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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 03.07.2002
Aktenzeichen: 7 U 67/01
Rechtsgebiete: ApBetrO, SGB V, UWG, ApG


Vorschriften:

ApBetrO § 24
SGB V §§ 63 ff.
ZPO § 138 Abs. 1
UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 1
ApG § 17 Abs. 1
ApG § 17 Abs. 2
1. § 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ist restriktiv auszulegen und umfasst nicht das Sammeln von Rezepten über rezept- und apothekenfreie Medizinprodukte.

2. Die Vorteile des sog. "verkürzten Versorgungsweges" sind hinreichende Gründe für die Bevorzugung bestimmter Anbieter gesundheitlicher Leistungen (anschließend an BGH zuletzt GRUR 2002, 271 ff. = WRP 2002, 211ff.).

3. Diesselben Erwägungen verbieten es - unbeschadet des Vorliegens sonstiger tatbestandlicher Voraussetzungen - dasselbe Verhalten als Verstoß gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) anzusehen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 67/01 OLG Naumburg

verkündet am: 03.07.2002

In dem Rechtsstreit

...

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Corcilius und die Richterin am Amtsgericht Dr. Sabrotzky auf die mündliche Verhandlung vom 20.06.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06.07.2001 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 3. Zivilkammer, Kammer für Handelssachen, des Landgerichts Dessau abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 3.350,00 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt. Auf diesen Betrag wird die Streitwertfestsetzung des Landgerichts im angefochtenen Urteil von Amts wegen abgeändert.

Tatbestand:

Der Kläger, Inhaber einer Apotheke im Kaufland in W. , macht gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch geltend.

Der Beklagte betreibt die einzige diabetologische Schwerpunktpraxis im Stadtgebiet von W. .

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte unterhalte in seiner Praxis ein Depot an Diabetikerbedarf, vornehmlich von Zuckerteststreifen, wobei er diese Artikel von dem Diabetikerversandhandel R. GmbH & Co. KG aus D. beziehe. Patienten erhielten von ihm verordnete Zuckerteststreifen sogleich in der Praxis verabreicht. Die Rezepte würden alsdann der Firma R. GmbH & Co. KG durch den Beklagten unmittelbar zugeleitet, die gegenüber den Kassen abrechne oder dem Patienten eine Rechnung stelle. Die Patienten unterschrieben auf der Rückseite des Rezeptes einen Stempel mit folgendem Text: "Aus wirtschaftlichen Gründen möchte ich die Artikel hier vor Ort erhalten. Das Personal der medizinischen Einrichtung nahm keinen Einfluss auf meine Entscheidung. Alternative Bezugsquellen sind mir bekannt. Artikel erhalten, Datum, Unterschrift."

Im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erklärung durch den Patienten sei das Rezept vom Beklagten noch nicht unterzeichnet. Es verbleibe, ohne dass der Patient die Möglichkeit der Wahl der Bezugsquelle habe, in den Praxisräumen des Beklagten. Hinreichende Aufklärung über die Wahlmöglichkeit erfolge auch nicht.

Die beschriebene Vorgehensweise stelle das Vertriebssystem der Diabetikerversandhandelsfirma dar, in dem der Beklagte wie ein Einzelhändler, bzw. Kommissionär auftrete.

Die Preise der Zuckerteststreifen lägen nicht, bzw. nicht wesentlich unter den Abgabepreisen des Klägers. In Einzelfällen lägen seine, des Klägers, Preise sogar noch darunter. Der Beklagte habe weder Kenntnis von den marktüblichen Preisen noch stelle er Preisvergleiche an.

Durch die Vorgehensweise des Beklagten seien der Kläger, ebenso wie die anderen Apotheker im Stadtgebiet von W. , praktisch vom Abgabemarkt für Zuckerteststreifen ausgeschlossen worden, was er im Einzelnen näher ausgeführt hat.

Mit seiner Vorgehensweise verstoße der Beklagte gegen eine Reihe von Vorschriften des Apothekengesetzes, ebenso wie der ärztlichen Berufsordnung des Landes Sachsen-Anhalt und gegen das Wettbewerbsrecht.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 2 Jahren oder Ordnungshaft bis zu 2 Jahren zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Leistung:

1. Rezepte mit Diabetesteststreifen seiner Patienten in seiner Praxis entgegenzunehmen oder zu sammeln und diese zur ausschließenden Einlösung bei der R. GmbH & Co. KG, D. zu verwenden,

2. Diabetesteststreifen in seiner Praxis an Patienten abzugeben, soweit es sich nicht um Proben, Schulungsbedarf oder Notfälle handelt.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die vom Kläger vorgetragene Praxis bestritten, konkret hat er bestritten, dass er im Monat November "mindestens bei 7 Patienten" Diabetikerbedarf den Patienten ausgehändigt habe, die Rezepte von den Patienten wieder entgegengenommen und in seiner Praxis aufbewahrt habe.

Weiterhin hat er bestritten, dass im Zeitpunkt der Unterzeichnung durch den Patienten das Rezept von ihm noch nicht unterzeichnet sei und ohne dass der Patient die Möglichkeit der Wahl der Bezugsquelle habe, in seinen Praxisräumen verbleibe.

Im Übrigen verstoße aber das ihm vorgeworfene Tun weder gegen Rechtsvorschriften noch sei es wettbewerbswidrig. Schließlich handele es sich bei den in Rede stehenden Artikeln um nicht apothekenpflichtige medizinische Produkte. Die Parteien würden auch darüber informiert, dass ihr Rezept an die Firma R. GmbH & Co KG weitergeleitet werde.

Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis.

Auf die behauptete Verletzung ärztlicher Berufspflichten könne sich der Kläger nicht berufen.

Im Übrigen liege auch ein hinreichend sachlich gebotener Grund für die Verweisung an bestimmte Anbieter vor, wenn diese sich nach einem Preisvergleich als preisgünstig erwiesen (Wirtschaftlichkeitsgebot) oder der Arzt im direkten Zusammenhang mit der Therapie des Patienten diesen bei Therapiebeginn oder einer Änderung in die dazugehörigen Materialien einweise und trainiere, was vorliegend ebenfalls gegeben sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es ist dabei im Wesentlichen von dem vom Kläger behaupteten Sachverhalt ausgegangen und hat diese Verfahrensweise als wettbewerbswidrig angesehen. Wegen Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er rügt, dass das Landgericht zu Unrecht von einem feststehenden Sachverhalt ausgegangen sei. Die vom Kläger behauptete Verfahrensweise sei und werde vom Beklagten ausdrücklich bestritten.

Der tatsächliche Ablauf in seiner Praxis sei folgendermaßen:

Der Beklagte persönlich händige dem Patienten das Rezept für die Teststreifen aus. Wenn der Patient den Behandlungsraum verlasse, finde sehr häufig eine notwendige Nachschulung bzw. Einweisung in die verordneten Hilfsmittel und Therapeutika statt. Im Zusammenhang damit werde der Patient von Mitarbeitern des Beklagten darauf hingewiesen, dass die Hilfsmittel, bzw. Diagnostika auch vor Ort bezogen werden könnten. Dies sei auch kostengünstig. Wenn der Patient damit einverstanden sei, werde er darauf hingewiesen, dass er deshalb eine Erklärung unterschreiben müssen. Dann komme es zum Aufdruck des Stempels, zur Leistung der Unterschrift des Patienten darunter und zur Rückgabe des Rezeptes.

Wünsche ein Patient das Rezept anderswo einzulösen, stehe ihm dieses ohne weiteres frei.

Der Beklagte leite nicht alle von ihm eingesammelten Rezepte an die R. GmbH & Co KG weiter. Auch erhalte er von dieser keine Vergütung für sein Tätigwerden.

Der Kläger trage hinsichtlich der Abgrenzung des öffentlich relevanten Marktes und der Marktanteile einzelner Anbieter nicht ausreichend vor. Er, der Beklagte, bestreite, eine marktbeherrschende Stellung in W. zu haben. Gerade in W. gebe es im Übrigen mit der Firma C. einen bedeutenden bundesweit tätigen Marktteilnehmer.

Preisvergleiche zeigten, dass die Firma R. GmbH & Co KG fast durchweg preiswerter anbiete als der Kläger.

Im Übrigen wiederholt und vertieft der Beklagte sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.

Er beantragt,

auf die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers hin das Urteil des Landgerichts Dessau vom 06.07.2001, Az.: 3 O 45/01, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ebenfalls sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er aus:

Der Beklagte verhalte sich mit seinem Bestreiten widersprüchlich, was näher ausgeführt wird.

Eine vorübergehende Änderung der Verfahrensweise beim Beklagten habe gezeigt, dass sehr wohl Auswirkungen auf den Umsatz der Apotheken in W. bestünden.

Der Preis für Teststreifen sei von jeder einzelnen Krankenkasse festgesetzt, so dass einzelne Anbieter keine echten Preisvorteile bieten könnten. Die hierfür vorgetragene Vergleichsberechnung des Beklagten sei mangelhaft.

Die Verabreichung verordneter Zuckerteststreifen erfordere keineswegs immer eine notwendige Mitwirkung des Arztes bei der Anpassung und Einstellung. Im Übrigen würden auch die Apotheker derartige Beratungs- und Einweisungsleistungen erbringen.

Beide Parteien haben für ihr bestrittenes Vorbringen Beweis angeboten und Unterlagen in Fotokopie vorgelegt.

Entscheidungsgründe:

Das Verfahren richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften der ZPO (§ 26 Nr. 5 EGZPO).

Die Berufung des Beklagten gegen das am 06.07.2001 verkündete Urteil der Vorsitzenden der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dessau - Kammer für Handelssachen - -Az.: 3 O 45/01- ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO).

In der Sache hat sie auch Erfolg.

Der Senat geht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beklagte händigt dem Patienten das Rezept für die Teststreifen aus. Wenn der Patient den Behandlungsraum verlässt, findet öfters eine notwendige Nachschulung bzw. Einweisung in die verordneten Hilfsmittel und Therapeutika statt. Im Zusammenhang damit wird der Patient von Mitarbeitern des Beklagten darauf hingewiesen, dass die Hilfsmittel, bzw. Diagnostika auch vor Ort bezogen werden könnten. Dies sei auch kostengünstig. Wenn der Patient damit einverstanden ist, werde er darauf hingewiesen, dass er deshalb eine Erklärung unterschreiben müsse. Dann kommt es zum Aufdruck des Stempels, zur Leistung der Unterschrift des Patienten darunter und zur Rückgabe des Rezeptes sowie zur Abgabe des Hilfsmittels oder Therapeutikums.

Diesen Sachverhalt hat der Beklagte selbst so dargestellt. Er hat weiter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargestellt, dass er insbesondere von Zuckerteststreifen ein Depot der Firma R. GmbH & Co KG unterhalte aus dem diese Abgabe erfolge, weshalb diese auch die Rezepte erhalte.

Nähere Einzelheiten der Art und Weise der Aufklärung des Patienten über seine Wahlfreiheit sind zwischen den Parteien streitig. Der Senat lässt dies jedoch dahinstehen. Er geht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon aus, dass unabhängig davon wie deutlich ein solcher Hinweis erfolgt, der Hinweis auf die Möglichkeit des unmittelbaren Erhalts der verordneten Hilfsmittel und Therapeutika in der Praxis des Beklagten dazu führen wird, dass nahezu alle Patienten davon Gebrauch machen werden. Schließlich spart dies Zeit, Wege und Umstände. Dass ein Patient, der von sich aus den Wunsch nach einem anderen Bezug äußert, dies tun kann, ist ebenfalls anzunehmen.

Die Parteien streiten weiter über die Auswirkung der Verfahrensweise des Beklagten auf den örtlichen Abgabemarkt für Zuckerteststreifen in W. . Auch hier geht der Senat davon aus, dass ohne Feststellung näherer Einzelheiten davon ausgegangen werden kann, dass diese Auswirkungen erheblich sind. Maßgeblich dafür ist, dass der Beklagte die einzige diabetologische Schwerpunktpraxis in W. betreibt und die Patienten sich wie oben dargestellt verhalten werden.

Auch die zwischen den Parteien umstrittene Frage der Preiswürdigkeit bedarf keiner Beweisaufnahme. Die vorgelegten Unterlagen des Beklagten (Anlage B 13 zum Schriftsatz vom 16.04.2002, Bl. 32 ff. von Bd. II d.GA.) zeigen, dass die Preise der Firma R. GmbH & Co KG unter den Apothekenpreisen liegen. Das diesbezügliche Bestreiten des Klägers ist zu unsubstantiiert. Darüber hinaus erscheint dies auch als plausibel, da der weniger aufwendige Versorgungsweg durch den Versandhandel diesem eine solche Preisgestaltung ermöglichen dürfte.

Auch der Streitpunkt der Notwendigkeit der Nachschulung, bzw. Einweisung der Patienten kann ohne Beweisaufnahme bleiben. Der Senat geht aufgrund der allgemeinen Kenntnis seiner Mitglieder davon aus, dass zwar derartige durchaus auch vom Kläger, bzw. überhaupt von Apothekern vorgenommen werden würden. Erst recht ist dies allerdings vom Beklagten, bzw. dessen Mitarbeitern zu erwarten. Gilt dies schon für jede Arztpraxis, so erst recht für eine diabetologische Schwerpunktpraxis. Auch spricht darüber hinaus die vom Beklagten vorgelegte "Rahmenvereinbarung zum Modellvorhaben Diabetes-Projekt Sachsen Anhalt gemäß §§ 63 ff. SGB V zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus" (Anlage B 12 zum Schriftsatz vom 16.4.2002, Bl. 14 ff. von Bd. II d.GA.) deutlich für einen erhöhten Schulungs- und Betreuungsaufwand bei Diabetespatienten.

Dieser Sachverhalt ist die Grundlage für die nachfolgende rechtliche Bewertung. Er deckt sich im Wesentlichen mit dem vom Landgericht seiner Entscheidung -ebenfalls ohne Beweisaufnahme- zugrunde gelegten Sachverhalt. Soweit das Landgericht entgegenstehende Sachverhaltsdarstellungen des Beklagten nicht berücksichtigt hat, geschah dies zu Recht. Die Erklärungen des Beklagten im Berufungsrechtszug zeigen, dass er im ersten Rechtszug teilweise bewusst wahrheitswidrig unter Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 ZPO vorgetragen hat. Erkennbar unwahres Vorbringen aber hat unberücksichtigt zu bleiben (§ 286 ZPO; Zöller/Greger, ZPO, 23.A., Rdn. 7 zu § 138).

Die rechtliche Beurteilung des oben wiedergegebenen Sachverhalts ergibt, aber anders als vom Landgericht angenommen, keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aufgrund der §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) i.V.m. §§ 1,6,7,10, 11 des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 15.10.1980 -BGBl. I., S. 1993- (ApoG), §§ 17, 24 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken vom 26.9.1995 -BGBl. I, S. 1115- (Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO).

Zutreffend hat zwar das Landgericht den Kläger als einen nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG klagebefugten Gewerbetreibenden angesehen, der gegen den Beklagten einen Anspruch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erheben kann, da der Beklagte durch seine Mitwirkung am Inverkehrbringen der Zuckerteststreifen wirtschaftlich, also im geschäftlichen Verkehr, tätig wird (vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22.A., Rdn. 12 zu § 13). Auch ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liegt vor, da dieses schon immer dann gegeben ist, wenn ein Verhalten äußerlich geeignet ist, den Absatz oder eine Person zum Nachteil einer anderen Person zu fördern. Dabei kann es sich auch um die Förderung fremder wirtschaftlicher Betätigung -hier der R. GmbH & Co KG- handeln (Baumbach/Hefermehl, aaO, Einl. UWG Rdn. 214 ff.). In gleicher Weise hat auch das Oberlandesgericht Nürnberg entschieden, dass Verstöße eines Arztes gegen Standesrecht grundsätzlich auch von nichtärztlichen Wettbewerbern im Verfahren nach §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG geltend gemacht werden können (MedR 1998, 522 ff.).

Der Beklagte beeinflusst auch den Wettbewerb im Bereich der Apotheken in W. . Die Verwendung des o. zitierten Stempels ist bereits Indiz für die Häufigkeit des vom Kläger beanstandeten Verfahrens. Daneben spricht dafür auch die aus der Lebenserfahrung herrührende Annahme, dass die meisten Patienten diese Möglichkeit wählen werden, schon um Zeit, Wege und Umstände zu sparen, wobei der Gesichtspunkt des besonderen Vertrauens zu dem von ihnen aufgesuchten Facharzt noch hinzukommen dürfte. Dass der vom Kläger unter Darlegung seiner und der Apotheke seiner Frau Umsatzentwicklungen im Verkauf von Zuckerteststreifen behauptete Umfang der Verfahrensweise beim Beklagten zutrifft, wird auch durch das Terminsverlegungsgesuch des Beklagtenvertreters vom 02.05.2002 erhärtet, wo der Wunsch nach einer Terminsverlegung wegen Verhinderung des Korrespondenzanwaltes damit begründet wurde, dass "von dem Ausgang des Rechtsstreits für den Kläger (richtig: Beklagten) und das Vertriebssystem der ihn beliefernden Firma sehr viel abhängt" (Hervorhebung vom Senat) (Bl. 58 von Bd. II d.GA.).

Das Verhalten des Beklagten stellt jedoch keine rechtswidrige Verletzungshandlung dar.

Der Beklagte verstößt nicht -wie vom Landgericht angenommen- gegen das Verbot der Einrichtung einer Rezeptsammelstelle bei einem Angehörigen des Heilberufes (§ 21 ApoG i.V.m. § 24 Abs. 1 und 2 ApBetrO).

Er verstößt auch nicht gegen § 34 Abs. 5 der ärztlichen Berufsordnung des Landes Sachsen-Anhalt.

Dann aber ist es nicht rechtswidrig, dass er mit seiner Verfahrensweise der R. GmbH & Co KG einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Mitbewerbern, nämlich den anderen Apothekern in W. verschafft.

Die Vorschrift des § 24 der Apothekenbetriebsordnung ist geltendes Recht, welches als solches zu beachten ist, da es weder gegen Grundrechte verstößt noch gegen höherrangiges europäisches Recht. Für letzteres gibt es keine Anhaltspunkte. Gemessen an Art. 12 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ist die Regelung eine auf "vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls" (vgl. hierzu BVerfGE 7, 377 ff.) beruhende Einschränkung des Rechts der freien Berufsausübung der Heilberufe. Demzufolge ist diese Rechtslage auch von der Rechtsprechung mehrfach geprüft und angewendet worden, was bereits das Landgericht zitiert (OLG Frankfurt in GRUR 1978, 541 ff. -Rezeptsammelstelle-; BGH in GRUR 1981, 280 f. -Apothekenbegünstigung-, in GRUR 1981, 282 ff. -Apothekenbotin- und in GRUR 1982, 313 ff. -Rezeptsammlung für Apotheker-).

Nach Ansicht des Senats ist § 24 ApBetrO, ebenso wie das grundsätzliche Versandhandelsverbot des § 17 Abs. 1 und 2 ApG uneingeschränkt geltendes Rechts, mag auch der Arznei- und Heilmittelsektor in starkem Maße gesundheitspolitisch in Bewegung geraten (vgl. einerseits die die Zulässigkeit einer Internetapotheke verneinenden Entscheidungen OLG Frankfurt, WRP 2001, 951 ff. -Doc.Morris- = GRUR Int. 2001, 771 ff. und KG GRUR-RR 2001, 244 ff. m.Anm. d.Schriftl.; zustimmend Ernst, "Arzneimittelverkauf im Internet", WRP 2001, 893 ff.; a.A. LG Berlin -abgeändert vom KG aaO.- in MMR 2001, 249 ff. mit abl. Anm. von Mankowski und das die Stellung und Bedeutung des Apothekers für die Arzneimittelversorgung stärkende Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz - AABG vom 15. Februar 2002, BGBl. I, 684 f.) sowie andererseits das von Kostensenkungsgesichtspunkten geleitete gesundheitspolitische Bestreben, wie es deutlich wird in FAZ v. 29.06.2002, S. 11: "Ministerin kämpft für Internet-Apotheke").

Zurzeit aber jedenfalls ist das einschlägige Apothekenrecht, hier im Besonderen die ApBetrO, als uneingeschränkt geltendes Recht zugrunde zu legen, wobei die Prüfung der vom Kläger beanstandeten Verfahrensweise des Beklagten jedoch zu einer anderen Beurteilung führen muss als vom Landgericht vorgenommen.

Der Beklagte sammelt allerdings seine Rezepte ein, das heißt, er nimmt sie wieder entgegen und leitet sie zumindest zu einem erheblichen Teil an die R. Service GmbH & Co KG weiter. Daran hat der Senat keine Zweifel, nachdem der Beklagte im Berufungsrechtszug im Schriftsatz vom 16.04.2002 (S. 3, Bl. 3 von Bd. II d.GA) vorgetragen hat, wie er verfährt. Gleichermaßen hat er seine Verfahrensweise nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat -informatorisch angehört- als seine von ihm aus der Sicht seiner fachärztlichen Tätigkeit für richtig gehaltene Praxis nicht nur geschildert sondern auch verteidigt, woraus sich im Übrigen auch klar sein Wille ergeben hat, daran festhalten zu wollen. Es wäre dabei unerheblich, ob -wie der Beklagte behauptet- er nicht alle eingesammelten Rezepte an die R. Service GmbH & Co KG weiterleitet. Bereits in seiner Entscheidung vom 23. März 1978 hat das Oberlandesgericht Frankfurt zutreffend ausgeführt, dass es bereits wettbewerbsrechtlich unterbunden werden muss, dass der Arzt in der Lage ist, den Wettbewerb zwischen den Apotheken zu beeinflussen und zu verzerren, indem er nach eigenem Ermessen die eine vor der anderen Apotheke bevorzugt oder auch "aus Gerechtigkeitsgründen" gleichbehandelt, wie es im damaligen Fall von einem Beklagten behauptet worden war (OLG Frankfurt, aaO, S. 542).

Auch der Stempelaufdruck, den der Beklagte seine Patienten unterschreiben lässt, würde, wenn man das Verfahren als Verstoß gegen das Verbot der Einrichtung einer Rezeptsammelstelle ansehen würde, an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern, auch wenn es dort heißt: "Aus wirtschaftlichen Gründen mochte ich die Artikel hier vor Ort erhalten. Das Personal der medizinischen Einrichtung nahm keinen Einfluss auf meine Entscheidung. Alternative Bezugsquellen sind mir bekannt..." (Hervorhebungen vom Senat). Dabei bedarf es keiner in's Einzelne gehenden Sachaufklärung darüber, inwieweit diese Erklärungen tatsächlich erfolgte Aufklärung, Information und Willensbildung abbilden oder nicht, denn selbst wenn das Verfahren über eine unerlaubte Rezeptsammelstelle im Einzelfall auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten stattfindet, wird es dadurch nicht legal (so schon im Urteil vom 17. Oktober 1980 BGH, GRUR 1981, 280 f. (281).

Die Vorgehensweise des Beklagten verstößt aber deswegen nicht gegen das Verbot der Einrichtung einer Rezeptsammelstelle, weil dieses nach Ansicht des Senats restriktiv ausgelegt werden muss und das Sammeln von Rezepten über rezept- und apothekenfreie Medizinprodukte nicht umfasst. Bei Blutzuckerteststreifen, ob Urinzuckerteststreifen oder Blutzuckerstreifen, handelt es sich nicht um Arzneimittel sondern um Medizinprodukte (§§ 2 Nr. 7 Arzneimittelgesetz -AMG-; 3 Nr. 4 Medizinproduktegesetz -MPG). Sie sind weder rezeptpflichtig noch apothekenpflichtig im Sinne des § 43 AMG. Wohl werden sie in Apotheken als apothekenübliche Artikel (§ 25 Nr. 7 ApBetrO: Reagenzien) mit vertrieben. Sie sind jedoch auch über den Diabetikerversandhandel oder Sanitätshäuser erhältlich, welche beide auch in der Lage sind, bei einer Abgabe auf Verordnung darüber gegenüber den Kassen abzurechnen.

Das Apothekengesetz, ebenso wie die auf ihm beruhende Apothekenbetriebsordnung sind Einschränkungen des Grundrechts auf freie Berufsausübung und müssen daher soweit sie einschränkend wirken auf vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls beruhen. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Sicherung der Gesundheit der Bevölkerung hierunter fällt. Demzufolge stellen auch sowohl das Apothekengesetz wie auch die Apothekenbetriebsordnung auf die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung (Hervorhebung vom Senat) der Bevölkerung ab (§ 1 Abs. 1 ApG; § 1 Abs. 1 S. 2 ApBetrO).

Aus diesem Grund muss § 24 ApBetrO, der die Einrichtung von Rezeptsammelstellen regelt und ihre Einrichtung bei Angehörigen der Heilkunde verbietet, restriktiv dahin verstanden werden, dass dies nicht gelten kann, soweit die Rezepte nicht über Arzneimittel, sondern lediglich über weder rezept- noch apothekenpflichtige Medizinprodukte ausgestellt sind. Dafür spricht, dass auch in der Regelung des § 24 ApBetrO selbst der zentrale Begriff der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung nochmals aufgenommen worden ist (Abs. 1 S. 2).

Keinen Bedenken begegnet die Vorgehensweise des Beklagten auch unter dem vom Kläger problematisierten Gesichtspunkt der Weitergabe von Patientendaten. So wie ein Patient stillschweigend in die Weitergabe seiner Abrechnungsunterlagen an eine ärztliche Verrechnungsstelle einwilligen kann (BGH in NJW 1992, 2348 ff. = MedR 1992, 329 ff. und fortgeführt in BGH 1993-06-23 VIII ZR 226/92 zitiert nach juris), so liegt im konkreten Fall in der Kenntnisnahme und Billigung des o.a. Stempeltextes das Einverständnis damit, dass die Rezepte zur Abrechnung an den Lieferanten der Zuckerteststreifen weitergeleitet werden.

Der Beklagte haftet auch nicht deshalb auf Unterlassung nach §§ 1, 13 UWG, weil er gegen ärztliches Standesrecht verstoßen hätte. Ein solcher Verstoß könnte zwar zu einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch führen (vgl. OLG Nürnberg, aaO). Die Verfahrensweise des Beklagten stellt jedoch keinen derartigen Verstoß dar.

Nach § 34 Abs. 5 der ärztlichen Berufsordnung des Landes Sachsen-Anhalt ist es dem Arzt nicht gestattet, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen (vgl. die inhaltlich übereinstimmende Regelung in § 34 Abs. 5 der (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte -MBO-Ä 1997- (abgedruckt in Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2.A., Anhang zu Kapitel 1, S. 36 ff. (43). Solche hinreichenden Gründe vermag der Beklagte aber für seine Vorgehensweise anzuführen. Es bestehen Parallelen zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes über den sog. "verkürzten Versorgungsweg" (BGH, GRUR 2000, 1080 ff. -Verkürzter Versorgungsweg- und GRUR 2002, 271 ff. m. Anm. - Hörgeräteversorgung- = WRP 2002, 211 ff.). In diesen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht wettbewerbsrechtlich unlauter sei, wenn ein HNO-Arzt seinen Patienten im Beratungsgespräch darauf hinweise, dass dessen Versorgung mit einem Hörgerät nicht nur durch einen örtlichen Hörgeräteakustiker durchgeführt werden könne, sondern auch -im so genannten verkürzten Versorgungsweg- durch einen auswärtigen Hörgeräteakustiker. Dies gelte auch dann, wenn der Arzt für die ärztlichen Leistungen, die er im Rahmen seiner Mitwirkung an der Versorgung im verkürzten Versorgungsweg erbringt, eine gesonderte Vergütung erhalte.

Zugrunde lag der Entscheidung der Fall, dass ein Teil der Patienten der verklagten HNO-Ärztin unter ihrer Mitwirkung auf dem sog. verkürzten Versorgungsweg von einer GmbH & Co KG versorgt wurde. Diese hatte dazu der Beklagten -wie auch den anderen an ihrem Versorgungssystem beteiligten HNO-Ärzten - einen Computer, der mit ihrem Betrieb verbunden werden kann, samt der erforderlichen Software zur Verfügung gestellt. Wenn die HNO-Ärztin festgestellt hatte, dass ein Patient eine Hörhilfe benötigt, erläuterte sie ihm, dass er das Hörgerät bei einem ortsansässigen Hörgeräteakustiker oder -mit ihrer Mitwirkung- bei der o.a. GmbH & Co KG beziehen könne. Entschied sich der Patient für letztere Versorgung, nahm die HNO-Ärztin den Ohrabdruck ab und übersandte diesen an die Gesellschaft. In deren Betrieb wurde anhand des Ohrabdrucks das Ohrpassstück gefertigt und -mit dem eingefügten Hörgerät- an die HNO-Ärztin zurückgesandt. Unter Mitwirkung eines -online zugeschalteten- Hörgeräteakustikers der Gesellschaft nahm die HNO-Ärztin nunmehr die Anpassung und Feinabstimmung des Hörgeräts mit Hilfe des Computers vor.

Für ihre Mitwirkung bei der Anpassung der Hörhilfe überwies die Gesellschaft der HNO-Ärztin für jedes versorgte Ohr 250,- DM. Dabei handelte es sich um einen Teil des von den Krankenkassen vereinbarungsgemäß an die Gesellschaft für jede Hörhilfe gezahlten Festbetrages.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass dieses Verhalten der HNO-Ärztin nicht wettbewerbsrechtlich unlauter ist. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass die Vorteile des verkürzten Versorgungsweges (z.B. Wegfall der Wege zu einem ortsansässigen Hörgeräteakustiker, Einsparung der Kosten des Hörgeräteakustikers für einen Betrieb am Ort) nicht gegen, sondern für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines Hinweises auf diese Möglichkeit sprächen. Ein Wettbewerbsvorsprung, der sich aus einer größeren Bequemlichkeit eines bestimmten Versorgungsweges oder aus Kostenvorteilen eines Anbieters ergäbe, sei sogar im Interesse der Entwicklung zu einer insgesamt besseren Versorgung der Patienten erwünscht (BGH, GRUR 2002, 271 ff. (272).

Der Senat folgt dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach eigener Prüfung. Schließlich berücksichtigt sie auch das von den Angehörigen der Heilberufe in verstärktem Maße zu berücksichtigende Wirtschaftlichkeitsgebot, welches in §§ 12, 70 SGB V seinen Niederschlag gefunden hat (so auch schon HansOLG, WRP 1992, 186 ff. -Ohrabdruck- im Rechtsstreit eines Verbandes gegen einen Hörgerätelieferanten und OLG Nürnberg, MedR 1998, 522 ff., welches das Wirtschaftlichkeitsgebot als hinreichenden sachlich gebotenen Grund im Sinne von § 30 Abs. 4 BOÄ Bayern (1997) -einer der Regelung des § 34 Abs. 5 der ärztlichen Berufsordnung des Landes Sachsen-Anhalt entsprechenden Regelung- ansieht; zustimmend zu dieser Rechtsprechung auch Kern, "Heilhilfsmittelversorgung durch den behandelnden Arzt", NJW 2000, 833 ff.).

Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Wie o.a. geht der Senat davon aus, dass die Verfahrensweise im Ergebnis wirtschaftlicher sein dürfte als der Bezug über Apotheken. Gleichwohl ist dies jedoch nicht der allein entscheidende Gesichtspunkt.

Schon die Bequemlichkeit für den Patienten ist ebenfalls ein solcher Gesichtspunkt, wie noch entscheidender die Möglichkeit, eventuell notwendige Einweisungen und Erläuterungen sogleich in der Facharztpraxis durch den Arzt oder sein geschultes Personal erhalten zu können. Dieser Gesichtspunkt bekommt umso größeres Gewicht als im vorliegenden Fall die Praxis des Beklagten als diabetologische Schwerpunktpraxis sowohl in Person des Beklagten als auch seiner Mitarbeiter über besonderes Fachwissen verfügt und umgekehrt die dort Hilfe suchenden Patienten einen besonders großen Schulungs- und Beratungsbedarf haben, was sich auch aus den Regelungen und Festlegungen der "Rahmenvereinbarung zum Modellvorhaben Diabetes-Projekt Sachsen-Anhalt gemäß §§ 63 ff. SGB V zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus" zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. und der AOK Sachsen-Anhalt (Anl. B 12, Bl. 14 ff. von Bd. II d.GA) ergibt.

Die Vorgehensweise des Beklagten ist somit weder ein Verstoß gegen das Verbot der Einrichtung einer Rezeptsammelstelle nach § 24 ApBetrO noch einer gegen § 34 Abs. 5 der ärztlichen Berufsordnung des Landes Sachsen-Anhalt und damit unter keinem Gesichtspunkt wettbewerbswidrig.

Der Kläger kann sein Unterlassungsbegehren auch nicht auf § 1 UWG in Verbindung mit Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) stützen. Zwar sind Ärzte ebenso wie Apotheker aufgrund des mittlerweile herrschenden funktionalen Unternehmensbegriffes des GWB nicht mehr grundsätzlich von dessen Anwendungsbereich ausgenommen (Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3.A., § 1 Rdn. 65 und 69). Ebenso kann ein relevanter Markt örtlich bis auf das Gebiet einer Gemeinde eingegrenzt (ders., aaO., § 19 Rdn. 35 und 38) sein, bzw. sich der Arzneimittelmarkt in Teilmärkte aufspalten (ders., aaO,, § 19 Rdn. 34 Stichwort "Arzneimittel" aE ). Diese Fragen können jedoch nach Ansicht des Senats ebenso dahinstehen, wie diejenige, ob der Beklagte die Voraussetzungen eines Unternehmens im Sinne der §§ 19 oder 20 GWB erfüllt, da die o.a. Erwägungen auch in diesem Zusammenhang die Vorgehensweise des Beklagten rechtfertigen würden, so dass weder von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung gesprochen werden könnte (§ 19 GWB) noch von einer unbilligen Behinderung oder sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne des § 20 GWB.

Der Vollständigkeit halber merkt der Senat an, dass der Kläger sich auch nicht -wie von ihm im ersten Rechtszug vertreten- auf die Unzulässigkeit eines Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 1004, 823 BGB) berufen kann, da es hierfür sowohl an einem rechtswidrigen Verhalten des Beklagten aus den o.a. Gründen fehlt als auch an dem dafür notwendigen unmittelbaren betriebsbezogenen Eingriff (BGH st.Rspr. z.B. BGHZ 55, 153 ff. (161) und 86, 152 ff. (156).

Der Kläger dringt somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit seinem Unterlassungsbegehren durch, so daß auf die Berufung des Beklagten das am 06.07. 2001 verkündete Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 26 Nr. 7 EGZPO, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO und entspricht sowohl der Üblichkeit in wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklagen als auch der konkreten wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für den Kläger nach dessen Angaben im Laufe des Verfahrens. Auf diesen Betrag ändert der Senat nach § 25 GKG die Streitwertfestsetzung des Landgerichts im angefochtenen Urteil von Amts wegen ab.

Ende der Entscheidung

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