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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: 8 WF 204/01
Rechtsgebiete: BGB, SGB VIII, RegelbetrVO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1612a
BGB § 1612 a Abs. 1
SGB VIII § 55 Abs. 2
RegelbetrVO § 2
ZPO § 648 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 648 Abs. 3
ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 654
Auch im vereinfachten Verfahren ist die Berechtigung zur Beantragung einer Beistandschaft nachzuweisen bzw. von Amts wegen zu beachten (§§ 1713 BGB, 55 Abs. 2 SGB VIII). Die Tenorierung auch im vereinfachten Verfahren muss eindeutig sein, insbes. ist eine Vermischung der Tenorierung im Sinne von § 1612 und § 1612a BGB unzulässig. Die Umwandlung von Regelunterhalt in einen Prozentsatz nach § 1612a BGB erfolgt zum 01.07.1998. Beschlüsse im vereinfachten Verfahren bedürfen grundsätzlich einer Begründung, aus der die Rechtsgrundlagen und Werte zweifelsfrei hervorgehen und auch, aus welchem Rechtsgrund Einwände des Schuldners nicht oder nicht vollständig Berücksichtigung finden konnten.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 204/01 OLG Naumburg

In der Familiensache

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts Naumburg vom 05.07.2001 wird mit dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat bei der Einleitung des Verfahrens ungeprüft die unbelegte Behauptung des Landratsamtes des Burgenlandkreises übernommen, als Beistand für Christian K. auftreten zu dürfen. Hier ist weder der Antrag auf Beistandschaft dem Antrag beigefügt, noch lässt sich dem Antrag entnehmen, ob das Jugendamt gemäß § 55 Abs. 2 SGB VIII einem Beamten oder Angestellten die Ausübung der Beistandschaft übertragen hat. Ob die Mutter bei der Beantragung der Beistandschaft das Kind Christian K. ordnungsgemäß vertreten hat, ist unklar. Dem Antrag ist nicht zu entnehmen, ob Christian ein eheliches oder nicht eheliches Kind ist. Für den Fall, dass Christian ein eheliches Kind ist, hätte dann auch noch zumindest dargelegt werden müssen, ob die Kindesmutter allein sorgeberechtigt und damit zur Antragstellung berechtigt gewesen ist. Nur dann war eine wirksame Beantragung möglich. Da die Frage der ordnungsgemäßen Vertretung eine von Amts wegen zu prüfende Entscheidungsvoraussetzung ist, hätte das Amtsgericht diesen Umstand prüfen, und bei Unklarheiten darauf hinweisen und deren Beseitigung anregen müssen. Schon aus diesem Grunde waren das Verfahren und der Beschluss aufzuheben und zur erneuten Entscheidung zurück zu verweisen.

Fehlerhaft ist möglicherweise auch die Umrechnung des Titels in die beantragten Prozentsätze. Aus der dem Antrag beigefügten Urkunde, in der sich der Beschwerdeführer zur Unterhaltszahlung verpflichtet hat, ist nicht eindeutig erkennbar, ob er sich zur Zahlung von Regelunterhalt verpflichtet hat und die dort genannten Beträge lediglich eine erläuternde Funktion der abstrakten Regelunterhaltsverpflichtung durch die Darstellung konkreter Zahlbeträge haben, oder aber, ob sich der Beschwerdeführer nur zur Zahlung dieser konkreten Beträge verpflichtet hat. Die Konsequenzen dieser Unklarheit sind erheblich. Hat der Unterhaltsschuldner sich in der Urkunde zur Zahlung konkreter Beträge und nicht zur Zahlung des Regelunterhalts verpflichtet liegt ein statischer Titel vor. Mit dem Antrag begehrte der Antragsteller dann die Umwandlung des statischen Titels in einen dynamischen Titel, d.h. die Umrechnung der Beträge in entsprechende Prozentsätze im Sinne von § 1612 a Abs. 1 BGB i.V.m. der RegelbetragsVO. Hierbei ist zu Beachten, dass dann der ursprüngliche Titel als statischer Titel an der dynamischen Entwicklung der RegelbetragsVO bis zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht teilgenommen hat. Dass hätte zur Folge, die im Titel genannten Beträge müssten so umgerechnet werden, dass die tenorierten Prozentsätze den Beträgen zum Zeitpunkt der Antragstellung entsprächen. Wenn diese Auslegungsvariante zutreffend sein sollte, hat sich hier der Unterhaltsschuldner ausgehend von der 2. Alterstufe zur Zahlung von 280.- DM zuzüglich 100.- DM Kindergeldanteil und bei der 3. Alterstufe zur Zahlung von 351.- DM verpflichtet, wobei auch hier ein Kindergeldanteil von 100.- DM berücksichtigt worden ist. Grundlage des Titels war dann mithin eine Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zu Zahlung von 380.- DM bei der zweiten, bzw. 451.- DM für die dritte Alterstufe. Mit dem im Dezember 2000 beim Amtsgericht eingegangen Antrag wurde die Umstellung zum 01.01.2001 beantragt. Zu diesem Zeitpunkt entsprachen 451.- DM Unterhalt 96,9 % des Regelbetrages gemäß § 2 RegelbetrVO, 3. Alterstufe. Das Amtsgericht hätte deshalb nicht im Beschluss eine Zahlungsverpflichtung von 100% des Regelbetrages gemäß § 2 RegelbetrVO, 3. Alterstufe tenorieren dürfen. Da aber so der Antrag lautet, hätte entweder im Beschluss eine Zurückweisung des über 96,6% hinausgehenden Antrages erfolgen, oder aber der Antragsteller durch einen entsprechenden Hinweis zu einer Antragsberichtigung angehalten werden müssen.

Wäre die Unterhaltsverpflichtung in der Urkunde aber eine Verpflichtung zur Zahlung des Regelunterhalts mit dem nunmehrigen Begehren einer Umstellung in Prozentsätze der RegelbetragsVO, hätte das Amtsgericht prüfen müssen, welchem Prozentsatz der RegelbetragsVO diese Beträge zum 01.07.1998, dem Datum an dem die RegelbetragsVO in Kraft getreten ist, entsprachen. Konkret hätte dann festgestellt werden müssen, dass zum 30.06.1998, -ausgehend von der zweiten Alterstufe, weil der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt 10 Jahre alt war- 280.- DM plus 100.- DM Kindergeldanteil, mithin 380.- DM, 100% Regelunterhalt entsprachen. Dann wäre die Umrechnung in 100% gemäß § 2 RegelbetrVO im angefochtenen Beschluss korrekt erfolgt. Dies kann aber wegen der Unklarheiten in der abzuändernden Urkunde nicht eindeutig festgestellt werden. Zwar spricht die Überschrift "Urkunde über die Abänderung eines Unterhaltstitels(Regelunterhalt)" zunächst dafür, dass sich der Unterhaltsschuldner zur Zahlung des Regelunterhalts verpflichtet hat, aber aus der Urkunde ergibt sich auch, dass diese wiederum lediglich der Änderung eines anderen Titels diente. Hier ergibt sich aus der Urkunde aber, dass es sich dabei um ein Urteil des Amtsgerichts Nebra vom 18.12.1992 (AZ: 2 C 133/92) gehandelt hat, in dem der Unterhaltsschuldner zur Zahlung eines Unterhalts von 165.- DM, also eines konreten Betrages, verpflichtet worden ist. Wenn man nun bedenkt, dass zum Zeitpunkt des Urteilserlasses, dem 18.12.1992, der Regelunterhalt der ersten Alterstufe nicht 165.- DM, sondern bereits seit dem 01.07.1992 219.-DM entsprach, liegt die Annahme, dass in dem Urteil ein statischer Unterhalt ausgesprochen worden ist, nicht fern. Das Amtsgericht wird deshalb vor seiner erneuten Entscheidung durch Beiziehung des amtsgerichtlichen Urteils diese Frage klären müssen.

Darüber hinaus ist bei einem Beschluss im vereinfachten Verfahren eine Begründung der Entscheidung nicht entbehrlich. Es sind weder eine nachvollziehbare Berechnung der im Tenor genannten Prozentsätze, noch eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers enthalten. Das Amtsgericht hat, zwar im Ergebnis zutreffend, die Einwände des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt, ohne dies nachvollziehbar zu begründen. Für den Beschwerdeführer ist nicht erkennbar, ob das Amtsgericht seinen Vortrag für unzulässig oder unerheblich erachtet hat und weshalb es zu seiner Auffassung gelangt ist. Auch dies wird das Amtsgericht bei seiner erneuten Entscheidung beachten müssen.

Der Beschwerdeführer sei darauf hingewiesen, dass er mit seinem Einwand, nicht leistungsfähig zu sein, weder im Beschwerdeverfahren gehört werden kann, noch konnte der Vortrag bei der erstinstanzlichen Entscheidung berücksichtigt werden. Zwar kann der Antragsgegner grundsätzlich gemäß § 648 Abs. 2 ZPO auch den Einwand eingeschränkter oder fehlender Leistungsfähigkeit erheben, dieser Einwand muss allerdings nur dann vom Amtsgericht berücksichtigt werden, wenn der Antragsgegner diesen Einwand unter Verwendung des eingeführten Vordrucks und Beifügung der dort genannten Belege erhebt. Auf diese Verpflichtung ist der Antragsgegner auch vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses durch das Amtsgericht hingewiesen worden. Der Antragsgegner hat auf den Hinweis nicht entsprechend reagiert, sondern sich lediglich in einem formlosen Schriftsatz gegen die Höhe der beantragten Unterhaltsfestsetzung gewandt. In dieser Form ist der Einwand gemäß § 648 Abs. 2 ZPO unzulässig, Gegenstand des vereinfachten Verfahrens ist nicht die Erörterung bzw. Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners. Hier erfolgt lediglich die formelle Umwandlung eines Titels ausgehend von der in dem abzuändernden Titel zu Grunde gelegten Leistungsfähigkeit. Deshalb sind nur die in § 648 Abs. 1, 2 ZPO genannten Einwände gemäß § 648 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen, wobei der Einwand der fehlenden bzw. eingeschränkten Leistungsfähigkeit nur dann beachtlich ist, wenn er entsprechend der in § 648 Abs. 2, Satz 3 ZPO vorgeschriebenen Form erhoben worden ist.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers kann auch im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden, weil gemäß § 652 Abs. 2 ZPO nur solche Einwendungen wie sie in § 648 Abs. 1 ZPO genannt werden - entsprechende Einwendungen sind nicht erhoben - oder der Einwand der Zulässigkeit von Einwendungen nach § 648 Abs. 2 ZPO erhoben werden können. D. h., das Beschwerdegericht kann lediglich überprüfen, ob bei dem Unterhaltsfestsetzungsverfahren bereits vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses in der korrekten Form erhobene Einwendungen fehlerhaft unbeachtet geblieben sind. Dies ist hier nicht der Fall. Für eine Situation wie die vorliegende sieht das Gesetz lediglich die Möglichkeit der Abänderungsklage nach § 654 ZPO vor. In den dann eingeleiteten Verfahren kann auch der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss auf seine inhaltliche Richtigkeit, und damit auch die Höhe der Unterhaltsfestsetzung im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners, überprüft werden. Dies ist allerdings nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, dort wird lediglich überprüft, ob das vereinfachte Unterhaltsfestsetzungsverfahren formal korrekt durchgeführt worden ist.

Ende der Entscheidung

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