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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 14.11.2005
Aktenzeichen: 8 UF 167/05
Rechtsgebiete: BGB, VAÜG


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 1
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 2
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 c
BGB § 1587 c Nr. 1
VAÜG § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
Bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich sind die grundlegenden Entscheidungen des BVerfG und des BGH zu beachten (BVerfGE 53, 257; dass. 66, 324; dass. In FamRZ 2003, 1173; BGH in FUR 2002, 86 m.w.N.).

Auch eine "innere Abwendung" eines Ehegatten ist im Rahmen des Versorgungsausgleichs unerheblich, da dieser nicht als Belohnung für eheliche Treue dienen soll, sondern die Abwicklung und Aufteilung einer Vermögensgemeinschaft bewirken soll.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 UF 167/05 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici, den Richter am Oberlandesgericht Bisping und die Richterin am Oberlandesgericht Joost

am 14. November 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Ehemannes wird der Beschluss des Amtsgerichts Merseburg vom 27.07.2005 abgeändert:

Vom Versicherungskonto Nr. ... der Antragsgegnerin bei der LVA Sachsen-Anhalt werden Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 106,38 € monatlich, bezogen auf den 31.01.2003, auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der LVA Sachsen-Anhalt übertragen.

Der genannte Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Wert: 1.000 Euro.

Gründe:

Durch Urteil vom 27.10.2004 wurde die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich abgetrennt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich ausgeschlossen mit der Begründung, die Durchführung sei unbillig.

Eine grobe Unbilligkeit kann nach dem ermittelten Sachverhalt nicht festgestellt werden.

Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen insbesondere der gemeinsamen Berechtigung der Eheleute auch nach Trennung und Scheidung am in der Ehe erworbenen Vermögen (vgl. BVerfGE 53, 257 <293 ff.>) wie auch der Anwendung der Härtefallklausel des § 1587 c BGB zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse des Versorgungsausgleichs (vgl. BVerfGE 66, 324 <330>) hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG schützt die Ehe als eine Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner (vgl. BVerfGE 10, 59 <66 f.>; 35, 382 <408>). Die Ehegatten können ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen und dabei insbesondere selbstverantwortlich darüber entscheiden, wie sie untereinander die Familien- und Erwerbsarbeit aufteilen wollen (vgl. BVerfGE 57, 361 <390>; 61, 319 <347>; 66, 84 <94>; 68, 256 <268>). Dabei sind die jeweiligen Leistungen, die die Ehegatten im Rahmen ihrer innerfamiliären Arbeitsteilung erbringen, als grundsätzlich gleichwertig anzusehen. Haushaltsführung und Kinderbetreuung haben für das gemeinsame Leben der Ehepartner keinen geringeren Wert als das Erwerbseinkommen des berufstätigen Ehegatten (vgl. BVerfGE 66, 324 <330>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 05. Februar 2002, 1 BvR 105/95 u.a., amtlicher Umdruck, S. 18). Aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG folgt in diesem Zusammenhang, dass beide Eheleute gleichermaßen an dem in der Ehe erworbenen Vermögen berechtigt sind (vgl. BVerfGE 53, 257 <296>). Deshalb dürfen die während der Ehe nach Maßgabe der von den Ehegatten vereinbarten Arbeitsteilung erwirtschafteten Versorgungsanrechte nach der Scheidung gleichmäßig auf beide Partner verteilt werden (vgl. BVerfGE 53, 257 <296>). Der Versorgungsausgleich dient ebenso wie der Zugewinnausgleich der Aufteilung von gemeinsam erwirtschafteten Vermögen der Eheleute, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der Ehegatten rechtlich zugeordnet war (vgl. BGH, NJW 1990, S. 2746). Dabei korrespondiert mit der Rechtfertigung des Eingriffs in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten durch Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG ein verfassungsrechtlicher Anspruch aus eben diesen Grundrechten auf gleiche Teilhabe am in der Ehe erworbenen Vermögen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05. Februar 2002, 1 BvR 105/95 u.a., a.a.O., S. 19).

In diesem Zusammenhang hat die Härtefallklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB die Funktion eines Gerechtigkeitskorrektivs. Sie soll als Ausnahmeregelung eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Entscheidung in solchen Fällen ermöglichen, in denen die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zur "Prämierung" einer groben Verletzung der aus der ehelichen Gemeinschaft folgenden Pflichten führen (vgl. BVerfGE 53, 257 <298>) oder gegen die tragenden Prinzipien des Versorgungsausgleichs verstoßen würde (vgl. BVerfGE 66, 324 <331>). Bei der Auslegung des Merkmales der "groben Unbilligkeit" in § 1587 c Nr. 1 BGB ist daher zu beachten, dass es Zweck dieser Vorschrift ist, solche mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs verbundenen Eingriffe in die durch Art. 14 Abs. 1 GG bzw. 33 Abs. 5 GG geschützten Rechte des Ausgleichsverpflichteten zu vermeiden, die nicht mehr durch Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt sind. Die Vorschrift kann daher nicht dazu herhalten, jegliches eheliches Fehlverhalten durch einen Ausschluss oder eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs zu sanktionieren. Ihre Auslegung hat sich vielmehr an der gesetzgeberischen Zielsetzung des Versorgungsausgleichs insgesamt zu orientieren. Soll die Norm die gleichberechtigte Teilhabe der Eheleute an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen verwirklichen und dem Ehegatten, der insbesondere wegen der Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit in der Familie keine eigenen Versorgungsanwartschaften hat aufbauen können, eine eigene Versorgung verschaffen (vgl. BTDrucks 7/4361, S. 43), muss sich das Vorliegen einer groben Unbilligkeit, wie auch der Wortlaut von § 1587 c Nr. 1 BGB zeigt, aus den beiderseitigen Verhältnissen der Eheleute ergeben. Es bedarf daher einer Würdigung aller Umstände, die die Verhältnisse der Eheleute in Ansehung des Versorgungsausgleichs prägen.

Der Versorgungsausgleich verwirklicht für den Fall der Scheidung die grundsätzlich gleiche Berechtigung der Eheleute am in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen. Er ist dabei grundsätzlich auch nicht dadurch bedingt, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte auf die Übertragung der Anwartschaften angewiesen ist (vgl. BTDrucks 7/650, S. 162). Umgekehrt unterliegt die Durchführung des Versorgungsausgleichs auch dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn er dazu führt, dass der Verpflichtete aufgrund der Kürzung seiner Anwartschaften auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sein wird (vgl. BVerfGE 53, 257 <298 f.>). Erst wenn die Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände, wozu bei atypischen Vermögenslagen auch eine anderweitige Sicherung des Ausgleichberechtigten bei besonderer Bedürftigkeit des Verpflichteten gehören kann, zu einem insgesamt nicht mehr dem Grundsatz der hälftigen Berechtigung der Eheleute am gemeinsam in der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen entsprechenden Ergebnis führt, kann die Härtefallklausel zur Vermeidung grundrechtswidriger Ergebnisse herangezogen werden. Dies setzt jedoch zwingend auch eine Prüfung der Situation des Ausgleichsverpflichteten unter Berücksichtigung der Folgen voraus, die die Durchführung des Versorgungsausgleichs für ihn hat.

Der Umstand der Kindesbetreuung durch einen Elternteil und die Führung des Haushaltes ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Nur durch diese Arbeitsteilung wird es aber dem Ehemann überhaupt möglich, die Anwartschaften in dem vorhandenen erheblichen Umfang zu erwerben. Auch soweit oft eingewandt wird, aufgrund ehelichen Fehlverhalten während Zeiten der Kindererziehung bestehe kein Vertrauensschutz, durch den Versorgungsausgleich gesichert zu werden, ist dies für die Beurteilung der Frage, ob mit der Durchführung des Versorgungsausgleichs eine grobe Unbilligkeit für den Ausgleichsverpflichteten verbunden ist, ohne Belang. Auf ein Vertrauen und dessen Schutzwürdigkeit kommt es beim Versorgungsausgleich nicht an, zumal Verschuldensmomente nach der Eherechtsreform im geltenden Eherecht keine Berücksichtigung mehr finden.

Auch eine "innere Abwendung" eines Ehegatten ist im Rahmen des Versorgungsausgleichs unerheblich, da dieser nicht als Belohnung für eheliche Treue dienen soll, sondern die Abwicklung und Aufteilung einer Vermögensgemeinschaft bewirken soll (BverfG Az. 1 BvR 237/97 vom 20.05.2003 in FamRZ 2003, 1173-1175).

Der BGH führt zur Herabsetzung nach § 1587c BGB aus (Beschluss vom 23.02.2005, Az. XII ZB 198/01):

Gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Ein Ausschluss oder eine Herabsetzung kommt in Betracht, wenn der Versorgungsausgleich sein Ziel, zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit der Ehegatten für den Fall des Alters oder der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beizutragen, nicht erreichen, sondern im Gegenteil zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen würde. Allerdings verfehlt der Versorgungsausgleich seinen Zweck im Regelfall nicht schon dann, wenn der Ausgleichsberechtigte gegenüber dem Ausgleichspflichtigen nach Durchführung des Versorgungsausgleichs über die höhere Versorgung verfügt. Der Umstand, dass ggf. die Ehefrau wegen ihres höheren Lebensalters und wegen des vorgezogenen Eintrittsalters in die Altersrente für Frauen (§ 237 a Abs. 1 SGB VI) über einen längeren Zeitraum eine Altersversorgung bezieht, die der Ehemann aus rentenrechtlichen Gründen zusätzlich zu seiner Abgeordnetenentschädigung noch nicht beanspruchen kann, ist nach den Grundsätzen der Senatsentscheidung vom 02. Dezember 1998 (aaO) zwar im Rahmen der Abwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB zu berücksichtigen; er rechtfertigt trotz der vorübergehenden Differenz der Nettoversorgungen für sich allein aber noch nicht, die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig anzusehen.

Von grober Unbilligkeit des Ausgleichsergebnisses kann erst dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass der Ausgleichsberechtigte über eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Altersversorgung verfügen wird oder bereits anderweitig angemessen abgesichert ist, während der Ausgleichspflichtige auf die vom ihm ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (BGHZ aaO, 349 f.; Senatsbeschlüsse vom 02. Dezember 1987 - IVb ZB 34/86 - FamRZ 1988, 489, 490, vom 25. September 1991 - XII ZB 68/90 - FamRZ 1992, 47, 48 und vom 24. Februar 1999 - XII ZB 47/96 - FamRZ 1999, 714, 715); dies ist dann der Fall, wenn die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs zur Begründung oder Verstärkung einer Unterhaltsabhängigkeit des formal Ausgleichspflichtigen vom formal Ausgleichsberechtigten führt (Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 - IVb ZB 813/80 - FamRZ 1981, 756, 758 und vom 03. Dezember 1986 - IVb ZB 112/84 - FamRZ 1987, 255, 256; Johannsen/ Henrich/ Hahne, aaO, § 1587 c BGB, Rdn. 10).

Nach diesen Grundsätzen besteht in den Fällen, in denen beide Ehegatten eine laufende Versorgung beziehen und durch die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Unterhaltsgefährdung des Ausgleichspflichtigen zu besorgen ist, eine Wechselbeziehung zwischen der Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB einerseits und den Maßstäben des Unterhaltsrechts andererseits. Der Grundgedanke des Versorgungsausgleichs wird dann in unerträglicher Weise in sein Gegenteil verkehrt, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte das, was er im Versorgungsausgleich abgegeben hat, ganz oder teilweise unterhaltsrechtlich zurückfordern könnte (Senatsbeschluss vom 03. Dezember 1986 aaO; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1277 f.; MünchKomm/Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 25). Wenn und soweit der Versorgungsausgleich nicht dazu führt, dass der Ausgleichsberechtigte dem Ausgleichspflichtigen die erworbene Versorgung als Unterhalt wieder zurückgewähren müsste, gebieten es die Grundsätze von Treu und Glauben dagegen nicht, in ein solches nach den Maßstäben des Unterhaltsrechts hinzunehmendes Ausgleichsergebnis über die Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB korrigierend einzugreifen. Für eine Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB ist bei temporären Versorgungsunterschieden aus diesem Grunde nur dann Raum, wenn bei der Prognose über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Ehegatten bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass der Ausgleichspflichtige bis zum Bezug seiner später fällig werdenden Versorgung dauerhaft unterhaltsbedürftig sein wird. Die erforderliche Prognosesicherheit wird sich aber nur dann gewinnen lassen, wenn der Ausgleichspflichtige voraussichtlich nachhaltig daran gehindert ist, die Einbuße von Versorgungsanrechten in diesem Zeitraum dadurch zu kompensieren, dass er seinen nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbseinkünfte deckt. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn dem Unterhaltspflichtigen nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit wegen Alters oder wegen dauerhafter Krankheit nicht mehr zugemutet werden kann. So ist der vorliegende Sachverhalt allerdings nicht zu beurteilen; insbesondere liegt bei dem Ehemann, der bei Rechtskraft des Scheidungsausspruchs 59 Jahre alt war, keine altersbedingte Unterhaltsbedürftigkeit vor.

Unterhaltsrechtlich kann eine Erwerbstätigkeit jedenfalls dann nicht mehr erwartet werden, wenn die in der gesetzlichen Rentenversicherung für den Bezug der Regelaltersrente und in der Beamtenversorgung festgelegte Altersgrenze von 65 Jahren erreicht ist (Senatsurteil vom 23. September 1992 - XII ZR 157/91 - FamRZ 1993, 43, 44; Johannsen/Henrich/Büttner, aaO, § 1571 BGB, Rdn. 4; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kap. IV, Rdn. 192). Vorruhestandsregelungen stellen für die unterhaltsrechtliche Beurteilung altersbedingter Unterhaltsbedürftigkeit keinen Maßstab dar (Senatsurteil vom 03. Februar 1999 - XII ZR 146/97 - FamRZ 1999, 708, 710; Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 4, Rdn. 92). Schon angesichts der nach der Scheidung weiter ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit als Dozent lassen sich im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür gewinnen, dass von dem Ehemann wegen seines Alters eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Ein Unterhaltsanspruch des Ehemannes könnte sich demnach bei ungekürzter Durchführung des Versorgungsausgleichs bis zum Bezug der eigenen gesetzlichen Rente nur darauf stützen, dass er eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht zu finden oder trotz Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit den nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhaltsbedarf nicht zu decken vermag.

Der BGH führt mit Beschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 aus:

Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde.

Ein Härtegrund im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB kann dann bestehen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte über Vermögen verfügt, durch das seine Altersversorgung uneingeschränkt abgesichert ist und außerdem der Verpflichtete auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 05. September 2001 - XII ZB 56/98 - FUR 2002, 86).

Gemessen an diesen Grundsätzen vermag der Senat keine grobe Unbilligkeit festzustellen. Die von der Ehefrau kraft Gesetzes in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften fallen nach § 1587 Abs. 1, 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB in die Ehezeit und sind auszugleichen. Es kommt im Gegensatz zu den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht darauf an, ob der zum Ausgleich berechtigte noch Anwartschaften erwerben kann oder nicht, denn es kommt ausschließlich auf die in den Ausgleich fallenden Anrechte zum Stichtag an.

Aufgrund dieser rechtlichen Beurteilung, auf die der Senat die Parteien hingewiesen hat, ist der Versorgungsausgleich nach den allgemeinen Regeln durchzuführen.

Die Parteien haben in der Ehezeit vom 01.03.1984 bis 31.01.2003 folgende Anrechte erworben:

a) die am 30.03.1951 geborene Antragsgegnerin:

Ges. Rentenvers. (Ost), monatlich 564,98 €, angleichungsdynamisch,

b) der am 21.06.1953 geborene Antragsteller:

Ges. Rentenvers. (Ost), monatlich 352,22 €, angleichungsdynamisch.

Danach ergibt sich folgende Ausgleichsbilanz:

Antragsgegnerin

Ges. Rentenvers. Ost 564,98 €

Antragsteller

Ges. Rentenvers. Ost 352,22 €

Wertunterschied 212,76 €

Hälfte 106,38 €

Der Ausgleich erfolgt nach § 1587b Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a VAÜG durch Splitting in Höhe von 106,38 €.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 93 a, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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