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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: 8 UF 211/02
Rechtsgebiete: BGB, HausrVO


Vorschriften:

BGB § 90
BGB § 1357
HausrVO § 8
HausrVO § 8 Abs. 1
1. Haben sich die Parteien über eine Gesamtheit von Gegenständen geeinigt und verbleibt nur ein einziger - wertvoller - Gegestand im Verteilungsstreit, kann ein Hausratsverteilungsverfahren beantragt werden.

2. Das Verfahren beschränkt sich auf die Verteilung des im Zuteilungsstreit verbliebenen Gegenstandes.

3. Ist ein Wertausgleich zu zahlen ist nur der Wertausgleich für den der Verteilung unterliegenden Gegenstandes festzusetzen; die Wertdifferenz aus der einvernehmlichen Aufteilung ist nicht Gegenstand des Hausratsverfahrens.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 UF 211/02 OLG Naumburg

verkündet am: 04.09.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

beschlossen:

Tenor:

1. Der PKW DAIMLERCHRYSLER, amtliches Kennzeichen ... , Typ C 220 CDI T-Limusine, wird der Ehefrau zugewiesen. Der PKW geht in ihr Eigentum über.

2. Die Ehefrau hat an den Ehemann eine Ausgleichszahlung in Höhe von 10.050 Euro zu zahlen. Diese ist ab Rechtskraft der Entscheidung zu verzinsen mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz.

3. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Geschäftswert wird auf 10.050 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil vom 03.09.2002 des Familiengerichts Weißenfels geschieden.

Mit Verbundantrag vom 04.01.2002 hat der Ehemann durch seinen Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf Zuweisung eines Kraftfahrzeuges nach der Hausratsverordnung gestellt. Diesen hat er im Wesentlichen damit begründet, dass der Hausrat im Übrigen aufgeteilt , hinsichtlich des Familienwagens eine Einigung nicht möglich gewesen sei. Da aufgrund der Aufteilung unter Berücksichtigung der Werte eine starke Benachteiligung des Ehemannes feststehe, müsse ihm der PKW zugesprochen werden. Der PKW wurde von der Ehefrau weiter genutzt und hat durch Unfälle einen erheblichen Wertverlust erlitten. Auch hat die Ehefrau, auf deren Namen der Kaufvertrag lautete, den PKW sicherungsübereignet.

Im Laufe des Verfahrens, insbesondere nachdem der PKW mehrfach beschädigt und auch sicherungsübereignet worden war, hat der Ehemann seinen Antrag umgestellt und nur noch eine Entschädigung begehrt.

Das begehrte Hausratsverteilungsverfahren ist zulässig.

Ein Aufteilungsverfahren nach der HausratsVO ist auch zulässig, wenn die Eheleute sich überwiegend geeinigt haben, jedoch - wie hier - über einen Gegenstand eine Einigung nicht erzielt werden kann (OLG Hamm FamRZ 1990, S. 1126).

Der PKW ist auch als Hausratsgegenstand zu werten.

Der in der HausratsVO verwandte Begriff des Hausrates ist inhaltlich mit dem Begriff der Hausratsgegenstände im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 1361 a, 1369 Abs. 1, 1370, 1640 Abs. 1 Satz 3, 1932, 1969) gleichzusetzen. Der Hausrat umfasst alle beweglichen Gegenstände i. S. v. § 90 BGB. Er umfasst die nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten für die Einrichtung oder Ausschmückung der Wohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmten Gegenstände einschließlich derer, die der Freizeitgestaltung dienen (vgl. Vomberg FPR 2000, 67 - 69). Wichtig ist aber, dass die Gegenstände auch als Hausrat geeignet sein müssen und auch tatsächlich insoweit Verwendung finden. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig werden. Zu beachten ist hierbei die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH in FamRZ 84, S. 575).

Dort führt der BGH aus:

"Nach der herrschenden Auffassung werden unter Hausrat alle beweglichen Sachen verstanden, die nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Eheleute für die Wohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie bestimmt sind. Gegenstände, mit denen die eheliche Wohnung ausgestattet ist, gehören dazu nicht nur soweit sie der Befriedung materieller Bedürfnisse des häuslichen Lebens dienen wie Möbel und hauswirtschaftliches Gerät; auch Sachen, die der Ausübung der Wohnung dienen, fallen darunter, so dass auch Zier- und Kunstgegenstände Hausrat sein können. Dass diese Gegenstände sich nach Qualität und Wert von Hausrat üblicher Art unterscheiden, schließt unter Umständen die Zuordnung zum Hausrat nicht aus."

Die HausratsVO, die 1944 geschaffen wurde, ging sicherlich in ihrer Zielsetzung von Hausrat in weitaus bescheidenerem Umfang aus als dies möglicherweise in vielen Fällen heute zutreffen wird. Teure, antike Möbel, können je nach Familienzuschnitt sehr wohl als Hausrat heute verstanden werden, dies jedoch nur, wenn sie zu dem Zweck der Benutzung angeschafft, in der Wohnung diesbezüglich auch genutzt wurden. Wenn derartige Gegenstände jedoch für die Benutzung ausgenommen wurden, weil der vorrangige Zweck die Vermögensanlage war bzw. ist, wird eine Zuordnung als Hausrat zu unterbleiben haben (vgl. auch OLG Brandenburg in OLG-Report 2002, S. 487). Antiquitäten gehören regelmäßig nicht zum Hausrat; insoweit bedarf es weiteren Vortrages dahingehend, dass diese Gegenstände tatsächlich für die gemeinschaftliche Haushaltsführung angeschafft und auch benutzt wurden (OLG Brandenburg aaO). Auch eine Motorjacht im Wert von 42.000 Euro kann Hausrat sein, wenn sie ausschließlich der Freizeit- und Urlaubsgestaltung der Familie gewidmet ist und nicht ausschließlich den persönlichen Interessen eines der Eheleute dient (OLG Dresden, Beschluss vom 25.3.2003 Az. 10 AR 2/03 in OLG-Report Dresden 2003, S. 232). Zwar ist allgemein ein PKW nicht als Haushaltsgegenstand anzusehen, jedoch ist eine hiervon abweichende Beurteilung gerechtfertigt, wenn er gemeinsam für private Zwecke, insbesondere zum Einkauf, zur Betreuung der gemeinsamen Kinder, zu Wochenendfahrten usw. benutzt wird (OLG Köln in FamRZ 1980, S. 249; Müller in Schnitzler: Münchner Anwaltshandbuch Familienrecht, § 18 Rz. 11). Zutreffend hat insoweit auch das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 760 ) ausgeführt, dass die Einordnung eines Fahrzeuges als Hausrat nicht zu beanstanden ist, da dieses zumindest in großem Umfang für Belange der Familie benutzt wurde, z. B. zum Einkauf und zur Betreuung der Kinder (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 3. Aufl., § 1361 a BGB, Rn. 12 f.).

Die Ehefrau bestreitet die Behauptung des Ehemannes, er habe mit diesem PKW den gemeinsamen Sohn ab und zu zur Schule gebracht. Vielmehr sei es so gewesen, dass dies ausschließlich von ihr, der Ehefrau, erfolgt sei. Auch habe der Ehemann einen Geschäftswagen zur Verfügung gehabt, den er - auch - zu Privatfahrten genutzt habe. Aus dem gesamten Vortrag der Ehefrau ergibt sich, dass nach ihrem Vortrag der PKW nur von ihr genutzt wurde, insbesondere um den Sohn zur Schule zu fahren. Da sie auch keine andere Nutzung, z. B. für geschäftliche Zwecke, behauptet, ist nach ihrem eigenen Vortrag davon auszugehen, dass der fragliche PKW überwiegend - wenn nicht sogar ausschließlich - für private Zwecke genutzt wurde. Damit steht die Eigenschaft als Hausratsgegenstand fest.

Die Ehefrau widerspricht jedoch einer Aufteilung mit der Behauptung, der PKW stehe in ihrem alleinigen Eigentum. Diese Behauptung stützt sie auf den Kaufvertrag vom 21.06.1999 - es werden insoweit unterschiedliche, aber vom gleichen Tag lautende Bestellungvordrucke vorgelegt (Bl. 33 und 86 SH Hausrat) - und auf die Eintragung der Ehefrau im KFZ-Brief (SH Hausrat Bl. 87). Mit diesem Sachvortrag vermag die Ehefrau Alleineigentum nicht zu beweisen. Unstreitig ist, das der PKW bestellt und auch ausgeliefert wurde, bevor die Parteien sich getrennt haben. Ob ein anderer PKW der Parteien (Astra Kombi) in Zahlung gegeben wurde, ist streitig. Unbestritten von der Ehefrau hat der Ehemann jedoch vorgetragen, dass nur ein gemeinsames Konto der Eheleute bestand, das aber auf den Namen der Ehefrau eingetragen war. Über dieses Konto liefen alle privaten Zahlungen, so auch die Bezahlung des fraglichen PKW's. Aufgrund dieses Vortrages ist nach § 1357 BGB von gemeinschaftlichen Eigentum auszugehen, denn der PKW wurde für die gemeinsame Lebensführung gekauft. Diese Auslegung des § 1357 BGB wird auch sonst in Rechtsprechung und Schrifttum vertreten (OLG Schleswig FamRZ 1989, 88; LG Münster NJW-RR 1989, 391; LG Aachen NJW- RR 1987, 712, 713; Palandt/Bassenge, BGB 62. Aufl. § 929 Rdn. 4; Palandt/Diederichsen aaO § 1357 Rdn. 22; Rolland, 1. EheRG 2. Aufl. § 1357 Rdn. 19; Büdenbender FamRZ 1976, 662, 667 f; Soergel/H. Lange, BGB 12. Aufl. § 1357 Rdn. 23, der in der Entstehung von Miteigentum aber keine zwingende gesetzliche Folge sieht). Der Senat vermag sich ihr aber nicht anzuschließen. Die Einigungserklärung eines Ehegatten beim Erwerb von Hausrat für den gemeinsamen Hausstand ist - wenn nicht etwas anderes erklärt wird oder besondere Umstände dagegen sprechen - dahin zu verstehen, dass beide Ehegatten Miteigentümer werden sollen.

Soweit der Ehemann seinen Antrag im Verlauf des Verfahrens umgestellt hat und nur noch eine Entschädigung begehrt, ist der Senat an den Antrag nicht gebunden. Das Verfahren nach der HausrVO ist ein echtes Streitverfahren und erfordert einen verfahrensleitenden Antrag. Es bedarf aber keines Sachantrages und ein dennoch gestellter ist eine Anregung. Daraus folgt auch, dass Anträge nicht zurückzuweisen sind ( OLG Naumburg in OLGR Naumburg 2003, S. 324).

Der vom Ehemann verfolgte Zweck seines Antrages, der ursprünglich die Zuteilung des PKW zum Inhalt hatte, ist dahingehend auszulegen, dass er - aufgrund der verschiedenen erheblichen Beschädigungen und daraus resultierenden erheblichen Wertverlustes - den Verbleib bei der Ehefrau anregt und zum Ausgleich hierfür eine Entschädigung erwartet.

Grundsätzlich geht die HausratsVO von der Verteilung des gemeinsamen Eigentums nach § 8 der HausratsVO aus, eine isolierte Ausgleichszahlung wird grundsätzlich als mit Sinn und Zweck dieser Vorschrift als nicht vereinbar angesehen. Eine Ausgleichszahlung ist ein Teil des Zuweisungsverfahrens, setzt also die Zuteilung eines Gegenstandes voraus (OLG Frankfurt in FamRZ 1983, S. 730; OLG Naumburg in FamRZ 1994, 390; OLG Jena in FamRZ 1996, S. 1293; OLG Zweibrücken in FamRZ 1985, S. 819). Zwar verfolgt der Ehemann im Rechtsmittelverfahren nur noch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung, jedoch wurde ursprünglich und zulässig der Antrag auf Zuweisung des PKW's gestellt, dieser Antrag auf einen Ausgleichsantrag umgestellt, nachdem der PKW nach der Trennung von der Ehefrau allein genutzt wurde, erhebliche Schäden erlitten hat und auch von der Ehefrau sicherungsübereignet wurde. Wäre der PKW nicht stark beschädigt worden, hätte der Ehemann nach wie vor ein Interesse an diesem Gegenstand. Wenn er dies inzwischen verloren hat, begehrt er letztendlich, dass der Gegenstand seiner Ehefrau zugeteilt wird, die nach der Trennung alleine über den PKW verfügt hat und als Ausgleich des dadurch entstehenden finanziellen Ungleichgewichts die Zahlung eines Ausgleichsbetrages.

Damit liegen die Voraussetzungen nach § 8 HausrVO unzweifelhaft vor. Einen Ausgleich dadurch herbeizuführen, dass die reale Aufteilung der Ehegatten aufgehoben und eine anderweitige Verteilung erfolgt, ist nicht angebracht, da die Ehegatten die Realteilung wechselseitig akzeptieren. Auch die Tatsache, dass bei einigen Gegenständen unterschiedliche Bewertung erfolgt und der Besitz einiger weniger Gegenstände streitig ist, kann hieran etwas ändern, da es sich - gesehen auf die Gesamtzahl der Gegenstände - nur um geringe Abweichungen handelt.

Die Zuweisung des PKW's an den Ehemann ist nicht zweckmäßig. Dies schon alleine deswegen, weil der Gegenstand inzwischen erheblich an Wert verloren hat. Auch will die Ehefrau den PKW behalten, was sie auch mit der Sicherungsübereignung dokumentiert hat; ob diese wirksam ist, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben.

Die Wertangaben der Parteien zu den aufgeteilten Gegenständen ergeben ein großes Übergewicht für die Ehefrau. Da die Wertangaben in der überreichten Aufstellung nicht bestritten wurden, ergibt die Saldierung auch unter Berücksichtigung einiger streitiger Gegenstände einen Wert von rd. 4.800 Euro für den Ehemann und von rd. 30.000 Euro für die Ehefrau. Da der Ehemann hieraus keinen Ausgleichsanspruch herleitet, sondern nur aus dem PKW, ist die wirtschaftliche Situation vergleichbar mit dem Verkauf eines gemeinsamen Hausratsgegenstandes durch einen Ehegatten (vgl. OLG Stuttgart in FamRZ 1993, 1461).

Durch die Zuweisung des Gegenstandes in das Eigentum der Ehefrau stehen dieser auch rechtlich die gesamten Nutzungen zu, sie ist aber in Höhe des Zeitwertes zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet. Die Wertangaben des Ehemannes wurden im Verfahren für den PKW nicht bestritten, d.h. beide Parteien gehen von dem vom Ehemann angegebenen Zeitwert des PKW aus. Der Senat schliesst sich dieser Wertung mangels abweichender Anhaltspunkte an. Auf die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, auf welchen Zeitpunkt der Wertansatz zu erfolgen hat (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 62.Auflage, Anhang zu §§ 1361a, 1361b, § 8 Rz. 9, 10) kommt es daher vorliegend nicht an, insbesondere auch deswegen, weil mit der Zuweisung und Ausgleichszahlung für den PKW das Hausratsverteilungsverfahren abgeschlossen ist, weitere Ansprüche der Parteien einseitig oder wechselseitig nicht geltend gemacht werden.

Der Ehemann kann für die Ausgleichszahlung eine Verzinsung erst ab Rechtskraft der Entscheidung nach § 8 HausrVO verlangen, denn der Zahlungsanspruch entsteht erst mit der Zuweisung des Gegenstandes und hieraus resultierend der Auferlegung einer Zahlung, um die Ausgleichssymmetrie herzustellen. Es handelt sich nicht um einen selbständigen Anspruch, ist vielmehr eine Rechtsfolge einer wertmäßig dem Grundsatz des § 8 Abs. 1 HausrVO nicht entsprechenden Zuteilung (Brudermüller aaO Rz. 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 93 a, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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