Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 20.07.2001
Aktenzeichen: 10 UF 2347/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 655
BGB § 1612 b Abs. 5
Ist in einem Verfahren die Höhe des auf die vereinbarte Unterhaltsleistung angerechneten Kindergeldes nicht aufgenommen, ist der Betrag der gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB anzurechnenden Leistungen nicht ausreichend konkret i.S.d. § 655 ZPO festgelegt. Das vereinfachte Unterhaltsanpassungsverfahren ist dann nicht eröffnet.
Nürnberg, den 20.7.2001

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kelheim vom 26. Juni 2001 - AZ: 50 FH 34/01 - wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 840,00 DM.

Gründe:

I.

Der am 12.09.1989 geborene Antragsteller, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, beantragt im Verfahren nach § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz die Umstellung seiner Unterhaltsansprüche gemäß dem Vergleich vor dem Amtsgericht Kelheim vom 01.10.1998 im Verfahren 2 F 266/98.

Dieser Vergleich lautete wie folgt:

1. Der Antragsgegner verpflichtet sich an die Antragstellerin für den gemeinsamen Sohn geboren am 12.09.1989, für die Zeit vom 01.08.1998 bis 30.09.1998 einen monatlichen Kindesunterhalt von 314,00 DM zu bezahlen, der sofort fällig ist und ab 01.10.1998 einen monatlichen Kindesunterhalt von 374,00 DM, fällig jeweils monatlich im voraus, zu bezahlen.

2. Vergleichsgrundlage ist: Kindergeld, erhält alleinig die Antragstellerin. Der Antragsgegner leistet nur für das gemeinsame Kind Unterhalt und keinen Ehegattenunterhalt.

Nach Bedenken der Rechtspflegerin, dass sich die Kindergeldanrechnung aus dem vorgelegten Titel nicht ergebe und dieser gegebenenfalls zu ergänzen sei, hat der Richter, vor welchem der Vergleich geschlossen wurde, gegenüber der Rechtsanwältin des Antragstellers eine Erklärung dahin abgegeben, dass das Kindergeld mit monatlich 110,00 DM in dem Vergleich angerechnet wurde.

Mit Beschluss vom 26.06.2001 hat die Rechtspflegerin den Antrag auf Abänderung gemäß § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz i.V.m. § 655 ZPO zurückgewiesen, da der vorgelegte Titel keine Kindergeldanrechnung enthalte. Die unter Ziffer 2. des Vergleichs als Vergleichsgrundlage enthaltene Formulierung lasse keine Rückschlüsse auf eine eventuelle Kindergeldanrechnung zu. Auch die richterliche Erklärung ändere hieran nichts; die Kindergeldanrechnung müsse sich aus dem Vergleichstitel selbst ergeben.

Gegen diesen, am 03.07.2001 zugestellten, Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde seiner Bevollmächtigten vom 04.07.2001, eingegangen am selben Tag. Aufgrund der Erklärung des Richters über die hälftige Verrechnung des Kindergelds sei klargestellt, dass das Kindergeld bei der Festlegung des geschuldeten Kindesunterhalts berücksichtigt worden sei.

II.

Die gemäß § 655 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Der Antrag gemäß § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz in Verbindung mit § 655 ZPO setzt voraus, dass in dem Unterhaltstitel ein Betrag der nach § 1612 b BGB anzurechnenden Leistungen festgelegt ist.

Zwar kann zur Feststellung des zur Anrechnung festgelegten Kindergeldbetrages in Fällen abgekürzt abgefasster Urteile Versäumnis- und Anerkenntnisurteile) auch auf dem Titel beigefügte Klageabschriften zurückgegriffen werden (so OLG Köln, FamRZ 2001, Seite 110). Auch muss nach Ansicht des Senates das anzurechnende Kindergeld in dem Titel nicht betragsmäßig festgehalten sein (vgl. Gerhard, FamRZ 2001, Seite 73, a.A. Scholz, FamRZ 2000, Seite 1541, 1547). Es sprechen Gründe der Praktikabilität dafür, auch die Ermittlung des anzurechnenden Betrags anhand von Tabellen zuzulassen (so Vossenkämper, FamRZ 2000, Seite 1547, 1549).

Der hier zur Abänderung im vereinfachten Verfahren vorgelegte Vergleich vom 01.10.1998 enthält nach Ansicht des Senates keine ausreichende Feststellung, ob und in welcher Höhe das Kindergeld zur Anrechnung kommt. Zunächst ist aus dem Vergleich nicht ersichtlich, aus welchem Grund für August und September 314,00 DM und ab Oktober 1998 374,00 DM Kindesunterhalt vereinbart wurden. Zwar könnte Ziffer 2 des Vergleichs dafür sprechen, dass die Erhöhungen gemäß Ziffer 13 der Bayerischen Leitlinien erst für den laufenden Unterhalt Anwendung gefunden haben und daher ab diesem Termin Kindesunterhalt nach der dritten Einkommensstufe der Bayerischen Leitlinien/Düsseldorfer Tabelle angesetzt wurde. Welcher Kindergeldbetrag auf den vereinbarten Unterhaltszahlbetrag verrechnet wurde, erschließt sich aus dem Vergleich jedenfalls nicht eindeutig, da dort nicht die hälftige Kindergeldverrechnung festgehalten ist. Die in den Vergleichsgrundlagen enthaltene Feststellung "Kindergeld erhält alleinig die Antragstellerin" ist hinsichtlich der Kindergeldanrechnung mehrdeutig. Somit sind weder die Höhergruppierung im Bedarf noch das anzurechnende Kindergeld zweifelsfrei zu bestimmen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ändert sich daran auch nichts durch den erläuternden nachträglichen Richtervermerk.

Der vorliegende - sicher eher untypische - Vergleichswortlaut ist daher sowohl hinsichtlich der Höhe des geschuldeten Tabellenunterhalts und der Höhe des angerechneten Kindergelds nicht ausreichend bestimmt, um eine Festlegung i.S.d. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz, § 655 ZPO annehmen zu können. Es ist in Kauf zu nehmen, dass für eine Abänderung nach Maßgabe des neugefassten § 1612 b Abs. 5 BGB nicht der einfachere und kostengünstigere Weg des § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz gewählt werden kann, sondern Abänderungsantrag gemäß § 323 ZPO zu stellen ist.

Kosten: § 97 ZPO.

Der Beschwerdewert wurde nach dem wert der begehrten Unterhaltserhöhung bemessen.

Ende der Entscheidung

Zurück