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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: 9 U 86/05
Rechtsgebiete: HGB
Vorschriften:
HGB § 28 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
9 U 86/05 OLG Naumburg
verkündet am: 17.01.2006
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Klier, des Richters am Amtsgericht Schulz und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann auf die mündliche Verhandlung vom 17.1.2006 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger wird das am 4.7.2005 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Halle (4 O 4/05) unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel abgeändert:
Die Beklagten zu 1) und zu 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 8.697,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.144,68 Euro seit dem 4.8.2004, 3.9.2004, 5.10.2004, 4.11.2004, 3.12.2005 und 5.1.2005, sowie auf einen weiteren Betrag von 684,29 Euro seit dem 13.5.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. In der Sache hat lediglich die Anschlussberufung des Klägers im Ergebnis überwiegend Erfolg:
Die Beklagten zu 1) und zu 3) haften neben dem Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner für den vertraglich geschuldeten Mietzins für die Zeit von Juli 2004 bis einschließlich Januar 2005. Sie schulden weiter die abgerechneten Nebenkosten für die Jahre 2004 und 2005.
Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagten zu 1) und zu 3) Mietvertragsparteien geworden sind. Grundsätzlich führt der Eintritt eines Gesellschafters in den Betrieb eines Einzelkaufmanns nicht dazu, dass die neu gegründete Gesellschaft kraft Gesetzes Vertragspartei eines von jenem abgeschlossenen Mietvertrages wird. Zu einem solchen Vertragsübergang ist vielmehr die Mitwirkung des Vermieters erforderlich (BGH ZiP 2001, 1007, 1008). Dies besagt indes nichts darüber, ob die neu entstandene Gesellschaft und bei persönlicher Haftung (wie bei der BGB-Gesellschaft) auch der neu eintretende Gesellschafter nicht jedenfalls für bestehende Verbindlichkeiten (sog. Altschulden) haften. In Betracht kommt insoweit eine Haftung in entsprechender Anwendung von § 28 Abs. 1 HGB. Ob eine entsprechende Anwendung von § 28 HGB anzunehmen ist, ist höchstricherlich nicht geklärt. Der XII. Senat des Bundesgerichtshofs hat dies (a.a.O.) offen gelassen, weil es sich im konkreten Fall nicht um einen Mietzinsanspruch, sondern um eine Nutzungsentschädigung handelte. Bei einem solchen Anspruch handele es sich nicht um eine Altschuld i.S.v. § 28 HGB. Demgegenüber gehört die Verpflichtung zur Zahlung des vertraglich vereinbarten Mietzinses zu den Altverbindlichkeiten (Wolf/Eckert/ Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 1379). Der IX. Senat des Bundesgerichtshofs (ZiP 2004, 458) hat die Haftung des neuen Sozius für Altverbindlichkeiten des bisherigen Einzelanwaltes für den Fall abgelehnt, dass diese Verbindlichkeit aus einem Mandatsvertrag des bisherigen Einzelanwalts stammt und dies im wesentlichen damit begründet, dass das Mandat mit einem Einzelanwalt in besonderer Weise von der persönlichen Dienstleistung durch diesen geprägt sei. Von einer vergleichbaren Situation kann indes in Bezug auf das Mietverhältnis über die Räumlichkeiten, in denen die Kanzlei ihre Tätigkeit erbringt, keine Rede sein. Der Abschluss des Mietvertrages hat mit den Besonderheiten, die mit der Erbringung von Dienstleistungen durch die Angehörigen der sog. freien Berufe (im Verhältnis zu gewerblicher Tätigkeit) im Zusammenhang stehen können (insbesondere dem i.d.R. erforderlichen besonderen Vertrauensverhältnis), nicht das Geringste zu tun. Es ist vor diesem Hintergrund nicht verständlich, unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen des Vermieters danach zu differenzieren, ob sich zwei Angehörige eines freien Berufes oder zwei (nach herkömmlichem Begriffsverständnis) Gewerbetreibende zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen. Mit einer in der Literatur seit langem vertretenen Ansicht (z.B. K. Schmidt NJW 2003, 1897, 1903 m.w.N.) kommt eine analoge Anwendung des § 28 HGB daher jedenfalls dann auch auf Rechtsverhältnisse einer BGB-Gesellschaft von Angehörigen eines freien Berufes in Betracht, wenn diese die Besonderheiten dieser Art der Berufsausübung nicht betreffen. Der Anwendung des § 28 HGB steht auch nicht der Gesichtspunkt entgegen, dass die neu entstandene Gesellschaft aus dem Grund nicht mit der Mietzinsverbindlichkeit belastet werden könne, weil ihr kein Anspruch auf die Gebrauchsüberlassung zustehe, wenn sie nicht zugleich Mietvertragspartei werde (z.B. Staub/Hüffner HGB, 4. Aufl., § 25, Rn. 57). Dieser Gesichtspunkt kann jedenfalls dann keine Bedeutung haben, wenn ein Mietzinsanspruch für einen Zeitraum geltend gemacht wird, der in der Vergangenheit liegt und der Vermieter seine Gebrauchsüberlassungspflicht im streitigen Zeitraum tatsächlich und damit auch gegenüber der neu entstandenen Gesellschaft und dem eingetretenen Gesellschafter erfüllt hat.
Dass zwischen den Beklagten zu 2) und zu 3) zumindest bis zum 31.12.2003 eine BGB-Gesellschaft bestand, ist zwischen den Parteien unstreitig. Soweit die Beklagten behaupten, diese Gesellschaft sei zum 31.12.2003 aufgelöst worden, ist dies im Hinblick auf die fortdauernde gemeinsame Berufsausübung zum einen wenig glaubhaft, zum anderen auch unerheblich. Die Beklagten zu 2) und zu 3) treten im Rechtsverkehr nach außen weiter als Sozietät auf ( vgl. z.B. den noch für die Berufungsbegründung in dieser Sache verwandten Briefkopf - Bl. 11 II -, sowie das unstreitig bis zum Senatstermin genutzte Kanzleischild). Dem ständig verwendeten Briefkopf ist nicht zu entnehmen, dass die beiden Beklagten nur noch eine Bürogemeinschaft bildeten oder der eine beim anderen als Angestellter oder freier Mitarbeiter beschäftigt wird. Unstreitig wurde der Kläger von den Beklagten nicht über die Auflösung der Gesellschaft unterrichtet. Wie § 736 Abs. 2 BGB (i.V.m. § 160 Abs. 1 S. 2 HGB) zu entnehmen ist, kann selbst die Nachhaftungsfrist erst dann zu laufen beginnen, wenn der Gläubiger über das Ausscheiden eines Gesellschafters unterrichtet wurde. Solange dies nicht erfolgt und die Gesellschaft jedenfalls nach außen weiter als solche tätig ist, kann es für die Haftung der Gesellschaft und der persönlichen Haftung der Gesellschafter dahinstehen, ob die Gesellschaft intern tatsächlich beendet wurde.
Eine Haftung dem Grunde nach besteht im Ergebnis sowohl hinsichtlich der Beklagten zu 1) als auch des Beklagten zu 3). Erfolgreich können die Beklagten nur einwenden, dass dem Kläger die monatlichen Vorauszahlungen für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr zustehen, nachdem diese die Nebenkostenabrechnungen erteilt hat. Im Ergebnis wirkt sich dies indes nicht aus, weil der Kläger die Klage mit der Anschlussberufung auf den Monat Januar 2005 erweitert hat.
Unstreitig sind in dem monatlich zahlbaren Betrag von 1.221,37 Euro Vorauszahlungen i.H.v. 76,69 Euro enthalten. Die Beklagten schulden für den Gesamtzeitraum (Juli 2004 bis Januar 2005) damit einen Betrag von (7 x 1.144,68 Euro) 8.012,76 Euro sowie die - unstreitigen - Beträge aus den Nebenkostenabrechnungen vom 12.5.2005 (2004: 604,28 Euro [Bl. 18 II]/ 2005: 80,01 Euro [Bl. 17 II]). Auf dieser Basis errechnet sich eine Gesamtsumme von 8.697,05 Euro.
Da der Mietvertrag keine Regelung hinsichtlich der Fälligkeit der monatlichen Mietzinszahlung enthält, ist für den Zinsanspruch von § 579 Abs. 2 BGB (i.V.m. 556 b Abs. 1 BGB) auszugehen. Die Fälligkeit der Betriebskostennachzahlung beginnt erst mit der Übersendung der Abrechnung.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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