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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 03.04.2008
Aktenzeichen: 8 WF 64/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1606 Abs. 3 Satz 1
Hat die Mutter das alleinige Sorgerecht und halten sich die Kinder - z.B. - beim Vater auf, darf keine Ergänzungspflegschaft zugunsten des Vaters angeordnet werden mit dem Zweck, dass dieser Unterhalt gegen die Mutter geltend macht.

Der Barunterhalt kann stets nur zu Händen desjenigen geleistet werden, der - wenigstens gemeinsam mit einem anderen - die Vermögenssorge für die Kinder innehat.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 64/08 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Feldmann, den Richter am Oberlandesgericht Harms und den Richter am Oberlandesgericht Bisping am

03. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Eisleben vom 28. Februar 2008 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 20. März 2008 abgeändert.

Die Ergänzungspflegschaft wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 1.000.

Gründe:

I.

Die Kindeseltern führten eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, aus der das (am 23. November 1988 geb.) Kind S. und das (am 23. Juni 1991 geb.) Kind L. hervorgegangen sind. Die Kindesmutter ist also Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge (§ 1626a Abs. 2 BGB).

Nach der Trennung der Kindeseltern wechselten die Kinder vorübergehend in die alleinige Obhut des Kindesvaters. Da dieser die Kinder allerdings während seiner Obhut nicht vertreten konnte (Umkehrschluss aus §§ 1626a Abs. 2, 1629 Abs. 2 S. 2 BGB), den Kindern jedoch ermöglichen wollte, Ansprüche auf Kindesunterhalt (Barunterhalt) gegen die Kindesmutter geltend zu machen, regte der Kindesvater die Bestellung des Jugendamtes des Landkreises M. zum Ergänzungspfleger der Kinder an (§ 1629 Abs. 2 S. 1, § 1795 Abs. 1 Nr. 3, § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB). Dem kam das Familiengericht mit Beschluss vom 02. Februar 2006 nach (§ 3 Nr. 2a RPflG i.V.m. § 1693 BGB; vgl. AnwK-BGB/Rohde, § 1909 Rn 21; AnwK-BGB/Harms, § 1693 Rn 2, 5).

Nachdem das Jugendamt als Ergänzungspfleger der Kinder am 13. Juni 2007 eine Unterhaltsklage gegen die Kindesmutter eingereicht hatte, beantragte diese unter dem 01. August 2007 die Aufhebung des Beschlusses vom 02. Februar 2006, und zwar mit der Begründung, dass das Kind S. inzwischen volljährig geworden sei und sich das Kind L. seit Juli 2007 wieder in ihrer alleinigen Obhut befinde.

Auf Grund eines Aktenvermerks des Abteilungsrichters - dem die Rechtspflegerin des Familiengerichts die Sache zur Prüfung vorlegte und der die Rechtsfrage, ob der Ergänzungspfleger wenigstens noch den rückständigen Kindesunterhalt geltend machen dürfe, als schwierig beurteilte und diese Frage dem Unterhaltsprozess vorbehalten wollte - beschränkte die Rechtspflegerin die Ergänzungspflegschaft mit Beschluss vom 28. Februar 2008 auf das noch minderjährige Kind.

Dagegen wendet sich die Kindesmutter mit der Beschwerde, mit der sie eine vollständige Aufhebung der Ergänzungspflegschaft erstrebt.

II.

Die zulässige einfache Beschwerde der sorgeberechtigten Kindesmutter (§§ 19, 20 FGG; vgl. AnwK-BGB/Rohde, § 1909 Rn 24) ist begründet, weil die Anordnung der Ergänzungspflegschaft von Anfang an grundlos gewesen ist (vgl. § 1919 BGB; ferner Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Auflage, § 1919 Rn 1):

Zwar war die Kindesmutter ihren beiden minderjährigen Kindern nach dem Wortlaut der Bestimmung zu § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB barunterhaltspflichtig, solange sich die Kinder nicht in ihrer Obhut befanden und sie ihrer Unterhaltspflicht nicht durch Leistung von Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) nachkam. Denn die Bestimmung zu § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB gilt auch für Kinder aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Auflage, § 1606 Rn 10). Auch beseitigte der Obhutswechsel der Kinder zur Kindesmutter nicht ohne Weiteres einen Interessengegensatz zwischen den Kindern und ihrer Mutter (§ 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB), soweit es um den bis zum erneuten Obhutswechsel aufgelaufenen rückständigen Barunterhalt ging. Der Barunterhalt kann aber nicht gegen die Kindesmutter geltend gemacht werden, da sie alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist (§ 1626a Abs. 2 BGB):

Barunterhalt für minderjährige Kinder braucht nämlich stets nur zu Händen desjenigen geleistet zu werden, der - wenigstens gemeinsam mit einem anderen - die Vermögenssorge für die Kinder innehat. Und Inhaberin der Vermögenssorge ist wiederum der Inhaber der elterlichen Sorge (§ 1626 Abs. 1 S. 2 BGB), hier also ausschließlich die Kindesmutter, die die - alleinige - elterliche Sorge hat (§ 1626a Abs. 2 BGB).

Infolgedessen durfte im vorliegenden Fall - zum Zwecke der Geltendmachung von Kindesunterhalt (Barunterhalt) gegen die Kindesmutter - gar keine Ergänzungspflegschaft angeordnet werden, weil diese im Ergebnis nur darauf hinauslaufen konnte, den geltend gemachten Barunterhalt sogleich wieder an die allein sorgeberechtigte Kindesmutter auszukehren. Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft entbehrte also von Anfang an des rechtlichen Grundes.

Dies rügt die Kindesmutter im Ergebnis zu Recht.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13a FGG.

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