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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: 10 WF 1964/01
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 127 a
ZPO § 621
ZPO § 644
BRAGO § 41
1. Die in einem Verfahren "einstweilige Anordnung/Prozesskostenvorschuss" angefallenen Rechtsanwaltskosten sind entsprechend der Kostenentscheidung im Hauptverfahren erstattungsfähig, wenn die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung vorlagen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend Prozesskostenvorschuss schon vor Rechtshängigkeit der Unterhaltsklage zurückgewiesen wurde.

2. Die Streitwerte von im Unterhaltsrechtsstreit anhängig gewesenen Verfahren betreffend einstweiligen Anordnungen sind nicht zu addieren wenn die einstweiligen Anordnungen gemäß § 41 Abs. 1 BRAGO jeweils als besondere Angelegenheit gelten. Der Rechtsanwalt kann in jedem dieser Verfahren alle Gebühren nach der BRAGO verdienen.


10 WF 1964/01 4 F 882/00 AG Regensburg

Nürnberg, den 6.7.2001

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Regensburg vom 27. April 2001 (4 F 882/00) wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert beträgt

400,00 DM.

Gründe:

I.

Zwischen den Parteien war ein Unterhaltsrechtsstreit anhängig, in dessen Rahmen einstweilige Anordnungen anhängig gemacht wurden. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 23.05.2000 den am 22.05.2000 gleichzeitig mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Unterhaltsklage beim Familiengericht eingegangenen Antrag der Klägerin vom 19.05.2000 auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses zurückgewiesen und am 27.07.2000 eine einstweilige Anordnung über die Zahlung von Ehegatten- und Kindesunterhalt erlassen.

Das Verfahren wurde durch den am 27.11.2000 vor dem Senat geschlossenen Vergleichs beendet. Die Parteien vereinbarten u.a., dass die Kosten des Rechtsstreits zu 3/10 die Klägerin und zu 7/10 der Beklagte zu tragen haben.

Mit Beschluss vom 27.04.2001, der Beklagtenvertreterin zugestellt am 30.04.2001, hat das Amtsgericht - Familiengericht Regensburg antragsgemäß die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 3.236,40 DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich die am 03.05.2001 beim Familiengericht eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten. Er ist der Ansicht, die für die einstweilige Anordnung Prozesskostenvorschuss eingesetzten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 545,20 DM seien nicht erstattungsfähig, jedenfalls hätten die Streitwerte der einstweiligen Anordnungen für die Gebührenrechnung addiert werden müssen.

II.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss findet gemäß § 104 Abs. 3 ZPO die sofortige Beschwerde statt. Diese wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 569, 577 ZPO). Sie ist somit zulässig. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die Rechtsanwaltskosten der Klägerin für die einstweilige Anordnung Prozesskostenvorschuss sind im Rahmen der vergleichsweise vereinbarten Kostenquote erstattungsfähig.

Es werden insoweit anteilig eine Prozessgebühr zuzüglich Pauschale gemäß § 26 BRAGO und Mehrwertsteuer, insgesamt 545,20 DM, geltend gemacht. Das Verfahren einstweilige Anordnung Prozesskostenvorschuss gilt gemäß § 41 Abs. 1 a BRAGO als besondere Angelegenheit, d.h. der Anwalt kann alle Gebühren nach den §§ 31 ff BRAGO verdienen (Zöller-Philippi, 22. Auflage, Rn. 13 zu § 644 ZPO). Die Prozessgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO aus dem Streitwert für die einstweilige Anordnung ist daher spätestens mit der Einreichung des Antrags angefallen (Gerold/Schmidt - von Eicken, BRAGO, 12. Auflage, Rn. 4 zu § 41 BRAGO). Auf die Rechtshängigkeit des Unterhaltsrechtsstreits oder des Verfahrens einstweilige Anordnung kommt es weder im Hinblick auf die Entstehung der Gebühr noch im Hinblick auf deren Erstattungsfähigkeit an.

Die Erstattungsfähigkeit von außergerichtlichen Kosten setzt den Bestand eines Prozessrechtsverhältnisses voraus, dass durch Klageerhebung begründet wird (BGH MDR 93, 1249; Zöller-Herget, a.a.O., Rn. 10 vor § 91 ZPO). Soweit jedoch vom Hauptverfahren abhängige weitere Verfahren eingeleitet werden können, hängt die Erstattungsfähigkeit von außergerichtlichen Kosten, die in diesen Nebenverfahren entstanden sind, davon ab, welche Voraussetzungen für die Verhandlung bzw. Entscheidung hierüber gegeben sein müssen. Dementsprechend hat das Kammergericht die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren einer Folgesache nach § 623 ZPO nicht vom Eintritt der Rechtshängigkeit der Folgesache abhängig gemacht, sondern lediglich von deren Anhängigkeit (MDR 88, 1067), da über eine Folgesache zu verhandeln ist, wenn sie rechtzeitig anhängig gemacht wurde (BGH MDR 87, 921). Für eine in einem Unterhaltsrechtsstreit beantragte einstweilige Anordnung sind daher in Anwendung der dargestellten Grundsätze die entstandenen Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig, wenn die Voraussetzungen für eine gerichtliche Entscheidung gegeben sind. Es ist insoweit lediglich ein Antrag erforderlich, der ab Anhängigkeit einer Unterhaltsklage bzw. Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs gestellt werden kann (§ 644 ZPO). Diese Voraussetzung ist gegeben, denn das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin wurde gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung Prozesskostenvorschuss anhängig gemacht. Das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien entstand daher mit Einreichung der Antragsschrift und demgemäß gelten die Kosten des Verfahrens einstweilige Anordnung Prozesskostenvorschuss als Test der Hauptsachekosten (§§ 644, 620 g ZPO). Sie sind daher - wie im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss geschehen - nach der im Vergleich vereinbarten Kostenregelung auszugleichen. Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Rechtshängigkeit der Unterhaltsklage erst nach Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses vom 23.05.2000 eintrat. Diese Rechtsfolge führt nicht notwendig zur Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten für von vornherein aussichtslose Anträge auf Erlass von einstweiligen Anordnungen, denn insoweit ist die entsprechende Anwendung des § 96 ZPO in § 620 g ZPO vorgesehen, auf den § 644 ZPO verweist.

Die Streitwerte der anhängig gewesenen Verfahren einstweilige Anordnung sind nicht zu addieren, denn die einstweiligen Anordnungen unterfallen verschiedenen Buchstaben des § 41 Abs. 1 BRAGO und sind daher jeweils als besondere Angelegenheit zu behandeln. Die einstweiligen Anordnung Prozesskostenvorschuss gemäß § 127 a ZPO ist eine besondere Angelegenheit gemäß § 41 Abs. 1 a BRAGO; die einstweilige Anordnung Unterhalt gemäß § 644 ZPO ist eine besondere Angelegenheit gemäß § 41 Abs. 1 e BRAGO.

Da weitere Einwände gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.04.2001 nicht vorgebracht sind, erweist sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet.

Kosten: § 97 ZPO.

Beschwerdewert: § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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