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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: 8 UF 162/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 620 g | |
ZPO § 629 Abs. 1 | |
ZPO § 794 Nr. 3a |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
8 UF 162/02 OLG Naumburg
verkündet am: 05.12.2002
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivil- und 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici und die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Amtsgerichts Aschersleben vom 13.06.2002 wird mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Die seit September 2001 getrennt lebenden Parteien streiten um Trennungsunterhaltsansprüche der Ehefrau gegen den Ehemann. Die Ehefrau begehrt ab diesem Zeitpunkt Unterhalt, wobei sie neben dem Hauptsacheverfahren auch den Erlass einer einstweiligen Anordnung anstrebte. Am 28.02.2002 wurde über beide Anträge mündlich verhandelt und Termin zur Entscheidung auf den 24.04.2002 anberaumt. Nach zweimaliger Verlegung des Verkündungstermins und weiterem schriftsätzlichem Vortrag der Parteien ist am 13.06.2002 im Hauptsacheverfahren ein Urteil und im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz eine Entscheidung verkündet worden in denen der Beklagte jeweils zu Unterhaltszahlungen verpflichtet worden ist.
Beide Parteien haben gegen das Urteil Berufung eingelegt, die Klägerin mit dem Ziel einen höheren Unterhalt zu erlangen, der Beklagte begehrt Klageabweisung, und jeweils beantragt, das Urteil mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
II.
Die zulässigen Rechtsmittel haben insoweit Erfolg, als die angefochtene Entscheidung mit dem zu Grunde liegenden Verfahren wegen schwerwiegender Verfahrensfehler aufgehoben und zurückverwiesen werden musste.
Wird in einem Verfahren nicht schriftlich verhandelt, ergeht die gerichtliche Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung, wobei gemäß § 139 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung der Prozessstoff, der sich in der Regel aus den vorbereitenden Schriftsätzen die innerhalb der Frist des § 132 Abs. 1 ZPO einzureichen sind ergibt, umfassend zu erörtern ist. Schriftsätze, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 136 Abs. 4 ZPO) bei Gericht eingehen, dürfen bei der Entscheidung, die gemäß § 310 Abs. 1 ZPO im Rahmen der mündlichen Verhandlung oder innerhalb von drei Wochen in einem anzusetzenden Termin verkündet werden soll, nicht berücksichtigt werden. D. h. neue Tatsachen, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden, dürfen nicht bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Vortrag im Rahmen eines gemäß § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsatzes erfolgt, selbst wenn dieser Schriftsatz dem Gegner zugestellt worden ist (vergl. Zöller, ZPO, Greger, § 283 Rz.: 5). § 283 ZPO gestattet lediglich die Erwiderung auf nicht innerhalb der Frist des § 132 ZPO eingereichter Schriftsätze, es soll nicht die Möglichkeit des neuen Tatsachenvortrages eingeräumt werden.
Hier hat das Amtsgericht nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 28.02.2002 aber sowohl den Schriftsatz vom 24.05.2002 als auch den Schriftsatz vom 12.06.2002 bei seiner Entscheidung mit berücksichtigt. So wird in dem Urteil unter anderem beachtet, dass der Beklagte aus seinem Gewerbebetrieb nach seinem Vortrag von Januar 2002 bis April 2002 wohl keinen Gewinn erzielt hat. Da es sich hierbei erkennbar nicht um eine Prognose der Einkommensentwicklung auf grund des Sachstandes am 28.02.2002 durch das Gericht gehandelt hat, sondern dies als feststehende Tatsache auf Grund des Schriftsatzes vom 24.05.2002 behandelt worden ist, war dieses Vorgehen unzulässig und begründet den Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Hierzu hätte der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden müssen, weil das Gericht diesen Vortrag für wesentlich erachtet hat. Und zwar nicht durch Übersendung des Schriftsatzes, sondern durch Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO soweit ein Verstoß gegen § 139 ZPO gegeben war, oder durch Übergang in das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO. Da hier das schriftliche Verfahren nicht durchgeführt worden ist, so fehlt es an einer Fristbestimmung zur Schriftsatz-einreichung, ein Verkündungstermin ist nicht bestimmt worden und die Parteien haben ihr Einverständnis hierzu nicht erklärt, blieb dem Amtsgericht nur die Möglichkeit gegebenenfalls die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Ob darüber hinaus im Hinblick auf den Zeitraum von fast 4 Monaten zwischen Schluss der mündlichen Verhandlung und Verkündung der Entscheidung angenommen werden muss, dass insoweit das Urteil nicht auf der mündlichen Verhandlung beruht - der Schluss ist hier naheliegend - kann offen bleiben, weil allein der Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs hier so schwer wiegt, dass eine Rückverweisung des Verfahrens auf Antrag der Parteien geboten war. Das Amtsgericht wird deshalb nach erneuter mündlicher Verhandlung erneut entscheiden, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens.
Ende der Entscheidung
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