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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 18.04.2002
Aktenzeichen: 8 UF 123/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, RegelbetragsVO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 344
ZPO § 713
ZPO § 708 Nr. 10
BGB §§ 1601 ff.
RegelbetragsVO § 2
Die nicht näher begründete Feststellung in den Urteilsgründen, der persönliche Eindruck des Beklagten und seine Anhörung im Termin hätten für das Gericht ausgereicht im festzustellen, dass keine Verletzung der Erwerbsobliegenheit vorliegt, ist als Entscheidungsgrundlage nicht ausreichend. Dies insbes. dann, wenn der Beklagte während zwei Kalenderjahren insgesamt nur 10 Bewerbungen nachweist und das Gericht feststellt, dass damit eine greifbare Obliegenheitsverletzung gegeben ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 UF 123/01 OLG Naumburg

verkündet am: 18. April 2002

In der Familiensache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25.10.2001 bleibt aufrechterhalten.

Der Berufungskläger hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Unterhaltsverpflichtung des Berufungsklägers für seine minderjährige Tochter N. , geb. am 18.06.1987. Das Amtsgericht hatte die Klage der minderjährigen Tochter auf Unterhalt abgewiesen. Hiergegen hat die Tochter, vertreten durch ihre Mutter, Berufung eingelegt mit dem Ziel, 66,67 % des Regelbetrages gemäß § 2 der RegelbetragsVO der 3. Altersstufe zu erlangen. Da der Beklagte in der Sitzung vom 25.10.2001 säumig war, wurde er entsprechend den Anträgen der Berufungsklägerin durch Versäumnisurteil zu den begehrten Unterhaltszahlungen verurteilt. Hiergegen hat der Berufungsbeklagte fristgerecht Einspruch eingelegt mit dem Ziel, das erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist unbegründet. Die Berufungsklägerin hat gegen den Berufungsbeklagten gemäß den §§ 1601 ff. BGB einen Anspruch auf Barunterhalt. Da die Berufungsklägerin in ihrem Antrag weniger als 100 % des Regelbetrages gemäß § 2 RegelbetragsVO begehrt, gilt hier erst Recht die Darlegungs- und Beweislastregel nach der der Unterhaltsverpflichtete, hier der Berufungsbeklagte, die vollständige Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass er nicht in der Lage ist, den begehrten Unterhalt zu zahlen. Hier hat der Berufungsbeklagte in keiner Weise dargelegt, dass er leistungsunfähig ist. Der Beklagte ist 48 Jahre alt und hat den Beruf des Teilschlossers erlernt und war bis ca. 1991 Vollzeit erwerbstätig. Nachdem er 1991 zunächst arbeitslos gewesen ist, war er zwischen 1991 und 1996 über eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt. Danach, bis 1997, war er wiederum Vollzeit beschäftigt. Letztlich ist er seit Oktober 1999 arbeitslos und bezieht seit dem 17.11.2000 monatlich ca. 834,00 DM Arbeitslosenhilfe. Im Hinblick auf die lediglich weniger als 10 Bewerbungen für den gesamten Zeitraum der Jahre 2000 und 2001 hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass der Berufungsbeklagte der gegenüber seiner minderjährigen Tochter bestehenden erhöhten Erwerbsobliegenheit nicht gerecht wird. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, dass das Amtsgericht allein auf Grund des persönlichen Eindrucks des Beklagten im Termin zur Anhörung anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2001 zu dem Ergebnis kam, dass der Berufungsbeklagte nicht in der Lage sei, seiner erhöhten Erwerbsobliegenheit gewachsen zu sein und er deshalb als leistungsunfähig zu behandeln sei. Allein der Umstand, dass er nach den Feststellungen des Amtsgerichts während der mündlichen Verhandlung am ganzen Körper zitterte und er hierzu als Grund die Aufregung angab, reicht nicht aus, um zu begründen, dass der Beklagte bei ausreichenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz einen solchen nicht erhalten hätte. Weitere Feststellungen bezüglich der Person des Beklagten sind weder im Sitzungsprotokoll, noch in der amtsgerichtlichen Entscheidung erwähnt.

Auch der Vortrag des Berufungsbeklagten im Berufungsverfahren reicht nicht aus, um zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Allein der Vortrag, auf Grund der schulischen und beruflichen Vorbildung des Beklagten und nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass er jahrelang Alkoholmissbrauch betrieben habe, reicht nicht aus, zumindest nicht ohne die Vorlage entsprechender ärztlicher Gutachten und präziser Darlegung der Einschränkungen und deren Folgen, darzulegen, dass der Beklagte zur Arbeit überhaupt nicht in der Lage ist. Der Beklagte hat eine berufliche Ausbildung abgeschlossen und konnte ohne erkennbare Verhaltensauffälligkeiten der Senatssitzung folgen. Weshalb es ihm nicht möglich sein soll, sich neben der Meldung beim Arbeitsamt selbständig um eine Arbeitsstelle zu bemühen ist nicht ersichtlich. Auch der mit dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil gestellte Antrag, zum Nachweis des physischen und psychischen Unvermögens des Beklagten einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachzugehen, die Begutachtung des Beklagten im Rahmen eines medizinisch-psycholo-gischen und im Weiteren im Rahmen eines sozialpsychologischen Sachverständigengutachtens anzuordnen, ist lediglich als Ausforschungsbeweis zu werten. Hier fehlen schon die notwendigen Anknüpfungstatsachen, anhand derer ein Sachverständiger mit seiner Gutachtentätigkeit beginnen kann. Insofern war diesem Antrag durch den Senat nicht nachzukommen. Im Ergebnis hat der Berufungsbeklagte deshalb in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt, und schon gar nicht bewiesen, dass er der Erfüllung seiner erhöhten Erwerbsobliegenheit gegenüber seiner Tochter nicht nachkommen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 344 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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