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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 8 VA 6/01
Rechtsgebiete: FGG, EGGVG, KostO


Vorschriften:

FGG § 13 a
EGGVG § 30
KostO § 131
KostO § 30
Allein die Tatsache, dass sich die Antragstellerin noch vor ihrer Ausreise aus Vietnam und ihrer Einreise nach Deutschland eine Ledigkeitsbescheinigung der zuständigen Gemeinde (in Vietnam) hat ausstellen lassen lässt noch nicht darauf schließen, dass sie offensichtlich die Eingehung einer Scheinehe bezweckt. Das besagte Verhalten deutet lediglich darauf hin, dass sie bestrebt gewesen ist, bürokratischen Hindernissen zu begegnen, die ihrer Ansicht nach bei einer Eheschließung außerhalb Vietnams zu befürchten waren.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 VA 6/01 OLG Naumburg

in dem Verfahren

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici, den Richter am Oberlandesgericht Bisping und den Richter am Amtsgericht Thole am 16. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf das Rechtsmittel der Antragstellerin wird der Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Naumburg vom 05. November 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Bescheidung an die Präsidentin des Oberlandesgerichts Naumburg zurückverwiesen.

Das Verfahren ist gebühren- und auslagenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert beträgt DM 5.000,--.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat am 31. August 2001 bei der Präsidentin des Oberlandesgerichts Naumburg einen Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gestellt, den die Präsidentin des Oberlandesgerichts am 05. November 2001 abschlägig beschieden hat.

Gegen diesen - ihr am 15. November 2001 zugestellten - Bescheid hat die Antragstellerin mit einem Schriftsatz, der am 11. Dezember 2001 beim Senat eingegangen ist, gerichtliche Entscheidung beantragt.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 23 ff. EGGVG). Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und zur Zurückverweisung der Sache an die Präsidentin des Oberlandesgerichts zur erneuten Prüfung und Bescheidung.

1. Der angefochtene Bescheid geht zu Unrecht davon aus, dass der Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses (§ 1309 Abs. 2 BGB) rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist.

Allein die Tatsache, dass sich die Antragstellerin noch vor ihrer Ausreise aus Vietnam und ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland (18. Januar 2001) Ledigkeitsbescheinigungen (vom 12. und 16. Januar 2001) des Volkskomitees der zuständigen Gemeinde in Vietnam hat ausstellen lassen, lässt noch nicht darauf schließen, dass sie offensichtlich die Eingehung einer Scheinehe bezweckt. Das besagte Verhalten deutet nämlich lediglich darauf hin, dass die Antragstellerin bestrebt gewesen ist, bürokratischen Hindernissen zu begegnen, die ihrer Ansicht nach bei einer Eheschließung außerhalb Vietnams zu befürchten waren. Gegen derartige Hindernisse Vorkehrungen zu treffen, war und ist das gute Recht der Antragstellerin und vom Staat zu respektieren (Art. 2 des Grundgesetzes).

Auch dass die - zunächst der deutschen Sprache nicht kundige - Antragstellerin bereits am 17. Mai 2001 vor dem Standesamt der Verwaltungsgemeinde E. in Z. die Eheschließung mit dem - nicht weit entfernt wohnenden, rund acht Jahre älteren - deutschen Staatsangehörigen O. K. angemeldet hat, nachdem ihr Asylantrag mit rechtskräftigem Bescheid vom 27. Februar 2001 abgelehnt worden war, rechtfertigt noch nicht die Feststellung, dass sie keine eheliche Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 BGB) plant, sondern ausschließlich ehefremde Zwecke verfolgt. Denn der Staat schützt nicht nur das Recht der Antragstellerin, jeder Zeit mit einem Partner ihrer Wahl die Ehe zu schließen (§§ 1303 ff. BGB, Art. 2 des Grundgesetzes), sondern gewährt ihr nach der Eheschließung auch ein verfassungsrechtlich geschütztes Bleiberecht bei ihrem Partner in Deutschland (Art. 6 des Grundgesetzes). Der Wille der Antragstellerin, diese Rechte für sich in Anspruch zu nehmen, darf ihr nicht zum Nachteil gereichen.

2. Da der angefochtene Bescheid von der Prüfung weiterer gesetzlicher Voraussetzungen für die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses absieht, kann keine Sachentscheidung getroffen werden, sondern es hat eine Entscheidung wie aus dem Tenor ersichtlich zu ergehen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 30 EGGVG in Verbindung mit § 131 KostO und § 13 a FGG sowie auf § 30 KostO.



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