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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: 10 WF 3541/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 323 Abs. 4
ZPO § 323 Abs. 3
In Jugendamtsurkunden titulierter Unterhalt kann auch rückwirkend herabgesetzt werden; die Schutzwirkung des § 323 Abs. 3 ZPO kommt Jugendamtsurkunden gemäß § 3, 23 Abs. 4, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, § 60 SGB VIII nicht zu.
10 WF 3541/02

Nürnberg, den 17.12.2002

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 15.10.2002 in Ziffern 1 und 2 abgeändert. Dem Kläger wird Prozeßkostenhilfe für den Antrag auf Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung gemäß Jugendamtsurkunde des Landratsamts Ansbach vom 01. 09. 1994, Urkundenregister- Nr. dahingehend bewilligt, daß der Kläger mit Wirkung ab Januar 1995 keinen Unterhalt für die Beklagte schuldet.

Gründe:

Die Unterhaltsverpflichtung gemäß Jugendamtsurkunde ist gemäß § 323 Abs. 4 ZPO abänderbar. Da § 323 Abs. 4 ZPO die Vorschriften des Absatzes 1-3 nur entsprechend für anwendbar erklärt, kommt die Schutzwirkung des Absatzes 3 Jugendamtsurkunden nicht zu (vgl. Herget bei Zöller, 23. Auflage, ZPO, § 323 Randnummer 47).

Damit sind Jugendamtsurkunden - wie einseitige Verpflichtungen in notarieller Urkunde (BGH, NJW 1990, 3274) - rückwirkend ab dem Zeitpunkt abänderbar, ab welchem die materiellen Grundlagen des Titels nicht mehr bestehen. Diese Urkunden sind somit nicht nur ab Aufforderung, einer Unterhaltsreduzierung oder einem Unterhaltswegfall zuzustimmen, abänderbar, sondern ab dem Zeitpunkt, ab welchem Unterhalt aus materiellen Gründen nicht mehr in der titulierten Höhe geschuldet ist.

Da die Beklagte ab Januar 1995 Eingliederungshilfe bezieht, berührt dies seit diesem Zeitpunkt ihren Unterhaltsbedarf. Für die Frage der rückwirkenden Abänderung ist es dabei nicht erheblich, daß der Kläger in der Vergangenheit Unterhaltszahlungen erbracht hat oder Unterhaltsrückstände durch Anwaltsschreiben unstrittig gestellt hat. Die rückwirkende Abänderung der Unterhaltsverpflichtung ist zu unterscheiden von der Rückforderung gezahlter Unterhaltsbeträge.

Im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung ist nicht zu entscheiden, ob ein von der Eingliederungshilfe nicht gedeckter weiterer Bedarf besteht, wie ihn das Amtsgericht in seinem Beschluß vom 15. 10. 2002 angenommen hat. Insoweit wird auch im Beschwerdeverfahren wenig konkretes vorgetragen.

Damit war für den geänderten Antrag auf Abänderung der Jugendamtsurkunde dahin, daß ab Januar 1995 kein Unterhalt mehr geschuldet ist, Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.

Ende der Entscheidung

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