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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 1 U 991/04
Rechtsgebiete: EuGVVO


Vorschriften:

EuGVVO Art. 15 ff.
Der Begriff "Verbrauchersachen" im Sinne der Art. 15 ff. EuGVVO ist losgelöst von den nationalen Rechtsordnungen gemeinschaftsrechtlich zu bestimmen. Verbraucher in diesem Sinne ist nur der nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnde private Endverbraucher, der ein Rechtsgeschäft zur Deckung des Eigenbedarfs abschließt. (gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden; Az. BGH VIII ZR 213/04)
OBERLANDESGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

1 U 991/04

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht Schwerdtner als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Wankel und die Richterin am Oberlandesgericht Reitzenstein aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Amberg vom 12.02.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 83.631,48 EUR festgesetzt.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 83.631,48 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin mit Sitz in M /USA macht Ansprüche gegen den in A wohnenden Beklagten persönlich aus Franchisevertrag geltend, und zwar rückständige Royalty-Gebühren und einen Werbekostenbeitrag in Höhe von insgesamt 83.631,48 EUR.

Die Klägerin schloß mit der L S GmbH & Co KG mit Datum vom 30.05./21.06.2001 einen Franchisevertrag über die Gewährung des Rechts, das B K S und die B K Marken nach Maßgabe der Bestimmungen des Vertrages für den Betrieb eines B K Restaurants an dem Standort zu nutzen (Ziffer 2 (1) Anlage K 1).

Der Beklagte war und ist nach wie vor alleiniger Kommanditist der L S GmbH & Co KG (Anlage B 3) und Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär GmbH (Anlage B 1) jeweils mit Sitz in L . Der Beklagte unterzeichnete den Franchisevertrag als Gesellschafter der L S GmbH & Co KG persönlich (Anlage K 1 Seite 36)

Der Franchisevertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

4. Engagement des Franchisenehmers: Informations- und Kontrollrechte von B

...

(2) Der Franchisenehmer bestellt einen mit B abzustimmenden Verantwortlichen Ansprechpartner, der für die ordnungsgemäße Durchführung des operativen Betriebes im Rahmen des Tagesgeschäfts des Franchise-Restaurants verantwortlich zeichnet. Ein so bestellter Verantwortlicher Ansprechpartner hat vor Beginn seiner Tätigkeit das für Restaurantmanager vorgesehene Schulungsprogramm gemäß Anlage 4 zu dieser Vereinbarung erfolgreich zu absolvieren. Darüber hinaus ist der Franchisenehmer verpflichtet, die gleichen Schulungen wie der Verantwortliche Ansprechpartner zu durchlaufen. Ist der Franchisenehmer keine natürliche Person, ist aus dem Gesellschafterkreis eine Person zu bestimmen, die die gleiche Schulung wie der Verantwortliche Ansprechpartner absolviert.

...

5. Richtlinien und Einheitlichkeit

Der Franchisenehmer erkennt an, daß das B K S sowie seine einheitliche Anwendung ein fundamentaler Bestandteil dieser Vereinbarung ist und daß dessen strikte Beachtung eine notwendige, aber auch sinnvolle - insbesondere im Interesse des Franchisenehmers liegende - Verpflichtung darstellt. Er verpflichtet sich, jederzeit die Vorgaben des B K S exakt zu befolgen. Der Franchisenehmer verpflichtet sich insbesondere, jederzeit die nachstehend aufgeführten Vorgaben zu erfüllen:

...

(10) Abwerbeverbot

Der Franchisenehmer verpflichtet sich, keinen Arbeitnehmer/Angestellten von von B , eines mit B verbundenen Unternehmens oder eines anderen Franchisenehmers von B weder direkt noch indirekt abzuwerben, anzustellen oder in sonstiger Weise zu beschäftigen, es sei denn der betroffenen Arbeitnehmer/Angestellte ist bereits sechs (6) Monate aus den Diensten von B (oder eines mit B verbundenen Unternehmens) ausgeschieden oder der betreffende Arbeitgeber/Dienstherr hat vorher seine schriftliche Zustimmung zu einer Anstellung oder sonstigen Beschäftigung des Arbeitnehmers/Angestellten gegeben.

...

8. Ausbildung und Mitarbeiter

(1) Die für den Restaurantbetrieb verantwortliche Personen sowie die Mitarbeiter, denen im Einzelfall die Verantwortung für das Tagesgeschäft des Franchise-Restaurants übertragen worden ist, müssen vor Eröffnung des Restaurants erfolgreich an einem von B in D durchgeführten Schulungsprogramm gemäß Anlage 4 zu dieser Vereinbarung teilgenommen haben.

...

(2) Jede neue für den Betrieb des Franchise-Restaurants in leitender Funktion verantwortliche Person muß vor Beginn der Tätigkeit im Franchise-Restaurant das hierfür von B vorgesehene Schulungsprogramm erfolgreich absolviert haben.

(3) Der Franchisenehmer gewährleistet, daß im Franchise-Restaurant während der Dauer dieser Vereinbarung stets eine ausreichende Anzahl von geschulten Mitarbeitern beschäftigt werden, zu denen mindestens eine von B zu bestimmende Anzahl von solchen Mitarbeitern gehören muß, die das von B durchgeführte Schulungsprogramm an einem anerkannten Schulungsort erfolgreich absolviert haben.

9. Gebühren und Werbekostenbeiträge

(1) Royalties

Der Franchisenehmer verpflichtet sich, an B als Gegenleistung für die Benutzung der B K Marken und des B K S eine prozentuale Gebühr, bezogen auf den in dem im Franchise-Restaurant erzielten Umsatz zu zahlen. ...

...

(2) Werbung und Verkaufsförderung

Der Franchisenehmer verpflichtet sich, an B oder an einen von B zu bestimmenden Dritten als Werbekostenbeitrag einen prozentualen Betrag, bezogen auf den im Franchise-Restaurant erzielten Umsatz zu zahlen. Der Prozentsatz ist ebenfalls in Anlage 3 zu dieser Vereinbarung bezeichnet. Dieser Werbekostenbeitrag ist in gleicher Weise wie die Royalties gemäß vorstehender Ziff. 9 (1) zu ermitteln und zu entrichten. Die Regelungen der vorstehenden Ziff. 9 (1), letzter Absatz gelten entsprechend.

...

12. Wettbewerbsbeschränkung

(1) Der Franchisenehmer verpflichtet sich, während der Laufzeit dieser Vereinbarung kein H -Schnellrestaurant mit Selbstbedienung zu betreiben, das mit B in Konkurrenz steht. Dies gilt insbesondere für den Betrieb an einem Standort, der zu einem Wettbewerb mit einem von B oder einen B -Franchisenehmer nach dem B K S betriebenen Restaurant führt.

(2) Dem Franchisenehmer ist es ferner während der Laufzeit dieser Vereinbarung untersagt, sich an H -Schnellrestaurants mit Selbstbedienung, das mit dem Geschäft von B K Restaurants im vorstehend in Absatz (1) bezeichneten Sinne in Wettbewerb steht, zu beteiligen, falls diese Beteiligung nach Art und Umfang den Franchisenehmer dazu befähigt, die Geschäftspolitik dieses anderen Unternehmens zu beeinflussen.

...

15. Übertragung von Sachen und Rechten

(1) Dem Franchisenehmer ist es nicht gestattet, ohne Zustimmung von B über Rechte und Ansprüche aus diesem Vertrag, an dem Franchise-Restaurant oder über die zum Restaurantbetrieb notwendigen Gegenstände zu verfügen, insbesondere diese zu veräußern, zu übertragen, zu verpachten, zu belasten, zu lizenzieren oder unterlizensieren.

...

16. Verpflichtungen der Gesellschafter

(1) Alle Gesellschafter des Franchisenehmers - mehrere als Gesamtschuldner - stehen für die vollständige und rechtzeitige Erfüllung aller aus dieser Vereinbarung und seiner Beendigung resultierenden Zahlungsverpflichtungen des Franchisenehmers ein.

(2) Alle Verpflichtungen bzw. Zusicherungen nach Regelungen dieses Franchisevertrages, insbesondere solche nach Ziff. 4.(2), Ziff. 11., Ziff. 12. und Ziff. 15. (7) gelten für den vorstehend in Absatz (1) genannten Personenkreis entsprechend.

...

18. Sonstiges: Allgemeine Bestimmungen

...

(3) Gerichtsstand/Anwendbares Recht

Ausschließlicher Gerichtsstand für alle sich aus dieser Vereinbarung, ihrer Anwendung oder Beendigung ergebenden Rechtsstreitigkeiten ist das für 1010 Wien sachlich zuständige Gericht.

Diese Vereinbarung wird durch die Annahme und Unterzeichnung durch B in M , F , wirksam. Auf den Vertrag und seine Auslegung findet Ö Recht ohne jedwede Verweisung auf ausländisches Recht oder vereinheitlichtes Recht, das in Ö Anwendung finden würde, Anwendung.

...

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Gesellschafter des Franchise-Vertrages persönlich in Anspruch unter Berufung auf Ziffer 16 (1) des Franchise-Vertrages, in der sich alle Gesellschafter des Franchisenehmers verpflichten, für alle aus der Vereinbarung resultierenden Verpflichtungen garantiemäßig einzustehen.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 12.02.2004 die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Parteien gemäß Ziffer 18 (3) des Franchisevertrages eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen hätten. Unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH sei der Beklagte nicht als Verbraucher anzusehen, mit der Folge der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung W /Ö . Aber auch unter Zugrundelegung der weiteren Rechtsprechung des BGH zum Verbraucherschutz sei der Beklagte im vorliegenden Fall nicht Verbraucher sondern als Unternehmer selbst Partei des streitgegenständlichen Franchisevertrages geworden und daher nicht Verbraucher im Sinne der EuGVVO.

Gegen dieses ihr am 26.02.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin frist- und formgerecht Berufung eingelegt.

In der Berufung hält die Klägerin an ihrer Rechtsmeinung fest, der Beklagte sei Verbraucher im Sinne der Art. 15 ff EuGVVO. Eine Ausnahme im Sinne des Art. 17 EuGVVO sei nicht gegeben. Sie meint, das Landgericht Amberg sei für die erhobene Klage örtlich zuständig.

Die Klägerin beantragt daher,

das Urteil des Landgerichts Amberg vom 12.02.2004 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Amberg zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Gerichtsstandsvereinbarung im Franchisevertrag vom 30.05./21.06.2001 (Ziffer 18 (3) Anlage K 1) für wirksam, da der Beklagte wirtschaftlich gesehen den streigegenständlichen Vertrag als Unternehmer und nicht als Privatperson abgeschlossen habe. Der Beklagte sei zu 100 % Alleininhaber der Franchisenehmerin und Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Komplementär GmbH gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Auf den Franchisevertrag vom 30.05.2001/21.06.2001 (Anlage K 1) wird Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht Amberg ist örtlich unzuständig, da die Parteien in Ziffer 18 (3) des streitgegenständlichen Franchisevertrages wirksam W als Gerichtsstand vereinbart haben.

1. Die Vereinbarung der ö Gerichtsbarkeit (W ) ist grundsätzlich zulässig (Art. 23 EuGVVO). Die Vereinbarung war auch nicht wegen Verbrauchereigenschaft des Beklagten im Sinne von Art. 15 EuGVVO nach Art. 23 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 17 unwirksam. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die Anmwendbarkeit der EuGVVO bejaht. Auf die Entscheidungsgründe Seite 6-8 wird Bezug genommen (Bl. 68/70 d.A.). Im vorliegenden Fall ist die EuGVVO vom 22. Dezember 2000 anzuwenden, die in ihrem Anwendungsbereich das EuGVÜ ersetzt. Dabei entspricht Art. 15 EuGVVO im hier interessierenden Zusammenhang Art. 13 EuGVÜ. Rechtsprechung und Literatur zu Art. 13 EuGVÜ können daher ohne weiteres auf die nun bestehende Rechtslage angewendet werden. Auch aus den Materialien zum Normsetzungsverfahren (Anlage B 1 Seite 17/18) ergeben sich keine Hinweise darauf, daß die EuGVVO Änderungen im Verbraucherbegriff herbeiführen sollte. Die Neuregelung beseitigt im hier interessierenden Zusammenhang lediglich Auslegeungsprobleme zu Art. 13 EuGVÜ und stellt klar, daß es unerheblich ist, wo der Vertrag geschlossen wurde (Internetproblematik).

2. Der Beklagte ist nicht Verbraucher im Sinne von Art. 15 EuGVVO.

a) Nach allgemeiner Meinung sind europarechtliche Normen und Übereinkommen autonom, d.h. unabhängig vom nationalen Recht auszulegen (Münchener Kommentar-Gottwald ZPO, 2. Auflage 2001, EuGVVO Art. 13 Rn 2; Faber, Elemente verschiendener Verbraucherbegriffe in EG-Richtlinien, zwischenstaatlichem Übereinkommen und nationalem Zivil- und Kollisionsrecht ZEuP 1998, 844 ff. (859). Daher dürfen Begriffe, die bei der Auslegung nationalen Rechts gewonnen worden sind, nur mit großer Zurückhaltung für das Verständnis gemeinschaftsrechtlicher Normen herangezogen werden, denn sie können in ihrem jeweiligen Kontext unterschiedliche Bedeutungen haben. Konsequent ist daher auch der Begriff. "Verbrauchersachen" im Sinne der Art. 15 ff. EuGVVO von den nationalen Rechtsordnungen losgelöst gemeinschaftsrechtlich einheitlich zu bestimmen (EuGH JZ 1998, 896; Zöller-Geimer, ZPO, 24. Auflage, Art. 15 - 17 EuGVVO, Rn 4; Thomas-Putzo, 25. Auflage 2004, Art. 15 EuGVVO, Rn 1).

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bezieht sich die Vorschrift des Art. 13 EuGVÜ (jetzt Art. 15 EuGVVO) nur auf den nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnden privaten Endverbraucher. Jeder Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit hebt die Verbrauchereigenschaft auf (vgl. EuGH im Verfahren S L H in der Sammlung des EuGH 1993, I-139, RdZiffer 13; Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Auflage 2004, § 13, Rnr 3).

Der europarechtliche Verbraucherschutz knüpft nicht an den subjektiven Status der beteiligten Person ("Verbraucher") an, sondern an die streitgegenständliche Transaktion. Die Frage, ob eine Person die Verbrauchereigenschaft besitzt, ist nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung zu beantworten (funktionelle Betrachtungsweise). Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH muß ein privates Konsumgeschäft vorliegen, das sich nicht auf eine gewebliche oder berufliche Tätigkeit des Kunden beziehen darf (Heß, IPRax 2000, 370). Art. 15 EuGVVO begrenzt konsequent den prozessualen Konsumentenschutz unabhängig von der Person des Handelnden auf bestimmte Erwerbsgeschäfte, die entweder von ihrem Inhalt her oder wegen der Umstände des Vertragsschlusses als gefährlich angesehen werden.

Daher fallen nur die Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt, unter die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers als des Beteiligten, der als der wirtschaftlich schwächere Vertragspartner angesehen wird. Der mit diesen Vorschriften angestrebte besondere Schutz ist nicht gerechtfertigt bei Verträgen, deren Zweck in einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit besteht (EuGH JZ 1998, 897 linke Spalte).

Der Beklagte war im vorliegenden Fall nicht Verbraucher im Sinne dieser Rechtsprechung. Nach Ziffer 16 des Franchisevertrages haftet er als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH und als Alleinkommanditist der KG garantiemäßig für die vollständige und rechtzeitige Erfüllung aller aus der Vereinbarung entstehenden Verpflichtungen. Alle Regelungen des Vertrages gelten nach Ziffer 16 (2) auch für ihn persönlich. Aus einer Gesamtschau der nachfolgend genannten Regelungen des Vertrages ergibt sich, daß der Beklagte sein persönliches Schicksal mit der juristischen Person GmbH & Co KG untrennbar verbunden hatte.

Die Pflicht zur Bestellung eines Verantwortlichen nach Ziffer 4 (2), das Abwerbeverbot nach Ziffer 5 (10), die Ausbildungsregelung nach Ziffer 8, das Wettbewerbsverbot nach Ziffer 12 und nicht zuletzt die persönliche Haftung für R und Werbekostenbeitrag nach Ziffer 9 (1) und (2) bilden insgesamt gesehen eine Pflichtenkonzentration, die mit einem Vertrag zur Deckung des Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch nicht zu vereinbaren ist. Dazu kommt, daß der Beklagte nach Ziffer 15 seine Position als Gesellschafter in beiden Gesellschaften nur unter engen Voraussetzungen aufgeben durfte. Durch diese Regelung in Verbindung mit den soeben genannten Pflichten wollte sich die Klägerin ersichtlich über die juristische auch eine persönliche Kontinuität in ihrer Geschäftsbeziehung im Rahmen des Franchisevertrages sichern.

b) Der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verbraucherschutzgesetz und § 13 BGB entwickelte weite Verbraucherbegriff, nach dem nur Rechtsgeschäfte für selbstständige berufliche Zwecke vom Verbraucherschutz ausgeschlossen sind (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Auflage 2004, § 13, Rn 3), ist nicht auf die EuGVVO übertragbar.

aa) Nach dieser Rechtsprechung kann ein GmbH-Geschäftsführer auch dann Verbraucher sein, wenn er eine Schuld seiner GmbH übernimmt oder sich für sie verbürgt. Das Halten eines GmbH-Anteils ist demnach bloße Vermögensverwaltung und daher nicht gewerblicher oder selbstständig beruflicher Tätigkeiten zuzuordnen (BGHZ 133, 71). In BGHZ 144, 371 ff. = NJW 2000, 3133 ff. hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, daß der Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH Verbraucher im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes sein kann. Für den Fall des Schuldbeitritts entspricht dies gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 133, 71, 77 f.; 133, 220, 223). Dies gilt auch für den Fall, daß neben einer GmbH der Gesellschafter und Geschäftsführer als weiterer Leasingnehmer an einem Finanzierungsleasingvertrag beteiligt ist. Der Bundesgerichtshof sieht keinen konstruktiven Unterschied zwischen dem Beitritt eines Gesellschafters/Geschäftsführers zu einem Leasingvertrag mit seiner GmbH einerseits und dem gemeinschaftlichen Abschluß eines solchen Vertrages durch die GmbH und ihrem Gesellschafter/Geschäftsführer als weiteren Leasingnehmer andererseits. Sind mehrere Personen (juristisch/natürlich) an einem einheitlichen Kreditvertrag als Kreditnehmer beteiligt, so ist für jede Person gesondert zu prüfen, ob der Kredit nach dem Inhalt des Vertrages für ihre bereits ausgeübte gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist. Entscheidend ist, ob der Kredit nach dem Inhalt des Vertrages (auch) für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit dieser natürlichen Person bestimmt ist. Zweckbestimmungen im Hinblick auf andere Kreditnehmer haben insoweit - ebenso wie im Fall des Schuldbeitritts eines Verbrauchers zu einem Kreditvertrag - außer Betracht zu bleiben (BGH NJW 2000, 3133).

bb) Die genannte BGH-Rechsprechung kann nicht auf die Auslegung der EuGVVO angewendet werden. Das deutsche Verbraucherkreditgesetz geht über den Mindestschutzumfang der Verbraucherkreditrichtlinie hinaus und gewährt bei einem größeren Kreis von Geschäften Verbraucherschutz, als das EG-Recht es gebietet (Mankowsky JZ 1998, 899 m.w.N.). Aus der Inanspruchnahme nationaler Regelungskompetenz, die über das EG-Recht hinausgeht, kann aber kein Rückschluß auf anderes Gemeinschaftsrecht, wie es die EuGVVO darstellt, gezogen werden. Aus Sinn und Zweck der EuGVVO läßt sich vielmehr ein starker Gegenschluß ziehen: Diese Normen sollen internationale Zuständigkeitsfragen unabhängig von einzelstaatlichen Regelungen klären und bilden einen Baustein im übergreifenden Gemeinschaftsrecht. Wollte man einzelstaatliche Auslegungskriterien und Begriffsbildungen im Bereich des hier in Frage stehenden formellen Rechts mit heranziehen, würde der Zweck einer übernationalen Regelung geradezu unterlaufen. Dazu käme das unlösbare Problem, welches nationale Recht zur Auslegung mit herangezogen werden soll, wenn im nationalen Recht beider Parteien innerhalb der EU jeweils verschiedene Begriffsbildungen vorhanden wären.

Im übrigen wäre auch unter Zugrundelegung der weiten Begriffsbildung des BGH zum Verbraucherbegriff der Beklagte nicht als Verbraucher anzusehen. Aus einer Gesamtschau der oben II. 2a) Seite 15 genannten Regelungen des Vertrages ergibt sich, daß der Beklagte wirtschaftlich gesehen als Unternehmer anzusehen ist, da er im streitgegenständlichen Franchisevertrag eine Vielzahl persönlicher Pflichten übernahm und die Klägerin ersichtlich auch Wert darauf legte, daß der Beklagte mit in den vielgestaltigen Pflichtenkanon des Vertrags mit der GmbH & Co. KG einbezogen wurde. Nach den ausdifferenzierten Regelungen in dem 36 Seiten umfassenden Vertrag war der Beklagte die hinter der GmbH & Co. KG stehende Lenkungspersönlichkeit, auf die Rechte und Pflichten des Vertrages unmittelbar ausstrahlten. Damit handelte es sich um ausgeübte gewerbliche bzw. selbständige berufliche Tätigkeiten des Beklagten.

3. Nebenentscheidungen

1. Die Entscheidung über die Kosten und über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

2. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Zulassungsvoraussetzung der Entscheidungserheblichkeit im Sinne von § 543 ZPO nicht gegeben ist (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 24. Auflage, 2004, § 543 Rn. 6 a). Für die Zulassung der Revision reicht es nicht aus, daß eine streitgegenständliche Frage grundsätzliche Bedeutung hat und von rechtssystematischem Interesse ist. Nach der ZPO-Reform ist die Letztentscheidungskompetenz den Berufungsgerichten zugewiesen und die Rechtskontrolle, die der BGH als Revisionsgericht leistet, ist auf die Fälle zu konzentrieren, in denen dies unbedingt notwendig erscheint (BGH NJW 2003, 1126).

Ein Auslegungsersuchen im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 2 EGV hat der Senat nicht durchgeführt, da er der gefestigten Auslegung des Verbraucherbegriffs durch den EuGH folgt. Eine Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV besteht schon deswegen nicht, weil die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO ein Rechtsmittel im Sinne von Art. 234 EGV ist (Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der EU 2002 Rn. 504).

Verkündet am 20. Juli 2004



Ende der Entscheidung

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