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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 07.05.2003
Aktenzeichen: 13 U 1041/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 311 Abs. 1
1) Zur Auslegung einer ein Fahrzeug betreffenden Betriebsanleitung.

2) Wurde zusätzlich zum Kaufvertrag über ein Fahrzeug zwischen denselben Parteien ein Garantievertrag geschlossen, trägt der Verkäufer die Beweislast für eine der Bedienungsanleitung nicht entsprechende Wartung, wenn eine solche ausweislich der Garantiebedingungen den Garantieanspruch erlöschen läßt.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

13 U 1041/03

Verkündet am 7. Mai 2003

In Sachen

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Walther, die Richterin am Oberlandesgericht Walther und den Richter am Oberlandesgericht Steckler aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3.2.03 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.247,37 Euro sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 31.10.02 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens 22 H 20032/02 Amtsgericht Nürnberg.

Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 73 % und die Beklagte 27 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluß:

Der Streitwert für die 1. und 2. Instanz (ersterer in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3.2.03) wird auf 12.120,49 Euro festgesetzt (11.192,15 Euro + 928,34 Euro).

Gründe:

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten die Rückzahlung der Reparaturkosten zuzüglich Prozeßzinsen verlangen, nicht jedoch die weiter geltend gemachten Fahrtkosten und die Nutzungsentschädigung. Auch der Feststellungsantrag hinsichtlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ist unbegründet.

I.

1. Die Klägerin leitet ihre streitgegenständlichen Ansprüche aus der Garantievereinbarung vom 10.1.2000 her, worin sie als Garantienehmer bezeichnet ist und der Verkäufer als Garantiegeber auftritt. Der Garantievertrag steht neben dem Kaufvertrag und neben der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung; er ist ein eigenständiger Vertrag, weshalb aus ihm hergeleitete Ansprüche auch prozessual gegenüber kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten eigenständige prozessuale Ansprüche sind.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist aber die Beklagte auch für die hier geltend gemachten Ansprüche aus der Garantie passivlegitimiert:

Der Garantievertrag gewährt einen Anspruch auf kostenlose Reparatur durch Ersatz oder Instandsetzung des schadhaften Bauteils. Läßt der Käufer sein Fahrzeug von dem Verkäufer, also von dem Vertragshändler, reparieren, muß er infolgedessen diesem nichts bezahlen, und der Verkäufer wickelt den Vorgang nunmehr als Versicherungsnehmer mit dem Versicherer ab. Der Käufer braucht sich mithin um nichts zu kümmern. Regelungsbedarf besteht aber, wenn der Käufer die Reparatur von einer anderen Fachwerkstatt durchführen läßt, also nicht vom Garantiegeber; denn dann muß er Werklohn bezahlen und dann stellt sich auch die Frage, auf welche Weise und von wem er den entsprechenden Betrag aus dem Garantievertrag erstattet bekommt, vom Garantiegeber oder direkt vom Versicherer. Dann muß auch im Verhältnis zum Garantienehmer geklärt werden, wie hoch die erstattungsfähigen Lohn- und Materialkosten sind.

Diese Frage stellt sich nicht, wenn der Garantiegeber - wie hier - selbst repariert; denn die Reparatur muß kostenlos erfolgen, weshalb der Garantienehmer dem Garantiegeber nichts zu zahlen braucht. Welchen Betrag der Versicherungsnehmer/Garantiegeber von dem Versicherer ausgezahlt erhält, berührt die Rechtsposition des Garantienehmers nicht. Folgerichtig betrifft § 6, der Bedingungen ausschließlich den Fall einer Reparatur in einer Fremdwerkstatt, also die Fremdreparatur.

Hier hat indes die Beklagte als Verkäuferin und Garantiegeberin repariert, weshalb die Regelung des § 1 einschlägig ist, wonach der Garantiegeber grundsätzlich für Reparaturen überhaupt nichts verlangen kann. Weil die Beklagte kostenlos instandzusetzen hat, muß sie den eingezogenen Betrag rückerstatten. Mithin ist die Beklagte passivlegitimiert und es ist für die Inanspruchnahme des Versicherers durch den Garantienehmer kein Raum.

2. Die Beklagte ist auch nicht nach § 7 der vorgenannten Bedingungen von ihrer Leistungspflicht aus der abgegebenen Garantie frei geworden, weil etwa die Klägerin gegen § 4 a) der Garantiebedingungen B 196 verstoßen hat.

Vergeblich beruft die Beklagte sich hier auf die mit "P" überschriebene Betriebsanleitung des Herstellers. Zwar befaßt sich diese Betriebsanleitung auf Seite 28 mit "besonderen Einsatzbedingungen", zu denen auch "Kurzstrecken mit kaltem Motor bei niedrigen Temperaturen" zählen. Dem vorgedruckten Text zufolge ist bei Einsatz des Fahrzeugs "unter bestimmten, besonders erschwerten Bedingungen" ein Wartungsplan für "besondere Einsatzbedingungen" mit speziellen Wartungsarbeiten und kürzeren Wartungsabständen erforderlich, und zwar "alle 20.000 km oder einmal, im Jahr bei Benzinmotoren". Die Festlegung eines solchen Wartungsplanes mit speziellen Wartungsarbeiten ist indes Sache des Vertragshändlers bzw. Garantiegebers; denn mit dieser Aufgabe wäre der häufig technisch nicht versierte Käufer/Garantienehmer völlig überfordert. Folgerichtig ist in der Bedienungsanleitung auf Seite 7 festgelegt, daß der Vertragshändler dem Garantienehmer bei der Garantieinspektion und danach bei jeder weiteren Inspektion mitteilt, "welche Wartungsstufe und welche Wartungsarbeiten bei der nächsten Inspektion fällig sind". Nur der Garantiegeber ist auch in der Lage, die "besonderen Bedingungen" im Einzelfall zu definieren und mit dem Kunden/Garantienehmer zu erörtern. Es liegt auf der Hand, daß der Begriff "Kurzstrecken mit kaltem Motor bei niedrigen Temperaturen" unbestimmt und damit ausfüllungsbedürftig ist. Zu Recht, weist die Klägerin darauf hin, daß angesichts der in Mitteleuropa normalerweise herrschenden Witterungsverhältnisse nicht schon jede Temperatur deutlich unter dem Gefrierpunkt die Annahme "besonderer Einsatzbedingungen" nahelegen kann, weil ansonsten in der Tat der Betrieb sämtlicher Fahrzeuge von P die Ausarbeitung eines "besonderen Wartungsplanes" erfordern würde. Unstreitig war von einem solchen hier gegenüber der Klägerin zu keinem Zeitpunkt die Rede. Vielmehr trug die Beklagte in dem die "Garantie-Inspektion" am 03.02.2000 betreffenden Stempelabdruck lediglich als "Stufe der nächsten Inspektion" einen Kilometerstand von 30.000 bzw. den Februar 2002 ein. Ein Hinweis auf ein kürzeres Wartungsintervall unterblieb.

Die Betriebsanleitung des Herstellers verpflichtete den Käufer bzw. Garantienehmer auf den Seiten 4 und 6 zur regelmäßigen Kontrolle des Motorölstandes. Daß. die Beklagte diese Kontrollpflicht verletzte, hat die Beklagte in erster Instanz nicht substantiiert behauptet. Den Schluß auf eine solche Pflichtverletzung erlaubt auch nicht der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe nur einen Ölwechsel von der Beklagten bei dem Kilometerstand von etwa 1.800 durchführen lassen, danach aber bis zum 24.12.2001 keinen weiteren (Bl. 12 d.A.); denn daß ein zweiter Ölwechsel bereits erforderlich gewesen war, ist damit nicht schlüssig dargelegt. Der Vortrag der Beklagten in zweiter Instanz, die Klägerin habe selbst wiederholt Öl - vermutlich an Tankstellen - nachgefüllt (Bl. 53, 54 d.A.), widerspricht dem erstinstanzlichen Vorbringen völlig und ist deshalb neu. Während die Beklagte in erster Instanz die Pflichtverletzung der Klägerin in einem unterbliebenen Ölwechsel sah, behauptet sie nunmehr von der Klägerin pflichtwidrig selbst vorgenommene "Ölnachfüllungen" (Bl. 54 d.A.). Mit diesem Vorbringen ist die Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Sie legt selbst nicht dar, warum sie das in dem neuen Tatsachenvortrag bestehende Verteidigungsmittel nicht schon in erster Instanz geltend machen konnte, zumal es sich dabei ohnehin um eine substanzarme Behauptung handelt.

Folglich kommt es nicht darauf an, daß die Beklagte in ihren Geschäftsbedingungen die Erfüllung der in § 4 aufgelisteten Pflichten und damit vor allem die ordnungsgemäße Wartung des Fahrzeuges nicht als negative und deshalb von der Klägerin zu beweisende Anspruchsvoraussetzung ausgeformt hat. Vielmehr wird in § 7 der Garantiebedingungen die Pflichtverletzung als ein Tatbestand ausgewiesen, der den Garantieanspruch erlöschen läßt. Dann handelt es sich aber um einen rechtsvernichtenden, jedenfalls um einen rechtshindernden Einwand, für den die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trifft. Daß ihr der Nachweis einer Pflichtverletzung angesichts des Gutachtens des Sachverständigen vom 03.08.2002 nicht gelingen kann, liegt auf der Hand. Beweis hat die Beklagte auch gar nicht erst angetreten.

3. Die Klägerin kann indes nicht mehr als den reinen Reparaturkostenaufwand erstattet verlangen, nicht weitere Unkosten und insbesondere nicht eine Nutzungsausfallentschädigung. Das folgt aus der Garantievereinbarung; denn nach § 1.3. der Garantiebedingungen umfaßt die Garantie keine mittelbaren oder unmittelbaren Folgeschäden, auch nicht Mietwagenkosten und Entschädigung für entgangene Nutzung. Auf diesen Gesichtspunkt hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung hingewiesen, ohne daß dem die Klägerin entgegengetreten wäre. Sie behauptet lediglich, die Folgekosten bezögen sich auf die Zeit über eine normale Reparatur hinaus, in der die Beklagte die Schadensreparatur verweigert habe (Bl. 19 d.A.). Mithin kann die Klägerin weder Fahrtkosten noch pauschale Unkosten noch den auf 7.859,58 Euro bezifferten Nutzungsausfall ersetzt verlangen. Den Anspruch kann die Klägerin auch nicht etwa auf einen Verzug der Beklagten mit der kostenlos zu erbringenden Reparatur stützen; insoweit schweigt die Klägerin sich bereits zu einem etwaigen Verzugsbeginn aus. Zudem ist der Vortrag der Klägerin, sie hätte das Fahrzeug dringend benötigt und sei immer wieder auf Behelfslösungen angewiesen gewesen (Bl. 4 d.A.), unsubstantiiert. Zu einem etwa vorhandenen Zweitwagen ist ebenfalls nichts vorgetragen.

4. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens besteht nach dem Garantievertrag nicht. Der Feststellungsantrag ist daher unbegründet. Allerdings handelt es sich um Kosten des Rechtsstreits, die insoweit insgesamt der Beklagten aufzuerlegen sind, auch wenn die Klage in der Höhe nur teilweise begründet ist; denn die Beweisaufnahme ging zugunsten der Klägerin aus.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, S. 1, 96 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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