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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: 11 UF 116/08
Rechtsgebiete: ZPO, FamRÄndG


Vorschriften:

ZPO § 148
ZPO § 328
FamRÄndG Art. 7 § 1 Abs. 8
Im Einzelfall kann von der Aussetzung eines Scheidungsverfahrens bis zur Entscheidung der Landesjustizverwaltung über die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils abgesehen werden.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

11 UF 116/08

Verkündet am 30.10.2008

In der Familiensache

hat der 11. Zivilsenat und Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Postler und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Holzberger und Dr. Köhler aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Antragstellers wird das Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Erlangen vom 20.12.2007 (Az.: 2 F 659/07) abgeändert.

II. Die am 28.06.2002 in ... vor der Trauungsbehörde Kommune, Register-Nr. 1668/2002 geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

III. Ein Versorgungsausgleich findet derzeit nicht statt.

IV. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 14.200.-- Euro festgesetzt (Scheidung 13.200,- Euro, Versorgungsausgleich 1.000,- Euro).

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 28. Juni 2002 in ... unter der Heiratsregisternummer 1668/2002 der Trauungsbehörde ... Kommune die Ehe miteinander geschlossen. Der Antragsteller besitzt die US-amerikanische, die Antragsgegnerin die österreichische Staatsangehörigkeit. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Die Parteien leben zumindest seit 17. Februar 2007 getrennt. Unter diesem Datum hat der Antragsgegner der Antragstellerin mitgeteilt, mit ihr nicht (wieder) zusammenziehen zu wollen und seinen Wunsch nach Scheidung ihr gegenüber deutlich gemacht. Die Antragsgegnerin hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ... im Bezirk des Amtsgerichts Erlangen.

Der Antragsteller hat Ende Februar oder Anfang März 2007 einen Scheidungsantrag bei einem Gericht in Florida/USA eingereicht und am 18. Mai 2007 einen Scheidungsantrag mit Datum vom 26.04.2007 beim Amtsgericht - Familiengericht - Erlangen. Über den Scheidungsantrag in USA ist inzwischen durch Urteil des Circuit Court of the Fifth Judicial Circuit in and for Citrus County, Florida (USA) vom 15. Januar 2008 entschieden. Das Gericht hat die Scheidung der Ehe der Parteien ausgesprochen.

Der Antragsteller hat beim Oberlandesgericht München die Anerkennung dieses Urteils vom 15. Januar 2008 beantragt, hierfür jedoch nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Er betreibt das Anerkennungsverfahren nicht weiter.

Mit Endurteil vom 20. Dezember 2007 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Erlangen den Scheidungsantrag des Antragstellers abgewiesen. Seine Entscheidung hat es damit begründet, dass der Scheidungsantrag wegen des Prozesshindernisses der doppelten Rechtshängigkeit im Hinblick auf das in Florida anhängige Scheidungsverfahren unzulässig ist. Es sei zu erwarten, dass eine in Florida zu erwartende Entscheidung in Deutschland anerkannt werden könne. Darüber hinaus weist das Erstgericht darauf hin, dass der Scheidungsantrag zum damaligen Zeitpunkt auch unbegründet wäre, weil die Parteien noch nicht ein Jahr getrennt leben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Antragstellers. Er wendet ein, nach Abschluss des US-amerikanischen Scheidungsverfahrens bestehe keine entgegenstehende Rechtshängigkeit mehr. Zudem sei das Trennungsjahr mittlerweile abgelaufen. Die Anerkennung des US-amerikanischen Scheidungsurteils betreibe er deswegen nicht, weil hierfür Übersetzungskosten anfallen würden, die er nicht aufwenden wolle, zumal er nicht sicher sei, dass das Anerkennungsverfahren erfolgreich sein werde.

Der Antragsteller beantragt daher die Scheidung der zwischen den Parteien am 28. Juni 2002 in ... geschlossenen Ehe.

Die Antragsgegnerin stimmt der Scheidung zu.

II.

Die Berufung des Antragstellers ist form- und fristgerecht eingelegt, mithin zulässig (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil beim Familiengericht keine Folgesache zur Entscheidung ansteht (§ 629 b Abs. 1 S. 1 ZPO). Über den Versorgungsausgleich kann der Senat entscheiden, da feststeht, dass keine der Parteien dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterliegende Anwartschaften während der Ehezeit erworben hat.

Die deutschen Gerichte sind international nach Art. 3 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates (Brüssel II a-Verordnung) zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 606 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Obwohl ein Scheidungsverfahren grundsätzlich bis zur Entscheidung der zuständigen Landesjustizverwaltung (hier: Der Präsident des Oberlandesgerichts München) über die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils nach Art. 7 § 1 Abs. 8 FamRÄndG gemäß § 148 ZPO auszusetzen ist, kann der Senat entscheiden und von einer Aussetzung ausnahmsweise absehen. Trotz des Feststellungsmonopols der Landesjustizverwaltung im Anerkennungsverfahren ist ein Gericht nicht gehindert, im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 148 ZPO eine Prognose des mutmaßlichen Ergebnisses eines Anerkennungsverfahrens aufzustellen (BGH FamRZ 1982, 1203, 1205). Da die Antragsgegnerin vorträgt, seitens des US-amerikanischen Gerichts nicht ordnungsgemäß beteiligt worden zu sein, erscheint eine Anerkennung dieses Urteils unwahrscheinlich (vgl. § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Zudem ist zu berücksichtigen, dass keine der Parteien - auch nicht die Antragsgegnerin, wie sie im Termin vor dem Senat erklärt hat - die Anerkennung des ausländischen Urteils betreiben will.

Die Ehe der Parteien ist zu scheiden, da sie gescheitert ist (§ 1564 S. 1 und 3, § 1565 Abs. 1,§ 1567 BGB). Gemäß Art. 17 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ist deutsches materielles Scheidungsrecht anwendbar.

Die Parteien leben seit über einem Jahr im Sinne von § 1567 BGB getrennt; die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien besteht seit über einem Jahr nicht mehr. Die Antragsgegnerin stimmt dem Scheidungsantrag des Antragstellers inzwischen zu. Auch sie hat nunmehr glaubhaft bekundet, dass sie an der Ehe nicht mehr festhalten will. Es steht demnach fest, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und auch nicht erwartet werden kann, dass die Parteien sie wieder herstellen.

Ein Versorgungsausgleich findet derzeit nicht statt. Keine der Parteien hat während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften, die dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterliegen, begründet. Die Antragsgegnerin hat keinerlei Rentenanwartschaften erworben; der Antragsteller war als Soldat Angehöriger der US-amerikanischen Streitkräfte und deswegen in Deutschland nicht versicherungspflichtig beschäftigt. In Betracht kommt deswegen grundsätzlich nur der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 1587 f ff. BGB. Derzeit liegen jedoch die Voraussetzungen hierfür nicht vor (§ 1587 g BGB). Die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ist auch nicht beantragt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO, der bei erfolgreichem Rechtsmittel auch in der Berufungsinstanz anzuwenden ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage, § 93 a Rdn. 12).

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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