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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 8 UF 20/09
Rechtsgebiete: ZPO, FGG


Vorschriften:

ZPO § 517
ZPO § 520 Abs. 1
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 3 S. 1
ZPO § 621e Abs. 1
ZPO § 621e Abs. 3
FGG § 50 Abs. 1
FGG § 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
FGG § 50 Abs. 2 S. 2
In Verfahren, die die Person eines minderjährigen. Kindes betreffen, ist dem Kind ein Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Eine Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht.

Die Nichtbestellung ist zu begründen. Sowohl die Nichtbestellung als auch das Unterlassen einer Begründung sind schwere Verfahrensfehler.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 UF 20/09 OLG Naumburg

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge (hier: Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitsfürsorge) für das minderjährige Kind ...

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg am 4. März 2009 durch den Richter am Oberlandesgericht Bisping, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Oberlandesgericht Harms beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bernburg vom 18.12.2008 (Az.: 3 F 293/08) aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - Bernburg zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR fest-gesetzt.

Gründe:

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist gemäß §§ 621e Abs. 1, Abs. 3, 517, 520 Abs. 1, 2 und 3 S. 1 ZPO als befristete Beschwerde zulässig.

Es ist auch begründet und führt wegen eines Verfahrensmangels zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Der Verfahrensmangel liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin allerdings nicht in einer unterbliebenen Kindesanhörung (§ 50b Abs. 1 FGG); diese ist vielmehr erfolgt, und ihr Inhalt wurde vom Amtsgericht unter dem 09.12.2008 auch protokolliert (Bl. 38 f. d. A.).

Das Verfahren des Amtsgerichts leidet jedoch an einem anderen schwerwiegenden Fehler, denn es hat entgegen § 50 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FGG dem betroffenen minderjährigen Kind keinen Pfleger für das Verfahren bestellt und entgegen § 50 Abs. 2 S. 2 FGG in seiner Entscheidung auch nicht begründet, warum es von der Verfahrenspflegerbestellung abgesehen hat.

In Verfahren, die die Person eines minderjährigen Kindes betreffen, ist dem Kind ein Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist, wobei dieses Erfordernis in der Regel besteht, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht (§ 50 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FGG). Es genügt, wenn nach den Umständen des Einzelfalles die Möglichkeit besteht, dass die Kindesinteressen den Interessen der Eltern nachgeordnet und damit nicht mehr sachgerecht verfolgt werden (OLG Hamm FamRZ 1999, 41 f.; Engelhardt in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 50 Rn 25). Vorliegend steht offenbar das Interesse des Kindes zumindest zum Interesse eines seiner Elternteile, nämlich der Antragstellerin, im Gegensatz. Die Antragstellerin bezweckt nämlich die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für L. auf sich, während es dem Kind nach dem Ergebnis seiner Anhörung vom 09.12.2008 im Haushalt des Antragsgegners gut gefällt.

Dem betroffenen Kind war daher ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Dies ist aber unterblieben. Das Amtsgericht hätte daher - was es ebenfalls unterlassen hat - gemäß § 50 Abs. 2 S. 2 FGG begründen müssen, warum es bei dem offenkundig gegebenen Interessenkonflikt von der Bestellung eines Verfahrenspflegers abgesehen hat, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt (vgl. zum Ganzen BayObLG, Beschluss vom 10.09.2002 - Az. 1Z BR. 1 111/02 - zitiert nach "juris"; OLG Saarbrücken JAmt 2003, 41f.; OLGR Saarbrücken 2000, 166f.). Dies lässt es sachgerecht erscheinen, das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen (Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 8. Aufl., § 25 Rn 8 mwN).

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 3 KostO, 13a Abs. 1 FGG.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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