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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 28.03.2001
Aktenzeichen: 1 W 887/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 141 Abs. 3
Ein Ordnungsgeld nach § 141 III 1 ZPO kann gegen die trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht erschienene Partei auch dann verhängt werden, wenn der entsandte Vertreter zwar zur Sachaufklärung beitragen kann, aber nicht zum Vergleichsabschluss bevollmächtigt ist.
1 W 887/01 12 O 2838/00 LG Nürnberg-Fürth Scha.

Nürnberg, den 28.3.2001

In Sachen

wegen Forderung,

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 1. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. August 2000 dahin abgeändert, daß das Ordnungsgeld gegen den Geschäftsführer der Beklagten auf 500,00 DM festgesetzt wird und die Auferlegung der durch sein. Ausbleiben entstandenen Kosten entfällt.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.

III. Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat im Augenscheinstermin vom 25. August 2000 gegen den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn durch Beschluß ein Ordnungsgeld von 1.500,00 DM, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft festgesetzt und ihm die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 27. Dezember 2000, eingegangen bei Gericht am 28. Dezember 2000, hat das Landgericht mit Abhilfebeschluß vom 24. Januar 2001 (Bl. 122 d.A.) den Ordnungsgeldbeschluß vom 25. August 2000 dahingehend abgeändert, daß die Höhe des Ordnungsgeldes auf 1.000,00 DM festgesetzt wird.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur zum Teil begründet.

Die formellen Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 141 III Satz 1 ZPO lagen am 25. August 2000 vor. Mit Verfügung vom 8. Juni 2000 (Bl. 20 d.A.) war der Geschäftsführer der Beklagten persönlich mit Belehrung nach § 141 III ZPO geladen worden. In der Umladung vom 5. Juli 2000 (Bl. 36 d.A.) mußte der Geschäftsführer der Beklagten nicht erneut nach § 141 III ZPO belehrt werden, da es sich nicht um eine Neuladung nach vorheriger Aufhebung des Termins, sondern nur um eine Terminsänderung handelte.

Auch die weiteren Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 141 III ZPO lagen vor.

Der im Termin vom 25. August 2000 anwesende Herr konnte zwar tatsächlich zur Sachaufklärung beitragen, war aber nicht zu Vergleichsverhandlungen berechtigt (Bl. 50 d.A.), so daß die Beklagte keinen zu einem Vergleichsabschluß ermächtigten Vertreter entsandt hatte. Im Termin vom 25. August 2000 schieden Vergleichsverhandlungen nicht von vorneherein aus, wie sich aus Seite 2 des Gerichtsprotokolls (Bl. 46 d.A.) ergibt. Danach waren sich die Parteien darüber einig, daß Vergleichsverhandlungen am Ende des Augenscheinstermins geführt werden sollten.

§ 141 ZPO ist nach inzwischen herrschender Meinung nicht Reaktionsmittel zur abstrakten Durchsetzung der gerichtlichen Autorität, sondern soll der Beschleunigung der Aufklärung des Sachverhalts dienen, die Tatsachenfeststellungen erleichtern aber auch die zügige Beendigung des Verfahrens fördern (Thomas/Putzo, ZPO, 21. Auflage, § 141 Rn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Auflage, § 141 Rd. 35; Münchner Kommentar-Peters, 2. Auflage, § 141 Rn. 28).

Auch wenn die Sanktionsmöglichkeit des § 141 I ZPO einerseits vorrangig der Sachaufklärung dient, so erschöpft sich der Zweck des Ordnungsgeldes nicht in der Herbeiführung der Entscheidungsreife. Die zweite Säule, auf die ein Ordnungsgeld gestützt werden kann besteht darin, die Parteien zur Mitarbeit an Versuchen zu kooperativen Konfliktlösungen zu veranlassen, um auf diese Weise das Verfahren zu fördern und zu beschleunigen (OLG Hamburg MDR 1988, 417; OLG Brandenburg MDR 2000, 585). Dagegen spricht auch nicht die Regelung des § 279 ZPO, der nur auf § 141 Abs. 2, nicht aber auf Abs. 3 ZPO verweist. Der in dieser Regelung enthaltene gesetzgeberische Wille, im reinen Gütetermin keinen Zwang zum Vergleich auszuüben, ist in § 141 ZPO gerade nicht enthalten. § 141 Abs. 3 ZPO zeigt, daß der Gesetzgeber im Verhandlungstermin eine umfassende, sofortige und endgültige Regelung des Rechtsstreits ermöglichen wollte. Die Nennung der Vollmacht zum Vergleichsabschluß in der Ausnahmevorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergibt nur dann einen Sinn, wenn man die Vergleichsbereitschaft im Verhandlungstermin als eigenständigen Grund für die Anordnung des persönlichen Erscheinens neben der Sachaufklärung ansieht.

Zu Recht hat das Landgericht das Ordnungsgeld gegen den Geschäftsführer der Beklagten und nicht gegen die Beklagte - eine GmbH - verhängt, da nur so der Zweck dieser Sanktion erreicht werden kann (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Auflage, § 141 Rn. 33, a.A.; Baumbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Auflage, § 141 Rn. 30).

Die Beschwerde ist hinsichtlich der angeordneten Höhe des Ordnungsgeldes zum Teil begründet. Der nach dem Gesetz zulässige Höchstbetrag von 1.000,00 DM ist für schwerwiegende (Wiederholungs)-Fälle vorgesehen. Aus den Akten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß der Geschäftsführer der Beklagten bereits wiederholt gegen gerichtliche Anordnungen verstoßen hätte. Im Hinblick auf die Tatsache, daß der nicht bevollmächtigte Vertreter zur Sachaufklärung beitragen konnte, d.h. eine Bedingung für die Anordnung des persönlichen Erscheinens erfüllt wurde, war es angemessen das Ordnungsgeld auf 500,00 DM zu reduzieren. Die Entscheidung über die Auferlegung der Kosten, die durch das Ausbleiben verursacht wurden war aufzuheben, da § 141 ZPO nach h.M. eine solche Anordnung nicht zuläßt (Thomas/Putzo, 21. Auflage, § 141 Rn. 5).

Ende der Entscheidung

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