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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 1 U 1422/08
Rechtsgebiete: BGB, EnWG


Vorschriften:

BGB § 315
EnWG § 23a Abs. 5
EnWG § 118b Abs. 1b
1. Bei der Rückforderung angeblich überhöhter Netznutzungsentgelte verzögert der Stromlieferant die Überprüfung der Netznutzungsentgelte auf ihre Angemessenheit (§ 315 BGB) nicht in einer zur Verwirkung führenden Weise, wenn er mehrfach erklärt, die Entgelte energie- und kartellrechtlich überprüfen lassen zu wollen und seine Zahlungen deshalb unter Vorbehalt leistet, aber bis zur Klageerhebung zunächst den Ausgang eines Musterverfahrens abwartet. Ein erklärter Vorbehalt verliert seine Wirkung nicht dadurch, dass der Stromlieferant Jahresabrechnungen des Netzbetreibers ohne ausdrückliche Erneuerung des Vorbehalts bezahlt. § 124 BGB ist nicht entsprechend anwendbar.

2. Der Netzbetreiber kann eine Überprüfung seiner Netznutzungsentgelte nach § 315 BGB nicht dadurch verhindern, dass er jedwede Offenlegung seiner Kalkulation verweigert. Auf die Vermutung des § 6 Abs. 1 S. 5 aF EnWG kann er sich nur berufen, wenn er konkret zum Inhalt seiner Kalkulation vorträgt.

3. Verweigert der Netzbetreiber die Offenlegung seiner Kalkulation, ist das gemäß § 315 BGB angemessene Entgelt im Wege einer Schätzung zu ermitteln. Als Grundlage für eine Schätzung können die Ergebnisse der sog. ersten Regulierungsrunde herangezogen werden (hier: Kürzung um 16%).

4. Rückforderungsansprüche einzelner Stromlieferanten für Zeiträume vor dem Inkrafttreten der Strom- und GasNEV sowie des EnWG 2005 werden nicht durch § 23a Abs. 5, § 118b Abs. 1b EnWG ausgeschlossen.

5. Der Stromlieferant genügt seiner Darlegungspflicht hinsichtlich der für jedes Jahr erbrachten Zahlungen, wenn er die gezahlten Entgelte dadurch ermittelt, dass er für jeden von ihm belieferten Kunden im Versorgungsgebiet des Netzbetreibers die vom Netzbetreiber abgerechnete Strommenge mit dem maßgeblichen Arbeitspreis multipliziert und die Summe aus dem unter Heranziehung des Belieferungszeitraums anfallenden Grundpreis und Verrechnungspreis hinzuzählt. Das gilt jedenfalls dann, wenn zwischen den Vertragsparteien jeweils für den Zeitraum 1.1. bis 31.12. abgerechnet wird. Der Netzbetreiber kann sich in einem solchen Fall nicht auf einfaches Bestreiten beschränken.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES

Az.: 1 U 1422/08

In dem Rechtsstreit

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg -1. Zivilsenat und Kartellsenat- durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Franke, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Quentin und den Richter am Oberlandesgericht Hilzinger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2009 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufungen der Parteien gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13.6.2008 werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 47%, die Beklagte 53%.

III. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien kann eine Vollstreckung durch die andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Billigkeit von Nutzungsentgelten, der die Beklagte in den Jahren 2003 und 2004 von der Klägerin für die Durchleitung von Strom durch ihr Verteilernetz gefordert hat.

Zur Darstellung des Sachverhalts wird auf den Tatbestand im Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13.6.2008 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 13.6.2008 das billige Entgelt einschließlich der Mess- und Verrechnungsentgelte für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden im Netzgebiet der Beklagten in den Jahren 2003 und 2004 einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze auf 84% der in den Anlagen K 1 und K 37 aufgelisteten Nettobeträge festgesetzt und der Klägerin 3.880,21 EUR (einschließlich 16% Mehrwertsteuer) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten aus 1.771,95 EUR seit 15.12.2006 und aus 2.108,26 EUR seit 12.12.2007 zugesprochen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Beklagten auferlegt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klageantrag hinreichend bestimmt sei.

Der Beklagten stehe nach den Verträgen vom 14.2710.4.2001,10.1.2003 und 26.376.4.2004 ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu. Die in den Preisblättern ausgewiesenen Entgelte gäben für einen bestimmten Zeitpunkt das Ergebnis einer einseitigen Preisbestimmung wieder und seien keine vereinbarten Entgelte. Die Klägerin sei auch auf das Netz der Beklagten zur Versorgung ihrer Kunden angewiesen; die Beklagte verfüge daher über ein tatsächliches, nicht von Wettbewerb kontrolliertes Monopol.

Ansprüche der Klägerin seien weder verjährt noch verwirkt. Die Verjährung sei durch Einreichung der Klage am 6.11.2006 und der Klageerweiterung am 10.12.2007 rechtzeitig gehemmt worden. Für eine Verwirkung fehlten sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment. Eine Verwirkung vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist komme nur ausnahmsweise in Betracht. Der Klägerin sei zuzubilligen, vor einer gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche zunächst die Ergebnisse der energie- und kartellrechtlichen Überprüfungen und die rechtliche Klärung der Voraussetzungen abgewartet zu haben; da die Beklagte ihre Kalkulation geheim halte, habe die Klägerin vorher die Risiken einer gerichtlichen Überprüfung nicht abschätzen können. Die Klägerin habe zudem stets erkennen lassen, dass sie auf ihrem Überprüfungsrecht bestehe.

Die Beklagte habe die Entgelte nicht nach billigem Ermessen bestimmt. Die Beklagte lasse eine gerichtliche Überprüfung nicht zu, indem sie die Offenlegung ihrer Kalkulation verweigere. Die Offenlegung der Kalkulation sei die notwendige Kehrseite des Preisbestimmungsrechts, da sonst eine willkürliche und gerichtlich nicht überprüfbare Preisfestsetzung möglich sei. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass sie dazu konkret Geschäftsgeheimnisse offenbaren müsse. Aufgrund der Weigerung der Beklagten sei davon auszugehen, dass die Preise überhöht festgesetzt seien.

Die der Beklagten in Rechnung gestellten Entgelte seien um 16% zu kürzen. Als Maßstab für eine gerichtliche Festlegung könne die Kürzung der vom vorgelagerten Netzbetreiber ... GmbH angemeldeten Netznutzungsentgelte durch die Regulierungsbehörde herangezogen werden; denn diese Entgelte seien nach vergleichbaren Grundsätzen zu bilden und würden von der Beklagten an die Klägerin weitergegeben.

Zugunsten der Klägerin ergebe sich ein Rückzahlungsbetrag von 3.880,21 EUR. Es sei von den Zahlen in den Anlagen K 1 und K 37 auszugehen; die Klägerin habe die Beträge nachvollziehbar ermittelt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten sei unzulässig; da die Daten aus den Jahresabrechnungen der Beklagten stammten und der Beklagten eine Überprüfung unschwer möglich sei, habe die Beklagte konkret bestreiten müssen, dass die Klägerin diese Zahlen zutreffend in die Anlagen übertragen oder Abrechnungen nicht vollständig bezahlt habe.

Das Urteil wurde beiden Parteien am 1.7.2008 zugestellt (nach Bf. 407 d.A.).

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 11.7.2008, eingegangen am 16.7.2008 (Bl. 430/431 d.A.) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22.8.2008, eingegangen am 26.8.2008 (Bl. 468/482 d.A.) begründet.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.7.2008, eingegangen am 15.7.2008 (Bl. 426/427 d.A.) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.8.2008, eingegangen am 14.8.2008, begründet (Bl. 436/465 d.A.).

In der Berufungsinstanz wiederholen und vertiefen beide Parteien ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.

Bei ausreichender Berücksichtigung ihres Vortrages habe das Landgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Entgelte der Beklagten um mindestens 30% überhöht seien. Die Prüfung durch die Bundesnetzagentur habe nur einen Teil der Kosten betroffen. In der zweiten Regulierungsrunde seien erstmals auch die sogenannten aufwandsgleichen Kosten geprüft und um 25% gekürzt worden. Nachdem sich die Beklagte geweigert habe, ihre Kalkulation offen zu legen, sei der Vortrag der Klägerin als nicht erheblich bestritten anzusehen. Das Oberlandesgericht Celle und das Oberlandesgericht Naumburg hätten daher eine Kürzung um 30% für angemessen gehalten.

Im übrigen verteidigt die Klägerin das erstinstanzliche Urteil.

Ihr fehle nicht die Aktivlegitimation, weil nach Auffassung des Bundesgerichtshofes überhöhte Netznutzungsentgelte erst in der nächsten Kalkulationsperiode zu verrechnen seien. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes beträfen nur die Entgelte, die ab Juli 2005 - dem Inkrafttreten der Neuregelung der Netzentgeltregulierung - gezahlt worden seien.

Die Klägerin bestreitet, die Netznutzungsentgelte vollständig in ihre Strompreise eingerechnet zu haben.

Die Klägerin beantragt, unter entsprechender Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu entscheiden:

Das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt einschließlich der Mess- und Verrechnungsentgelte für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Versorgung ihrer Kunden, die sie in den Jahren 2003 und 2004 im Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze, soweit berechnet bzw. übergewälzt, bestimmen sowie die Beklagte verurteilen, die Differenz zwischen den ausweislich der Auflistung Anlage K1 und Anlage K 37 tatsächlich gezahlten Entgelten für die Netznutzung für die Jahre 2003 und 2004 in Gesamthöhe von 20.906,33 EUR (netto) und dem vom Gericht bestimmten billigen Entgelt für die Jahre 2003 und 2004 für die Netznutzung zzgl. Umsatzsteuer sowie gesetzlicher Rechtshängigkeitszinsen an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Das am 13.6.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Im übrigen beantragen beide Parteien, die Berufung der jeweiligen Gegenpartei zurückzuweisen.

Die Beklagte hält unter Berufung auf Beschlüsse des Bundesgerichtshofes vom 14.8.2008 die Klage für unzulässig. Der Bundesgerichtshof habe dort ausgesprochen, dass etwaige Überhöhte Entgelte aus der Netznutzung nicht rückwirkend in Form bereicherungsrechtlicher Ansprüche abzuwickeln seien, sondern durch eine entsprechende Senkung der Netznutzungsentgelte in der nächsten Kalkulationsperiode. Die Beklagte hält dies für gerechtfertigt, weil die Klägerin ihrerseits auch die von ihr geforderten Netznutzungsentgelte an ihre eigenen Kunden weitergegeben habe und bei einer teilweisen Rückzahlung daher ungerechtfertigt begünstigt werde.

Die Beklagte ist der Auffassung, es fehle ausreichender Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin dazu, wann sie für welchen in den Kundenlisten aufgeführten Kunden welche Zahlungen an die Beklagte geleistet habe. Die Beurteilung durch das Landgericht widerspreche der anerkannten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei Ansprüchen aus § 812 BGB. Die Klägerin müsse zunächst einen Zahlungsabfluß darlegen und beweisen, bevor die Beklagte zu substantiiertem Bestreiten verpflichtet sei. Dies alles falle in die Sphäre der Klägerin und sei von der Beklagten bestritten worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte erklärt, die in den Anlagen K 1 und K 37 enthaltenen Bezugstage und die zugrunde gelegten Verbrauchsdaten seien als solche zutreffend und würden nicht bestritten. Es fehlten aber geeignete Verbrauchswerte, die der Berechnung eines Rückzahlungsanspruchs zugrunde gelegt werden könnten, weil die Verbrauchswerte nicht auf einer zum 31.12. oder 1.1. gemachten Ablesung beruhten. Die von der Klägerin vorgenommene Abgrenzung auf das jeweilige Kalenderjahr enthalte keine realen Verbrauchswerte.

Darüber hinaus fehle ausreichender Vortrag der Klägerin dazu, wann welche Zahlungen belastet worden seien. Es sei nicht Sache der Beklagten zu überprüfen, ob gegebenenfalls Rückstände vorhanden seien. Aus der Tatsache, dass Einzugsermächtigungen erteilt worden seien und von diesen auch Gebrauch gemacht worden sei, folge keine Änderung der Darlegungslast.

§ 315 BGB sei nicht anwendbar. Es fehle an einer Monopolstellung der Beklagten; denn die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, im Wege einer einstweiligen Verfügung den Zugang zum Netz der Beklagten zu erzwingen, selbst wenn die Beklagte nicht bereit gewesen wäre, die Nutzungsbedingungen zu akzeptieren. Der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes habe eine Monopolstellung verneint. Es verstoße auch gegen § 242 BGB, wenn die Klägerin über Jahre hinweg das Netz der Beklagten nutze und die verlangten Entgelte bezahle, um dann die Unbilligkeit der Entgelte geltend zu machen.

Ansprüche der Klägerin seien verwirkt. Wie § 315 Abs. 3 S. 2 BGB zeige, sei dafür kein Umstandsmoment erforderlich. Es reiche aus, wenn die gerichtliche Leistungsbestimmung nicht innerhalb angemessener Frist beantragt werde; auch auf ein Verschulden komme es nicht an. § 315 BGB Abs. 3 BGB lasse sich ein "Beschleunigungsgebot" entnehmen, das auf rasche Klärung des angemessenen Entgelts ziele. Für die Dauer der Frist könne § 124 BGB herangezogen werden; sowohl die Leistungsbestimmung selbst als auch das Geltendmachen ihrer Unwirksamkeit seien Gestaltungsrechte und der Anfechtung vergleichbar. Jedenfalls liege in der vorbehaltlosen Zahlung auf die jeweilige Jahresabrechnung ein selbständiges Anerkenntnis der Endabrechnung. Die Anwendbarkeit von § 315 BGB auf Netzentgelte habe spätestens mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.10.2005 festgestanden. Auf die Kenntnis der Kalkulationsgrundlagen sei die Klägerin nicht angewiesen gewesen; diese darzulegen, obliege vielmehr dem Bestimmungsberechtigten. Dass die Klägerin jahrelang unwidersprochen die Netzentgelte einschließlich erfolgter Preisanpassungen bezahlt habe, begründe schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten. Im Hinblick auf die langfristigen und mit Krediten finanzierten Investitionen sei der Netzbetreiber auf Planungssicherheit angewiesen, deren Gewährleistung auch im Allgemeininteresse liege. Nachdem die Kalkulation der Netzentgelte nach der VV Strom II plus erfolgt sei, was der Gesetzgeber ausdrücklich als gute fachliche Praxis anerkannt habe, und die Stromentgelte nach der BTOEIt behördlich genehmigt wurden, habe für einen Netzbetreiber bis zum Inkrafttreten der StromNEV keinerlei Veranlassung bestanden, eine Unbilligkeit seiner Entgelte anzunehmen.

Der von der Klägerin erklärte Vorbehalt sei wegen widersprüchlichen Verhaltens unbeachtlich, weil die Klägerin über Jahre hinweg die Leistungen der Beklagten in Anspruch genommen und die Jahresabrechnungen unwidersprochen gelassen habe. § 124 BGB sei auch hier entsprechend heranzuziehen. Die Schreiben der Klägerin seien beiderseits interessengerecht dahin auszulegen, dass die Klägerin nur einen "einfachen" Vorbehalt erklärt habe, der die Wirkung des § 814 BGB ausschließe, aber die Beweislast nicht verändere. Eine Zwangslage habe für die Klägerin nicht bestanden, da sie sich im Wege der einstweiligen Verfügung ohne weiteres habe Zugang zum Netz der Beklagten verschaffen können. Der Vorbehalt habe sich zudem nur auf die Abschlagszahlungen bezogen und sei bei den Endabrechnungen nicht wiederholt worden.

In dem Stromhändler-Rahmenvertrag zwischen den Parteien sei eindeutig vereinbart, dass die VV Strom II plus Grundlage der Entgeltkalkulation sein solle. Damit sei der Umfang des Bestimmungsrechts vertraglich eingeschränkt. Die Klägerin könne nur mit dem Einwand gehört werden, die Netzentgeltkalkulation habe nicht der VV Strom II plus entsprochen. Dazu trage die Klägerin aber nichts Konkretes vor.

Wegen § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG sei die Billigkeit der Netznutzungsentgelte nur darauf zu überprüfen, ob entsprechend der VV Strom II plus kalkuliert worden sei. Dies sei bei der Beklagten der Fall. Falls der bisherige Sachvortrag nicht als ausreichend angesehen werde, müsse der Beklagten Gelegenheit zur Ergänzung gegeben werden.

Dass die Beklagte ihre Kalkulation nicht offen gelegt habe, rechtfertige nicht den Schluß, dass ihre Entgelte unbillig seien. Zu einer Offenlegung sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, jedenfalls nicht ohne ausreichenden Vortrag der Klägerin, warum die Entgelte der Beklagten trotz Anwendung der VV Strom II plus überhöht seien. Die Schätzung des Landgerichts erfolge auf einer unzutreffenden Grundlage. Zwischen den Netznutzungsentgelten der Beklagten und den Netznutzungsentgelten des vorgelagerten Übertragungsnetzbetreibers bestehe keine Vergleichbarkeit. Das Entgelt an den Betreiber des vorgelagerten Netzes mache außerdem nur einen Bruchteil des Netznutzungsentgeltes der Beklagten aus, so dass aus einer Überhöhung dieses Entgelts nicht geschlossen werden könne, auch das Entgelt der Beklagten sei um 16% überhöht.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19.11.2008 sei das Interesse der Beklagten an der Wahrung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch Art. 12 GG geschützt und mit dem Interesse an einem effektiven Rechtsschutz abzuwägen. Dies müsse in der Form geschehen, dass die Beklagte zunächst durch Zeugenbeweis belegen könne, dass sie die Netznutzungsentgelte nach der VV Strom II plus kalkuliert habe. Erst wenn dies nicht ausreiche oder die Klägerin darlege, dass eine Kalkulation nach der VV Strom II plus nicht zu billigen Entgelten führe, komme eine abgestufte weitere Offenlegung der Kalkulation in Betracht. Aus der nicht erfolgten Offenlegung könne daher nicht auf eine Unbilligkeit der Entgelte geschlossen werden.

Die Beklagte könne sich außerdem auf § 818 Abs. 3 BGB berufen. In den an sie gezahlten Netznutzungsentgelten seien auch die Entgelte für die Nutzung der Netze vorgelagerter Netzbetreiber enthalten. Diese würden nach der VV Strom II plus zwar von der Beklagten in Rechnung gestellt; sie sei insoweit aber nicht Leistungserbringer, sondern nur Zahlungsvermittler. Die Höhe dieser Entgelte brauche sie nicht bekannt zu geben, weil die Klägerin sie bei den einzelnen, ihr bekannten Netzbetreibern erfragen könne.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

II.

Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass gemäß § 315 BGB das billige Netznutzungsentgelt einschließlich Mess- und Verrechnungsentgelte für die Nutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer Kunden im Netzgebiet der Beklagten in den Jahren 2003 und 2004, einschließlich der Nutzung vorgelagerter Netze, auf 84% der in Rechnung gestellten Beträge festzusetzen ist. Auf dieser Grundlage hat es der Klägerin zu Recht 3.880,21 EUR brutto an rechtsgrundlos erbrachten Leistungen zugesprochen (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB).

A. Berufung der Beklagten

1. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt.

In Fällen, in denen der Zahlungsbetrag vom Gericht rechtsgestaltend zu bestimmen ist, ist ein unbestimmter Klageantrag zulässig, vorausgesetzt der Kläger teilt die tatsächlichen Grundlagen für die Festsetzung mit (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 253, Rn. 12; BAG NZA 1996, 1038). Das ist der Fall. Die Klägerin hat Aufstellungen der nach ihren Angaben in den Jahren 2003 und 2004 geleisteten Zahlungen, der versorgten Kunden und ihres Energieverbrauchs (Anl. K 1 und K 37) sowie die Preisblätter mit den ab 1.1.2003 und ab 1.1.2004 geltenden Preisen vorgelegt (K 2, K 36). Die Ermittlung des billigen Entgelts und eines etwaigen Rückzahlungsbetrages ist damit möglich.

Soweit die Klägerin dabei auch die übergewälzten Entgelte für die Nutzung vorgelagerter Netze einbezieht, wird deutlich, dass die von der Beklagten in den Jahren 2003 und 2004 verlangten Netznutzungsentgelte einschließlich der Mess- und Verrechnungsentgelte auch insoweit überprüft werden sollen, als darin übergewälzte Entgelte für Nutzung vorgelagerter Netze enthalten sind. Der Einwand der Beklagten, dass die Klägerin nicht ausgeführt habe, ob und bezüglich welcher Kunden welche Netznutzungsentgelte von welchen vorgelagerten Netzen übergewälzt wurden, berührt die Zulässigkeit des Klageantrags damit nicht. Der Rahmen für die gerichtliche Entgeltbemessung ist hinreichend deutlich abgesteckt. Eine Ausgrenzung einzelner übergewälzter Entgelte für die Nutzung bestimmter vorgelagerter Netze ist ersichtlich nicht gewünscht.

2. Das Landgericht hat die von der Beklagten verlangten Tarife zu Recht nach § 315 Abs. 3 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüft.

a) § 315 BGB ist anwendbar, da vereinbarungsgemäß die Beklagte das jeweilige Entgelt einseitig bestimmen sollte.

Für den streitigen Zeitraum sind die Stromhändler-Rahmenverträge vom 14.2./10.4.2001, 30.12.2002 und 26.3./6.4.2004 maßgeblich (Anl. K 2, K 38). Alle drei Verträge sehen vor, dass die Netznutzung durch den Lieferanten erfolgt, wenn ein Stromlieferungsvertrag zur Vollversorgung des Endkunden vorliegt, und der Lieferant ein Netznutzungsentgelt nach dem jeweiligen Preisblatt zahlt (Ziffer 1.2,1.3 und 7.1 des Vertrages vom 14.2./10.4.2001,1.3, 6.1 und 6.2 des Vertrages vom 30.12.2002 und 1.3 und 6.2 des Vertrages vom 26.3/6.4.2004). Unbestritten hat die Klägerin vorgetragen, die Netznutzung sei ab dem Vertrag vom 14.2/10.4.2001 im Wege des "Doppelvertragsmodells" bei ruhenden Netzanschluss- und Netznutzungsverträgen zwischen den Kunden der Klägerin und der Beklagten erfolgt und sie habe ihre Kunden stets nur auf der Basis von "all-inclusive-Verträgen" versorgt. Im streitigen Zeitraum ist die Zahlung der Netznutzungsentgelte in der Form erfolgt, dass der Klägerin Abschlagszahlungen in Rechnung gestellt wurden, über die die Beklagte jährlich abrechnete.

In Ziffer 13.3, 14.3 und 14.3 der Verträge ist jeweils festgelegt, dass die im Preisblatt angegebenen Preise vom Netzbetreiber angepasst werden können. Mit Schreiben vom 28.1.2003 und vom 9.12.2003 hat die Beklagte der Klägerin neue, geänderte Preisblätter übersandt (Anl. K2, 39,41).

Durch die Bezugnahme auf das jeweils geltende Preisblatt und die Preisänderungsvorbehalte wurde der Beklagten das Recht eingeräumt, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung der Klägerin zu bestimmen. Auch das zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Vertrags zu zahlende Entgelt wurde nicht individuell vereinbart, sondern stellte ein von der Beklagten einseitig bestimmtes Entgelt dar. Denn das bei Vertragsschluß geltende Preisblatt gab nur das im Zeitpunkt des Vertragsbeginns von der Beklagten für gültig erachtete Ergebnis eines Preisfindungsverfahrens wieder, an dem die Klägerin zu keiner Zeit beteiligt war, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihr nicht bekannt waren und dessen Ergebnis sie weder nachvollziehen noch beeinflussen konnte (BGH NJW 2006, 884, Tz. 10 - Stromnetznutzungsentgelt I; BGH NJW 2008, 2175 Tz. 18 ff., 22 ff. - Stromnetznutzungsentgelt III).

Dessen ungeachtet ergibt sich das den Anwendungsbereich des § 315 BGB eröffnende einseitige Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten vorliegend auch aus dem Gesetz. Nach der bei Vertragsschluss maßgebenden Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG 1998 haben Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen anderen Unternehmen ihr Netz für Durchleitungen zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die nicht ungünstiger sein dürfen, als die in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellten Bedingungen. Die Beklagte war hiernach gehalten, nach Art eines Tarifs allgemeine Preise zu bilden, die den in vergleichbaren Fällen angesetzten internen Leistungsentgelten entsprechen und in den Verträgen mit externen Nutzen nicht überschritten werden dürfen. Damit ist der Beklagten das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden (BGH NJW 2008, 2175, Tz. 19, 20 - Stromnetznutzungsentgelt III). Dieses Recht hat sie durch die Festlegung von allgemeinen Preisen und deren Bekanntgabe in ihren Preisblättern ausgeübt.

b) Darüber hinaus ist § 315 BGB auch deshalb anwendbar, weil die Beklagte eine Monopolstellung hinsichtlich des Stromverteilungsnetzes in ihrem Versorgungsbereich hat.

Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, müssen nach billigem Ermessen festgesetzt werden und sind einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen (BGH NJW 2007, 1672 Tz. 17 und NJW 2007, 2540 Tz. 33). Im Verhältnis zwischen Stromlieferanten und Netzbetreibern hat der Netzbetreiber typischerweise ein Monopol inne und der Lieferant ist auf die Nutzung des Netzes nicht weniger angewiesen, als dies bei Leistungen der Daseinsvorsorge typischerweise der Fall ist (BGH NJW 2008, 2175 - Stromnetznutzungsentgelt III Tz. 24). Dass die Beklagte die einzige Betreiberin eines allgemeinen Stromverteilungsnetzes für ihr Versorgungsgebiet ist, stellt sie nicht in Frage. Eine Monopolstellung entfällt auch nicht durch ihr Argument, die Klägerin habe sich im Wege der einstweiligen Verfügung Zugang zum Netz der Beklagten verschaffen können. Ein durchsetzbarer Zugangsanspruch sagt nichts über die Frage aus, welches Entgelt die Klägerin für diesen Zugang zu akzeptieren hatte. Insoweit befand sich die Klägerin in der Lage, den Forderungen der Beklagten nicht durch die Wahl eines anderen Vertragspartners ausweichen zu können.

c) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Preise und die vor der Erklärung eines Vorbehalts durch die Klägerin erfolgten, von der Klägerin hingenommenen Preiserhöhungen hätten zu vereinbarten Preisen geführt, die nicht mehr der Kontrolle nach § 315 BGB unterliegen. Zwar kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofes der ursprüngliche oder später erhöhte Preis nicht mehr nach § 315 BGB überprüft werden, wenn der Kunde eine auf der Grundtage eines solchen Preises vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, indem er weiterhin Gas bezogen hat, ohne die Preiserhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB zu beanstanden. In diesem Fall wird der zum Zeitpunkt der Jahresabrechnung geltende, zuvor einseitig erhöhte Tarif zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Preis; er kann deshalb im Rahmen einer weiteren Preiserhöhung nicht mehr gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit überprüft werden (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 36). Diese Einschränkung gilt jedoch nicht in den Fällen, in denen bei Leistungen der Daseinsvorsorge wegen einer Monopolstellung des Versorgers oder wegen eines Anschluss- und Benutzungszwanges eine Überprüfung der Billigkeit des Preises in entsprechender Anwendung des § 315 BGB geboten ist (BGH NJW 2008, 2175 Tz. 24 -Stromnetznutzungsentgelt III; Münch.Komm.BGB-Gottwald, 5.Aufl. [2007] § 315 Rn, 22).

d) Der Einwand der Beklagten, § 315 BGB sei vorliegend abbedungen und an seine Stelle sei durch die "Verrechtlichung" der Verbändevereinbarung II plus gemäß § 6 Abs. 1 EnWG 1998 eine Leistungsbestimmung durch den Gesetzgeber gemäß § 317 Abs. 1 BGB getreten, geht fehl. Ein Fall des § 317 BGB liegt vor, wenn die Parteien einem Dritten die Befugnis einräumen, die geschuldete Leistung zu definieren und dadurch den Vertragsinhalt rechtsgestaltend zu ergänzen (Münch.Komm.BGB-Gottwald aaO. § 317 Rn. 6; Palandt/Grüneberg, BGB 68. Aufl. [2009] § 317 Rn. 3). Die Verbändevereinbarung definiert lediglich Preisfindungsprinzipien, deren Anwendung eine Preisbildung vermuten läßt, die dem Gesetzeszweck (§ 1 EnWG) Rechnung trägt (BGH NJW 2008, 2175 Tz. 30). Eine eindeutige Leistungsbestimmung wird daher durch die Verbändevereinbarung nicht vorgegeben. Von einem Übergang des Leistungsbestimmungsrechts auf den Gesetzgeber kann daher keine Rede sein.

e) In die Überprüfung nach § 315 BGB waren auch die Netznutzungsentgelte vorgelagerter Netzbetreiber einzubeziehen, die von der Beklagten an diese bezahlt und der Klägerin weiterberechnet wurden.

Soweit die Beklagte behauptet, hinsichtlich dieser Entgelte nur Zahlungsvermittler gewesen zu sein und keine Verpflichtung gehabt zu haben, deren Festlegung durch die vorgelagerten Verteilernetzbetreiber überprüfen zu lassen, kann dem nicht gefolgt werden.

Nach Ziffer 6.2 des Vertrages vom 30.12.2002/10.1.2003 bezieht sich das Entgelt ausdrücklich auf die Nutzung des Netzes des Netzbetreibers und aller diesem Netz vorgelagerten Netze; im Gegensatz dazu behandelt Ziffer 6.5 des Vertrages die Konzessionsabgabe als eigene Position, die die Beklagte dem Lieferanten mit dem Netznutzungsentgelt in Rechnung stellt (Anl. K 2). Identische Bestimmungen enthalten Ziffern 6.2 und 6.5 des Vertrages vom 26.3./6.4.2004 (Anl. K 38).

Dass die Kosten für die Durchleitung durch vorgelagerte Netze Bestandteil des Netznutzungsentgeltes sind, das der letzte Netzbetreiber dem Lieferanten in Rechnung stellt, entspricht auch der Konzeption der VV Strom II plus. Ziffer 2.2.1 der VV Strom II plus bestimmt in Satz 3: "Mit dem Netznutzungsentgelt und ggf. dem Entgelt nach Ziffer 2.2.5 werden beim jeweiligen Netzbetreiber die Nutzung der Spannungsebene, an die der Netznutzer angeschlossen ist, und aller überlagerten Spannungsebenen abgegolten." Diese Regelung bedeutet, dass der Netzbetreiber gegenüber seinem Kunden die anteiligen Netznutzungskosten der vorgelagerten Netzebenen im eigenen Namen und auf eigenen Rechnung abrechnet (Schütte/Höch/Schweers, Berliner Kommentar zum Energierecht, VV Strom II plus, Rn. 81). Die anteiligen Kosten für die Nutzung vorgelagerter Netzebenen bilden eine Kostenposition für die Kalkulation seines Netznutzungsentgelts; die Annahme, der Netzbetreiber sei insoweit lediglich als Inkassounternehmen für die vorgelagerten Netzbetreiber tätig, steht mit der Einführung eines transaktionsunabhängigen Modells durch die VV Strom II plus, bei dem dem Netzkunden nur ein Vertragspartner gegenüberstehen soll, nicht in Einklang (Schütte/Höch/Schweers, aaO, Rn. 80,81, 82).

Die Frage, ob die Beklagte verpflichtet war, die ihr in Rechnung gestellten Netznutzungsentgelte vorgelagerter Netzbetreiber ihrerseits überprüfen zu lassen, ist an dieser Stelle nicht zu erörtern.

3. Ansprüche der Klägerin sind nicht verwirkt.

a) Das Recht zur Klage nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegt keiner Ausschlußfrist; es kann aber durch illoyale Verzögerung der Klageerhebung verwirkt werden (Palandt-Heinrichs, aaO, § 315, Rn. 17; BGH NJW 1986, 1803, 1805; BAGE 18,54). Ein Recht ist danach verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, daß dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muß sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, daß ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BGH NJW 1986, 1803, 1805). Dabei ist eine Gesamtbeurteilung der Interessenlage beider Parteien vorzunehmen. Diese muss ergeben, dass eine Versagung einer weiteren Rechtsausübung eine angemessene Konsequenz des Verhaltens des Berechtigten ist (Münch.Komm.BGB-Roth 5. Aufl. [2007] § 242 Rn. 301 mwN.). Danach ist im Streitfall keine Verwirkung eingetreten.

b) Die Beklagte vermag aus der Regelung des § 124 Abs. 1 BGB kein Argument für die Annahme einer Verwirkung herzuleiten. Sie führt einerseits durch reinen Zeitablauf zum Rechtsverlust, ohne auf es auf das Vorliegen vertrauensbegründender Umstände ankäme.

Zum anderen ist die Regelung des § 124 Abs. 1 BGB auf die spezifische Situation eines getäuschten oder bedrohten Geschäftspartners zugeschnitten, der sich nach dem Erkennen der Täuschung oder dem Ende der Zwangslage in einer klar umrissenen Entscheidungssituation befindet. Es handelt sich deshalb um eine Sondervorschrift, die nicht auf die Situation einer Vertragspartei passt, die dem Leistungsbestimmungsrecht der Gegenpartei unterworfen ist und gegen dessen Ausübung nach § 315 Abs. 3 BGB vorgehen kann.

c) Es kann dahinstehen, ob nach Ablauf von drei Jahren - entsprechend der Handhabung in Fällen, in denen die Fälligkeit und damit der Beginn der Verjährung von der Stellung einer Rechnung abhängt (Palandt-Heinrichs, aaO, § 199, Rn. 6) - das Zeitmoment als erfüllt angesehen werden kann (vgl. OLG Thüringen OLGR Jena 2008, 637; OLG München Beschluss vom 13.3.2008 Az. U (K) 5834/07). Jedenfalls fehlt es an zusätzlichen auf einem Verhalten der Klägerin beruhenden Umständen, die bei objektiver Betrachtung als ein Indiz für ein Abstandnehmen von den sich aus § 315 Abs. 3 BGB ergebenden Rechten gedeutet werden könnten. Stattdessen hat die Klägerin bewusst Tatsachen geschaffen, die bei objektiver Betrachtung jedem Vertrauen der Beklagten in eine Anerkennung der von ihr festgesetzten Tarife und einen Verzicht auf das sich aus § 315 Abs. 3 BGB ergebende Klagerecht die Grundlage entzogen haben.

aa) Mit Schreiben vom 9.8.2000, 6.9.2000, 14.2.2001, 7.8.2001, 23.7.2002, 30.12.2002 und 26.3.2004 hat die Klägerin jeweils erklärt, sie behalte sich vor, die in Rechnung gestellten Entgelte energie- und kartellrechtlich überprüfen zu lassen; insoweit erfolge die Zahlung der Entgelte unter Vorbehalt (Anl. K 3, K 33). In der Einzugsermächtigung vom 27.3.2001 hat sie darauf verwiesen, dass die Erteilung erfolge, ohne die Zulässigkeit der Erhebung der Beträge für Netznutzung, Abrechnung oder Zählung anzuerkennen; sämtliche diesbezüglichen Zahlungen erfolgten unter dem Vorbehalt der Rückforderung (Anl. K 3). Mit Schreiben vom 30.8.2004 hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die erklärten Vorbehalte den Abschluss einer verjährungshemmenden Vereinbarung vorgeschlagen (Anl. K 33).

Die Klägerin hat damit im Jahr 2000, bei Übersendung der beiden Verträge vom 14.2./10.4.2001 und 30.12.2002 und nochmals im Laufe des Jahres 2004 die Höhe der Netznutzungsentgelte in Frage gestellt und die erfolgten Zahlungen unter Vorbehalt einer rechtlichen Überprüfung gestellt. Sie hat schon zu Beginn des gemeinsamen Vertragsverhältnisses in unmissverständlicher Weise kundgetan, die von der Beklagten bestimmten Entgelte gerichtlich überprüfen lassen zu wollen. Beim Abschluss neuer Verträge hat sie ihren Vorbehalt jeweils in den Begleitschreiben zur Übersendung der von ihr unterzeichneten Verträge erneuert, und ihren Willen mehrfach bekräftigt. Durch den Vorschlag zum Abschluss verjährungshemmender Vereinbarungen wurde der Beklagten zudem deutlich gemacht, dass in dem Zuwarten mit einer Klageerhebung kein Verzicht auf das Klagerecht gesehen werden konnte.

Vor diesem Hintergrund hat auch die Tatsache, dass die Klägerin mehrere Jahresabrechnungen der Beklagten widerspruchslos bezahlt hat, keine Indizwirkung für ein Akzeptieren der zugrunde liegenden Entgeltfestsetzung. Eine gemeinsam festgestellte Abrechnung lag nicht vor. Die widerspruchslose Bezahlung einer Rechnung wird allgemein nur als ein Indiz für deren Richtigkeit gewertet (BGH NJW-RR 2007, 530). Diese Indizwirkung war jedoch im Streitfall durch die mit der Vertragsunterzeichnung verbundene und später erneuerte Vorbehaltserklärung entkräftet.

Eine Klärung der Frage, welche Netzentgelte zulässig waren, war auch bis Ende 2004 - dem Ende des streitigen Abrechnungszeitraumes - nicht eingetreten, so dass die Beklagten auch nicht davon ausgehen konnten, die Vorbehalte seien gegenstandslos geworden.

bb) Die Beklagte hat die genannten Schreiben auch erhalten. Auf die Schreiben vom 7.8.2001 und 30.8.2004 hat die Beklagte mit Schreiben vom 10.8.2001 und 24.9.2004 (Anl. K 18, K 33) Bezug genommen, den Eingang der Schreiben vom 30.12.2002 und 26.3.2004 unterschriftlich bestätigt. Von der Einzugsermächtigung hat die Beklagte unstreitig Gebrauch gemacht. Die Beklagte hat zwar den Zugang dieser und der übrigen Schreiben mit Nichtwissen bestritten, weil nach dem erheblichen Zeitraum deren Eingang "nicht mehr sicher verifiziert" werden könne. Auf den nachfolgenden konkreten Vortrag der Klägerin zur Übersendung der Schreiben vom 14.2.2001, 7.8.2001 und 30.12.2002 mit den unterzeichneten Verträgen und die Verwendung der Einzugsermächtigung hat sie nicht mehr substantiiert erwidert, so dass der klägerische Vortrag nicht mehr ausreichend bestritten ist.

Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist außerdem nur in Bezug auf Tatsachen zulässig, die nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung waren (§ 138 Abs. 4 ZPO). Nur in Ausnahmefällen kann ein Bestreiten eigener Wahrnehmungen in Betracht kommen. Die Partei hat dann nach der Lebenserfahrung glaubhaft zu machen, von bestimmten Vorgängen keine Kenntnis mehr zu haben (BGH NJW 1995, 130, 131 mwN.). Ein substantiiertes Vorbringen der Beklagten hierzu fehlt. Die Schreiben vom 14.2.2001 war nach dem Vortrag der Klägerin ein Begleitschreiben zu dem unterschriebenen Vertragsformular, nahm darauf Bezug und enthielt die Adressenangabe. Es liegt fern, dass die Beklagte keine Auskunft mehr dazu zu geben vermag, ob dem für sie so wesentlichen Vertragsformular auch das nicht minder wichtige Begleitschreiben beigegeben war.

Im übrigen ist der Senat auch überzeugt, dass die Schreiben der Beklagten zugegangen sind. Die Beklagten haben in allen zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahren den Erhalt der Vorbehaltsschreiben pauschal bestritten. Im vorliegenden Fall ist dieses Bestreiten durch den nachweislichen Zugang der Schreiben vom 7.8.2001, 30.12.2002, 30.8.2004 und 24.9.2004 teilweise widerlegt. Das Schreiben vom 14.2.2001 war ein Begleitschreiben zur Übersendung des unterzeichneten Vertrages vom 14.2./10.4.2001 und enthielt die Adressenangabe; den Erhalt des Vertrages hat die Beklagte nicht bestritten, so dass es der Vernehmung des dazu angebotenen Zeugen ... nicht bedarf. Die Schreiben enthielten außerdem für das Vertragsverhältnis wichtige Erklärungen; es erscheint deshalb kaum vorstellbar, dass die Beklagte diese nicht zu ihren Vertragsunterlagen genommen hat. Schließlich hat die Beklagte dem Vortrag der Klägerin nicht widersprochen, die Klägerin habe sich im späteren Schriftverkehr - insbesondere mit Schreiben vom 30.8.2004 und 8.12.2005 - auf ihre erklärten Vorbehalte bezogen, ohne dass die Beklagte deren Erhalt bestritten habe (Anl. K 33).

Die Unterzeichnerin der Vorbehaltsschreiben vom 23.7.2002 und vom 30.12.2002 war auch vertretungsberechtigt. Den Vortrag der Klägerin, ihre Mitarbeiterin sei als Sachbearbeiterin im Bereich Netznutzung/Vertragsmanagement nach § 54 HGB ermächtigt gewesen, die standardmäßigen Vorbehaltserklärungen der Klägerin abzugeben, hat die Beklagte nicht mehr bestritten. Unabhängig davon hätte die Klägerin ein etwaiges vollmachtloses Handeln wirksam genehmigt. Die Beklagte hat keines der Vorbehaltsschreiben wegen fehlender Bevollmächtigung zurückgewiesen, so dass eine nachträgliche Genehmigung möglich ist (§ 180 S. 2, § 177 Abs. 1 BGB). Die Genehmigung liegt in den späteren Schreiben der Klägerin, mit denen sie auf die früher erklärten Vorbehalte Bezug nahm, jedenfalls aber in der Bezugnahme auf die Schreiben in der Klageschrift.

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Klägerin auch nicht gehalten, ihren Vorbehalt bei jeder Jahresabrechnung zu wiederholen. Schon aus dem ersten Schreiben der Klägerin ging eindeutig hervor, dass sie die Höhe der Netznutzungsentgelte grundsätzlich - und nicht nur für bestimmte Abrechnungszeiträume - für unberechtigt hielt, und sich der Vorbehalt nicht mit einer nachfolgenden Abrechnung erledigte. Eine Klärung der Frage, welche Netzentgelte zulässig waren, war auch bis Ende 2004 - dem Ende des streitigen Abrechnungszeitraumes - nicht eingetreten, so dass die Beklagten auch nicht davon ausgehen konnten, die Vorbehalte seien gegenstandslos geworden

dd) Es fehlt darüber hinaus auch Vortrag der Beklagten dazu, dass sie sich darauf eingerichtet habe, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, und deshalb unzumutbar belastet würde. Dass keine Rückstellungen gebildet wurden, reicht dafür nicht aus (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 242, Rn. 95).

4. Das angemessene Netznutzungsentgelt einschließlich der Mess- und Verrechnungspreise ist auf 84% der von der Beklagten berechneten Preise festzusetzen (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB).

Nachdem die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen ist, wie sie ihre Netznutzungsentgelte für die Jahre 2003 und 2004 gebildet hat, legt der Senat für die Bestimmung der billigen Entgelte die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte für eine Überhöhung der Netznutzungsentgelte zugrunde. Diese rechtfertigen die Annahme, dass die Entgelte der Beklagten um 16% Überhöht sind.

a) Die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der Preisfestlegung liegt bei der Beklagten.

Im Fall des § 315 BGB ist es grundsätzlich Sache des Leistungsbestimmungsberechtigten, die tatsächlichen Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Billigkeit der von ihm getroffenen Leistungsbestimmung ergibt (BGH NJW 2003, 3131, 3132; Münch.Komm.BGB-Gottwald, 5. Aufl. § 315 Rn 54 mwN.). Dies gilt auch im Rückforderungsprozess, wenn der Bestimmungsunterworfene nur unter Vorbehalt geleistet hat (BGH NJW 2008, 2175 Tz. 27 mwN.). Vorliegend hat die Klägerin - wie bereits dargelegt - in ihren Schreiben vom 14.2.2001, 27.3.2001, 7.8.2001, 23.7.2002 und 31.12.2002 und 26.3.2004 einen ausdrücklich auf eine kartellrechtliche und energierechtliche Überprüfung der in Rechnung gestellten Entgelte bezogenen Vorbehalt erklärt und mehrfach erneuert. Die von der Klägerin erklärten Vorbehalte sind wortgleich oder fast wortgleich mit dem Vorbehalt in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.10,2005 (NJW 2006, 884). Der Bundesgerichtshof hat ihn dort als ausreichend angesehen, um die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten aufzuerlegen.

Die von der Beklagten herangezogene Unterscheidung zwischen "einfachem" Vorbehalt - der lediglich die Wirkung der Leistung als Anerkenntnis ausschließen und dem Leistenden die Möglichkeit offen halten soll, das Geleistete nach § 812 BGB zurückzufordern - und "erweitertem" Vorbehalt - der eine Erfüllungswirkung der Leistung ausschließt und dazu führt, dass im Rückforderungsprozess die Beweislast den Leistungsempfänger trifft - (vgl. BGH NJW 2003, 2014/2017), ist für den Streitfall ohne Bedeutung. Hierbei handelt es sich lediglich um Auslegungshilfen, auf die zurückgegriffen werden kann, wenn mit einem erklärten Vorbehalt keine eindeutige Aussage zu seiner Reichweite verbunden ist. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Denn die Klägerin macht deutlich, dass sie die Preisbildung bei den Netznutzungsentgelten für grundsätzlich unangemessen hält. Sie hat die Bedeutung ihrer Vorbehaltserklärung klar umrissen und zum Ausdruck gebracht, dass sie sich mit dieser Erklärung ihre Rechte aus § 315 BGB ungeschmälert erhalten will.

Die Schreiben der Klägerin vom 11.10.2000 und 18.10.2000 (Anl. K 19, BK 9) können im Verhältnis zur Beklagten nicht als Auslegungshilfe herangezogen werden, weil sie an einen anderen Netzbetreiber gerichtet und der Beklagten unbekannt waren und weil sie die Reaktion auf eine Weigerung des dortigen Netzbetreibers darstellten, den Durchleitungsvertrag zu unterzeichnen. Der Vorbehalt der Klägerin ist auch nicht deshalb unwirksam, weil ihn die Klägerin in gleicher Formulierung auch gegenüber anderen Netzbetreibern verwendet hat. Es handelt sich nämlich um eine einseitige Erklärung der Klägerin; einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders sind keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Palandt-Heinrichs, aaO, § 305, Rn. 7).

b) Die Beklagte kann sich nicht zu ihren Gunsten auf die Vermutung in § 6 Abs. 1 S. 5 aF EnWG berufen, wonach bei Einhaltung der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2003 (W Strom II plus) die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet wurde, es sei denn, dass die Anwendung der Vereinbarung insgesamt oder die Anwendung einzelner Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet war, wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten.

Die Vermutung wirkt nicht über den angegebenen Zeitraum hinaus und damit keinesfalls für das Jahr 2004 (BGH NJW 2006, 884 Tz. 27).

Die Vermutungswirkung des § 6 Abs. 1 S. 5 aF EnWG setzt außerdem eine "Einhaltung" der Verbändevereinbarung voraus. Diese bestreitet die Klägerin, indem sie behauptet, die Beklagte habe Preisgestaltungsspielräume missbräuchlich zu ihren Gunsten genutzt. Die nicht auf konkrete Tatsachen gestützte Behauptung der Beklagten, bei der Kalkulation ihrer Entgelte die Verbändevereinbarung Strom II plus eingehalten zu haben, so dass zu ihren Gunsten nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis zu vermuten sei, stellt keinen hinreichenden Sachvortrag dar. Ob die Kalkulation der streitigen Netznutzungsentgelte den in der Verbändevereinbarung niedergelegten Preisbestimmungskriterien genügt, ist eine vom Gericht wertend zu beantwortende Frage (vgl. BGH NJW 2006, 884). Spätestens nachdem die Klägerin behauptet hatte, dass bei der Kalkulation Preisgestaltungsspielräume einseitig zu ihrem Nachteil ausgenutzt worden seien, wäre es nun Sache der Beklagten gewesen, die von ihr angestellten Berechnungen und deren Tatsachengrundlagen offenzulegen.

c) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie sei zu einer Offenlegung ihrer Kalkulation nicht verpflichtet.

Es ist nicht ersichtlich, dass alle Angaben, die zum Nachweis dafür erforderlich sind, dass die Netznutzungsentgelte entsprechend der Verbändevereinbarung kalkuliert wurden, schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beklagten darstellen. Energieversorgungsunternehmen müssen unabhängig von ihrer Rechtsform jährlich eine Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellen, in der Aktiv- und Passivvermögen hinreichend aufzugliedern sind (§ 9 aF EnWG, § 10 nF EnWG; §§ 242, 247, 264, 266, 275 HGB); diese und der Lagebericht über den Geschäftsverlauf (§ 289 HGB) sind im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen (§ 10 Abs. 1 EnWG, § 325 HGB) oder waren nach der alten Fassung des EnWG teilweise nur zur Einsicht bereit zu halten (§ 9 Abs. 1 aF EnWG). Der Bundesgerichtshof hat die Preisbildung dahingehend umschrieben, dass sich der vom Netzbetreiber geforderte Strompreis an den Kosten der Belieferung mit elektrischer Energie ausrichten müsse. Über die Deckung der Kosten für die Erzeugung und Leitung der elektrischen Energie sowie der Vorhaltung der dazu notwendigen Anlagen hinaus stehe ihm allerdings auch ein Gewinn zu, aus dem er die erforderlichen Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann. Weiterhin sei ihm eine angemessene Verzinsung zuzugestehen, ohne die er Fremdkapital nicht aufnehmen und Anlagekapital nicht gewinnen könne (BGH NJW-RR 1992, 183). Nach Anlage 3 der VV Strom II plus soll die Preisbildung auf der Grundlage einer kalkulatorischen Kosten- und Erlösrechnung, des handelsrechtlichen Jahresabschlusses bezogen auf die Bereiche Übertragung und Verteilung und die Übertragungs- und Verteilungspreise vergleichbarer Netzbetreiber erfolgen.

Jedenfalls ein Teil der erforderlichen Angaben (die die Beklagte mit "Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zu Kreditwürdigkeit und Kalkulation" umschreibt), ist auch in den zu veröffentlichenden Unterlagen enthalten. Soweit konkrete Angaben nicht veröffentlicht sind und die Beklagte ein Interesse an deren Geheimhaltung geltend macht, ist eine Abwägung mit dem Interesse der Klägerin an der Überprüfung der Entgelte auf ihre Billigkeit vorzunehmen. Denn anders als ein normaler Anbieter kann sich die Beklagte nicht ohne weiteres auf die Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse berufen. Vielmehr muß die Beklagte als Kehrseite des von ihr in Anspruch genommenen Leistungsbestimmungsrechts auch eine Nachprüfung ermöglichen, ob sie dieses Recht ordnungsgemäß ausgeübt hat. Das gilt um so mehr, als sie der Klägerin als Monopolist und damit nicht als gewöhnlicher, im Wettbewerb stehender, Vertragspartner gegenübersteht. Eine solche Abwägung - allerdings vor dem Hintergrund einer anderen rechtlichen Grundlage (Auskunftsverlangen des Bundeskartellamts) - nimmt auch der Bundesgerichtshof in den von der Beklagten zitierten Beschlüssen vom 19.6-2007 (KVR 60/06, KVR 17/06 und KVR 18/06) vor.

Die pauschale Weigerung der Beklagten, auch nur einzelne Bestandteile ihrer Kalkulation der Netznutzungsentgelte offenzulegen, war daher unter keinen Umständen gerechtfertigt. Auf das Beweisangebot im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.5.2009 kommt es mangels Sachvortrags nicht an.

d) Das angemessene Netznutzungsentgelt einschließlich der Mess- und Verrechnungspreise ist vom Erstgericht fehlerfrei auf 84% der von der Beklagten berechneten Preise festgesetzt worden (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB).

Das angemessene und damit billige Netznutzungsentgelt war durch eine Schätzung zu ermitteln. Die Beklagte hat ohne rechtfertigenden Grund jede Offenlegung ihrer Kalkulation verweigert. Dadurch ist es nicht möglich zu überprüfen, ob die Beklagte die Preisfindungsregeln der VV Strom II plus eingehalten hat und ob sie Bewertungsspielräume in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen des § 6 EnWG genutzt hat. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass eine Schätzung zu unterbleiben hat oder die Beklagte die gesamten erhaltenen Beträge zurückzahlen muß. Ein Unterbleiben der Schätzung wäre mit dem Schutzzweck von § 315 Abs. 3 S. 2 BGB nicht vereinbar. Der Schutz des anderen Vertragsteils vor unangemessenen Leistungsbestimmungen würde leerlaufen, wenn der Leistungsbestimmungsberechtigte die Festsetzung eines billigen Entgelts dadurch verhindern könnte, dass er sich weigert, die Grundlagen seiner Leistungsbestimmung darzulegen. Umgekehrt ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagten ein Netznutzungsentgelt zusteht, das auch nach Auffassung der Klägerin etwa zwei Drittel der berechneten Entgelte beträgt.

Wie sich aus den vorgelegten Pressemitteilungen der Bundesnetzagentur (Anlagen K 10, K 12, K 13) ergibt, hat die sog. erste Regulierungsrunde, bei der schwerpunktmäßig die Bewertung des Anlagevermögens, die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung und die kalkulatorische Gewerbesteuer überprüft worden ist, zu Kürzungen um 10 bis 16 % bei den geltend gemachten Netzkosten oder 8 bis 25% bei den Netto-Netzentgelten geführt. Diese Kürzungen wurden in nachfolgenden gerichtlichen Verfahren vom Bundesgerichtshof als grundsätzlich zulässig anerkannt.

Auch wenn diese Kürzungen durch die Regulierungsbehörden bei anderen Netzbetreibern auch andere Zeiträume und andere Rechtsgrundlagen betreffen, liefern sie doch einen Anhaltspunkt für den Umfang möglicher Kostenüberhöhungen. Die Vorschriften des EnWG über die Genehmigung der Netzentgelte sind darauf angelegt, die Netznutzungsentgelte zu ermitteln, die unter Wettbewerbsbedingungen durchsetzbar wären; die dabei auftretenden Bewertungsprobleme finden sich grundsätzlich bereits in der VV Strom II plus. Aus dem Bericht der Arbeitsgruppe Netznutzung Strom der Kartellbehörden des Bundes und der Länder (K 8) ist zu entnehmen, dass Gesichtspunkte wie Bestimmung und Bewertung des Anlagevermögens, Höhe der Vergütung für Eigenkapitalbindung einschließlich Anerkennung eines Wagniszuschlags und die Zuordnung der Kosten auf den Netzbetrieb bereits im Rahmen der Strompreisaufsicht nach § 12 BTOEIt eine Rolfe gespielt haben (S. 31/39). Auch die VV Strom II plus befasst sich in Anlage 3 unter anderem mit der Höhe der kalkulatorischen Abschreibungen und der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung. Grundlage für die Bestimmung der Netznutzungsentgelte nach § 23a EnWG wie nach § 315 BGB ist letztlich der allgemeine Ansatz, wie er bereits der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 2.10.1991 zugrunde liegt. Den Kürzungen durch die Regulierungsbehörden kommt daher eine gewichtige indizielle Bedeutung auch für die im Streitfall vorzunehmende gerichtliche Bestimmung der billigen Netznutzungsentgelte zu.

Der mittlere Wert der vorgetragenen Kürzungen bei regionalen oder lokalen Netzbetreibern lag bei etwa 16% der Netto-Netznutzungsentgelte. Dieser vom Landgericht zugrunde gelegte Wert ist eine geeignete und tragfähige Grundlage für eine sachgerechte Schätzung.

5. Ausgehend von dem Betrag von 20.906,33 EUR netto, den die Klägerin in den Jahren 2003 und 2004 als Netznutzungsentgelt gezahlt hat, beläuft sich der zurückzuzahlende Betrag auf 3.345,01 EUR netto oder 3.880,21 EUR brutto.

a) Ansprüche der Klägerin für zurückliegende Zeiträume sind nicht durch die Regelung in § 23a Abs. 5, § 118 Abs. 1b EnWG ausgeschlossen.

Die Beklagten meinen, dass nach den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 14.8.2008 - KVR 39/07 und KVR 27/07 - zu den Netznutzungsentgelten eine rückwirkende Berichtigung der Abrechnungen ausgeschlossen sei; vielmehr seien zu Unrecht erzielte Erlöse nur als sonstige Gewinne des Netzbetreibers in der folgenden Genehmigungsperiode zu berücksichtigen.

Der Bundesgerichtshof hat in den beiden Entscheidungen vom 14.8.2008 - KVR 39/07 (Vattenfall) und KVR 27/07 (Stadtwerke Engen) - ausgesprochen, § 23a Abs. 5 S. 1 EnWG schließe es aus, dass sämtliche Rechtsbeziehungen zwischen dem Netzbetreiber und den Stromversorgern nachträglich korrigiert werden müssten (KVR 39/07 Tz. 21; KVR 27/07 Tz. 32). Der Netzbetreiber dürfe zwar die zu Unrecht (weil aus überhöhten Tarifen) erzielten Übererläse nicht behalten; zu berücksichtigen seien diese, indem sie in der nächsten Genehmigungsperiode als sonstige Erlöse entsprechend § 9 StromNEV entgeltmindernd in Abzug zu bringen seien (KVR 39/07 Tz. 22 f.; KVR 27/07 Tz. 33 f.).

Diese Rechtsprechung beruht aber auf der Bestimmung des § 23a Abs. 5 EnWG und reicht daher nicht weiter als diese. § 23a Abs. 5 EnWG betrifft den Zeitraum zwischen der ersten Beantragung einer Entgeltgenehmigung nach § 23a EnWG und der Erteilung der Genehmigung; obwohl bereits die materiellen Anforderungen der StromNEV für die Bildung der Netzentgelte gelten, darf der Netzbetreiber aus Gründen der Rechtssicherheit die bisher verlangten Entgelte weiter berechnen (KVR 39/07 Tz. 8 f., 11, 21; KVR 27/07 Tz. 31, 34). Strom- und GasNEV sind erst zum 29.7.2005 in Kraft getreten, § 23a Abs. 5 EnWG in der maßgeblichen Fassung zum 13.7.2005. Nach § 118 Abs. 1b EnWG mussten Betreiber von Stromversorgungsnetzen erstmals zum 29.10.2005 einen Genehmigungsantrag nach dem EnWG stellen. Eine weitergehende Rückwirkung auf vor dem Inkrafttreten des EnWG und der Strom- und GasNEV liegende Zeiträume sieht das EnWG weder in materieller noch in formeller Hinsicht vor. § 118 Abs. 1b S. 2 EnWG regelt nur, welches Entgelt der Netzbetreiber verlangen darf, wenn er fristgemäß erstmals eine Genehmigung seiner Netzentgelte nach dem neuen Recht beantragt hat, diese Genehmigung aber noch nicht erteilt ist, und zwar nur für den Zeitraum, in dem bereits die materiellen Anforderungen des neuen Rechts gelten, aber noch nicht über die Höhe der zulässigen Entgelte entschieden wurde. Der Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 14.8.2008 geht daher fehl. Netzentgelte, die die Beklagte für die hier streitigen früheren Zeiträume zu Unrecht vereinnahmt hat, unterfallen nicht den Bestimmungen des EnWG über die Regulierung der Netzentgelte.

Gegen die Berücksichtigung etwaiger zu Unrecht vereinnahmter Netznutzungsentgelte aus den Jahren vor 2005 im Rahmen der Regulierung nach § 23a EnWG spricht auch, dass die Netznutzungsentgelte für die vor 2005 liegenden Zeiträume nach anderen Maßstäben überprüft werden als die Entgelte, die der Anwendung der StromNEV oder der GasNEV unterliegen. Die Regulierungsbehörde müsste in diesen Fällen eine Angemessenheitsprüfung nach § 315 BGB durchführen und dabei Einwendungen berücksichtigen, die im Genehmigungsverfahren nach dem EnWG keine Rolle spielen. Eine Absicht des Gesetzgebers, diese Überprüfung den Regulierungsbehörden zuzuweisen, ist den § 23a Abs. 5, § 118 Abs. 1 b EnWG nicht zu entnehmen.

b) Die Klägerin hat dargelegt, dass sie in den Jahren 2003 und 2004 für die von ihr versorgten Kunden im Netzgebiet der Beklagten Netznutzungsentgelte von 20.906,33 EUR netto an die Beklagte geleistet hat.

aa) Die Klägerin stützt sich bei der Ermittlung der Netznutzungsentgelte, die sie für jeden ihrer Kunden in den Jahren 2003 und 2004 der Beklagten schuldete, auf unstreitige oder nicht wirksam bestrittene Daten. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist nicht streitig, dass die in den Aufstellungen K 1 und K 37 von der Klägerin zugrunde gelegten Belieferungstage für die beiden Jahre zutreffend sind und dass die von der Klägerin herangezogenen Stromverbrauchsmengen der einzelnen Kunden den Jahresabrechnungen der Beklagten über die Netznutzungsentgelte richtig entnommen sind. Die Richtigkeit der Kundenlisten hat die Beklagte nicht substantiiert bestritten. Die Klägerin hat durch Vorlage der Aufstellungen K 1 und K 37 unter Angabe von Namen und Adresse die Kunden benannt, die sie in den Jahren 2003 und 2004 im Netzbereich der Beklagten versorgt habe. Die Einwendung der Beklagten, die Listen seien nicht vollständig, reicht nicht aus, den Vortrag der Klägerin streitig zu stellen. Angesichts der detaillierten Angaben der Klägerin hätte die Beklagte vortragen können und müssen, welche Kunden zu Unrecht aufgeführt seien. Die Behauptung, die Listen seien unvollständig, ist zudem unerheblich: sie kann nur bedeuten, dass die Klägerin noch mehr Kunden gehabt habe als angegeben. Dies hätte aber lediglich zur Folge, dass die Klägerin die von ihr bezahlten Beträge zu niedrig berechnet hätte, und würde die. Beklagte nicht belasten.

Die Angaben der Klägerin zu den gezahlten Netznutzungsentgelten sind nicht deshalb unsubstantiiert, weil sie nicht auf Ablesungen für den Zeitraum 1.1. bis 31.12. beruhen und die Klägerin sie auf den Jahreszeitraum umgerechnet hat Diese Berechnung ist notwendig und zulässig, weil zwischen den Parteien eine kalenderjährliche Abrechnung über die geleisteten Abschlagszahlungen erfolgte. Das haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt. Dieser vereinbarte Abrechnungsmodus ist im Rückforderungsprozess nach § 812 Abs. 1 BGB in gleicher Weise beachtlich, da die Frage welche Zahlungen aufgrund des Rahmenvertrages und damit nicht ohne Rechtsgrund erbracht worden sind, nur nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen in Verbindung mit dem nach § 315 Abs. 3 BGB ergangenen Urteil beantwortet werden kann. Dies hat aber zur Folge, dass die Klägerin nicht die für abweichende Zeiträume gezahlten Entgelte für die einzelnen Kunden zugrunde legen konnte, sondern den für das jeweilige Kalenderjahr angefallenen Betrag heranziehen musste.

Die rechnerische Richtigkeit dieser Umrechnung hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht bestritten, sondern nur die Zulässigkeit der vorgenommenen Abgrenzung, weil sie zu fiktiven Beträgen führe. Nachdem die Klägerin von tatsächlichen Verbrauchswerten und Belieferungstagen und von den Preisblättern der Beklagten ausging, geben die in den Aufstellungen der Klägerin enthaltenen Beträge auch tatsächlich angefallene Netznutzungsentgelte wieder.

bb) Die Beklagte hat nicht substantiiert bestritten, dass die Klägerin die vorgetragenen Beträge auch an sie gezahlt hat.

Die Klägerin hat unter Verweis auf die Anlagen K 1 und K 37 im einzelnen dargelegt, welche Beträge sie an die Beklagte geleistet haben will. Die Beklagte durfte sich nicht darauf beschränken, diese Zahlen ohne nähere Überprüfung zu bestreiten. Zwar ist zutreffend, dass denjenigen, der eine erbrachte Leistung aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordert, die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass der in Anspruch Genommene etwas erlangt hat (Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl., § 812, Rn. 76, 77), denn es handelt sich um eine anspruchsbegründende Tatsache.

Entscheidend ist aber, dass im vorliegenden Fall die Beklagte vereinbarungsgemäß die fälligen Zahlungen im Wege der Einzugsermächtigung selbst von einem Konto der Klägerin einzog. Erhält ein Gläubiger eine Einzugsermächtigung, wird der Zahlungsvorgang vereinbarungsgemäß in seine Sphäre verlagert. Es ist dann nicht mehr Sache des Schuldners, zum Nachweis der Zahlung im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, wann der Gläubiger von seiner Einzugsermächtigung Gebrauch gemacht hat. Für ihn reicht es zunächst aus, eine entsprechende Kontodeckung zu behaupten (Baumgärtel-Laumen-Prütting, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Bd. 1 3.Aufl § 362 Rn. 5 mwN.). Dies hat die Klägerin vorliegend konkludent getan mit ihrer Behauptung, alle Rechnungen seien abgebucht worden und es bestünden keine Rückstände. Es wäre daher nun Sache der Beklagten gewesen, konkret vorzutragen, ob und inwieweit sie trotz der bestehenden Einzugsermächtigung keine Begleichung ihrer Forderungen erreichen konnte. Dies war der Beklagten auch möglich und zumutbar. Im Fall der Einzugsermächtigung ist dem Gläubiger bekannt, welche Beträge er wann zur Begleichung welcher Forderungen eingezogen hat. Stattdessen hat sich die Beklagte auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt. Dieses Bestreiten war unzulässig, weil nach § 138 Abs. 4 ZPO eine Erklärung mit Nichtwissen (nur) im Hinblick auf Tatsachen erfolgen kann, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Dabei ist anerkannt, dass die Partei eine Informationspflicht trifft (BGH NJW 1990, 453; NJW-RR 2002, 612; Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., § 138, Rn. 14; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 138, Rn. 20); sie ist verpflichtet, die ihr zugänglichen Informationen in ihrem Unternehmen und von denjenigen Personen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind, einzuholen (BGH NJW-RR 2002, 612; BGH NJW 1999, 53), jedenfalls wenn sich bei lebensnaher Betrachtung aufdrängt, dass solche Personen über die damaligen Vorgänge orientiert sein können (BGH NJW 1995, 130). Es liegt auf der Hand, dass es der Beklagten möglich gewesen wäre, Auskunft darüber zu geben, ob sie in hinreichendem Umfang Geldbeträge vom Konto der Klägerin abbuchen konnte.

Was für das Bestreiten mit Nichtwissen gilt, muß wegen der Wahrheits- und Erklärungspflicht der Partei (§ 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO) erst recht für ein ausdrückliches Bestreiten von Tatsachen gelten, die Gegenstand der eigenen Wahrnehmung oder eigener Handlungen der Partei (wie im vorliegenden Fall die Abbuchungen vom Konto der Klägerin) waren.

c) Aufgrund der Kürzung der geforderten Netznutzungsentgelte nach § 315 Abs. 3 BGB um 16 % ergibt sich, dass die Klägerin der Beklagten insgesamt 3.345,01 Euro netto ohne Rechtsgrund bezahlt hat, was 3.880,21 EUR brutto entspricht. Die Beklagte ist um diesen Betrag bereichert und deshalb nach § 812 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung verpflichtet.

Die Beklagte kann nicht mit Erfolg einwenden, insoweit nicht mehr bereichert zu sein, als sie Entgelte an die Betreiber vorgelagerter Netze weitergeleitet habe (§ 818 Abs. 3 BGB). Wie bereits dargelegt wurde, war zwischen den Parteien vertraglich ein Entgelt vereinbart, das die Entgelte für die Nutzung vorgelagerter Netze einschloss. Die Beklagte erhielt diese Beträge daher nicht gesondert und nur zur Weiterleitung. Im übrigen fehlt jeder Vortrag der Beklagten, um welche Beträge es sich handelte; die Darlegungs- und Beweislast liegt bei der Beklagten, weil § 818 Abs. 3 BGB eine Einwendung zu ihren Gunsten darstellt (Palandt-Sprau, aaO, § 818, Rn. 55).

6. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291,288 BGB.

B. Berufung der Klägerin

Die Berufung ist unbegründet. Denn die Behauptung der Klägerin, die Netznutzungsentgelte der Beklagten seien um mindestens 30% überhöht, wird durch den zur Begründung vorgebrachten Sachvortrag nicht gestützt.

Der von der Klägerin in den Raum gestellte Wert von 30% beruht allein auf Befürchtungen des Verbandes kommunaler Unternehmen über den möglichen Umfang von Kostenkürzungen in Genehmigungsverfahren nach der StromNEV und der GasNEV bei Umsetzung bestimmter Gesetzesauslegungen in den Gemeinsamen Auslegungsgrundsätzen von Bundesnetzagentur und Landesregulierungsbehörden zur StromNEV vor allem hinsichtlich Abschreibungen, Eigenkapitalverzinsung und Gewerbesteuer (K 11). Entsprechende Kürzungen sind jedoch, wie sich aus bereits angeführten Pressemitteilungen der Bundesnetzagentur (Anlagen K 10, K 12, K 13) ergibt, tatsächlich in deutlich geringerem Umfang eingetreten. Der Umfang der Kürzungen lag bei 10 bis 18% der geltend gemachten Kosten. Nach Angaben der Klägerin belaufen sich die durchschnittlichen Kürzungen in der ersten Genehmigungsrunde auf 11,58 %? Diese Kürzungen wurden in nachfolgenden gerichtlichen Verfahren vom Bundesgerichtshof als grundsätzlich zulässig anerkannt. Wenig aussagekräftig ist ferner die als Anlage K 31 vorgelegte Auswertung genehmigter Stromnetzentgelte der Agentur .... Sie weist zwar für die Beklagte im hier interessierenden Verbrauchsbereich prozentuale Veränderungen von minus 19,58 % und minus 15,12 % aus. Die Aufstellung bezieht sich aber auf einen wesentlich späteren Zeitraum; ihr ist weder zu entnehmen, welchem Preis gegenüber die Preissenkung eingetreten ist noch aus welchen Gründen. Die in der Berufungsinstanz vorgelegte Pressemitteilung der Bundesnetzagentur vom 5.3.2008 (Anl. BK 1) berichtet über eine Kürzung des beantragten Kostenvolumens bei der £.ON Netz GmbH als Betreiberin des vorgelagerten Netzes für das Jahr 2008 um 25%, wobei neben den kalkulatorischen Kosten auch die aufwandsgleichen Kosten (z.B. der Energiebeschaffung für den Netzbetrieb) und die Kostenfolgen einer gezielten Bilanzpolitik vertieft geprüft wurden. Sie legt es nahe, dass die Kürzungen auch in der ersten Regulierungsrunde ohne den beschränkten Prüfungsumfang höher ausgefallen wären. Andererseits betrifft sie einen Einzelfall; im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen Kürzungen in der ersten Regulierungsrunde kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Kürzungen generell um 10 % höher ausgefallen wären. Aus dem Bericht der Arbeitsgruppe Netznutzung Strom der Kartellbehörden des Bundes und der Länder (K 8) ergibt sich kein bestimmter Betrag, um den die verlangten Netznutzungsentgelte überhöht waren.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sind zu Recht insgesamt der Beklagten auferlegt worden. Denn die Abweichung des zugesprochenen Betrages beruhte lediglich auf der gerichtlichen Ermessensausübung; sie hatte ihren Grund nicht darin, dass die Klägerin mit einem wesentlichen Bemessungsgesichtspunkt beweisfällig geblieben wäre, sondern dass dem Senat keine weitergehenden Schätzungsgrundlagen zur Verfügung standen, weil die Beklagte eine auch nur teilweise Offenlegung der Kalkulation verweigerte (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., §253, Rn. 14).

Für die Kosten des Berufungsverfahrens folgt die Kostenverteilung aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO (Zöller-Herget, aaO, § 97, Rn. 5).

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §711 ZPO.

V.

Die Revision war zuzulassen. Die Klägerin führt deutschlandweit zahlreiche gleichgelagerte Prozesse, in denen sich die gleichen Rechtsfragen steilen, so dass die Zulassung der Revision jedenfalls zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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