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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 04.11.2003
Aktenzeichen: 9 U 50/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 539 a. F
1. Ist ein Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung von Mietzins verwirkt, sei es durch spiegelbildliche Anwendung der Grundsätze, die die Rechtsprechung zur analogen Anwendung von § 539 BGB a. F. auf das Minderungsrecht des Mieters entwickelt hat, sei es durch die Anwendung des allgemeinen Verwirkungstatbestandes, lebt das Nachforderungsrecht auch nach dem 01.09.2001 nicht wieder auf (gegen BGH NZM 2003, 679, 680).

2. Geht man uneingeschränkt davon aus, dass der Nachforderungsanspruch dann wieder auflebt, wenn der Vertrauenstatbestand auf Seiten des Mieters nachträglich entfällt (im Anschluss an BGH NJW-RR 2003, 727-728), dann muss der Vermieter zur Beseitigung des Vertrauenstatbestandes die Nachforderung gerichtlich geltend machen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 50/03 OLG Naumburg

verkündet am: 04.11.2003

In dem Rechtsstreit

...

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann, des Richters am Oberlandesgericht Manshausen und der Richterin am Amtsgericht Rubner auf die mündliche Verhandlung vom 4.11.2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.3.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg (4 O 1406/02) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000,-- Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Mietzinses für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 in Anspruch. Der Mietvertrag bestand zunächst zwischen G. U. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten. G. U. hat das Mietobjekt an eine GbR verkauft. Gesellschafter der GbR waren R. U. und die Eigentümergemeinschaft A. . An der Eigentümergemeinschaft wiederum waren R. U. und eine T. AG beteiligt. Der Mietzinsanspruch war aufgrund eines Darlehensvertrages vom 30.1.1995 zeitweise an die I. Bank abgetreten. Die I. Bank teilte mit Schreiben vom 9.10.2000 (Bl. 55 I) der für die Beklagte tätigen Objektverwalterin (M. GmbH & Co. KG) mit, dass sie per 14.9.2000 keine Rechte mehr aus der Abtretung geltend mache. Der Erklärungsinhalt dieses Schreibens, den die I. Bank mit weiterem Schreiben vom 30.10.2002 erläutert hat (Bl. 123 I), ist zwischen den Parteien streitig. Zwischen Dezember 1998 und September 2000 stand das Mietobjekt unter Zwangsverwaltung. Mit Schreiben vom 20.1.2000 teilte der Zwangsverwalter der M. mit, dass er mit einer Kürzung der Mietzahlung um 1.280,64 DM wegen einer Reparatur an der Heizung nicht einverstanden sei (Bl. 186 I). Mit Abtretungsvereinbarung vom 28.9.1998 (Bl. 22 I) trat R. U. als vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Eigentümergemeinschaft A. /H. R. U. & T. AG rückständige und zukünftige Mietzinsansprüche an dem streitgegenständlichen Mietobjekt an die Klägerin ab. Die Klägerin hat später das Eigentum am Mietobjekt erworben. Im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2000 hat die Beklagte in unterschiedlicher Höhe den Mietzins gezahlt (Bl. 60/61). Sie wendet Mängel am Mietobjekt, insbesondere Undichtigkeiten am Dach, ein (z.B. Schreiben vom 22.12.1998 - Bl. 111 I -). Mit Schreiben vom 20.10.2000 forderte R. U. die M. zur Zahlung des anteiligen Mietzinses für September (14.9.2000 Aufhebung der Zwangsverwaltung) und des vollen Mietzinses für Oktober auf (Bl. 193 I). Mit weiterem Schreiben vom 20.12.2000 forderte R. U. die Zahlung von Rückständen ab dem Jahr 1996 (Bl. 59 I). Dem Schreiben war eine Aufstellung über die erfolgten Zahlungen der Beklagten beigefügt. Mit Anwaltsschreiben vom 20.11.2001 mahnte die Klägerin den rückständigen Mietzins unter Fristsetzung bis zum 10.12.2001 an (Bl. 56 I) und erhob mit Schriftsatz vom 19.4.2002 die vorliegende Klage.

Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und wendet Verwirkung ein. In einem vorangegangenen Verfahren (AG Wernigerode - 10 C 95/01 -) hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung restlichen Mietzinses für den Monat Mai 1996 i.H.v. 1.721,10 DM in Anspruch genommen. Mit rechtskräftigem Urteil vom 10.10.2001 hat das Amtsgericht Wernigerode die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein Nachforderungsanspruch verwirkt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten und der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 60 - 69 II -).

Im Termin vom 23.9.2002 (Bl. 113 I) hat das Landgericht die Beklagte darauf hingewiesen, dass Verwirkung nicht in Betracht kommen dürfte. Diesen Hinweis hat das Landgericht im Termin vom 3.3.2003 (Bl. 53 II) dahingehend korrigiert, dass doch von Verwirkung auszugehen sei. Einen Schriftsatznachlass zu dem Hinweis hat der Terminsvertreter der Klägerin nicht beantragt. Zum nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 12.3.2003 hat das Landgericht im Urteil ausgeführt, dass dieser keine Veranlassung geboten habe, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

Das Landgericht hat die Klage im Übrigen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass sie als Käuferin des Objekts in den Mietvertrag eingetreten sei und zum anderen aus der Abtretungsvereinbarung. Ansprüche seien aber verwirkt, sowohl das Zeit- als auch das Unstandsmoment seien erfüllt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Das Landgericht habe gegen § 139 ZPO verstoßen. Nachdem das Gericht die Parteien erst im Termin vom 3.3.2003 auf seine geänderte Ansicht zur Verwirkung hingewiesen habe, hätte es im Hinblick auf den Schriftsatz vom 12.3.2003 die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen. Jedenfalls hätte der Klägerin eine Schriftsatzfrist gewährt werden müssen. Der Nachforderungsanspruch sei nicht verwirkt. Es fehle bereits am Zeitmoment. Abzustellen sei nicht auf den Gesamtzeitraum ab Januar 1998 bis zur Zahlungsaufforderung erstmals durch den Zwangsverwalter; vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der Mietzinsanspruch monatlich neu entstehe und vorher eine Aufforderung zur Zahlung nicht in Betracht komme. Das Umstandsmoment sei ebenfalls nicht erfüllt, da dafür der reine Zeitablauf nicht ausreiche. Die Klägerin habe zu keiner Zeit zu verstehen gegeben, den restlichen Mietzins nicht mehr geltend machen zu wollen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 17.6.2003 (Bl. 103 - 113 II) und des Schriftsatzes vom 20.8.2003 (Bl. 151 - 157 II).

Hinsichtlich der von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Anträge wird auf Seite 1 und 2 (Bl. 103/104 II) der Berufungsbegründung vom 17.6.2003 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Sie rügt weiter die Aktivlegitimation der Klägerin.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 23.7.2003 (Bl. 137 - 149 II).

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von restlichem Mietzins für die Zeit von Januar 1998 bis Dezember 2000 mehr zusteht.

Ob das Landgericht dadurch gegen § 139 ZPO verstoßen hat, dass es den Parteien seine geänderte Rechtsauffassung zur Verwirkung erst in dem Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, auf den das Urteil verkündet wurde und der Klägerin keine Schriftsatzfrist gewährt wurde, oder ob das Landgericht im Hinblick auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12.3.2003 § 156 ZPO verfahrensfehlerhaft angewendet hat, kann im Ergebnis dahinstehen. Eine Aufhebung des angefochtenen Urteils kommt trotz des von der Klägerin gestellten Antrages dann nicht in Betracht, wenn der in erster Instanz unterbliebene Vortrag in zweiter Instanz nachgeholt werden kann (§§ 529, 531 ZPO) und der Rechtsstreit gleichwohl entscheidungsreif ist.

Hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin, insbesondere zum Erklärungsinhalt des Schreibens der I. Bank vom 9.10.2000 (Bl. 55 I), nimmt der Senat Bezug auf die zutreffende Begründung in der angefochtenen Entscheidung (LGU S. 6/7 - Bl. 75/76 II -).

Die Frage, wann der Vermieter eine Nachforderung von Mietzins nicht mehr geltend machen kann, ist nicht abschließend geklärt. Der Bundesgerichtshof hat insoweit bislang lediglich entschieden, dass eine Nachforderung dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung gegeben sind (BGH NJW-RR 2003, 727, 728; ebenso: OLG Celle NJW-RR 1988, 723; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1036 und NJW-RR 2001, 1666). Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.), ob auch auf den Nachforderungsanspruch des Vermieters "spiegelbildlich" die Grundsätze angewendet werden können, die die Rechtsprechung zur analogen Anwendung von § 539 BGB (a.F.) auf das Minderungsrecht des Mieters bei nachträglich erlangter Kenntnis von Mängeln entwickelt hat. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat diese Frage bejaht (ZMR 1999, 328, 329; vgl. auch OLG Düsseldorf ZMR 2003, 599, 600; AG Gießen ZMR 2001, 801): Die Partner eines Mietverhältnisses könnten in der Regel davon ausgehen, dass laufend zu erfüllende Ansprüche zeitnah geltend gemacht würden. Sowohl auf den Verlust des Minderungsrechts des Mieters als auch auf den Verlust eines Nachforderungsanspruchs des Vermieters sei § 539 BGB (a.F.) entsprechend anzuwenden, wenn rügelos längere Zeit gezahlt bzw. eine Nachforderung nicht geltend gemacht wurde. Dieser Ansicht schließt sich der Senat an.

Für die Zeit vor Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetz am 1.9.2001 war es herrschende Meinung, dass der Mieter sein Recht zur Minderung verliert (§ 539 a.F. in entsprechender Anwendung), wenn er den Mietzins vorbehaltlos und ungemindert über einen Zeitraum von 6 Monaten gezahlt hat (z.B. BGH NZM 2000, 825; zur Sechsmonatsfrist: BGH ZMR 1997, 505). Die Gewährleistungsrechte des Mieters waren dann für die Vergangenheit und die Zukunft ausgeschlossen (BGH ZMR 1997, 505, 506; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III.B, Rn. 1413 m.w.N.), ohne dass ein weiterer Vertrauenstatbestand auf Seiten des Vermieters bestehen musste. Fordert der Vermieter über einen längeren Zeitraum die restliche Mietzinsforderung nicht an, sind diese Grundsätze auch auf die vorliegende Fallkonstellation anzuwenden. Ausgehend von der Überlegung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (a.a.O.), dass in einem Mietverhältnis laufend zu erfüllende Ansprüche auch zeitnah geltend gemacht werden müssen, ergibt sich eine Interessensdifferenz zwischen dem Wegfall des Minderungsrechts des Mieters und dem Entfallen des Nachforderungsrechts des Vermieters nicht. Ob hinsichtlich des Nachforderungsrechts ebenfalls eine Frist von 6 Monaten ausreichend ist, bedarf für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Die Beklagte hat ab Januar 1998 den Mietzins nicht mehr in voller Höhe gezahlt. Die erste dokumentierte Reaktion der Vermieterseite ist das Schreiben des Zwangsverwalters vom 20.1.2000 (Bl. 186 I). Unabhängig davon, ob es sich dabei überhaupt um ein Aufforderungsschreiben zur Zahlung des Mietzinsrückstandes handelt, ist eine Frist von 2 Jahren jedenfalls ausreichend. Ein Nachforderungsanspruch war jedenfalls im Januar 2000 "verwirkt".

Ein solcher Anspruch ist auch nicht nachträglich wieder entstanden. Der Senat geht davon aus, dass ein einmal verwirktes Forderungsrecht jedenfalls solange als erloschen anzusehen bzw. seine Geltendmachung ausgeschlossen ist, wie sich an den Umständen nichts verändert (zum Meinungsstand: Staudinger/Schmidt BGB, 13. Bearbeitung, § 242, Rn. 566; Soergel/Teichmann BGB, 12. Aufl., § 242, Rn. 343; Palandt/Heinrichs BGB, 62. Aufl., § 242, Rn. 96 m.w.N.; Bamberger/Roth/Grünberg BGB, § 242, Rn. 144; Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/ Ring, Schuldrecht, § 242, Rn. 31; a.A. - offenbar - MK - Roth, 4. Aufl., § 242, Rn. 313). Der XII. Senat des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2003, 727, 728) geht allerdings davon aus, dass ein Wiederaufleben des Nachforderungsrechts dann in Betracht kommt, wenn auf Seiten des Mieters ein Vertrauenstatbestand nicht mehr gegeben ist (allerdings stellt der XII. Senat diese Überlegung im Rahmen der Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung an und gerade nicht im Rahmen einer "spiegelbildlichen" Anwendung des § 539 BGB a.F. in entsprechender Anwendung auf Nachforderungsfälle). Der VIII. Senat des Bundesgerichtshof (NZM 2003, 679, 670) hat entschieden, dass ab dem 1.9.2001 (Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes) ein - verwirktes - Minderungsrecht des Mieters wieder auflebt. Der VIII. Senat begründet dies (ebenso wie die Berufung) damit, dass der Mietzinsanspruch für jeden Monat neu entsteht (a.a.O.). Diese Überlegung spielte allerdings im Zusammenhang mit der Rechtsprechung zur analogen Anwendung von § 539 BGB a.F. keine Rolle. Nach vorbehaltloser Zahlung über einen Zeitraum von 6 Monaten war - bei unveränderten Umständen - das Minderungsrecht auch für künftige Zeiträume ausgeschlossen, also auch für solche in der Zukunft liegenden Monate, für die der Mietzinsanspruch bei Eintritt der "Verwirkung" noch nicht entstanden sein konnte. Vor diesem Hintergrund ist es für die Beantwortung der Frage, ab wann eine Nachforderung ausgeschlossen ist, bei einer entsprechenden "spiegelbildlichen" Anwendung des § 539 BGB (a.F.) nicht konsequent, auf den monatlich jeweils neu entstehenden Mietzinsanspruch abzustellen. Ist der Mieter berechtigt, den Mietzins wegen vorhandener Mängel zu mindern, tritt die Minderung kraft Gesetzes ein (h.M. z.B. BGH NJW-RR 1988, 329; Staudinger/Voelskow BGB, Neubearbeitung 2003, § 537, Rn. 11a) und führt zu einer Änderung der Vertragspflichten (BGH WuM 1991, 544). Die Minderung bewirkt, dass der geminderte Mietzins als der vertraglich vereinbarte gilt (Palandt/Weidenkaff BGB, 62. Aufl., § 536, Rn. 33). Diesen Grundsatz auf den streitgegenständlichen Fall der Nachforderung übertragen heißt, dass mit dem Eintritt der "Verwirkung" der Differenzbetrag nicht mehr zum vertraglich geschuldeten Mietzins gehört. Legt man diesen Gedanken zugrunde und stellt nicht auf den monatlich neu entstehenden Mietzinsanspruch ab, kann ein Nachforderungsrecht nicht neu entstehen. Der Anspruch ist vielmehr insgesamt "verwirkt".

Eine Neuentstehung käme zudem in Anlehnung an die Entscheidung des XII. ZS des Bundesgerichtshofs erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem ein auf Seiten des Mieters bestehender Vertrauenstatbestand wieder entfallen ist. Ein einfaches Aufforderungsschreiben ist dafür nicht ausreichend. Es ist vielmehr zu fordern, dass der Vermieter den Mieter mit der Zahlung des vollen Mietzinses in Verzug setzt, dem Mieter die gerichtliche Geltendmachung androht und im Falle der Nichtzahlung in zeitlichem Zusammenhang damit die gerichtliche Geltendmachung auch betreibt. Da der streitgegenständliche Zeitraum im Dezember 2000 endet, konnten die Schreiben vom 20.12.2000 (Bl. 59 I) bzw. 20.11.2001 (Bl. 56 I) diese Wirkung ohnehin nicht mehr herbeiführen. Dies gilt auch für den Monat Dezember 2000, weil die Beklagte nach der eigenen Aufstellung (Bl. 62 I) der Klägerin den Mietzins für diesen Monat in vollem Umfang gezahlt (geringfügig sogar überzahlt) hat. Das Schreiben des Zwangsverwalters vom 20.1.2000 enthält überhaupt keine Aufforderung zur Zahlung des ungeminderten Mietzinses, sondern er widerspricht lediglich der Verrechnung des Mietzinses mit einer von der Beklagten bezahlten Reparaturrechnung. Das Schreiben vom 20.10.2000 (Bl. 193 I) enthält lediglich eine einfache Aufforderung zur Zahlung der zu diesem Zeitpunkt fälligen Mieten für September und Oktober, beschäftigt sich aber mit den erfolgten Minderungen nicht. Jedenfalls aber besteht kein enger zeitlicher Zusammenhang mit der erst seit dem 13.5.2002 rechtshängigen Klage. Auch wenn man grundsätzlich der Auffassung folgt, dass ein "verwirktes" Nachforderungsrecht für die Zukunft neu entstehen kann, scheiterte dies im vorliegenden Fall an der erforderlichen Geltendmachung durch die Klägerin.

Die Klage ist somit insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Nachforderungsrecht des Vermieters verwirken bzw. nachträglich wieder aufleben kann, - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht abschließend geklärt ist.

Ende der Entscheidung

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