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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 29.10.2003
Aktenzeichen: 8 UF 144/03
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 516
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 612 e Abs. 3 Satz 1
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2
FGG § 64 Abs. 3 Satz 1
BGB § 1618 Satz 4
Ist die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft und wird das Rechtsmittel dementsprechend fehlerhaft eingelegt, ist Wiedereinsetzung zu gewähren. Der Senat bestätigt seine Rechtsprechung, dass eine Einbenennung nur zulässig ist, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Bloße Zweckmäßigkeit ist nicht ausreichend.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 UF 144/03 OLG Naumburg

In der Familiensache

...

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Bisping und Wiedenlübbert

am 29. Oktober 2003

beschlossen:

Tenor:

Dem Beschwerdeführer wird gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Dem Beschwerdeführer wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. aus E. ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gewährt.

Der Beschluss des Amtsgerichts Eisleben vom 08.09.2003 wird abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerin, die Einwilligung des Antragsgegners in die Änderung der Namen der Kinder P. G. , geboren am 20.03.1999 und M. G. , geboren am 01.11.1996 zu ersetzen, wird abgewiesen.

Das Rechtsmittelverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet. Beschwerdewert: 3.000,00 Euro.

Gründe:

Der Antragsgegner und die Antragstellerin sind geschiedene Eheleute. Die elterliche Sorge für die beiden aus der Ehe stammenden minderjährigen Kinder P. und M. G. steht nach dem Scheidungsurteil des Amtsgerichts Eisleben vom 19.06.2001 der Antragstellerin zu. Diese hat wieder geheiratet und trägt nun den Familiennamen S. . Aus dieser zweiten Ehe ist ein weiteres Kind hervorgegangen. Die Antragstellerin möchte den Kindern aus der ersten Ehe den Ehenamen S. erteilen. Der Antragsgegner verweigert demgegenüber seine Einwilligung zur Namensänderung. Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Einwilligung des leiblichen Kindesvaters ersetzt. Dieser hat mit dem Ziel der Antragsabweisung Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beschwerde ist nach § 621 e Abs. 1 ZPO statthaft, weil es sich bei der Ersetzung der Zustimmung des Vaters zur Namenserteilung um eine Familiensache handelt und § 64 Abs. 3 Satz 1 FGG bestimmt, dass in Angelegenheiten, die vor das Familiengericht gehören, die Vorschriften des 2. und 3. Abschnittes des 6. Buches der ZPO gelten (vgl. Senatsbeschluss vom 25.02.02, AZ: 8 UF 31/02). Die Beschwerdefrist gemäß den §§ 516, 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO ist vorliegend nicht gewahrt, weil gemäß § 612 e Abs. 3 Satz 1 ZPO die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist beim Beschwerdegericht einzulegen ist, das Rechtsmittel des Beschwerdeführers aber erst nach Ablauf der Beschwerdefrist durch Vorlage der Akten durch das Amtsgericht an den Senat gelangte. Hier ist jedoch auch ohne ausdrücklichen Antrag von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung der Beschwerdefrist ist vorliegend nämlich unverschuldet. Das Amtsgericht hat dem Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung übersandt. Danach ist gegen den Beschluss das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde gegeben, welche innerhalb von 2 Wochen "nach Zustellung beim Amtsgericht" einzulegen ist. Dies ist nach dem oben Gesagten falsch. Dass sich der Beschwerdeführer gleichwohl nach dieser falschen Rechtsmittelbelehrung gerichtet hat, indem er beim Amtsgericht innerhalb der Frist eine Beschwerdeschrift einreichte und das Amtsgericht dann die Akten nach Fristablauf dem Senat vorgelegt hat, darf nicht zu seinen Lasten gehen; insoweit war Wiedereinsetzung auch ohne ausdrücklichen Antrag des Beschwerdeführers von Amts wegen zu gewähren (vergl. Senatsbeschluss vom 25.02.2002 a.a.O.).

Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Gem. § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils zur Einbenennung ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Das Amtsgericht hat diese Voraussetzung mit der Begründung bejaht, dass durch die Einbenennung der beiden Kinder diese in eine neue Familie integriert werden. Ein gemeinsamer Familienname aller Familienmitglieder sei von großer Bedeutung, zumal ein weiteres Kind mit dem Familiennamen S. in der Familie lebt. Darüber hinaus hätten auch die beiden Kinder erklärt, sie wollen den Nachnamen S. tragen.

Diese Tatsachen reichen zwar aus, eine Namensänderung als wünschenswert und möglicherweise dem Kindeswohl sogar dienlich erscheinen zu lassen, sie begründen indes nicht, dass die Einbenennung zum Wohl der Kinder erforderlich ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn ohne die Einbenennung schwerwiegende Nachteile für die Kinder zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellte, dass ein sich verständig um die Kinder sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde (BGH, Beschluss vom 24.10.2001, FamRZ 2002, 94-95). Hierfür fehlen allerdings nach dem bisher vorliegenden Sachverhalt jegliche Anhaltspunkte. Allein die Namensverschiedenheit begründet dies nicht, im Gegenteil, die Namensverschiedenheit ist ein Problem, mit dem sich jedes Kind aus einer geschiedenen Ehe auseinander setzen muss, wenn sein Elternteil erneut heiratet und den Namen des neuen Ehepartners angenommen hat. Allein die Zweckmäßigkeit vermag die Erforderlichkeit der Einbenennung nicht zu begründen. Darüber hinaus hat das Amtsgericht in seiner Entscheidung nicht erwogen, ob nicht ein milderer Eingriff als die vollständige Einbenennung, nämlich die so genannte "additive Einbenennung" durch Voranstellung oder Anfügung des Ehenamens des sorgeberechtigten Elternteiles nicht auch ausreichend sein könnte. Außerordentliche Belastungen der Kinder durch das Führen eines anderen Familiennamens sind dem Vortrag der Antragstellerin nicht zu entnehmen, die von ihr befürchteten Probleme vermögen, selbst wenn sie eintreten, eine Einbenennung noch nicht zu begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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