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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 28.05.2001
Aktenzeichen: 8 WF 84/01
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 121
ZPO § 121 Abs. 2 Satz 2
BRAGO § 25
BRAGO § 28
BRAGO § 128 Abs. 4
BRAGO § 126 Abs. 1
BRAGO § 126 Abs. 1 Satz 1
BRAGO § 126 Abs. 1 Satz 2
BRAGO § 126 Abs. 2
BRAGO § 128 Abs. 5
Der Senat bestätigt seine Rechtsprechung, dass auch ohne den Zusatz "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts" Fahrtkosten und sonstige Aufwendungen, die aus der Verschiedenheit von Kanzleisitz und Gericht entstehen, grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind (Senat Beschl. v. 4.9.200, Az. 8 WF 138/00 ).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 84/01 OLG Naumburg F 119/00 AG Eisleben

In der Familiensache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici und die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

am 28. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der beigeordneten Rechtsanwältin des Beklagten gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Eisleben vom 01.02.2001 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 22.03.2001 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Das Amtsgericht Eisleben hat im Rahmen eines Streites über die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber seiner minderjährigen Tochter mit Beschluss vom 05.12.2000 dem Beklagten unter Beiordnung von Rechtsanwältin J. ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2000 schlossen die Parteien einen Vergleich in dem sich der Beklagte zu Unterhaltszahlungen an seine minderjährige Tochter verpflichtete. Am 15.01.2001 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten Festsetzung ihrer Vergütung, u. a. begehrte sie auch den Ersatz von Fahrtkosten in Höhe von 436,80 DM und 110,00 DM, weil sie ihren Kanzleisitz in T. und nicht in E. hat. In dem Festsetzungsbeschluss vom 01.02.2001 hat das Amtsgericht die Vergütung mit Ausnahme der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes wie beantragt festgesetzt. Hiergegen hat die Pro-zessbevollmächtigte des Beklagten Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht durch Beschluss vom 22.03.2001 nicht stattgegeben hat und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt hat.

Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Beschwerdeführerin steht ein Anspruch auf Vergütung ihrer Reisekosten und Zahlung von Abwesenheitsgeld nicht zu. Der Anspruch des beigeordneten Anwalts auf Zahlung der gesetzlichen Vergütung aus der Staatskasse ergibt sich aus § 121 ZPO, wobei zur gesetzlichen Vergütung grundsätzlich neben den Gebühren auch die Auslagen gemäß § 25 BRAGO und auch gemäß § 28 BRAGO die Reisekosten gehören. Allerdings erfährt dieser Grundsatz der Erstattung der Auslagen aus der Staatskasse durch § 126 Abs. 1 BRAGO eine Einschränkung. Gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 BRAGO sind nämlich Ausgaben, insbesondere Reisekosten nicht zu vergüten, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich waren. Ausdrücklich wird in § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO festgelegt, dass Mehrkosten nicht zu vergüten sind, die dadurch entstehen, dass der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht oder eine auswärtige Abteilung des Gerichtes befindet. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet. D. h., vorliegend hätte die Beschwerdeführerin nur dann einen Erstattungsanspruch der Mehrkosten, wenn diese Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei erforderlich waren. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit ist deshalb darauf abzustellen, ob im Falle der Nichtwahrnehmung des Termins durch den beigeordneten Anwalt die Gefahr bestand, dass durch dessen Abwesenheit sich Nachteile für die Partei ergeben könnten. Es kommt aus diesem Grunde darauf an, ob die Aufwendungen zur Wahrnehmung der Rechte der Partei notwendig waren (vgl. Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 04.09.2000, Az.: 8 WF 138/00). Dass hier eine Fahrt der Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung von T. nach E. zur Interessenwahrnehmung des Beklagten notwendig war, ist nicht erkennbar. Weder aus rechtlichen, noch tatsächlichen Schwierigkeiten des Streitverhältnisses und auch nicht aus besonderen Umständen die in der Prozessführungsfähigkeit des Beklagten liegen, lassen sich Argumente entnehmen, die die Notwendigkeit der Terminswahrnehmung durch die Beschwerdeführerin begründen könnten. In dem Unterhaltsprozess stand im Wesentlichen die Frage der Leistungsfähigkeit des Beklagten zur Klärung an. Hierzu war es vornehmlich notwendig, zum einen Unterlagen vorzulegen aus denen sich die behaupteten Zahlungsverpflichtungen des Beklagten ergeben und zum anderem zu dessen Verhalten im Rahmen seiner erhöhten Erwerbsobliegenheit vorzutragen. Weitere Probleme im Sach- bzw. Streitstand sind nicht erkennbar, sodass bei dem vorliegenden Unterhaltsprozess es sich um eine eher durchschnittliche und vom Sachverhalt unkomplizierte Angelegenheit gehandelt hat. Es ist deshalb zwar vom Grundsatz her nicht zu beanstanden, dass der Beklagte sich anwaltlicher Vertretung bedient hat, vorallem auch im Hinblick darauf, dass die Klägerin gleichfalls anwaltlich vertreten worden ist, allerdings wäre die Beiordnung auf Grund des eher unkomplizierten Sachverhaltes nicht zwingend notwendig gewesen. Dies vorallem vor dem Hintergrund der Regelung in § 121 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden kann, wenn durch die Beiordnung keine weiteren Kosten entstehen. Unabhängig von der Frage wie schreib- bzw. redegewandt der Beklagte auch sein mag, gerade im Rahmen von Unterhaltsprozessen haben die Parteien die Möglichkeit der Beratung durch das Jugendamt, sodass selbst für rechtsunkundige Personen nicht zwingend auf anwaltliche Beratung angewiesen sind.

Ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erstattung der Reisekosten ergibt sich auch nicht daraus, dass das Amtsgericht ihre Beiordnung ohne den Zusatz "nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" vorgenommen hat (vgl. hierzu OLG Naumburg, a. a. O.). Weil der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur das Verhältnis zwischen der Partei und der Staatskasse, nicht aber das Rechtsverhältnis zwischen beigeordnetem Anwalt und Staatskasse regelt ist die von der Beschwerdeführerin zitierte Einschränkung bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht notwendigerweise in den Beschluss aufzunehmen (OLG Naumburg, a. a. O.).

Der Beschwerdeführerin als Anwältin müssen die eben genannten Regelungen auch als bekannt zugerechnet werden, sodass ihr auch hätte zugemutet werden können, vor Antritt der Reise gemäß § 126 Abs. 2 BRAGO einen entsprechenden Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen für die Reise vor der Terminswahrnehmung stellen zu können.

Gemäß § 128 Abs. 5 BRAGO ist eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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