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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 10.11.1999
Aktenzeichen: 12 U 813/99
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG


Vorschriften:

GmbHG § 53
AktG § 261 Nr. 2
GmbHG § 53; AktG § 261 Nr. 2 analog

Der Gesellschafterbeschluß über die Abberufung eines Gesellschaftergeschäftsführers, dem in der Satzung das Sonderrecht eingeräumt ist, zum Gesellschafter bestellt zu werden, bedarf der notariellen Beurkundung.

OLG Nürnberg, Urteil vom 10.11.1999 Aktenzeichen: 12 U 813/99


12 U 813/99 1 HKO 2349/97 LG Regensburg

Oberlandesgericht Nürnberg

IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

In Sachen

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht - als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. September 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilanerkenntnis- und Schlußurteil des Landgerichts Regensburg vorn 29. Januar 1999 abgeändert.

II. 1. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29. August 1997 gefaßte Beschluß, wonach der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird, ist nichtig.

2. Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24. September 1997 gefaßten Beschlüsse, wonach der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird und der eventuelle Anstellungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Kläger mit sofortiger Wirkung außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt wird, sind nichtig.

3. Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 5. Januar 1998 gefaßten Beschlüsse, wonach

a) bestätigt wird, daß der Kläger mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29. August 1997 seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wurde,

b) bestätigt wird, daß der Kläger mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24. September 1997 erneut seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wurde,

sind nichtig.

III. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5.

Die durch die Streithilfe veranlaßten Kosten tragen der Kläger zu l/5, die Nebenintervenientin zu 4/5.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten und der Nebenintervenientin durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 13.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin können die Vollstreckung seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 4.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer Großbank oder Sparkasse des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in der Europäischen Union erbracht werden.

VI. Die Beschwer des Klägers beträgt 18.000,00 DM, diejenige der Beklagten 72.000,00 DM.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit einer Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gegen mehrere Gesellschafterbeschlüsse.

Der Kläger und die Nebenintervenientin sind zu je 50 % an der Beklagten und an der R D W GmbH beteiligt. Die Beklagte ist die geschäftsführende Komplementärin der Ing. W W GmbH & Co. R D und E KG, deren Kommanditisten der Kläger und die Streithelferin sind. Die R D W GmbH hält 96 % des Stammkapitals der ungarischen Firma P - C Ö K, einer GmbH (folgend: P - C GmbH).

Den restlichen Anteil des Stammkapitals mit 4 % hält der Kläger. Dieser war zusammen mit Frau F Geschäftsführer der P C GmbH, die die R D W GmbH zu internen Verrechnungspreisen beliefert.

Im Juli und August 1997 unternahm der Kläger ohne Zustimmung der R D W GmbH und gegen den Willen der Nebenintervenientin Bemühungen, eine Kapitalerhöhung bei der P - C GmbH durchzuführen und die Kapitalanteile im Zusammenhang damit derart zu verändern, daß derjenige des Klägers sich von 4 % auf etwa 51 % erhöht und derjenige der R D W GmbH sich auf rund 49 % vermindert hätte.

Nach § 9 der Satzung der Beklagten steht der Nebenintervenientin und dem Kläger das Recht zu, zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Gesellschaft bestellt zu werden. Die Beklagte ist verpflichtet, mit den bestellten Geschäftsführern einen Dienstvertrag abzuschließen.

Am 29. August 1997 wurde in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten folgender Beschluß gefaßt:

"J R wird mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der R - GmbH enthoben. Zu diesem Zweck wird ihm sein Sonderrecht gemäß § 9 Abs. l des Gesellschaftsvertrages der R - GmbH entzogen."

Der Kläger hatte vor der Abstimmung den Raum verlassen. Der Beschluß wurde mit der Stimme der Nebenintervenientin gefaßt.

Am. 24. September 1997 stellte die Nebenintervenientin in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten die Anträge, den Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten zu entheben, zunächst für die Dauer von drei Jahren das Sonderrecht gemäß § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages zu entziehen und einen eventuellen Anstellungsvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Die Nebenintervenientin stimmte für, der Kläger gegen die gestellten Anträge.

In einer weiteren außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 5. Januar 1998 stellte die Beklagte folgende Anträge:

"a) Die in der Gesellschafterversammlung der R - GmbH vom 29. August 1997 beschlossene Amtsenthebung des Geschäftsführers J R wird bestätigt.

b) Die in der Gesellschafterversammlung der R - GmbH vom 24. September 1997 erneut beschlossene Amtsenthebung des Geschäftsführers J R wird bestätigt.

c) Hilfsweise für den Fall, daß die in der Gesellschafterversammlung vom 29. August 1997 oder die in der Gesellschafterversammlung vom 24. September 1997 beschlossene Amtsenthebung nicht durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt werden, wird der Geschäftsführer J R mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben."

Die Nebenintervenientin stimmte für, der Kläger gegen diese Anträge. Weiterhin stellte die Nebenintervenientin in dieser Gesellschafterversammlung den Antrag:

"für den Fall, daß Herr R einen Vorschlag des zur Entscheidung über die Rechtswirksamkeit dieses Beschlusses berufenen Gerichts hinsichtlich eines milderen Mittels nicht akzeptiert, wird Herr R als Gesellschafter der GmbH gemäß § 17 Abs. 1 d der Satzung ausgeschlossen."

Die Nebenintervenientin stimmte für, der Kläger gegen diesen Antrag.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die genannten Beschlüsse nichtig, jedenfalls unwirksam seien. Am 29. August 1997 habe keine Gesellschafterversammlung stattgefunden. Die Beschlüsse vom 24. September 1997 seien nichtig, da er gemäß § 9 der Satzung nur mit seiner Zustimmung abberufen werden könne und ein wichtiger Grund für seine Abberufung nicht vorgelegen habe. Die Erhöhung des Stammkapitals der P -C GmbH habe er ausschließlich im Interesse einer gedeihlichen wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmensgruppe betrieben. Er sei bereit gewesen, die neu entstehenden Geschäftsanteile bei der P -C GmbH auf die R D GmbH zu übertragen. Aus diesen Gründen seien auch die Beschlüsse vom 5. Januar 1998 nichtig, zumal es sich hierbei um satzungsdurchbrechende Beschlüsse gehandelt habe, die der notariellen Beurkundung bedurft hätten.

Die Beklagte hat anerkannt, daß die Beschlüsse vom 29. August 1997 und 24. September 1997 insoweit nichtig sind, als beschlossen wurde, das dem Kläger nach § 9 des Gesellschaftsvertrages zustehende Sonderrecht ganz oder für die Dauer von drei Jahren zu entziehen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben die Auffassung vertreten, daß die Bemühungen einer Kapitalerhöhung bei der P - C GmbH zu Lasten der Muttergesellschaft einen wichtigen Grund darstellten. Außerdem habe der Kläger weitere schwerwiegende Verfehlungen begangen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der Nebenintervenientin und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts Regensburg Bezug genommen.

Das Landgericht Regensburg hat entsprechend dem Anerkenntnis der Beklagten die teilweise Nichtigkeit der Beschlüsse vom 29. August 1997 und 24. September 1997 festgestellt, soweit in ihnen dem Kläger das Sonderrecht nach § 9 Abs. l des Gesellschaftsvertrages dauernd oder vorübergehend entzogen wurde. Das Landgericht hat weiterhin festgestellt, daß der Beschluß vom 5. Januar 1998 teilweise nichtig ist, soweit der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer enthoben wird, falls die vorangegangenen Beschlüsse nicht gerichtlich bestätigt werden sollten, und soweit der Kläger als Gesellschafter ausgeschlossen werden sollte, falls er einen Vorschlag des zuständigen Gerichts als milderes Mittel nicht akzeptieren würde.

Im übrigen hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Es hält die Beschlüsse für formell ordnungsgemäß zustandegekommen und sieht wichtige Gründe für die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer für gegeben an. Auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils wird Bezug genommen.

Der Kläger hält auch im Berufungsverfahren die angegriffenen Beschlüsse für richtig; da sie nicht beurkundet worden sind. Im übrigen hält er einen wichtigen Grund für seine Abberufung nicht für gegeben. So sei die Eigenkapitalerhöhung bei der P - C GmbH sachlich gerechtfertigt gewesen. Die Nebenintervenientin sei mit Schreiben vom 21. Juli 1997 darauf hingewiesen worden, daß sie nach ungarischem Recht die neuen Geschäftsanteile erwerben könne. Wegen des weiteren Sachvortrags des Klägers wird auf die Berufungsbegründung vom 3. Mai 1999 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Regensburg insoweit abzuändern, als die Klage abgewiesen wurde und den Tenor unter Einschluß des der Klage stattgebenden Teils der Entscheidung insgesamt zu fassen wie folgt:

"I. Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.1997 gefaßten Beschlüsse, wonach

1. Der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird,

2. und dem Kläger zu diesem Zweck das ihm zustehende Sonderrecht nach § 9 Abs. l des Gesellschaftsvertrages entzogen wird,

3. der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Geschäftsführer-Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt wird,

4. und dem Kläger zu diesem Zweck das ihm zustehende Sonderrecht nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages entzogen wird,

sind nichtig.

Hilfsweise

für den Antrag Ziff. I:

Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.1997 gefaßten Beschlüsse, wonach

a) der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird,

b) und dem Kläger zu diesem Zweck das ihm zustehende Sonderrecht nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages entzogen wird,

c) der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Geschäftsführer-Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt wird,

d) und dem Kläger zu diesem Zweck das ihm zustehende Sonderrecht nach § 9 Abs. l des Gesellschaftsvertrages entzogen wird, werden für nichtig erklärt.

II. Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.1997 gefaßten Beschlüsse, wonach

1. der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird,

2. dem Kläger das ihm zustehende Sonderrecht nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages für die Dauer von zunächst drei Jahren entzogen wird,

3. der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Geschäftsführer-Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt wird,

sind nichtig.

Hilfsweise für den Antrag Ziff. II:

Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.1997 gefaßten Beschlüsse, wonach

a) der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird,

b) dem Kläger das ihm zustehende Sonderrecht nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages für die Dauer von zunächst drei Jahren entzogen wird,

c) der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Geschäftsführer-Dienstvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt wird,

werden für nichtig erklärt.

III. Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 05.01.1998 gefaßten Beschlüsse, wonach

1.a) bestätigt wird, daß der Kläger mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.1997 seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wurde;

b) bestätigt wird, daß der Kläger mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.1997 erneut seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wurde;

c) hilfsweise für den Fall, daß die in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.1997 oder die in der Gesellschafterversammlung vom 24.09.1997 beschlossenen Amtsenthebung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten nicht durch rechtskräftiges Urteil bestätigt werden, der Kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Gesachäftsführer der Beklagten enthoben wird;

2.a) bestätigt wird, daß mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.1997 der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer fristlos gekündigt wurde;

b) bestätigt wird, daß mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.1997 der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer fristlos gekündigt wurde;

c) hilfsweise für den Fall, daß die in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.1997 oder die in der Gesellschafterversammlung vom 24.09.1997 beschlossene fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers nichtig durch ein rechtskräftoges Urteil bestätigt werden wird, der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer bei der Beklagten mit sofortiger Wirkung gekündigt wird,

sind nichtig.

Hilfsweise

für die Anträge Ziff. III 1 und 2:

Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 05.01.1998 gefaßten Beschlüsse, wonach

1.a) bestätigt wird, daß der Kläger mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.1997 seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wurde;

b) bestätigt wird, daß der Kläger mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.1997 erneut seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wurde;

c) hilfsweise für den Fall, daß die in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.1997 oder die in der Gesellschafterversammlung vom 24.09.1997 beschlossenen Amtsenthebungen des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten nicht durch rechtskräftiges Urteil bestätigt werden, der kläger mit sofortiger Wirkung seines Amtes als Geschäftsführer der Beklagten enthoben wird;

2.a) bestätigt wird, daß mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.1997 der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer fristlos gekündigt wurde;

b) bestätigt wird, daß mit Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.09.1997 der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer fristlos gekündigt wurde;

c) hilfsweise für den Fall, daß die in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.1997 oder die in der Gesellschafterversammlung vom 24.09.1997 beschlossene fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers nicht durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt werden, wird, der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer bei der Beklagten mit sofortiger Wirkung gekündigt wird;

werden für nichtig erklärt.

III. 3. Der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 05.01.1998 gefaßte Beschluß, wonach für den Fall, daß der Kläger einen Vorschlag des zur Entscheidung über die Rechtswirksamkeit dieses Beschlusses berufenen Gerichts hinsichtlich eines milderen Mittels nicht akzeptiert, der Kläger als Gesellschafter der Beklagten gemäß § 15 Abs. 1 lit d der Satzung ausgeschlossen wird, wird für nichtig, erklärt."

Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigen das Ersturteil und wiederholen im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Auf die Stellungnahme der Nebenintervenientin vom 18. Juni 1999, der sich die Beklagte angeschlossen hat, wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger die Nichtigkeitsfeststellung oder Nichtigkeitserklärung des Beschlusses vom 29. August 1997 hinsichtlich der Kündigung des Geschäftsführer-Dienstvertrages und der Entziehung seines Sonderrechts zu diesem Zweck begehrt (Anträge I. Ziffer 3 und 4, Hilfsanträge I c) und d). Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, daß sich der Beschluß vom 29. August 1997 (K9) nicht mit der Kündigung des Geschäftsführer-Dienstvertrages befaßt. Auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils (S. 24 II 1) wird Bezug genommen.

Die Berufung ist weiterhin unbegründet, soweit der Kläger die Nichtigkeitsfeststellung oder die Nichtigkeitserklärung des Beschlusses vom 5. Januar 1998 hinsichtlich der Bestätigung der Kündigungen des Anstellungsvertrages in den Beschlüssen vom 29. August 1997 und 24. September 1997, und hinsichtlich der bedingten sofortigen Kündigung für den Fall der Nichtbestätigung der vorangegangener Kündigungen begehrt (Anträge III 2 a) - c); Hilfsanträge III 2 a) - c). Auch insoweit hat das Erstgericht zutreffend dargelegt, daß der Beschluß vom 5. Januar 1998 (K7) keinen derartigen Inhalt hat. Auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils (S. 18 I) wird Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers erweist sich im übrigen als begründet.

Die Beschlüsse vom 29. August 1997, 24. September 1997 und 5. Januar 1998 sind hinsichtlich der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten und hinsichtlich der Kündigung seines Anstellungsverhältnisses wegen Formmangels nichtig, § 53 Abs. 2 GmbHG, § 241 Nr. 2 AktienG analog.

1. Durch die Abberufung und Kündigung wird in das dem Kläger in der Satzung eingeräumte Sonderrecht, als Geschäftsführer bestellt zu werden, eingegriffen. Bei den Beschlüssen vom 29. August 1997 und 24. September 1997 ging offensichtlich die Beklagte auch von dieser Beurteilung aus, denn im Zusammenhang mit der Amtsenthebung wurde jeweils auch das Sonderrecht des Klägers gemäß § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages entzogen (Anlagen K3 und K5). Hinsichtlich der Entziehung des Sonderrechts in den beiden genannten Beschlüsses hat das Landgericht Regensburg die Nichtigkeit durch Teilanerkenntnisurteil festgestellt

Zwar bestätigt der Beschluß vom 5. Januar 1998 nur die Amtsenthebung des Klägers, nicht auch die vollständige oder befristete Entziehung seines Sonderrechts. Materiell kommt die Amtsenthebung aber einem Entzug des Sonderrechts gleich, weil der Kläger nach dem Sinn des Beschlusses über die Amtsenthebung auf unbestimmte Zeit nicht mehr zum Geschäftsführer bestellt werden soll. Es läßt sich deshalb nicht vertreten, daß das Sonderrecht formal nicht entzogen ist. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn der Kläger jederzeit die Möglichkeit haben sollte, erneut zum Geschäftsführer bestellt zu werden. Gerade das soll aber durch die Amtsenthebung auf nicht absehbare Zeit nicht mehr möglich sein.

2. Die Beschlüsse über die Amtsenthebung hätten gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG der notariellen Beurkundung bedurft, weil sie in das Sonderrecht des Klägers nach § 9 des Gesellschaftsvertrages eingreifen.

a) Der Verzicht auf die notarielle Beurkundung kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts - nicht auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt vom 26. Juni 1979 (BB 79, 2127) gestützt werden, wonach die Ausschließung eines Gesellschafters aus der GmbH keine Satzungsänderung darstellt. Dem Ausschluß eines Gesellschafters kann der Entzug des Sonderrechts, zum Geschäftsführer bestellt zu werden; nicht gleichgesetzt werden. Bei der Ausschließung eines Gesellschafters ändert sich die personelle Zusammensetzung, während die inhaltlichen Regelungen der Satzung unverändert bleiben. Beim Entzug eines Sonderrechts wird bei Kontinuität der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft der Inhalt der Satzung geändert.

b) Ein Sonderrecht kann zwar ohne Zustimmung des Berechtigten ausnahmsweise entzogen oder eingeschränkt werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt (Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Auflage, § 14 Rn. 18). Das Vorliegen eines wichtigen Grundes befreit aber bei Abänderung des Gesellschaftsvertrages nicht von dem Formerfordernis des § 53 Abs. 2 GmbHG. Eine Satzungsänderung liegt nicht nur dann vor, wenn das Sonderrecht ausdrücklich entzogen wird. Auch eine Beeinträchtigung, die direkt schmälernd in das Sonderrecht eingreift, erfordert einen satzungsändernden Beschluß nach § 53 GmbHG (Scholz/Winter, GmbHG, 8. Auflage, § 14 Rn. 26; Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Auflage, § 14 Rn. 25).

c) Der Auffassung, daß § 38 Abs. 2 GmbHG die Gesellschafterversammlung zwar nicht zur Aufhebung des Sonderrechts, aber zu der keine Satzungsänderung voraussetzenden Abberufung des Geschäftsführers ermächtige, kann insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 1993 (BGHZ 123, 15 ff) nicht gefolgt werden. Danach ist die Zulässigkeit von nicht formgültigen Satzungsdurchbrechungen auf Fälle einer "punktuellen" Regelung, bei denen sich die Wirkung des Beschlusses in der betreffenden Maßnahme erschöpft, beschränkt. Satzungsdurchbrechungen, die einen von der Satzung abweichenden rechtlichen Zustand begründen, sind dagegen ohne Einhaltung der für eine Satzungsänderung geltenden Formvorschriften auch dann unwirksam, wenn dieser Zustand auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt ist. Der Grund dafür liegt vor allem darin, daß solche eine Dauerwirkung entfaltenden Abweichungen von der Satzung nicht nur gesellschaftsinterne Bedeutung haben, sondern auch den Rechtsverkehr einschließlich etwaiger später eintretender Gesellschafter berühren (BGH aaO). Die Abberufung des Klägers schafft einen solchen von der Satzung abweichenden rechtlichen Dauerzustand. Sie ist, da nicht alle Satzungsänderungsvorschriften eingehalten wurden, unwirksam (vgl Scholz/Priester, a.a.O., § 53 Rn. 29). Soweit der Senat im Urteil vom 30. September 1998, 12 U 1691/98, unter Bezugnahme auf Scholz/Winter, § 14, Rn. 27, eine andere Auffassung vertreten hatte, wird daran nicht festgehalten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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