Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 07.12.2004
Aktenzeichen: 9 U 72/04
Rechtsgebiete: VwVfG, LHO


Vorschriften:

VwVfG § 35
LHO § 38
Unterliegt der Abschluss eines Geschäftes (hier: langjähriger Mietvertrag) nach der Landeshaushaltsordnung der Zustimmung des Ministeriums der Finanzen, so handelt es sich dabei um eine behördeninterne Kompetenzregelung. Die Zustimmung stellt aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung dar, wenn eine Behörde, ohne die Zustimmung einzuholen, mit einem Dritten einen Vertrag abschließt.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 72/04 OLG Naumburg

Verkündet am: 07.12.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 7.12.2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Klier, des Richters am Oberlandesgericht Manshausen und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 12.5.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg (4 O 795/03) wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 11.000,-- Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht restlichen Mietzins für die Zeit von Januar bis März 2002 (153.605,10 Euro) und - abgerechnete - Nebenkosten (3.827,36 Euro) für den genannten Zeitraum geltend. Das beklagte Land schloss mit Datum vom 1.3.1995 zunächst mit der K. GmbH einen Untermietvertrag über verschiedene bebaute Grundstücke in M. (Bl. 12 - 17 I), der später - streitig - in einen Direktmietvertrag mit der Klägerin umgewandelt wurde. Die Räume wurden vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit genutzt (i. F. Ministerium). Die Laufzeit des Vertrages wurde - zunächst - in § 3 Abs. 1 des Mietvertrages geregelt:

Der Mietvertrag ist fest abgeschlossen bis 28.2.2000. Eine Kündigung ist für beide Vertragsparteien erstmals zu diesem Zeitpunkt mit einer Frist von 9 Monaten möglich. Wird der Mietvertrag nicht gekündigt, verlängert er sich jeweils um ein weiteres Jahr.

Die §§ 10 und 11 des Mietvertrages enthalten folgende Regelungen:

§ 10

Der Vertrag steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt.

§ 11

Dieser Mietvertrag wird vom Land Sachsen-Anhalt unter dem weiteren Vorbehalt geschlossen, dass der Mietvertrag über das Bürohaus B 2 im H. mit Herrn Dipl. Kaufmann Dr. G. T. zustande kommt.

Mit Schreiben vom 20.5.1999 (Bl. 99 II) kündigte das beklagte Land den Mietvertrag zum 28.2.2000 und bekundete zugleich Interesse am Abschluss eines neuen Mietvertrages. Da-rauf antwortete die W. GmbH mit Schreiben vom 7.6.1999 (Bl. 100 II). Inwieweit die W. GmbH (und dort insbesondere deren damaliger Gesellschafter, der Zeuge K. ) für die Klägerin tätig geworden ist bzw., tätig werden durfte, ist zwischen den Parteien streitig. Die W. GmbH bot in dem Schreiben die Verlängerung des Mietvertrages bis zum 28.2.2001 an. Nach Ablauf dieser Frist sollte der Vertrag unbefristet weiterlaufen. Mit Schreiben vom 17.6.1999 wandte sich das Ministerium an das Ministerium der Finanzen (Bl. 102 II) und bat um Zustimmung zum Vorschlag der W. GmbH. Das Ministerium der Finanzen antwortete mit Schreiben vom 1.11.1999 (Bl. 103 II) und befürwortete im Hinblick auf den Stand der Sanierungsarbeiten an den landeseigenen Gebäuden, die vom Ministerium zukünftig genutzt werden sollten, eine Verlängerung des Mietvertrages bis zum 30.6.2001. Mit Datum vom 15.12/22.12.1999 schloss die Klägerin mit dem beklagten Land (dieses vertreten durch das Ministerium) einen 1. Nachtrag zum Vertrag vom 1.3.1995 (Bl. 10/11 I). In Ziff. 1 des Ergänzungsvertrages heißt es:

§ 3 Abs.1 des Vertrages vom 1.3.1995 erhält folgende Fassung:

"Der Mietvertrag ist fest abgeschlossen bis zum 30.6.2001. Danach besteht der Mietvertrag unbefristet weiter, wenn er nicht spätestens am 3. Werktag eines Kalendervierteljahres für den Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres gekündigt wird."

In Ziff. 5 des 1. Nachtrages heißt es:

Dieser Nachtrag wird unter dem Vorbehalt geschlossen, dass die Nachträge zu den Mietverträgen über das Bürogebäude B2 ( S. 5 ) und die Büroräume im Gebäude A3 ( H. 1 ) zustande kommen.

Im übrigen bleiben die Bestimmungen des Vertrages vom 01.03.1995 unverändert in Kraft.

Mit Schreiben vom 8.9.2000 (Bl. 73 I) wandte sich die W. GmbH an das Ministerium. Das Schreiben betraf den streitgegenständlichen Mietvertrag. Der Zweck des Schreibens bestand darin, zu sondieren, wann seitens des Ministeriums eine Räumung des Objekts beabsichtigt war. Das Ministerium antwortete darauf mit Schreiben vom 28.11.2000 (Bl. 18 I), mit dem es mitteilte, dass ein Auszug zum 31.12.2001 beabsichtigt sei. Gleichzeitig wurde um Zustimmung zu einer Verlängerung der Befristung über den 30.6.2001 hinaus bis zum 31.12.2001 nachgesucht. In der Folgezeit kam es - unstreitig - zu mehreren Gesprächen zwischen den Zeugen K. und W. (Referatsleiter im Ministerium). Der Inhalt dieser Gespräche ist zwischen den Parteien streitig. Das beklagte Land behauptet dazu (z. B. Schriftsatz vom 12.5.2003, S. 6 - Bl. 59 I -), dass der Zeuge K. im Namen der Klägerin das Angebot unterbreitet habe, dass man bereit sei, die Befristung des Mietverhältnis neu auf den 31.12.2001 festzusetzen. Dieses Angebot habe das Ministerium angenommen. Die Klägerin bestreitet den Inhalt des Gesprächs. Das Schreiben vom 28.11.2000 wurde von der W. GmbH (Bl. 19 I) mit Schreiben vom 13.12.2000 beantwortet. Das Schreiben der W. GmbH hat insoweit folgenden Wortlaut:

Hiermit stimmen wir einer Verlängerung der Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31.12.01 für beide o.g. Flächen zu.

Mit Schreiben vom 20.12.2000 (Bl. 104 II) bat das Ministerium das Ministerium der Finanzen um Zustimmung zu einer Verlängerung der Befristung der Mietverträge über den 30.6.2001 hinaus bis zum 31.12.2001. Das Ministerium der Finanzen stimmte mit Schreiben vom 15.1.2001 (Bl. 105 II) einer Verlängerung des Mietvertrages bis zum 31.12.2001 zu. Das Ministerium kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 13.8.2001 zum 31.12.2001 (Bl. 20 I). Die Klägerin trat der Kündigung mit Schreiben vom 24.8.2001 entgegen (Bl. 21 I). Sie vertrat in diesem Schreiben die Ansicht, dass der Vertrag über den 31.12.2001 unbefristet fortlaufen würde und mit dem Schreiben vom 13.8.2001 mithin erst zum 31.3.2002 habe gekündigt werden können.

Die Parteien streiten im Wesentlichen darum, ob mit dem Einvernehmen über die Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 31.12.2001 dieses Datum als fester Endzeitpunkt vereinbart worden sei oder ob die Verlängerungsklauseln aus § 3 Abs. 1 des Ursprungsvertrages bzw. aus Ziff. 1 des 1. Nachtrages fortgelten sollten. Die Parteien streiten weiter darüber, ob das Ministerium der Finanzen den vertraglichen Regelungen, insbesondere den Verlängerungsklauseln zugestimmt hat und ob es zur Wirksamkeit des Vertrages dieser Zustimmung bedurfte. Das beklagte Land hat insoweit vorgetragen, eine Verlängerung des Mietverhältnisses für die Zeit vom 1.1.2002 bis 31.3.2002 gegenüber dem Ministerium der Finanzen nicht beantragt zu haben (z. B. BB S. 9 - Bl. 16 IV -).

Das Landgericht hat zu dem Beweisthema:

"Vereinbarung hinsichtlich einer Befristung mit oder ohne Verlängerungsklausel" (Bl. 17/46 III) die Zeugen H. K. und R. W. gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 26.4.2004 (Bl. 46 - 59 III).

Wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Inhalt des angefochtenen Urteils (LGU S. 3 - Bl. 70 III -).

Das Landgericht hat das beklagte Land antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Der Anspruch auf Zahlung restlichen Mietzinses (inc. Nebenkosten) für die Zeit von Januar bis März 2002 ergebe sich aus dem 1. Nachtrag vom 15.12./22.12.1999 i. V. m. dem ursprünglich abgeschlossenen Mietvertrag vom 1.3.1995. Die darin enthaltene Fortsetzungsklausel für den Fall, dass nicht bis zum 3. Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres gekündigt werde, sei nicht durch eine anders lautende Vereinbarung der Parteien aufgehoben worden. Der Mietvertrag sei auch nicht durch das Schreiben vom 13.8.2001 zum 31.12.2001 gekündigt worden. Mit dem Schreiben vom 13.12.2000 hätte die W. GmbH (für die Klägerin) einer Verlängerung der Befristung bis zum 31.12.2001 zugestimmt. In dem Schreiben werde zu der Frage einer darüber hinausgehenden Verlängerungsklausel keine Aussage getroffen. Eine Aufhebung der Verlängerungsklausel über eine unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses könne dem Schreiben nicht entnommen werden. Dass sich der Zeuge K. (der für die Klägerin gehandelt habe und auch habe handeln dürfen) und der Zeuge W. in diesem Sinne geeinigt hätten, folge auch nicht aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Der Zustimmung des Ministeriums der Finanzen hinsichtlich der unbefristeten Fortsetzung des Mietverhältnisses über den 31.12.2001 hinaus habe es nicht bedurft, weil eine Zustimmung zu dem Vertrag vom 15.12./22.12.1999 vorgelegen habe. Der Vertrag habe nur dadurch beendet werden können, dass das beklagte Land unter Beachtung der Kündigungsfrist gekündigt hätte. Die geforderten Nebenkosten habe das beklagte Land der Höhe nach nicht bestritten.

Gegen dieses Urteil wendet sich das beklagte Land mit der Berufung:

Das beklagte Land rügt, dass das Landgericht zu Unrecht von einer uneingeschränkten Weitergeltung der Vereinbarung vom 15.12/22.12.1999 ausgegangen sei. Es habe weder eine erforderliche Zustimmung des Ministeriums der Finanzen (§ 10 des Ursprungsvertrages) vorgelegen noch sei die weitere Voraussetzung der Vermietung des Bürohauses B2 (§ 11 des Ursprungsvertrages) erfüllt gewesen. Zum Inhalt des Schreibens des Ministeriums der Finanzen vom 15.1.2001 sei zu berücksichtigen, dass das Ministerium die Zustimmung zu einer Verlängerung für die Zeit vom 1.1.2002 bis 31.3.2002 nicht beantragt habe und eine solche auch nicht erteilt worden sei. Die fehlende Zustimmung des Ministeriums der Finanzen führe zu einer Unwirksamkeit der Vereinbarung. Ob das Erfordernis der Zustimmung grundsätzlich nur intern wirke, könne im Hinblick auf § 10 des ursprünglichen Mietvertrages letztlich dahinstehen. Die vom Ministerium der Finanzen (bei dem es sich im Übrigen um einen Dritten i. S. v. § 182 BGB handele) erteilten Zustimmungen (zu den Befristungen bis zum 31.12.2001) wirkten über das Haushaltsjahr nicht hinaus. Das beklagte Land rügt, dass es das Landgericht unterlassen habe, die Beweislast zu prüfen. Die Beweislast für das Vorliegen der behördlichen Genehmigung eines zustimmungsbedürftigen Vertrages trage derjenige, der sich auf die Wirksamkeit des Vertrages berufe (also die Klägerin). Das beklagte Land treffe kein Verschulden an der Nichterteilung der Zustimmung für die Zeit vom 1.1. - 31.2.2002. Das beklagte Land rügt weiter die Beweiswürdigung des Landgerichts.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 14.8.2004 (Bl. 8 - 36 IV) und den Schriftsatz vom 29.9.2004 (Bl. 93 - 100 IV).

Das beklagte Land beantragt,

das am 12.5.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg (4 O 795/03) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Der Mietvertrag für das Objekt B2 sei zustande gekommen. Der - streitgegenständ-liche - Mietvertrag habe zudem nur unter dem Vorbehalt der einmaligen Zustimmung des Ministeriums der Finanzen gestanden. Einer abschnittsweisen Zustimmung habe er nicht bedurft. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass Ziff. 1 des 1. Nachtrages nicht abbedungen worden sei.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 21.9.2004 (Bl. 83 - 91 IV).

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht der restliche Mietzins für die Zeit von Januar bis März 2002 zu (§ 535 Abs. 2 BGB). Gegen die geltend gemachten Nebenkosten hat das beklagte Land der Höhe nach auch in der Berufungsinstanz keine Einwände erhoben. Die Kündigung des beklagten Landes vom 13.8.2001 hat das Mietverhältnis erst zum 31.3.2002 beendet:

Unabhängig von der Frage, was ggfs. zu dem Schriftwechsel der Parteien (8.9.2000 - Bl. 73 I -; 28.11.2000 - Bl. 18 I -; 13.12.2000 - Bl. 19 I) mündlich zwischen den Zeugen K. und W. besprochen wurde, gilt, dass der Ursprungsvertrag vom 1.3.1995 mit Ausnahme der Regelung über die Laufzeit über den 28.2.2000 hinaus fortgalt. Die Laufzeitregelung aus § 3 Abs. 1 des ursprünglichen Mietvertrages wurde durch Ziff. 1 des 1. Nachtrages ersetzt. Der 1. Nachtrag sah zunächst in Ziff. 1 S. 1 eine Befristung bis zum 30.6.2001 vor. In Ziff. 1 S. 2 ist geregelt, dass der Vertrag nach Ablauf der Befristung unbefristet weiterläuft. Der vorgenannte Schriftwechsel der Parteien, insbesondere das Schreiben des Ministeriums vom 28.11.2000 befasst sich mit diesem Teil der Laufzeitvereinbarung nicht. Die gesamte Korrespondenz bezieht sich nur auf den Zeitraum der Befristung und damit auf Ziff. 1 S. 1 des 1. Nachtrages. Dass ein übereinstimmender Wille der Parteien bestand, dass mit der Verlängerung der Befristung zugleich die Vereinbarung über eine unbefristete Fortgeltung des Vertrages in der Zeit danach aufgehoben werden sollte, ist der genannten Korrespondenz nicht zu entnehmen. Dass ein zwingendes Interesse des beklagten Landes daran bestand, dass der Vertrag zum 31.12.2001 beendet wurde, lässt sich nicht feststellen. Im Zeitpunkt 13.12.2000 war unsicher, ob die Renovierungsarbeiten an den landeseigenen Gebäuden zum 31.12.2001 abgeschlossen werden konnten. So heißt es im Schreiben des Ministeriums der Finanzen vom 15.1.2001 (Bl. 105 II), dass die Mietverträge über die streitgegenständlichen Objekte mindestens bis zum 31.12.2001 verlängert werden müssten. Der Zeuge W. hat bekundet (Bl. 48 III), dass er sich bis Juni/Juli 2001 unsicher gewesen sei, ob eine Räumung bis zum 31.12.2001 zu realisieren gewesen sei. Soweit die Regelung aus Ziff. 1 S. 2 des Ergänzungsvertrages bestehen blieb, band dies das beklagte Land nicht zwingend über den 31.12.2001 hinaus. Entsprechend der Kündigungsregelung hätte das beklagte Land mit einer Kündigung bis zum 6.6.2001 (3. Werktag) das Mietverhältnis zum 31.12.2001 beenden können. Dass das beklagte Land selbst von der Notwendigkeit einer Kündigung ausging, ergibt sich daraus, dass es eine solche mit Schreiben vom 13.8.2001 (Bl. 22 I) tatsächlich auch ausgesprochen hat. Soweit der Zeuge W. bei seiner Vernehmung durch das Landgericht (Bl. 49 III) erklärt hat, dass eine Kündigung aus seiner Sicht nicht erforderlich gewesen sei, setzt er sich damit in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Handeln. Aus den gleichen Gründen sind auch die Ausführungen im Schriftsatz vom 20.9.2004 (S. 1/2 - Bl. 93/94 IV -) unverständlich. Der Erklärungsinhalt des Schreibens vom 13.8.2001 ist eindeutig. Das Ministerium ging davon aus, die Immobilie nicht über den 31.12.2001 zu benötigen und wollte den Mietvertrag zu diesem Zeitpunkt durch die Kündigung beenden. Aus der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz und der tatsächlich erfolgten Kündigungserklärung des Ministeriums lässt sich nicht schließen, dass eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2001 vereinbart wurde und zugleich die Vereinbarung über die unbefristete Fortgeltung nach Ablauf der Befristung aufgehoben werden sollte.

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststeht, dass dem Schriftwechsel 28.11.2001/13.12.2001 mündliche Absprachen der Zeugen K. und W. zugrunde lagen, aus denen sich eine abschließende Befristung des Mietverhältnisses ergab. Dabei kann unterstellt werden, dass - wie vom Landgericht angenommen - der Zeuge K. für die Klägerin gehandelt hat und auch handeln konnte. Vorab ist festzuhalten: Nach § 1 des 1. Nachtrages bestand der Mietvertrag nach Ablauf der Befristung (mangels rechtzeitiger vorheriger Kündigung) unbefristet fort. Der Korrespondenz zwischen den Parteien ist nicht zu entnehmen, dass dieser Teil der Regelung nicht über den 30.6.2001 hinaus fortgelten sollte. Soweit das beklagte Land behauptet, der Zeuge K. habe eine Vertragsverlängerung und das Ende der Befristung zum 31.12.2001 angeboten (so ausdrücklich Schriftsatz vom 12.5.2003, S. 6 - Bl. 59 I -), steht diese Behauptung im Gegensatz zum Inhalt der fortgeltenden Vertragsurkunde vom 15.12/22.12.1999. Ist streitig, ob eine Befristung vereinbart ist, so trifft die Beweislast grundsätzlich den Kläger, der aus einem unbefristeten Vertrag Rechte herleitet. Behauptet der Beklagte demgegenüber die nachträgliche Vereinbarung einer Befristung, muss derjenige beweisen, der aus der Befristung Rechte ableitet (Staudinger/Bork BGB, Neubearbeitung 2003, Vorbem zu §§ 158 - 162, Rn. 50; § 160, Rn. 10 m. w. N.). Das beklagte Land hat diesen Beweis auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht geführt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist entgegen der Ansicht der Berufung nicht zu beanstanden: Soweit die Berufung hervorhebt (BB S. 22 - Bl. 62 IV), der Zeuge W. habe bekundet, aus diesem Grund haben wir uns geeinigt, definitiv das Mietverhältnis zum 31.12.2001 zu beenden bzw. die Gebäude zu verlassen (Bl. 47 III), so steht dies der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht entgegen. Außer einer vagen zeitlichen Einordnung hinsichtlich einer Absprache mit dem Zeugen K. (etwa im Zeitraum November bis Dezember 2000) benennt der Zeuge keine tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, woraus sich eine Einigung über diesen Punkt ergeben soll. Soweit die Berufung (a. a. O.) die Ansicht vertritt, dass es sich dabei um eine klare und eindeutige Aussage des Zeugen W. handelte, muss dies für entsprechende Bekundungen des gegenbeweislich gehörten Zeugen K. in gleicher Weise gelten. Dieser hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht erklärt:

Ich wiederhole nochmals:

Es gab keine konkrete Vereinbarung zu einer definitiven Beendigung des Mietverhältnisses am 31.12.2001 mit Herrn W. (Bl. 58 III).

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beweislast für die Behauptung der Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2001 beim beklagten Land liegt, war das Landgericht nicht gehindert, bei der Bewertung der Aussagen beider Zeugen anzunehmen, dass der Beweis nicht geführt wurde. Das Landgericht hat vielmehr zutreffend angenommen, dass es zu diesem Punkt zwischen den Zeugen gerade nicht zu einer Einigung gekommen ist. Folgerichtig gelangt das Landgericht bei diesem Beweisergebnis dazu (LGU S. 7/8 - Bl. 85/86 III-), dass angesichts dieses Dissenses von der uneingeschränkten Weitergeltung des Vertrages vom 15.12./22.12.1999 mit einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses von unbestimmter Dauer auszugehen ist. Zur Frage der Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen ist den Ausführungen des Landgerichts (LGU S. 8 - Bl. 86 III -) nichts hinzuzufügen. Der Inhalt der Berufungsbegründung (zudem auch noch zur Glaubhaftigkeit BB S. 28/29 - Bl. 68/69 IV -) steht der Bewertung des Landgerichts nicht entgegen. Warum der Zeuge W. allein deshalb glaubwürdiger sein soll, weil er Beamter ist, ist nicht ersichtlich, zumal er sich wegen der verspäteten Kündigung ggfls. Regressansprüchen seines Dienstherrn ausgesetzt sehen könnte und damit mindestens ein gleiches Interesse am Ausgang des Verfahrens haben kann, wie dies die Berufung (a. a. O.) dem Zeugen K. unterstellt.

Die vertragliche Regelung (28.11.2000/13.12.2000 i. V. m. Ziff. 1 S. 2 des 1. Nachtrages vom 8.12./15.12.1999) ist wirksam. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen der §§ 10 und 11 des ursprünglichen Mietvertrages erfüllt sind:

Unabhängig von der Frage, ob ein Mietvertrag über das Bürohaus B2 zustande gekommen ist (wie die Klägerin behauptet: BE S. 5/6 - Bl. 87/88 IV), könnte sich das beklagte Land auf die Klausel selbst dann nicht berufen, wenn dies nicht erfolgt sein sollte. Der Vertrag wurde seit 1995 in vollem Umfang durchgeführt und ist nunmehr auch nach Ansicht der Klägerin beendet. Die Frage, ob ein Mietvertrag über das Objekt B2 wirksam abgeschlossen wurden, hat die Durchführung des streitgegenständlichen Vertrages (für etwas Abweichendes trägt das beklagte Land keine Anhaltspunkte vor) nicht berührt. In einem solchen Fall verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, sich im nachhinein auf diese (für die Vertragsdurchführung unerhebliche) Klausel zu berufen.

Im Grundsatz gilt dies in gleicher Weise für § 10 des Ursprungsvertrages. Da es sich bei der Einholung der Zustimmung des Ministeriums der Finanzen um einen (s. u.) behördeninternen Akt handelt, konnte allein das beklagte Land diese einholen. Unabhängig von der Frage, ob die Erklärungen des Ministeriums der Finanzen die Schlussfolgerung zulassen, dass auch für die streitgegenständliche Vereinbarung eine solche Zustimmung vorlag (die auch den Zeitraum vom 1.1. - 31.3.2002 umfasst), kann sich das beklagte Land auf eine fehlende Genehmigung nicht berufen. Eine fehlende Genehmigung wäre zudem - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die vertragliche Regelung:

Das Zustimmungserfordernis des Ministeriums der Finanzen ergibt sich grundsätzlich aus der Verwaltungsvorschrift 4.1.1 zu § 38 Landeshaushaltsordnung LSA. Die Regelung besagt, dass die handelnde Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen die Einwilligung des Ministeriums der Finanzen einzuholen hat. Hat sie im Außenverhältnis zu einem Dritten (Klägerin) vereinbart, dass die Wirksamkeit des Vertrages von der Einwilligung abhängig sein soll, besteht auch die vertragliche Verpflichtung diesem gegenüber, für den gesamten vereinbarten Vertrag, der dem Einwilligungsvorbehalt unterliegt, die Einwilligung auch einzuholen. Gegen diese Verpflichtung hat das beklagte Land nach eigenem Vortrag verstoßen. Das beklagte Land hat mehrfach selbst vorgetragen, dass eine Zustimmung für die Mietzeit vom 1.1.2002 bis 31.3.2002 nicht beantragt worden sei (z. B. Berufungsbegründung vom 16.8.2004, S. 9 - Bl. 16 IV). Da allein das Ministerium - nicht aber die Klägerin - die Einwilligung des Ministeriums der Finanzen einholen konnte (es handelt sich lediglich um eine behördeninterne Kompetenzregelung), kann sich das beklagte Land (Rechtsgedanke aus § 162 BGB) nach beendeter Durchführung des Vertrages nicht mehr darauf berufen, dass eine entsprechende Entscheidung nicht vorliegt.

Die Einwilligung des Ministeriums der Finanzen ist zudem nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die vertragliche Regelung. Es handelt sich lediglich um eine behördeninterne Kompetenzregelung. Ob den Ausführungen des beklagten Landes zu den rechtlichen Auswirkungen des Fehlens eines rechtsgestaltenden Verwaltungsaktes gefolgt werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Bei der Einwilligung des Ministeriums der Finanzen handelt es sich nicht um einen solchen Verwaltungsakt. Nach § 35 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ist in einem mehrstufigen Verwaltungsverfahren eine weitere Behörde oder ein Ausschuss beteiligt, hat deren Entscheidung diese Rechtsqualität nur, wenn ihnen kraft materiellen Rechts die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Gesichtspunkte nach außen übertragen ist. Ein selbständiger Verwaltungsakt liegt in einem solchen Fall somit nur dann vor, wenn der Mitwirkung nach der gesetzlichen Ausgestaltung und ihrem Sinn unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Bürger zukommt (BVerwGE 34, 65, 68; OVG Sachsen-Anhalt DVBl. 1993, 960, 961; Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, 6. Aufl., § 35, Rn. 92; Knack/Henneke VwVfG, 8. Aufl., § 35, Rn. 56). Haushaltsrechtliche Regelungen für die Eingehung von privatrechtlichen Verträgen enthalten grundsätzlich nur Anweisungen an die handelnde Verwaltung, nicht Vorbehalte für die Gültigkeit der im Außenrechtsverhältnis hergestellten Rechtsbindungen. Die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes oder Rechtsgeschäftes wird durch die Missachtung haushaltsrechtlicher Bestimmungen, insbesondere einer Zweckbindung, eines Koordinationserfordernisses oder eines Zustimmungsvorbehaltes zugunsten des Finanzministers grundsätzlich nicht berührt (Kirchhof, Die Steuerung des Verwaltungshandelns durch Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle NVwZ 1983, 513). Eine unmittelbare Außenwirkung ist weder § 38 LHO noch den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften zu entnehmen. Die Regelungen dienen lediglich der Kontrolle einer verfassungsgemäßen Durchführung des Hauhaltsgesetzes. Soll die Mitwirkung einer anderen Behörde rechtsgestaltenden Charakter haben, so ist dies regelmäßig im Gesetz festgeschrieben, wie der Vergleich des vorliegenden Falles mit dem Fall zeigt, in dem eine Kommune und die Kommunalaufsichtsbehörde bei der wirksamen Begründung vertraglicher Verpflichtungen zusammenwirken müssen (§ 140 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 GO - LSA; dazu auch die vom Beklagtenvertreter im Termin vom 7.12.2004 genannten Urteile des Senats vom 12.12.2000 - 9 U 101/00 - und 23.10.2001 - 9 U 152/01 - [dazu BGH NZM 2004, 340]). Die streitgegenständliche vertragliche Regelung ist mithin selbst dann wirksam, wenn es an einer Einwilligung des Ministeriums der Finanzen fehlen sollte. Es kann deshalb auch nicht der Ansicht der Berufung gefolgt werden (BB S. 21 - Bl. 61 IV -), dass das Landgericht ein Beweisangebot zu der Frage übergangen habe, dass eine Zustimmung des Ministeriums für das Fortbestehen des Vertrages über den 31.12.2001 tatsächlich nicht vorlag. Auf diese Frage kommt es (wie LGU S. 10 - Bl. 88 III) im Ergebnis nicht an.

Die Höhe des Mietzinses und der abgerechneten Nebenkosten (Bl. 27/29 I) werden von der Berufung nicht angegriffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück