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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 27.02.2003
Aktenzeichen: 10 WF 3965/02
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3
Eine Beweisgebühr ist bereits dann angefallen, wenn der beauftragte Rechtsanwalt an der Fassung des Beweisbeschlusses mitgewirkt hat. Unerheblich ist dann, dass er im Zeitpunkt der Beweiserhebung nicht mehr mit der Vertretung beauftragt war.
Nürnberg, den 27.2.2003

10 WF 3965/02 1 F 30/99 AG Weiden

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Bevollmächtigten des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht -Weiden vom 11. November 2002 wie folgt abgeändert:

Die von dem Beklagten an seine früheren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte und als Gesamtgläubiger nach § 19 BRAGO zu erstattenden Kosten werden auf 1.898,39 EUR festgesetzt.

Der festgesetzte Betrag ist mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich ab 28. August 2002 zu verzinsen.

2. Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist nicht veranlasst.

Der Beklagte hat die seinen früheren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Beschwerdewert beträgt 953,11 EUR.

Gründe:

Die gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO, § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache begründet, da der beschwerdeführende Rechtsanwalt eine Beweisgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO verdient hat.

Zwar hat der beschwerdeführende Bevollmächtigte des Beklagten das Mandat vor Durchführung der Beweisaufnahme niedergelegt, jedoch erging der den Beweis anordnende Beweisbeschluss in Anwesenheit der Parteien und des Beklagtenvertreters in der Sitzung vom 25.06.2002, so dass die Beweisgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO angefallen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO verdient der beauftragte Rechtsanwalt eine Beweisgebühr "für die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren". Diese Beweisgebühr hat die Aufgabe, dem Mehraufwand an Zeit, Tätigkeit und Verantwortung Rechnung zu tragen, den eine Beweisaufnahme für den Prozessbevollmächtigten bedingt (vgl. von Eicken bei Gerold/Schmidt, 14. Auflage, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, § 31, Rn 82). Der Anfall der Beweisgebühr erfordert, dass ein Beweisaufnahmeverfahren stattgefunden (objektive Voraussetzung) und der beauftragte Rechtsanwalt in diesem Beweisaufnahmeverfahren eine Vertretungstätigkeit (subjektive Voraussetzung) entfaltet hat. Durch Erlass des Beweisbeschlusses am 25.06.2002 liegt die sogenannte objektive Voraussetzung für das Entstehen einer Beweisgebühr vor. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob eine die Beweisgebühr auslösende Vertretungstätigkeit vorgenommen wurde. Dies hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Weiden unter Bezugnahme auf Gerold/Schmidt, 14. Auflage, Anmerkung 124 zu § 31 BRAGO und die Entscheidung des LAG Düsseldorf, JurBüro 85, Seite 1827, verneint. Danach stellen die bloße Anwesenheit des Rechtsanwalts bei der Verkündung des Beweisbeschlusses und die Kenntnisnahme von dem Inhalt des Beschlusses noch keine Vertretungstätigkeit "im" Beweisaufnahmeverfahren dar.

Diese Auffassung mag im Einzelfall zutreffen, insbesondere bei Erlass eines Beweisbeschlusses in einem gesonderten Verkündungstermin. Ergeht jedoch der Beweisbeschluss - wie im vorliegenden Fall - im Termin nach umfassender Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Parteien, so muss bereits zu diesem Zeitpunkt von einer inhaltlichen Prüfung des Beweisbeschlusses durch den Rechtsanwalt ausgegangen werden. Im übrigen ist in der Literatur die Vermutung unstrittig, dass ein Rechtsanwalt eine Prüfung des Beweisbeschlusses auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit vornimmt. Dies getan zu haben, hat der Beschwerdeführer auch in seinem Beschwerdeschriftsatz versichert. Damit liegt im vorliegenden Fall auch eine nach aussen ersichtliche Tätigkeit des Anwalts vor (vgl. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Auflage, "Beweisgebühr" Nr. 8.1, KG, JurBüro 1974, S. 482).

Soweit Hartmann in "Kostengesetze", 30. Auflage, § 31 BRAGO, Rn 191 als Voraussetzung des Entstehens einer Beweisgebühr noch anführt, dass eine Erörterung mit dem Auftraggeber erforderlich sei, kann dies § 31 BRAGO nicht entnommen werden. Eine Erörterung kann zwar eine Tätigkeit im Beweisaufnahmeverfahren dartun. Sie ist jedoch nicht Voraussetzung für den Anfall der Beweisgebühr. Diese ist im vorliegenden Fall - wie dargelegt -bereits entstanden, auch wenn die entfaltete Tätigkeit gering war. Es ist allgemeine Meinung, dass zwar eine Vertretungstätigkeit ausgeübt worden sein muss, es aber auf das Maß der Tätigkeit jedoch nicht ankommt (vgl. z.B. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Auflage "Beweisgebühr" Nr. 8.1), so dass jedes Handeln geringsten Umfangs genügt (vgl. von Eicken, a.a.O., Rn 123). Von Eicken (a.a.O., Rn 123) legt dabei selbst dar, dass die Vertretungstätigkeit jede Tätigkeit gegenüber dem Gericht oder dem Gegner sein könne, wohingegen der vertretenen Partei gegenüber begrifflich eine Vertretungstätigkeit nicht entfaltet werden könne.

Demnach hat der beschwerdeführende Rechtsanwalt eine ausreichende Vertretungstätigkeit i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO entfaltet und die Beweisgebühr verdient.

Damit berechnet sich die festzusetzende Vergütung unter Berücksichtigung der berichtigten Streitwertfestsetzung und des berichtigten Kostenfestsetzungsantrags vom 26.08.2002 wie folgt:

10/10 Prozessgebühr 1.845,00 DM 10/10 Verhandlungsgebühr 1.705,00 DM 10/10 Beweisgebühr 1.705,00 DM Post- und Telekommunikationsentgelt 40,00 DM Fotokopien 42,00 DM Mehrwertsteuer 16 % 853,92 DM Zusammen 6.190,92 DM ./. Vorschuss 2.500.00 DM Somit 3.690,92 DM zzgl. Zustellungskosten 22,00 DM 3.712,92 DM oder 1.898,39 EUR

Gemäß § 247 BGB war die beantragte Verzinsung ab Antragstellung (unter Berücksichtigung des Schreibversehens) festzusetzen.

Ob der antragstellende Rechtsanwalt durch die Mandatsniederlegung seine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt hat, kann in diesem Verfahren nicht entschieden werden. Die festgesetzten Gebühren hat er jedenfalls verdient.

Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist nicht veranlasst.

Der Beklagte hat die seinem früheren Prozessbevollmächtigten in diesem Kostenfestsetzungsbeschwerdeverfahren entstandenen Auslagen zu erstatten, § 91 ZPO, § 61 Abs. 1 BRAGO.

Der Beschwerdewert ergibt sich aus der Differenz der zu erstattenden Gebühren bei Ansatz der Beweisgebühr.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, § 574 Abs. 3, Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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