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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 04.12.2008
Aktenzeichen: 10 UF 1369/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB §§ 1587 ff |
2. Unzulässigkeit einer Parteivereinbarung, wonach der Versorgungsausgleich in diesem Fall dennoch auf der Grundlage der vorhandenen Auskünfte der Versorgungsträger durchgeführt werden soll.
10 UF 1369/08
Nürnberg, den 4.12.2008
In der Familiensache
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10, Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichnenden Richter folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das Endurteil des Amtsgerichts Familiengericht - Cham vom 9.9.2008, Az. 2 F 327/08, bezüglich der Entscheidung zum Versorgungsausgleich in Ziffer 2 und bezüglich der Kostenentscheidung in Ziffer 3, soweit diese die Folgesache Versorgungsausgleich betrifft, aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - Cham zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit Endurteil vom 9.9.2008 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Cham die am 13.3.2000 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es nach § 1587 b Abs. 2 BGB durch Quasi-Splitting zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Bundesfinanzdirektion Mitte, Service-Center Südost, auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 149,82 €, bezogen auf den 31.5.2008, begründet. Eine Anwartschaft der Antragstellerin auf Leistungen aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gemäß Auskunft der Bayerischen Versorgungskammer vom 05.09.2008, die erst am 10.09.2008 beim Amtsgericht einging, blieb dabei unberücksichtigt.
Der Antragsgegner legte gegen die seinem Prozessbevollmächtigten am 15.9.2008 zugestellte Entscheidung mit Schriftsatz vom 7.10.2008, der am selben Tag beim Oberlandesgericht Nürnberg einging, Rechtsmittel ein. Er macht geltend, dass die nunmehr mitgeteilte Anwartschaft der Antragstellerin auf eine Zusatzversorgung bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sei.
Die Bundesfinanzdirektion Mitte teilte zwischenzeitlich mit Auskunft vom 07.11.2008 mit, dass die Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners nach beamtenrechtlichen Vorschriften abweichend von der ursprünglichen Auskunft lediglich 443,32 € betrage.
Auf den Inhalt der angeführten Schriftstücke und die Stellungnahmen der Beteiligten zum Hinweis des Senats auf die Sach- und Rechtslage gemäß Verfügung vom 30.10.2008 wird Bezug genommen. Gegen die Ankündigung des Senates, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wurden keine Einwände erhoben.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§§ 629 a Abs. 2, 621 e Abs. 1 und 3, 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich einschließlich der diesbezüglichen Kostenentscheidung und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Die angefochtene Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist insofern unzutreffend, als die erst nach Erlass des angefochtenen Urteils mitgeteilte Anwartschaft der Antragstellerin aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht einbezogen wurde. Daneben ergab sich zwischenzeitlich auch eine Änderung der Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners nach beamtenrechtlichen Vorschriften.
Eine abschließende Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist jedoch derzeit noch nicht möglich. Das in der Auskunft der Bayerischen Versorgungskammer vom 5.9.2008 mitgeteilte Anrecht der Antragstellerin von monatlich 33,64 € beruht teilweise auf einer Startgutschrift zum 1.1.2002. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 14.11.2007 (BGHZ 174, 127) die Berechnung solcher Startgutschriften bezogen auf die Gruppe der rentenfernen Versicherten, die am 1.1.2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, als verfassungswidrig bewertet und eine verfassungskonforme Änderung der entsprechenden Regelung durch die Tarifvertragsparteien sowie eine entsprechende Regelung der Satzung der jeweiligen Versorgungsträger angemahnt. Diese Regelungen sind noch nicht erfolgt. Nachdem die am 30.10.1964 geborene Antragstellerin zur Gruppe der rentenfernen Versicherten gehört, ist ihre Anwartschaft von der angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs betroffen. Soweit sich eine mögliche Änderung der Bewertung der Zusatzversorgung der Antragstellerin bei der Bayerischen Versorgungskammer auf den Versorgungsausgleich auswirkt, kann daher derzeit keine abschließende Entscheidung hierüber ergehen.
Derartige Verfahren sind in entsprechender Anwendung von § 53 c FGG (Borth, FamRZ 2008, 326) oder § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG (OLG Stuttgart OLGR 2008, 442) solange auszusetzen, bis eine Neuregelung der einschlägigen Bestimmungen bezüglich des Startguthabens für rentenferne Jahrgänge vorliegt (OLG Nürnberg OLGR 2008, 676). Der Gegenmeinung, nach der der Versorgungsausgleich aus prozessökonomischen Gründen unter Zugrundelegung der bisherigen Festsetzung der Startgutschriften durchgeführt werden soll (OLG Zweibrücken, FamRZ 2008, 1083) ist nicht zu folgen. Sie verlagert die Problematik lediglich in nachfolgende Abänderungsverfahren und nimmt aus rein prozessökonomischen Erwägungen in Kauf, dass in den Fällen, in denen eine Abänderung an der Wesentlichkeitsgrenze des § 10 a Abs. 2 VAHRG scheitert, der gesetzliche Versorgungsausgleich auch nicht mehr durchgeführt werden kann.
Auch eine von den Parteien in Aussicht genommene Vereinbarung, dass der Versorgungsausgleich aufgrund der vorhandenen Auskünfte durchgeführt werden soll und den Parteien die Abänderungsmöglichkeit nach § 10 a VAHRG vorbehalten bleibt, wäre hier unzulässig (§ 1587 o Abs. 1 Satz 2 BGB). Nachdem dadurch möglicherweise eine höhere Anwartschaft der ausgleichsberechtigten Antragstellerin bei der Entscheidung über den Versorgungsausgleich unberücksichtigt bleiben könnte, würde dies nämlich dazu führen, dass aufgrund der Vereinbarung höhere Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet würden, als dies sonst der Fall wäre (BGH FamRZ 88, 153; Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., § 1408 Rn 23).
Auch wenn die Anwartschaft der Antragstellerin dem Amtsgericht bei seiner Entscheidung noch nicht bekannt war, ändert dies nichts daran, dass die Sache aufgrund der erhobenen Beschwerde jedenfalls jetzt auszusetzen ist. Die diesbezügliche Aufhebung und Zurückverweisung hat zu erfolgen, um den Parteien nicht eine Tatsacheninstanz zu nehmen. Mit aufzuheben ist die Kostenentscheidung in Ziffer 3 des Urteils, soweit darin über die Kosten der Folgesache Versorgungsausgleich entschieden wurde. Ein Antrag der Parteien bezüglich der Zurückverweisung ist nicht erforderlich, da § 621 e Abs. 3 ZPO nicht auf § 538 ZPO verweist, der ein solches Antragserfordernis vorsieht (OLG Stuttgart, a.a.O.).
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des Amtsgerichts vorbehalten (Zöller-Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rn 47).
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 2.000,00 € (§ 49 Nr. 3 GKG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO) liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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