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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 08.10.2007
Aktenzeichen: 13 U 1244/07
Rechtsgebiete: EEG


Vorschriften:

EEG § 11
§ 11 Abs. 2 EEG stellt keine Spezialregelung dar, die Anlagen, die auf Gebäuden angebracht sind, von den Einschränkungen des § 11 Abs. 3 und 4 EEG ausnimmt.

Deshalb ist der Netzbetreiber nur dann uneingeschränkt zur Vergütung verpflichtet, wenn das Gebäude vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden ist.


Gründe:

erteilt das Oberlandesgericht Nürnberg -13. Zivilsenat- durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Steckler, Richter am Oberlandesgericht Dr. Strößenreuther und Richterin am Oberlandesgericht Graf am 08.10.2007 folgenden

I. Hinweis gem. § 522 Abs. 2 ZPO

Der Senat beabsichtigt, die Berufung mangels Erfolgsaussicht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, Strom, der von PV-Anlagen auf Gewächshäusern, die die Klägerin auf einem Grundstück in der Gemarkung Ol der Stadt A im Bereich des B-Planes 169 "Sondergebiet regenerative Energien-Photovoltaik-Anlage" zu errichten beabsichtigt, mit dem gesetzlichen Entgelt, das für Gebäudeanlagen nach § 2 Satz 1 Nr. 1 EEG vorgesehen ist, zu vergüten hat

Ihre gegen das klageabweisende Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 23.05.2007 form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, weil die erhobene Feststellungsklage zwar grundsätzlich zulässig, aber unbegründet ist.

Dem Vergütungsanspruch steht entgegen, dass die Anlage die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 EEG nicht erfüllt.

1.

Eine Feststellungsklage mit dem oben bezeichneten Ziel ist grundsätzlich zulässig.

Bei der Klärung der Verpflichtung des Netzbetreibers zur Abnahme von Energie, die unter den Voraussetzungen des EEG erzeugt werden soll, besteht zwischen den zukünftigen Anlagebetreibern und dem Netzbetreiber bereits vor der Errichtung der Anlage ein Rechtsverhältnis, das eine ausreichende Grundlage für die Feststellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten bildet, wenn der zukünftige Anlagenbetreiber über das erforderliche Grundstück verfügt und die Planung soweit gediehen ist, dass die Errichtung der Anlage bevorsteht. In einem solchen Fall begründen die erheblichen zu erbringenden Investitionen auch das erforderliche Feststellungsinteresse (BGH NJW-RR 06, 1485 ff).

So liegt der Fall hier. Die Klage ist daher grundsätzlich zulässig und bedürfte nur in der Formulierung einer Klarstellung, denn die Anlagen sind - entgegen der mißverständlichen Formulierung im Antrag - gerade noch nicht installiert.

2.

Die Klage ist jedoch unbegründet, weil - wie das Erstgericht zutreffend ausführt - die geplanten Anlagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verpflichtung der Beklagten als Netzbetreiber, den erzeugten Strom zu den Mindestsätzen des § 11 EEG abzunehmen, nicht erfüllt.

Die Berufung greift das Ersturteil lediglich in zwei Punkten an.

Zum einen vertritt die Klägerin die Auffassung, § 11 Abs. 2 EEG bestimme abschließend die Verpflichtung des Netzbetreibers, Strom aus solarer Strahlungsenergie, der aus Anlagen, welche auf Gebäuden angebracht sind, stammt, zu den dort genannten Sätzen abzunehmen, ohne dass die Einschränkungen in den Absätzen 3 und 4 der Vorschrift zu beachten wären. Zum anderen behauptet die Klägerin, die Einschränkungen der Absätze 3 und 4 träfen auf ihr Projekt deswegen nicht zu, weil die von ihr geplanten Anlagen auf Schattengewächshäusern angebracht werden sollten und die Errichtung dieser Gewächshäuser den vorrangigen Zweck des Projektes darstelle.

Beide Argumentationen tragen nicht.

a)

Für die Auslegung des Absatzes 2 der Vorschrift als Spezialregelung zu Absatz 3 gibt weder der Wortlaut der Regelungen noch ihre systematische Stellung zueinander einen tragfähigen Anhalt. Auch der Gesetzeszweck gebietet eine Auslegung im Sinne des klägerischen Vortrages nicht.

aa)

Mit der Klägerin geht der Senat davon aus, dass § 11 Abs. 1 EEG zunächst grundsätzlich für alle Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie eine Vergütung von mindestens 45,7 Cent pro Kilowattstunde festschreibt. Diese Grundnorm erfährt jedoch in den folgenden Absätzen der Vorschrift Erweiterungen und Einschränkungen.

bb)

Eine solche Erweiterung, auf die sich auch die Klägerin stützt - nämlich eine Erhöhung der grundsätzlich zu bezahlenden Vergütung für den Strom aus Photovoltaikanlagen, die auf Gebäuden oder Lärmschutzwänden angebracht sind - regelt Absatz 2 der Vorschrift. Einen Hinweis darauf, dass die Installation auf einem Gebäude nicht nur die Grundvergütung erhöht, sondern die Anlage darüber hinaus von den Einschränkungen der Absätze 3 und 4 der Vorschrift ausnimmt, enthält die Regelung allerdings nicht.

cc)

Absatz 3 der Vorschrift enthält nun solche Einschränkungen und knüpft die grundsätzliche Verpflichtung zur Bezahlung einer Mindestvergütung an weitere Voraussetzungen, wenn die Photovoltaikanlage nicht an oder auf einer baulichen Anlage angebracht ist, die vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden ist.

(1)

Damit befasst er sich nicht mit der Höhe der Mindestvergütung im allgemeinen (Absatz 1) und im besonderen (Absatz 2), sondern stellt nunmehr Voraussetzungen auf, die Anlagen erfüllen müssen, um überhaupt der Regelung einer Mindestvergütungspflicht zu unterliegen.

Solche zusätzlichen Anforderungen sind - nach dem Wortlaut des Absatzes 3 - nur dann nicht zu erfüllen, wenn die Anlage an oder auf einer baulichen Anlage angebracht ist, die vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden ist.

(2)

Der Begriff der baulichen Anlage ist weiter als der Begriff des Gebäudes, umfasst diesen jedoch.

Dies ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Definition des Gebäudebegriffes in Absatz 2 der Vorschrift, in der Gebäude als bestimmte Formen der baulichen Anlagen beschrieben werden.

(3)

Weder der Wortlaut noch die Stellung der Absätze der Vorschrift zueinander geben daher einen Anhalt dafür, dass die Einschränkungen des Absatzes 3 grundsätzlich nicht in Betracht kommen, soweit Solaranlagen auf Gebäuden angebracht sind.

dd)

Auch der Gesetzeszweck gebietet eine derartige Auslegung nicht, zumal die Gesetzesmaterialien belegen, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung des Begriffes "bauliche Anlagen" in Absatz 3 der Vorschrift die Gebäude aus Absatz 2 mit erfassen wollte.

(1)

In der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/6864, Seite 44) wird ausdrücklich ausgeführt, die Absätze 2 und 3 differenzierten in ihrem Wortlaut bewusst zwischen dem engeren Begriff der "Gebäude" und dem weiterreichenden Begriff der "baulichen Anlage", der seinerseits auch "Gebäude" umfasse.

Damit ist jedoch eindeutig klargestellt, dass der Begriff "bauliche Anlage" in seiner Verwendung in Absatz 3 der Vorschrift auch Gebäude im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift mitumfasst. Daher werden auch Anlagen, die auf Gebäuden angebracht sind, nur dann von der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen der Absätze 3 und 4 der Vorschrift befreit, wenn diese Gebäude vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet worden sind.

(2)

Dass der Gesetzgeber Gebäude in den Anwendungsbereich des Absatzes 3 der Vorschrift einbezogen hat ergibt sich im übrigen aus den weiteren Erläuterungen in der oben bezeichneten Bundestagsdrucksache. Bei der Frage, ob es für die Beurteilung des Errichtungszweckes einer baulichen Anlage auf den Zeitpunkt der Errichtung oder der Inbetriebnahme der Anlage ankommt, erläutert die Begründung, entscheidend sei der Zeitpunkt der Errichtung, es komme nicht darauf an, ob die Anlage noch entsprechend der Funktion ihres abstrakten Nutzungszweckes, etwa als Wohngebäude, Betriebsgebäude oder Mülldeponie, noch genutzt werde.

Dies belegt, dass der Gesetzgeber durchaus auch Gebäude der grundsätzlichen Prämisse, dass sie vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet sein müssen, unterwerfen wollte. Andernfalls träfen zwei der drei angeführten Beispiele den Regelungsbereich nicht.

(3)

Auch liegt es durchaus im Sinne der Einschränkungen des Absatzes 3 der Vorschrift, zu verhindern, dass Gebäude in erster Linie zu dem Zweck errichtet werden, darauf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie anzubringen, um dadurch garantierte Mindestvergütungssätze zu erreichen. Durch den Anreiz dieser Förderung kann eine - vom Gesetzgeber jedoch grundsätzlich nicht gewollte - Verbauung von Freiflächen verursacht werden, die ohne Förderung der Erzeugung erneuerbarer Energien nicht erfolgt wäre.

ee)

Die derzeitige gesetzliche Regelung trägt die Auffassung der Klägerin daher nicht.

b)

Die Klägerin ist auch nicht von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 EEG befreit, denn sie vermochte nicht darzustellen, dass die von ihr geplante Photovoltaikanlage auf einer baulichen Anlage angebracht werden soll, die vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom errichtet werden soll.

aa)

§ 11 Abs. 3 EEG entbindet den Errichter einer baulichen Anlage, die dieser zur Anbringung von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie nutzen will, wenn er die gesetzlich festgeschriebenen Mindestvergütungen für die Stromeinspeisung beanspruchen will, nur dann von der Erfüllung der in Absätzen 3 und 4 dieser Vorschrift aufgestellten Voraussetzungen, wenn die bauliche Anlage vorrangig zu anderen Zwecken als der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet wird.

Die Entbindung von den Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 EEG wird dabei an die Zielsetzung bei Errichtung der baulichen Anlage, nicht bei Inbetriebnahme der Stromerzeugungsanlage, gekoppelt, so dass es unschädlich ist, wenn eine ursprünglich zu anderen Zwecken errichtete bauliche Anlage bei Aufnahme der Solarstromerzeugung nur noch diesem Zweck dienen soll (Bundestagsdrucksache 15/2864 Seite 44).

Bei Errichtung der baulichen Anlage muss der anderweitige Zweck jedoch vorrangig sein, also den Hauptzweck darstellen. Dieser Zweck muss die Errichtungsphase quasi "dominieren" (Salje EEG, 3. Aufl., §11 Rn. 71).

Es genügt somit nicht, dass die baulichen Anlagen neben der Funktion als Träger für die Photovoltaikanlagen noch andere Aufgaben haben sollen, diese müssen vielmehr den Hauptzweck der Baumaßnahme darstellen, die Anbringung von PV-Anlagen darf lediglich als Nebenfunktion vorgesehen sein.

Was bei einer noch zu errichtenden Anlage Haupt- und Nebenzweck ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur für den konkreten Einzelfall entscheiden.

Bei der Einordnung ist jedoch der Sinn des § 11 Abs. 3 EEG vordringlich zu beachten, nämlich die Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie nur dann zu fördern, wenn damit keine zusätzliche Verbauung von Freiflächen verbunden ist, weil eine solche ökologisch nicht wünschenswert ist und damit dem in § 1 des Gesetzes festgeschriebenen Zweck des Natur- und Umweltschutzes zuwiderläuft.

Je größer die Energieerzeugungsanlagen und je bedeutender der wirtschaftliche Faktor der Stromerzeugung ist, um so eher wird naheliegen, dass die bauliche Anlage, auf der die Anlagen zur Erzeugung von Solarstrom angebracht werden sollen, nicht vorrangig zu anderen Zwecken, sondern in erster Linie zum Zweck der Produktion geförderten Solarstromes errichtet werden soll.

bb)

Im streitgegenständlichen Fall vermochte die Klägerin nicht darzustellen, dass sie beabsichtigt, die geplanten Gewächshäuser in erster Linie zum Zwecke der Aufzucht von Schattengewächsen zu errichten und dass sie nur als demgegenüber untergeordneten Nebenzweck Photovoltaikanlagen anbringen will.

(1)

Die Klägerin will ihr Vorhaben in einem Gebiet, für das ein Bebauungsplan mit der Festsetzung "Sondergebiet regenerative Energien-Photovoltaik-Anlage" besteht, durchführen, wobei der Bebauungsplan ihrem Vortrag zufolge auf ihr Betreiben hin zustande gekommen ist. Dies ergibt bereits einen deutlichen Hinweis darauf, dass der tatsächliche Hauptzweck der Errichtung der Gewächshäuser die Erzeugung von Solarenergie ist und die Erstellung von Schattengewächshäusern ohne die Möglichkeit, PV-Anlagen auf diesen anzubringen, von der Klägerin nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 04.11.2006 ausführt, es stehe im Raum, ob die Klägerin eine sehr günstige Unterkonstruktion für die Photovoltaik verwende oder Gewächshäuser kombiniert mit Photovoltaik errichte.

(2)

Der Vortrag der Klägerin zur beabsichtigten Nutzung der Gewächshäuser ist zudem widersprüchlich.

Während sie in der Klage behauptet hat, sie selbst beabsichtige, in diesen Häusern Schattengewächse zu ziehen, trägt sie auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 06.03.2007 vor, die Gewächshäuser sollten vom Vater des Geschäftsführers der Klägerin angemietet und von diesem bewirtschaftet werden.

Die als Anlage A 12 zum Schriftsatz vom 04.11.2006 vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung stellt jedoch wiederum auf einen Eigenbetrieb der Gewächshäuser ab.

(3)

Zutreffend führt das Landgericht auch aus, dass der Investitionsaufwand ein deutliches Indiz dafür sei, wo der wirtschaftliche Schwerpunkt eines Projektes liege.

Vorliegend übersteigen die Investitionskosten, die für die Erzeugung der Solarenergie erforderlich sind, das Volumen für die Errichtung der Gewächshäuser als solches um ein Vielfaches.

Während die Klägerin die Errichtung der Gewächshäuser allein mit 39.600,00 Euro veranschlagt, sollen für das geplante Projekt insgesamt Aufwendungen von 562.500,00 Euro erforderlich sein. Zumal bei einem Wirtschaftsunternehmen wie der Klägerin spricht die Vermutung dafür, dass dort, wo die bei weitem höheren Investitionen getätigt werden, auch der Schwerpunkt der Zielsetzung liegt.

Hinzu kommt, dass bei der Berechnung der Rentabilität der Aufzucht von Schattengewächsen einerseits und der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie andererseits zu berücksichtigen ist, dass nach der Vorstellung der Klägerin die Abnahme des erzeugten Stromes langfristig zumindest zu Preisen zwischen 54,0 Cent und 57,4 Cent pro Kilowattstunde garantiert ist, während die Produktion von Schattengewächsen oder die Vermietung der Gewächshäuser mit vielfachen unternehmerischen Risiken belastet ist.

Der Senat ist deshalb wie bereits das Landgericht nicht davon überzeugt, dass trotz alledem die geplanten Anlagen nicht vorrangig zum Zwecke der Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie errichtet werden sollen. Da unstreitig keine der in § 11 Abs. 4 EEG genannten Flächen vorliegen, besteht damit die Vergütungsverpflichtung nach §§ 5, 11 Abs. 1, 2 EEG nicht.

(4)

Die Berufung hat somit keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat empfiehlt daher, das Rechtsmittel zur Kostenersparnis zurückzunehmen.

Ende der Entscheidung

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