelbarer hoheitlicher Eingriff in ihr Eigentum gewesen, durch den sie einen Vermögensnachteil erlitten habe. Die Klägerin sei Inhaberin einer Aufsuchungserlaubnis gemäß § 8 BBergG gewesen. Die Aufsuchungserlaubnis stelle ein eigentumsgleiches Recht im Sinne von Art. 14 GG dar. Diese Rechtsposition setze sich in dem Bewilligungsverfahren fort, denn aus § 12 Abs. 2 BBergG ergebe sich, dass die beantragte Bewilligung nur unter engen Voraussetzungen versagt werden dürfe. Der Eigentumsschutz der Aufsuchungserlaubnis wäre unzureichend, wenn sich das Eigentumsrecht nicht auch im Bewilligungsverfahren fortsetzte. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Aufsuchungserlaubnis am 31. Dezember 1992 abgelaufen und eine Verlängerung nicht beantragt worden sei. Eine Verlängerung wäre nämlich im konkreten Fall sinnlos gewesen, weil die Aufsuchung bereits erfolgreich abgeschlossen gewesen sei, so dass eine Verlängerung nicht notwendig gewesen sei. Damit habe es sich bei der Position der Klägerin im Bewilligungsverfahren gerade nicht nur um eine Erwerbschance gehandelt, die nicht unter den Eigentumsschutz des Art. 14 GG fiele.

Gegen dieses dem beklagten Bundesland am 21. Dezember 2003 zugestellte Grundurteil hat es am 21. Januar 2004 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 20. Februar 2004 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Klägerin ist der Berufungsbegründungsschriftsatz am 26. Februar 2004 zugestellt worden. Sie hat gegen das Grundurteil des Landgerichtes Magdeburg am 25. März 2004 Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Das beklagte Bundesland nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, dass sich die Fachbeamten des Bergamtes Staßfurt entgegen der Auffassung des Landgerichtes nicht auf die beiden Gutachten der H. - GmbH vom 29. Oktober 1992 und vom 21. März 1993 gestützt hätten, sondern ausschließlich auf das Ergebnis des von der Bezirksregierung Magdeburg durchgeführten Raumordnungsverfahrens. Dieses Verfahren habe das gesamte Elbe - Saale - Dreieck im Landkreis Schönebeck betroffen, so dass es nicht darauf ankomme, dass es nur von den beiden Konkurrenzunternehmen beantragt gewesen sei.

Hinsichtlich der Anspruchsgrundlage des § 1 Abs. 1 EntschG LSA gelte, dass sie jedenfalls keinen absoluten Schutz mehr gegenüber Dritten gemäß § 14 Abs. 1 BBergG gehabt habe. Eigennützigkeit und Ausschließlichkeitscharakter seien aber Voraussetzung für eine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition.

Hinsichtlich der Kausalität des von der Klägerin geltend gemachten Schadens sei das Landgericht zu unkritisch den Ausführungen der Gerichtssachverständigen gefolgt. Von daher seien nunmehr neue Gutachten einzuholen.

Das beklagte Bundesland beantragt,

das am 18. Dezember 2003 verkündete Grundurteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt im Wege der Anschlussberufung,

1. das beklagte Bundesland unter Aufhebung des Grundurteils des Landgerichtes Magdeburg vom 18. Dezember 2003 zu verurteilen, an die Klägerin Aufwendungsersatz in Höhe von 371.814,67 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem Zeitpunkt der jeweiligen Aufwendung bis zum 25. Mai 2002 in Höhe von 45.366,48 Euro nebst Prozesszinsen aus 371.814,67 Euro in Höhe von 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen;

2. das beklagte Bundesland zu verurteilen, an die Klägerin 7.105.960,10 Euro nebst Anlageerlöse zum jeweils banküblichen Zinssatz für monatlich fälliges Festgeld vom Jahre 1994 bis zum 25. Mai 2000 in Höhe von 1.247.038,40 Euro sowie Prozesszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 8.352.998,50 Euro zu zahlen.

hilfsweise,

das beklagte Bundesland wird gemäß den Anträgen zu 1. und 2. verurteilt und es wird festgestellt, dass das beklagte Bundesland verpflichtet ist, der Klägerin den zukünftigen Schaden zu ersetzen.

Das beklagte Bundesland beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es günstig für sie ist, nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und meint weiter, dass der Rechtsstreit bereits der Höhe nach entscheidungsreif gewesen sei, so dass das Landgericht kein Grundurteil hätte erlassen dürfen. Eine Behörde könne sich zwar auch auf Gutachten anderer Behörden bei den eigenen Entscheidungen stützen. Dies setze aber voraus, dass das Ergebnis dieses Gutachtens für die eigene Entscheidung einschlägig sei, was nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen - Anhalt im konkreten Fall nicht zutreffe.

Das Landgericht habe sich nicht mit einer weiteren Amtspflichtverletzung befasst, nämlich mit der Pflicht zu einem zügigen und sachgerechten Verwaltungshandeln.

Der Senat hat die Akten des Verwaltungsgerichtes Magdeburg mit den Aktenzeichen 4 B 156/93 ( vorläufiger Rechtschutz der Klägerin gegen das Bergamt Staßfurt gemäß § 123 VwGO ), 3 B 2017/94 ( Eilverfahren der Klägerin gegen das Bergamt Staßfurt gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ) und 3 A 2110/94 ( Hauptsacheverfahren ). Der Senat hat weiterhin die Akte des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen - Anhalt mit dem Aktenzeichen A 1 / 4 S 170/97 beigezogen ( Berufung in dem Hauptsacheverfahren 3 A 2110/94 ).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben das beklagte Bundesland den Schriftsatz vom 10. Mai 2004 und die Klägerin den Schriftsatz vom 13. Mai 2004 zur Akte gereicht, die keinen Anlass gemäß § 156 Abs. 1 ZPO boten, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Schriftsätze enthalten nur ergänzende Rechtsausführungen zu dem, was Gegenstand des Rechtsgespräches im Termin zur mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des beklagten Bundeslandes und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 18. Dezember 2003 verkündete Grundurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 513, 517, 519, 520, 524 ZPO ).

Die Berufung des beklagten Bundeslandes hat Erfolg, wohingegen die Anschlussberufung der Klägerin ohne Erfolg bleibt.

II.

Der Klägerin steht gegen das beklagte Bundesland weder ein Anspruch auf Zahlung von 7.477.774,77 Euro zuzüglich kapitalisierter Zinsen in Höhe von 1.292.404,88 Euro zuzüglich Prozesszinsen noch ein Anspruch auf Feststellung der Haftung des beklagten Bundeslandes dem Grunde nach aus irgendeinem Rechtsgrund zu.

1.) Der Klägerin steht gegen das beklagte Bundesland ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG nicht zu.

a) Das Landgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beamten des Bergamtes Staßfurt kein Verschulden daran trifft, dass sie die Erteilung einer Bewilligung mit der Begründung abgelehnt haben, die Interessen der Inhaber der Bewilligungen auf den Nachbarfeldern seien aus wirtschaftlichen Gründen vorrangig.

aa) Für diesen Amtshaftungsrechtstreit steht es aufgrund des in Rechtskraft erwachsenen Urteiles des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Sachsen - Anhalt bindend fest, dass die Begründung rechtsirrig war.

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, kommt es für die Verschuldensfrage auf den pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten an, der die für die Führung des übernommenen Amtes erforderlichen Kenntnisse und Einsichten hat. Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Gesetzes - und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsmeinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der späteren Missbilligung dieser Auffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden. Die Verneinung eines Schuldvorwurfes setzt danach voraus, dass die letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsmeinung nicht nur vertretbar, sondern kumulativ auch aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen war. Dabei sind die Sorgfaltsanforderungen verschieden und hängen insbesondere von der konkreten Amtsstellung ab. Bei einem in einer Aufsichtsbehörde tätigen Fachbeamten wird zum Beispiel die Kenntnis aller einschlägigen Spezialkommentare vorausgesetzt, die es ihm ermöglicht, belanglose Zitate bei seiner Meinungsbildung zu erkennen und auszuscheiden ( BGHZ 119, 365 [ 369 ]; BGH NVwZ 1998,1329; BGH NJW 1997, 3432 insoweit nicht in BGHZ 136, 182 abgedruckt; BGH NJW 1995, 2918 [ 2920 ] insoweit nicht in BGHZ 130, 332 abgedruckt; BGH VersR 1983, 782 [ 783 ]; Staudinger - Wurm, BGB, 13. Bearbeitung, § 839 RdNr. 209 - 213; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 74 ).

cc) Nach diesen Grundsätzen beruhte die Versagung der Bewilligung gemäß §§ 12 Abs. 1, 11 Nr. 8 BBergG aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen nicht auf einem Verschulden.

( 1.) Der Wortlaut des § 11 Nr. 8 BBergG ist nicht klar und völlig eindeutig, so dass die von den Beamten des Bergamtes Staßfurt vorgenommene Auslegung der Norm nicht schon anhand des Wortlautes schuldhaft rechtsirrig war. Die Aufsuchung und Gewinnung von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen ist nach dem unbefangen gesehenen Wortlaut auch dann nicht sinnvoll, wenn sie sich ökonomisch nicht lohnen.

( 2.) Im Zeitpunkt der Entscheidung gab es keine ( gefestigte ) höchstrichterliche Rechtssprechung zu der Frage der Auslegung des § 11 Nr. 8 BBergG. Auch bei den Instanzgerichten hatte sich keine einheitliche Auffassung gebildet. Entgegen der Meinung der Klägerin enthält das Urteil des Verwaltungsgerichtes Freiburg vom 10. Oktober 1984 ( ZfB 126 [ 1985 ], 108 [ 120f ] = Anlage B 11 [ Bl. Ib/47 - 55 d.A. ] ) nämlich gerade keine Ausführungen zur Auslegung des § 11 Nr. 8 BBergG. Im Rahmen der Prüfung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 11 Nr. 10 BBergG führt das Verwaltungsgericht zunächst aus, dass wirtschaftliche Interessen keine öffentlichen Belange im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 1 bwNatSchG seien, die eine Befreiung von den Verboten in § 3 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Feldberg vom 24. Februar 1937 ( Amtsblatt Nr. 4 des Badischen Ministeriums des Kultus und Unterrichts ) erforderten. Allerdings führt das Verwaltungsgericht dann weiter aus, dass der Verlust von Arbeitsplätzen öffentliche Belange berühre. Damit hat sich das Verwaltungsgericht Freiburg zum einen nicht mit dem Versagungsgrund des § 11 Nr. 8 BBergG befasst, sondern mit dem Versagungsgrund des § 11 Nr. 10 BBergG. Zum anderen hat es bei der Prüfung dieses Versagungsgrundes gerade ausgeführt, dass die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen auch für die Prüfung eines Antrages auf eine bergrechtliche Bewilligung mittelbar von Belang sein könnten ( Anspruch auf eine naturschutzrechtliche Befreiung ). Es kommt hinzu, dass das Urteil durch das am 09. Juni 1988 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden - Württemberg abgeändert worden ist ( ZfB 130 [ 1989 ], 57 mit Anm. von Schulte ).

Das Verwaltungsgericht Leipzig, dessen Urteil den Beamten des Bergamtes Staßfurt nach den streitigen Ausführungen des beklagten Bundeslandes vor dem Erlass des Widerspruchsbescheides bekannt geworden ist, hat es im Rahmen einer Entscheidung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit nach § 14 Abs. 2 BBergG in seinem Urteil vom 03. März 1994 ( Anlage B 7 [ Bd. Ia ] ) gebilligt, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Prüfung einer sinnvollen und planmäßigen Aufsuchung oder Gewinnung berücksichtigungsfähig sind.

( 3.) In der bergrechtlichen Standardliteratur, die im Wesentlichen aus dem Kommentar von Boldt / Weller zum Bundesberggesetz, dort § 11 RdNr. 11, besteht, finden sich keine Ausführungen zu der Frage, ob auch wirtschaftliche Erwägungen einer sinnvollen und planmäßigen Aufsuchung und Gewinnung entgegenstehen können. Der Ergänzungsband aus dem Jahre 1992 enthält überhaupt keine Kommentierung zu § 11 BBergG. Soweit die Klägerin auf Seite 26 ihrer Klageschrift ( Bl. Ia/26 d.A. ) darauf hingewiesen hat, dass sich die Beschränkung auf technische Gesichtspunkte aus § 12 RdNr. 7 der Kommentierung ergebe, was von den Fachbeamten des Bergamtes Staßfurt hätte erkannt werden müssen, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich die dortigen Ausführungen auf § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BBergG beziehen. Nur zu diesem Versagungsgrund führen Boldt / Weller aus, dass es in Abkehr von der "Bauwürdigkeit" des früheren Bergrechtes nach dem Konzessionssystem des Bundesberggesetzes nicht mehr auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit der entdeckten Bodenschätze ankomme. Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Gewinnung soll dem Unternehmer und seiner Markteinschätzung überlassen bleiben.

( 4.) Es kommt hinzu, dass es im Zeitpunkt der Entscheidung des Bergamtes Staßfurt ausweislich der Praktikerliteratur gerade der Praxis vieler Bergbehörden im Beitrittsgebiet entsprach, die Zahl der gesicherten Arbeitsplätze und die Wertschöpfung, die im Zusammenhang mit der Gewinnung zu erwarten ist, zu berücksichtigen ( zum Arbeitsprogramm gemäß § 14 Abs. 2 BBergG Gutbrod, Max B. / Töpfer, Frank - Rainer, Praxis des Bergrechts mit den Besonderheiten für die neuen Bundesländer, 1. Auflage 1996, RdNr. 85 ). Auch wenn diese Erwägungen von den Autoren im Jahre 1996 als unerheblich bezeichnet werden, zeigen sie doch das im Zeitpunkt der Entscheidung des Bergamtes Staßfurt übliche Verwaltungshandeln im Beitrittsgebiet, was wiederum gegen ein Verschulden der Fachbeamten des Bergamtes Staßfurt spricht. Für die Richtigkeit dieser Darstellung spricht das Urteil des Verwaltungsgerichtes Leipzig vom 19. Januar 1995 ( ZfB 136 [ 1995 ], 48 ), denn ausweislich dessen Tatbestandes hat das Sächsische Oberbergamt ebenfalls einen Erlaubnisantrag gemäß § 11 Nr. 10 BBergG mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine wirtschaftliche Gewinnung des Bodenschatzes Kies ausgeschlossen sei, weil sich über der sieben Meter mächtigen Kiesschicht eine Bedeckung von 15 bis 25 Meter befinde.

( 5.) Danach enthielt der Bescheid des Bergamtes Staßfurt vom 20. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1994 eine vertretbare Rechtsauffassung. Es sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme vorhanden, dass die Rechtsauffassung nicht das Ergebnis einer sorgfältigen rechtlichen und tatsächlichen Prüfung war.

b) Der erkennende Senat kann es demzufolge offen lassen, ob die Versagung der von der Klägerin beantragten bergrechtlichen Bewilligung nach § 8 BBergG mit der Begründung, der Grundwasserspiegel werde infolge der Gewinnung von Sand und Kies im Erlaubnisfeld der Klägerin im Nassschnitt absinken und dadurch werde im Naturschutzgebiet "Wulfener Bruch" im Biosphärenreservat "Mittlere Elbe" eine Verarmung von Flora und Fauna eintreten, mangels einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung eine Amtspflichtverletzung darstellt. Offen gelassen werden kann die Frage, weil die Versagung von dem Bergamt Staßfurt auch auf wirtschaftliche Erwägungen der beiden konkurrierenden Bergbauunternehmen gestützt worden ist und die rechtswidrige Berücksichtigung dieser Belange unverschuldet geschehen ist. Die den Grundwasserspiegel betreffende Begründung kann somit hinweggedacht werden, ohne dass die Versagung der beantragten bergrechtlichen Bewilligung entfiele. Dies entspricht auch der Systematik des Bundesberggesetzes, nach der kein einziger Versagungsgrund vorliegen darf, um einen Anspruch auf Erteilung einer bergrechtlichen Genehmigung zu haben. Beruht die Annahme eines Versagungsgrundes nicht auf Verschulden, so ist auch die Versagung des Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nicht schuldhaft erfolgt. Der Klägerin stehen daher keine Ansprüche gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG zu.

2.) Der Klägerin stehen gegen das beklagte Bundesland auch keine Ansprüche aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Entschädigungsansprüchen im Lande Sachsen - Anhalt in der Bekanntmachung vom 01. Januar 1997 ( GVBl. LSA 1997, S. 17 ) zu.

a) Bei diesem eigenständigen Staatshaftungsgesetz des Bundeslandes Sachsen - Anhalt vom 24. August 1992 ( GVBl. LSA, S. 655 ), bei dem es sich materiell - rechtlich um eine deutliche Beschränkung des nach Art. 9 Abs. 2 iVm Anlage II, Kapitel III, Sachgebiet B, Abschnitt III, Nr. 1 Einigungsvertrag mit Maßgaben als Landesrecht fortgeltenden Staatshaftungsgesetzes der DDR handelt, handelt es sich um eine Kodifizierung der Rechtsprechung zum enteignungsgleichen Eingriff. Der Schutzbereich wird in § 1 Abs. 1 EntschG LSA auf das Eigentum im Sinne von Art. 14 GG begrenzt ( Schlotter LKV 1993, 248; Herbst / Lühmann, Die Staatshaftungsgesetze der neuen Länder, 1. Auflage 1997, S. 119ff; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage, S. 473 ).

b) Durch die rechtswidrige Versagung der Bewilligung hat das beklagte Bundesland nicht unmittelbar in ein Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen. Zu Recht führt das beklagte Bundesland aus, dass die bergrechtliche Erlaubnis bis zum 31. Dezember 1992 befristet war und infolgedessen im Zeitpunkt der Entscheidung des Bergamtes Staßfurt nicht mehr bestand.

aa) Die Erlaubnis wird nach § 16 Abs. 4 S. 1 BBergG grundsätzlich befristet erteilt. Die Dauer der Befristung richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, darf jedoch den Zeitraum von fünf Jahren nicht überschreiten. Mit dieser Befristung wollte der Gesetzgeber den Erlaubnisinhaber veranlassen, die beabsichtigte Aufsuchung auch tatsächlich zügig durchzuführen oder aber die Größe des für die Erlaubnis in Anspruch zu nehmenden Gebietes von vornherein den sich aus der Höchstdauer für das Unternehmen ergebenden Möglichkeiten anzupassen ( Boldt / Weller, Bundesberggesetz, § 16 RdNr. 13 ). Darüber hinaus schreibt das Gesetz bei einer längeren Unterbrechung der Aufsuchung gemäß § 18 Abs. 2 BBergG den Widerruf der Erlaubnis vor.

bb) Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der bergrechtlichen Erlaubnis gemäß § 7 BBergG grundsätzlich um ein eigentumsgleiches Recht im Sinne von Art. 14 GG handelt. Die Aufsuchung und Gewinnung von bergfreien Bodenschätzen bedürfen gemäß § 6 BBergG der Erlaubnis bzw. der Bewilligung oder des Bergwerkseigentumes. Diese verliehenen subjektiven Rechte erschöpfen sich jedoch nicht in einer einseitigen staatlichen Gewährung, sondern ihnen stehen Eigenleistungen gegenüber. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Grundsatz der Bergbaufreiheit ( vergl. Boldt / Weller, Bundesberggesetz, Einleitung RdNr. 6 zum Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 ) durch Staatsvorbehalte verdrängt. Am Ende dieser Entwicklung stand die Etatisierung des Aufsuchens und Gewinnens eines Bodenschatzes. Hiervon ist das Bundesberggesetz nicht abgerückt, so dass es sich bei der Erteilung einer Erlaubnis, einer Bewilligung und eines Bergwerkseigentumes um einen rechtsbegründenden Akt handelt. Für die Erteilung einer Erlaubnis ist von dem Unternehmer grundsätzlich die Feldesabgabe nach § 30 BBergG zu zahlen, die allerdings mit den Aufwendungen für die Aufsuchung in § 30 Abs. 3 S. 2 BBergG verrechnet wird. Bei dieser Feldesabgabe handelt es sich um die Gegenleistung für die Gestattung der an sich nicht erlaubten Tätigkeit der Aufsuchung. Es kommt hinzu, dass die bergrechtliche Erlaubnis eine bedeutsame Rechtsstellung gegenüber Dritten begründet. Allein durch die Erlaubnis erhält deren Inhaber den Anspruch auf Einräumung des Benutzungsrechtes an fremdem Grund und Boden zum Zwecke der Aufsuchung ( BVerfGE 77, 130 [ 136 ] - Schloss Cappenberg -; OVG für das Land Nordrhein - Westfalen ZfB 131 [ 1990 ], 33 [ 36 ] - Schloss Cappenberg -; Maunz / Dürig - Papier, Grundgesetz, Loseblattkommentar: Stand 42. Lieferung Februar 2003, Art. 14 RdNr. 203 und 432 - 434; Kisker, Der bergrechtliche Förderzins im bundesstaatlichen Finanzausgleich, S. 5 - 29; Boldt / Weller, Bundesberggesetz, § 6 RdNr. 14; Schulte NJW 1981, 88 [ 91 ]; Hoppe DVBl. 1982, 101 [ 104f ]; Niermann, Betriebsplan und Feststellung im Bergrecht, Diss. iur. Münster 1991, S. 13; Krüger in FS für Fritz Fabricius zum 70. Geburtstag am 18. Mai 1989, S. 99, auch zum Schloss Cappenberg ).

cc) Dieses von Art. 14 GG geschützte Recht der Klägerin bestand im Zeitpunkt der Entscheidung des Bergamtes Staßfurt jedoch nicht mehr. Die Beamten des Bergamtes konnten mit ihrer Entscheidung im Jahre 1994 daher nicht mehr unmittelbar in ein durch Art. 14 GG geschütztes Recht der Klägerin eingreifen ( unklar Gutbrod / Töpfer, a.a.O., RdNr. 75f ).

( 1.) Die bergrechtliche Erlaubnis war gemäß § 16 Abs. 4 BBergG bis zum 31. Dezember 1992 befristet und erlosch mit Ablauf dieses Tages. Weder bis zu diesem Tage noch zu einem späteren Zeitpunkt ist von der Klägerin ein Antrag auf Verlängerung gestellt worden ( § 16 Abs. 4 S. 2 BBergG ).

( 2.) Nach dem Erlöschen der Erlaubnis ist der Klägerin auch kein anderes eigentumsfähiges Recht im Sinne von Art. 14 GG mehr verblieben. Dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 BBergG lässt es sich nach Auffassung des Senates nicht mit der notwendigen Sicherheit entnehmen, ob die darin angeordnete Präklusionswirkung nur für aktuelle Inhaber einer Erlaubnis wirkt oder ob nicht nur vorausgesetzt wird, dass die Entdeckung der Bodenschätze während der Zeit einer geltenden Erlaubnis erfolgt worden sein muss ( so Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen - Anhalt, Urteil vom 04. November 1999, Az. A 1 / 4 S 170/97, S. 6 ). Nach Auffassung des Senates ist deshalb § 14 Abs. 2 S. 2 BBergG für die Auslegung heranzuziehen. § 14 BBergG regelt das Aufeinandertreffen von Bewilligungsanträgen, die sich auf das dasselbe Feld beziehen. § 14 Abs. 1 BBergG bestimmt den Vorrang des Inhabers der Erlaubnis gegenüber einem Dritten, wenn der Erlaubnisinhaber binnen einer Frist von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung von dem Eingang eines Bewilligungsantrages bei der zuständigen Behörde ebenfalls einen Bewilligungsantrag stellt. Nach dem Erlöschen der Erlaubnis mit Ablauf des 31. Dezember 1992 konnte die Klägerin eine solche Position nicht mehr geltend machen. § 14 Abs. 2 BBergG regelt die Behandlung gleichrangiger Bewilligungsanträge. Die Bergbehörde hat bei dieser Konstellation in einem ersten Schritt zu prüfen, ob hinsichtlich dieser Anträge Versagungsgründe nach § 11 und § 12 BBergG vorliegen. Nur im Rahmen dieses ersten Schrittes findet gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 BBergG § 12 Abs. 2 BBergG Anwendung. Bestimmte Tatsachen bleiben auch noch nach Erlöschen der Erlaubnis zugunsten des ehemaligen Erlaubnisinhabers präkludiert. Kommt die zuständige Bergbehörde unter dieser Prämisse zu dem Ergebnis, dass Versagungsgründe bei mehr als einem Bewilligungsantrag nicht vorliegen, werden die Anträge miteinander verglichen. Vorrangig entscheidend ist der Vergleich der Arbeitsprogramme sowie der Nachweis, dass die für eine Gewinnung des Bodenschatzes erforderlichen Mittel aufgebracht werden können ( gerade diese Voraussetzung soll bei der Klägerin nach dem bestrittenen Vortrag des beklagten Bundeslandes problematisch sein ). Einen irgendwie gearteten Vorrang des ehemaligen Erlaubnisinhabers gibt es dann nicht mehr. Entgegen der Auffassung von Heitmann ( ZfB 128 [ 1987 ]; S. 26 ) ist der nach Erlöschen der Erlaubnis fortbestehende Betriebsplan gemäß § 51 Abs. 1 BBergG ( Ziffer 1.1 der Anlage 2 zur Erlaubnis vom 30. Dezember 1991 [ Anlage K 1 im Anlagenordner zum Klageschriftsatz vom 25. Mai 2000 ] und Bl. 14 - 17 der Beiakte des Verwaltungsgerichtes Magdeburg mit dem Aktenzeichen 4 B 156/93 ), für die Rechtsstellung der Klägerin ohne Belang. Dieses Ergebnis entspricht auch der Billigkeit, denn der Inhaber einer Erlaubnis hat für die Aufsuchung erhebliche Aufwendungen zu tragen. Der Schutz der daraus resultierenden rechtlichen Interessen, dem § 12 Abs. 2 BBergG dient, besteht aber unabhängig davon, ob die Erlaubnis noch besteht oder nicht mehr besteht, solange die Aufsuchung selbst nur in Übereinstimmung mit dem BBergG erfolgt ist. Das bedeutet zwar, dass für die Klägerin sowohl bei einem alleinigen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung wie auch bei einer Antragstellung mehrerer Personen auch noch nach dem Erlöschen der Erlaubnis eine Beschränkung des Prüfungsumfanges galt. Aus diesem Grund ( Erhalt der Vorrangposition ) war der Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis entgegen der Auffassung des Landgerichtes auch nicht sinnlos ( Bl. II/24 und V/121 d.A. ). Nach Auffassung des Senates erfüllt diese verbliebene Rechtsstellung dann nicht mehr die Voraussetzungen, die Art. 14 GG für einen Schutz fordert. Dieses Ergebnis entspricht auch den Motiven des Gesetzgebers. Die Inhaber bergrechtlicher Genehmigungen sollen nämlich zügig entscheiden, ob sie den Bodenschatz gewinnen wollen und dann entweder damit beginnen oder das Feld für andere Unternehmer freimachen. Es soll verhindert werden, dass jemand dritte Unternehmen ausschließen kann, ohne selbst bergbaulich tätig zu sein. Dass es im konkreten Fall auch nach Auffassung des beklagten Bundeslandes nicht zu Problemen bei einer Verlängerung der Erlaubnis gekommen wäre, ist für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine bestimmte Rechtsposition unter den Schutz des Art. 14 GG fällt, ohne Belang.

3.) Ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG wegen Verletzung der Amtspflicht auf Bescheidung innerhalb einer angemessenen Frist steht der Klägerin gegen das beklagte Bundesland nicht zu. Es mag zwar richtig sein, dass das Bergamt Staßfurt nicht in jedem Fall bis zum Eingang der Stellungnahmen aller angeschriebener Träger öffentlicher Belange ( § 15 BBergG ) untätig bleiben darf. Allerdings hat das Warten bis zum Eingang der Stellungnahme der Gemeinde Sachsendorf und des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung Magdeburg im Dezember 1993 im konkreten Fall zu keinem bezifferbaren Schaden bei der Klägerin geführt. Ihre Behauptung, das Verwaltungsgericht Magdeburg hätte dann noch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen ( GVRB ) im Sinne der Klägerin entschieden, so dass ihr Gewinnungsvorhaben dann noch unter dem Bergregime gestanden hätte, ist rein hypothetisch und ergibt sich darüber hinaus auch nicht als wahrscheinlich aus den Akten. Die Klägerin selbst ist der Auffassung, dass das Bergamt Staßfurt nach Eingang der Stellungnahme des Regierungspräsidiums Magdeburg am 16. Juli 1993 hätte entscheiden müssen. Der gesamte weitere Ablauf wäre dann um etwa ein halbes Jahr vorverlegt worden, so dass das Verwaltungsgericht Magdeburg dann im August 1996 mündlich verhandelt hätte. Zu diesem Zeitpunkt war das Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen bereits in Kraft getreten. Im Übrigen war die Klägerin auch nicht mehr Inhaberin einer Aufsuchungserlaubnis im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 2 GVRB.

Damit ist wie erfolgt über die Berufung des beklagten Bundeslandes und die Anschlussberufung de Klägerin gegen das Urteil des Landgerichtes Magdeburg zu entscheiden.

III.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO. Die im Antrag der Klägerin im Berufungsrechtszug enthaltenen kapitalisierten Zinsen bleiben bei der Streitwertberechnung gemäß § 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO unberücksichtigt ( Zöller - Herget, ZPO, 24. Auflage, § 4 RdNr. 11 ).

4.) Der Senat lässt die Revision zu der Frage zu, ob eine erloschene Aufsuchungserlaubnis ein von Art. 14 GG geschütztes Recht ist. Wird diese Frage entgegen der Auffassung des Senates bejaht, so stünden der Klägerin Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff ( entspricht § 1 Abs. 1 EntSchG LSA ) zu.



Ende der Entscheidung

Zurück