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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.07.2001
Aktenzeichen: 8 WF 104/01
Rechtsgebiete: BGB, KindUG, RegelbetragsVO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1612b
BGB § 1612 c
BGB § 1612 b Abs. 5
KindUG § 2
KindUG § 3
RegelbetragsVO § 2
ZPO § 655
ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 654
Ein Tenor muss so bestimmt sein, dass sich aus ihm ohne Erklärung die Zahlungsverpflichtung des Unterhaltsschuldners eindeutig ergibt.

Enthält ein Tenor sowohl eine Prozent- als auch eine Betragsangabe, fehlt es grundsätzlich an der notwendigen Bestimmtheit.

Der anzurechnende Kindergeldanteil nach § 1612b BGB erfordert die Angabe des Betrages; die wörtliche oder sinngemässe Wiederholung der Anrechnungsregeln erfüllt diese Anforderungen nicht.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 104/01 OLG Naumburg 2 FH 30/01 AG Sangerhausen

In der Unterhaltssache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

am 23. Juli 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Sangerhausen vom 23.02.2001 wird mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Gründe:

Mit beim Antrag begehrte der Antragsteller die Abänderung einer Urkunde über die Abänderung eines Unterhaltstitels der Gestalt, dass zunächst einmal ein statischer Titel, in dem sich der Unterhaltsschuldner zur Zahlung von Unterhalt in Form von anerkannten Beträgen verpflichtete, gemäß Art. 5, § 2, 3 KindUG umgewandelt und darüber hinaus, dass das staatliche Kindergeld gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB bei der Umstellung berücksichtigt werden soll.

Der darauf hin vom Amtsgericht Sangerhausen erlassene Festsetzungsbeschluss und das dem zu Grunde liegende Verfahren leiden unter so wesentlichen Mängeln, dass der Beschluss mit dem Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen werden müssen. Der Antrag des Landrates des Landkreises Sangerhausen, gefertigt unter dem 03.01.2001, beim Amtsgericht Sangerhausen am 05.01.2001 eingegangen, wird gestellt in Beistandschaft für das Kind Eric B. , geb. am 16.03.1987, ohne dass die Beistandschaft gegenüber dem Amtsgericht durch Vorlage einer entsprechenden Urkunde nachgewiesen worden ist. Es steht somit nicht fest, ob überhaupt eine ordnungsgemäße Vertretung gegeben ist.

Der Antragsteller hat bei seiner Antragstellung beantragt, den Unterhalt ab Antragstellung, also hier ausgehend vom 05.01.2001, ab Februar 2001 festzusetzen. Das Amtsgericht hat in seinem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss dagegen ausgesprochen, dass dieser ab dem 01.01.2001 den ursprünglichen Titel ändern solle. Damit hat das Amtsgericht mehr zugesprochen, als beantragt und insoweit einen weiteren schwer wiegenden Verfahrensfehler begangen.

Darüber hinaus ist der Tenor des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses nicht vollstreckungsfähig. In dem Unterhaltsfestsetzungsbeschluss ist lediglich festgehalten, dass 111,3 % des jeweiligen Regelbetrages zu zahlen sind. Offen bleibt, ob bei der Berechnung des Regelbetrages § 1 oder § 2 der RegelbetragsVO Anwendung finden sollen. Allein dieser Umstand macht den Titel vollstreckungsunfähig. Es ist dem Tenor auch nicht zu entnehmen, ob mit dem Festsetzungsbeschluss ein dynamischer, so lautete der Antrag, oder ein statischer Titel geschaffen werden sollte. Die dort gewählte Formulierung lässt sowohl den Schluss zu, dass eine Verpflichtung zur Zahlung von 493.- DM als auch dass eine Verpflichtung zur Zahlung von 111,3% des Regelbetrages ausgesprochen worden ist und die Betragsnennung lediglich Erläuterung sein soll. Die Erläuterung wäre dann aber überflüssig. Der Tenor muss so bestimmt sein, dass sich aus ihm ohne Erklärungen die Zahlungsverpflichtung des Unterhaltsschuldners eindeutig ergibt. Wenn also eine Verpflichtung zur Zahlung eines Prozentsatzes besteht, darf auch nur ein Prozentsatz im Tenor genannt werden, denn nur dann ist der Titel eindeutig dynamisch und bedarf bei einer Änderung der Regelbeträge keiner erneuten Anpassung. Die Nennung des Zahlbetrages darf dann lediglich in der Begründung des Beschlusses erfolgen, die hier im Übrigen fehlt. Auch dies ist ein schwer wiegender Mangel. Aus dem Beschluss muss sich in Form einer Begründung zumindest für den Unterhaltsschuldner nachvollziehbar ergeben, wie die Prozentsätze bzw. Beträge im Tenor berechnet worden sind. Vorstehende Ausführungen bedeuten aber nicht, dass bei einem dynamischen Titel überhaupt keine Beträge genannt werden müssen. Der gegebenenfalls gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB anrechenbare Kindergeldanteil muss im Beschlusstenor ausdrücklich genannt werden wie auch der Umstand, dass gegebenenfalls eine Kindergeldanrechnung nicht erfolgt. Voraussetzung für ein Verfahren gemäß § 655 ZPO ist nämlich ein Titel, in dem ein Betrag der gemäß §§ 1612 b, c BGB anrechenbaren Leistungen genannt ist. Auch in Art 5 § 3 KindUG ist eindeutig bestimmt, dass der Betrag der anzurechnenden Leistungen in dem Beschluss festzulegen ist. Ein Titel in dem eine Betragsnennung nicht erfolgt ist, kann deshalb in einem Verfahren gemäß § 655 ZPO nicht angepasst werden.

Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Amtsgericht zu prüfen haben, ob die beantragte Anwendung von § 2 RegelbetrVO hier zutreffend ist. Die Urkunde, deren Abänderung begehrt wird, ist nämlich vom Landkreis Hannover erstellt worden, d. h. im Geltungsbereich des § 1 RegelbetragsVO. Ob insoweit § 2 der RegelbetragsVO in diesem Unterhaltsabänderungsverfahren einschlägig ist, oder nicht bereits durch die abzuändernde Urkunde die Anwendung von § 1 RegelbetragsVO vorgegeben ist, wird das Amtsgericht bei der erneuten Bescheidung, gegebenenfalls vor Anhörung des Antragstellers, zu entscheiden haben.

Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen, dass sein Vortrag mit dem er mangelnde Leistungsfähigkeit geltend macht, im Beschwerdeverfahren unbeachtlich ist. Im Beschwerdeverfahren wird gemäß § 652 Abs. 2 ZPO nur überprüft, ob möglicherweise zulässige Einwendungen nach § 648 Abs. 2 ZPO vom Rechtspfleger unzulässiger Weise nicht beachtet worden sind oder ob Einwendungen gemäß § 648 Abs. 1 ZPO, die lediglich formale Einwendungen betreffen, gegeben sind. Der Einwand fehlender oder eingeschränkter Leistungsfähigkeit ist nur dann beachtlich, wenn er unter Verwendung des amtlichen Vordruckes (§ 657 ZPO) unter Beifügung der in § 648 Abs. 2 ZPO genannten Belege vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses erhoben worden ist. Ein Nachschieben solcher Gründe ist im Beschwerdeverfahren nicht zulässig. Wenn der Einwand der Leistungsunfähigkeit nicht in der eben beschriebenen Form vor Erlass des Unterhaltsfestungsbeschlusses erhoben worden ist, bleibt dem Unterhaltsschuldner nur der Weg gemäß § 654 ZPO im Rahmen einer Abänderungsklage die inhaltliche Richtigkeit des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses überprüfen zu lassen.

Ende der Entscheidung

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