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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.07.2001
Aktenzeichen: 8 WF 100/01
Rechtsgebiete: KindUG, RegelbetragsVO, BGB, ZPO


Vorschriften:

KindUG § 3
RegelbetragsVO § 2
RegelbetragsVO § 1
BGB § 1612 b Abs. 5
BGB § 1612a
BGB § 1612 b
BGB § 1612 c
ZPO § 655
ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 654
Im Tenor gehört die Angabe, ob der Regelbetrag nach § 1 oder 2 Regelbetrags-VO anzuwenden ist, zu den wesentlichen Elementen. Fehlt die Angabe, ist der Titel unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig.

Enthält ein Tenor sowohl Prozentangaben als auch Zahlbeträge, so ist dies im Zweifel kein Titel im Sinne von § 1612a BGB.

Wird die Umwandlung von Regelunterhalt begehrt, ist zum 30.06.1998 der Betrag festzustellen und zum 01.07.1998 in einen Prozentsatz der RegelbetragsVO umzurechnen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 100/01 OLG Naumburg 2 FH 71/01 AG Sangerhausen

In der Unterhaltssache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

am 04. Juli 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts Sangerhausen vom 23.03.2001 wird aufgehoben und mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Mit beim Amtsgericht Sangerhausen am 14.02.2001 eingegangenen Antrag begehrte die Antragstellerin die Abänderung einer Urkunde über die Abänderung eines Unterhaltstitels der Gestalt, dass zunächst einmal der statische Titel in dem sich der Unterhaltsschuldner zur Zahlung von Regelunterhalt verpflichtete, gemäß Art. 5, § 3 KindUG umgewandelt und darüber hinaus, dass das staatliche Kindergeld gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB bei der Umstellung berücksichtigt werden sollte.

Der darauf hin vom Amtsgericht Sangerhausen erlassene Festsetzungsbeschluss und das dem zu Grunde liegende Verfahren leiden unter so wesentlichen Mängeln, dass der Beschluss mit dem Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen werden musste. Die Antragstellerin hat bei ihrer Antragstellung beantragt, den Unterhalt ab Antragstellung, also hier dem 14.02.2001, festzusetzen. Das Amtsgericht hat in seinem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss dagegen ausgesprochen, dass dieser ab dem 01.01.2001 den ursprünglichen Titel ändern solle. Damit hat das Amtsgericht mehr zugesprochen, als beantragt und insoweit einen schwer wiegenden Verfahrensfehler begangen.

Darüber hinaus ist der Tenor des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses nicht vollstreckungsfähig. In dem Unterhaltsfestungsbeschluss ist lediglich enthalten, dass 100 % des jeweiligen Regelbetrages zu zahlen sind. Offen bleibt, ob bei der Berechnung des Regelbetrages § 1 oder § 2 der RegelbetragsVO Anwendung finden sollen. Allein dieser Umstand macht den Titel vollstreckungsunfähig. Es ist dem Tenor auch nicht zu entnehmen, ob mit dem Festsetzungsbeschluss ein dynamischer oder ein statischer Titel geschaffen werden sollte. Die dort gewählte Formulierung lässt sowohl den Schluss zu, dass eine Verpflichtung zu Zahlung von 392,- DM oder aber zur Zahlung 100 % des Regelbetrages ausgesprochen worden ist und die Beitragsnennung lediglich Erläuterung sein soll. Die Erläuterung wäre aber überflüssig, der Tenor muss so bestimmt sein, dass sich aus ihm ohne Erklärungen die Zahlungsverpflichtung des Unterhaltsschuldners eindeutig ergibt. Wenn also eine Verpflichtung zur Zahlung eines Prozentsatzes besteht, darf auch nur ein Prozentsatz im Tenor genannt werden, denn nur dann ist der Titel eindeutig dynamisch und bedarf bei einer Änderung der RegelbetragsVO keiner erneuten Anpassung. Die Nennung des Zahlbetrages darf dann lediglich in der Begründung des Beschlusses erfolgen, die hier im Übrigen fehlt. Auch dies ist ein schwer wiegender Mangel. Aus dem Beschluss muss sich in Form einer Begründung zumindest für den Unterhaltsschuldner nachvollziehbar ergeben, wie die Prozentsätze bzw. Beträge im Tenor berechnet worden sind. Vorstehende Ausführungen bedeuten aber nicht, dass bei einem dynamischen Titel überhaupt keine Beträge genannt werden müssen. Der gegebenenfalls gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB anrechenbare Kindergeldanteil muss im Beschlusstenor ausdrücklich genannt werden, wie auch der Umstand, dass gegebenenfalls eine Kindergeldanrechnung nicht erfolgt. Voraussetzung für ein späteres Verfahren gemäß § 655 ZPO ist nämlich ein Titel, in dem ein Betrag der gemäß §§ 1612 b, c BGB anrechenbaren Leistungen genannt ist. Ein Titel in dem eine Beitragsnennung nicht erfolgt ist, kann deshalb in einem Verfahren gemäß § 655 ZPO nicht angepasst werden. Darüber hinaus bestehen erhebliche Bedenken, dass das Umstellungsverfahren zutreffend angewendet worden ist. Bei Beachtung des ursprünglichen Unterhaltstitels dürfte eine Festsetzung auf 100 % des Regelbetrages gemäß § 2 RegelbetragsVO nicht zutreffend sein. Das Amtsgericht hat möglicherweise bei der Umrechnung des ursprünglichen Titels nicht beachtet, dass die Umrechnung gemäß Art. 5, 3 KindUG so geschehen muss, dass die Unterhaltsrente in Vormhundertsätze der nach den §§ 1 und 2 der RegelbetragsVO in der Fassung des Art. 2 des KindUG am 01. Juli 1998 geltenden Regelbeträge der einzelnen Altersstufen festgesetzt wird. D.h., das Amtsgericht hätte zunächst in einem Rechenschritt den Wert des aus dem Jahre 1994 stammenden Unterhaltstitels zum Stichtag 30.06.1998 berechnen müssen. Dies ist offenkundig nicht geschehen. Die Gleichsetzung von 100 % Regelunterhalt und 100 % Regelbetrag ist unzutreffend. Sollte das Amtsgericht in der eben als fehlerhaft beschriebenen Art und Weise die zum Zeitpunkt 1994 zutreffenden 100 % des Regelunterhaltes einfach mit 100 % des Regelbetrages gleichgesetzt haben, läge eine inhaltliche Änderung des ursprünglichen Titels zu Lasten des Unterhaltsschuldners vor, die nach Art. 5, § 3 KindUG nicht zulässig ist.

Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen, dass sein Vortrag mit dem er mangelnde Leistungsfähigkeit geltend macht, im Beschwerdeverfahren unbeachtlich ist. Im Beschwerdeverfahren wird gemäß § 652 Abs. 2 ZPO nur überprüft, ob möglicherweise zulässige Einwendungen nach § 648 Abs. 2 vom Rechtspfleger unzulässiger Weise nicht beachtet worden sind oder ob Einwendungen gemäß § 648 Abs. 1 ZPO, die lediglich formale Einwendungen betreffen, gegeben sind. Der Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit ist nur dann beachtlich, wenn er unter Verwendung des amtlichen Vordruckes (§ 657 ZPO) unter Beifügung der in § 648 Abs. 2 genannten Belege vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses erhoben worden ist. Ein Nachschieben solcher Gründe ist im Beschwerdeverfahren nicht zulässig. Wenn der Einwand der Leistungsunfähigkeit nicht in der eben beschriebenen Form vor Erlass des Unterhaltsfestungsbeschlusses erhoben worden ist, bleibt dem Unterhaltsschuldner nur der Weg gemäß § 654 ZPO im Rahmen einer Abänderungsklage die inhaltliche Richtigkeit des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses überprüfen zu lassen.



Ende der Entscheidung

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