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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 24.02.2004
Aktenzeichen: 10 UF 3794/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 1 Nr. 3
BGB § 1587 c
Beziehen beide Ehegatten bereits Zusatzversorgungsleistungen des öffentlichen Dienstes und ergibt sich durch die Überführung einer Rente in das Punktemodell eine unterschiedliche Bewertung, kann ein Ausgleich über den Unterschied in den tatsächlichen Zahlbeträgen hinaus unbillig sein.
10 UF 3794/03

Nürnberg, den 24.2.2004

In der Familiensache

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

1. Auf die Beschwerden der Bahnversicherungsanstalt ... und der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Regensburg vom 29.10.2003 (Az. 205 F 347/03) in Ziffer 2 wie folgt abgeändert:

Vom Versicherungskonto Nr. ... der Antragsgegnerin bei der Bahnversicherungsanstalt ... Abteilung B, werden auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der Bahnversicherungsanstalt ... Abteilung A, Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 64,79 EUR, bezogen auf den 28.2.2003 übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Im übrigen werden der Versorgungsausgleich ausgeschlossen und die Beschwerden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Beschwerdewert beträgt 777,48 EUR.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Regensburg hat mit Endurteil vom 29.10.2003 die am 26.9.1953 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und unter Ziffer 2 den Versorgungsausgleich zu Lasten der Anwartschaften des Ehemanns bei der Bahnversicherungsanstalt ..., Abt. A, durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von 40,85 EUR geregelt.

Das Amtsgericht hat dabei folgende Anwartschaften der Ehegatten in den Ausgleich eingestellt:

A. Beim Antragsteller:

1. Gegenüber der Bahnversicherungsanstalt ...., Abteilung A 718,08 EUR

2. Bei der Bahnversicherungsanstalt ...., Abteilung B, Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung mit einer Monatsrente von 338,06 EUR, dynamisiert auf 101,23 EUR

B. Bei der Antragsgegnerin:

1. Bei der Bahnversicherungsanstalt ..., Abteilung A 562,56 EUR

2. Bei der Bahnversicherungsanstalt ..., Abteilung B, Anrechte aus betrieblicher Altersversorgung mit einer Monatsrente von 618,35 EUR, dynamisiert auf 175,06 EUR

Hieraus errechnete sich die Ausgleichspflicht des Antragstellers mit 40,85 EUR.

Gegen diese Regelung des Versorgungsausgleichs haben die Bahnversicherungsanstalt und die Antragsgegnerin form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Die Bahnversicherungsanstalt weist darauf hin, dass das bisherige Gesamtversorgungssystem der Bahn zum 1.1.2002 durch ein Punktemodell ersetzt worden sei, von dem alle nach dem 31.7.1979 beginnenden Renten erfasst seien. Zwar erhielten beide Ehegatten derzeit Rente, die Antragsgegnerin jedoch bereits seit dem 26.10.1978. Ihre Rente sei daher nicht in das Punktemodell überführt worden, die Auskunft sei weiterhin nach dem bisherigen Bestimmungen zu erteilen. Die Zusatz-Versorgung der Ehefrau steige im Wert nahezu in gleicher Weise wie die in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB genannten Anwartschaften und sei daher mit 623,16 EUR (neue Berechnung) in den Ausgleich einzubeziehen. Hieraus ergebe sich eine Ausgleichspflicht der Antragsgegnerin in Höhe von 183,21 EUR (zu Lasten Abt. B).

Die Parteien stimmen einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu. Eine angeregte vergleichsweise Regelung unter Einbeziehung noch strittiger Scheidungsfolgen konnte nicht erzielt werden.

II.

Auf die zulässigen Beschwerden der Bahnversicherungsanstalt und der Antragsgegnerin war das Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Regensburg vom 29.10.2003 in Ziffer 2 abzuändern und ein Ausgleich zu Lasten der Anrechte der Ehefrau aus Abteilung B in Höhe von 64,79 EUR anzuordnen. Ein weitergehender Ausgleich war auszuschließen.

Wie den Beteiligten bereits durch gerichtlichen Hinweis mitgeteilt, beruht die von der Bahnversicherungsanstalt ... nunmehr ermittelte veränderte Ausgleichspflicht darauf, dass die Zusatzversorgungen der Ehegatten infolge der Neuregelung der Zusatzversorgung - bedingt durch den unterschiedlichen Renteneintritt - unterschiedlich bewertet werden. Bei dem Ehemann wird die Rente in das neue sogenannte Punktemodell überführt. Die sieht eine jährliche Steigerung von 1 % vor. Diese Steigerungsrate ist nach herrschender Meinung, die der Senat auch im vergleichbaren Fällen vertreten hat, nicht volldynamisch. Sie ist daher weiterhin - wie vom Amtsgericht vorgenommen - über die Barwertverordnung einer dynamischen Rente vergleichbar zu machen.

Es sind somit anzusetzen:

Beim Antragsteller:

Anwartschaften aus gesetzlicher Rente gegenüber der Bahnversicherungsanstalt ..., Abteilung A 718,08 EUR

Anwartschaften aus Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gegenüber der Bahnversicherungsanstalt ..., Abteilung B, 338,06 EUR, umgerechnet über die Barwertverordnung 101,23 EUR

Bei der Antragsgegnerin:

Die Anwartschaften der Ehefrau aus Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes wurden nach der Neuregelung nicht dem neuen Punktemodell unterstellt. Ihre Zusatzrente wird dadurch - wie die Auskunft belegt - wie bis zur Neuregelung der Teuerung angeglichen und kann daher als volldynamisch gewertet werden.

Anwartschaften aus gesetzlicher Rente gegenüber der Bahnversicherungsanstalt ..., Abteilung A 562,56 EUR

Anwartschaften aus Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gegenüber der Bahnversicherungsanstalt ..., Abteilung B (neue Auskunft mit geänderter Berechnungsmethode) 623,16 EUR.

Aus diesen Versorgungsanrechten ergeben sich nach den Zahlbeträgen zum Zeitpunkt des Endes der Ehezeit übersteigende Anrechte der Ehefrau von 129,58 EUR (1.056,14 ./. 1.185,72). Setzt man hingegen die Zusatzversorgung des Ehemanns nur mit dem abgezinsten Wert an, hätte die Ehefrau 366,41 EUR (819,31 ./. 1.185,72) mehr erworben. Es ergibt sich eine Ausgleichspflicht in Höhe von 64,79 EUR bei Ansatz der Zahlbeträge und von 183,21 EUR bei Ansatz der abgezinsten Zusatzversorgungsrente des Ehemanns.

Im Hinblick darauf, dass beide Ehegatten bereits in Rente sind und ein hohes Alter haben und die unterschiedliche Bewertung der Zusatzversorgungsrenten allein auf der Stichtagsregelung zum 31.7.1979 beruht, erscheint eine unterschiedliche Bewertung der Zusatzversorgungsanrechte im Ausgleich unbillig i.S.d. § 1587 c Nr. 1 BGB. Der mit nur einseitiger Dynamisierung vorgenommene Ausgleich würde nicht zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit beider Ehegatten führen, sondern ein sachlich nicht gerechtfertigtes wirtschaftliches Ungleichgewicht bewirken. Würde man den Versorgungsausgleich, wie vom Beschwerdeführer berechnet vornehmen würde dies zu einer höheren Nettoversorgung des Ausgleichsberechtigten bezogen auf die Ehezeit führen. Ein derartiger Ausgleich erscheint - auch ohne die von den Parteien abgelehnte Einbeziehung weiterer strittiger Ausgleichspunkte hinsichtlich des Hausrats - nicht billig (vgl. auch Darstellung von Brudermüller bei Palandt, 63. Aufl., § 1587 c, Rn 31). Ein Ausgleich über eine Ausgleichszahlung oder eine die Einbeziehung anderer noch strittiger Scheidungsfolgen ist somit nicht geboten.

Auszugleichen sind daher 64,79 EUR gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG und zwar zu Lasten der Anrechte der Ehefrau aus Zusatzversorgung (Abt. B), da die Anrechte des Ausgleichsberechtigten aus gesetzlicher Rente höher wären als die des Ausgleichspflichtigen, § 1587 b Abs. 3 Satz 3 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 93 a ZPO.

Der Beschwerdewert wurde gemäß §§ 17 a, 14 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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