Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 18.04.2002
Aktenzeichen: 13 U 3981/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 632
Der Unternehmer, der den vereinbarten Pauschalpreis einklagt, ist grundsätzlich dafür beweispflichtig, daß dieser nicht Leistungen beinhaltet, die dem substantiierten Vortrag des Auftraggebers zufolge von der Festpreisabrede erfaßt sind.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

13 U 3981/01

Verkündet am 18. April 2002

In Sachen

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Walther, den Richter am Oberlandesgericht Steckler und die Richterin am Oberlandesgericht Walther aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.10.01 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß das Versäumnisurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.02.2001 insoweit aufrechterhalten bleibt, als die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin 9.918,97 Euro und Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 03.11.00 sowie 20,45 Euro vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt bis zur Klagebeschränkung 9.989,19 Euro, ab da 9.918,97 Euro.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg, soweit hierüber nach der Klagebeschränkung im Termin vom 18.04.02 noch zu entscheiden war.

Der Klägerin steht der ihr vom Landgericht zuerkannte Werklohn mit der Maßgabe der Klagebeschränkung zu.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Anwendbar sind die Rechtsgrundsätze zum unternehmensbezogenen Geschäft, so daß es auf irgendwelche Eintragungen im Handelsregister nicht ankommt. Bei einem unternehmensbezogenen Geschäft geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, daß der Inhaber des Unternehmens Vertragspartei wird und nicht der für das Unternehmen Handelnde. Das gilt auch dann, wenn der Inhaber des Unternehmens falsch bezeichnet wird oder sonst Fehlvorstellungen über ihn bestehen (BGH NJW 1995, 43, 44; 1998, 2897).

Ausweislich der Gewerbeanmeldung des Herrn A A sind Unternehmensgegenstand Abbruch- und Sanierungsarbeiten, also gerade Tätigkeiten, die hier streitgegenständlich sind. Am selben Tag, an dem Herr A sein Gewerbe anmeldete, meldete seine Mutter das ihre ab, welches in der Gewerbeabmeldung mit "H" bezeichnet wird. Der Nachunternehmervertrag wurde am 03./05.05.2000 geschlossen, also nach der Anmeldung des Gewerbes durch Herrn A A. Daß im Familienverband zwei Unternehmen geführt wurden, ist angesichts des Beweiswerts der Gewerbeanmeldung und der Gewerbeabmeldung eine bloß theoretische Möglichkeit, für die nichts spricht und die deshalb außer Acht gelassen werden kann. Es genügt für die Überzeugung des Senats im übrigen ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewißheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.

2. Der Restwerklohn der Klägerin beträgt 10.156,21 Euro (= 19.863,82 DM).

Der am 18. Mai 2000 berechnete Betrag von 1.240,-- DM ist unstreitig. Gegenstand der Rechnung vom 23. Juni 2000 ist der Bruttopauschalpreis von 34.800,-- DM. Davon sind abzuziehen 0,3 % Bauwesenversicherung (= 104,40 DM) und die Zahlung von 17.400,-- DM. Es verbleiben deshalb bezüglich dieser Rechnung 17.295,60 DM. Von diesem Betrag ist auch das Landgericht ausgegangen. Die Klägerin hat zu Recht am 14. Juli 2000 brutto 4.861,98 DM berechnet (4.999,32 DM lt. Ersturteil abzüglich Klagebeschränkung i.H.v. 137,34 DM). Unstreitig ist ferner der Rechnungsbetrag von 1.466,24 DM aus der Rechnung vom 14. Juli 2000. Abzuziehen ist die ebenfalls unstreitige Zahlung der Beklagten von 5.000,-- DM am 02.10.2000.

3. Für den Ausgang des Rechtsstreits ist es ohne Bedeutung, ob und gegebenenfalls wann es zu einer Abnahme gekommen ist; denn weil die Klägerin keine Leistungen mehr zu erbringen braucht, sind nur noch die gegenseitigen Ansprüche abzurechnen.

a) Was die vermeintlichen Gegenforderungen der Beklagten (Abschottungsaufbau, Deckenremontage, Demontage der Abschottungen) betrifft, geht es zum einen darum, daß die Klägerin Leistungen nicht ausführte, die Gegenstand der Pauschalpreisabrede gewesen sein sollen. Die Klägerin behauptet hingegen, sie habe die vertraglich geschuldeten Leistungen vollständig erbracht; die Beklagte bestreitet das. Ein Leistungsverzeichnis, welches Klarheit hätte bringen können, existiert offenbar nicht mehr; es ist jedenfalls nicht vorgelegt worden. Auch die Beweisaufnahme erster Instanz hat insoweit nichts ergeben. Das Landgericht ist zu Recht von einem non liquet ausgegangen; es hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, daß der Werkvertrag seinem Leistungsumfang nach auch einen Aufbau der Abschottungen, die Remontage der Decken und die vollständige Beseitigung auch der äußeren Abschottungen zum übrigen Klinkbetrieb umfaßt. Es trifft zwar zu, daß die Klägerin die Beweislast dafür trägt, daß die mit den Arbeitskräften des Auftraggebers erbrachten Leistungen nicht zum Pauschalvertrag gehören; denn in Wahrheit geht es um eine höhere Vergütung, wenn der Auftragnehmer vorträgt, der Pauschalpreis decke ein geringeres Leistungsprogramm ab als von der Gegenseite behauptet. Grundsätzlich muß indes der Unternehmer, der einen Pauschalpreis einklagt, beweisen, daß eine vom Besteller behauptete Vereinbarung über die Höhe der Vergütung nicht getroffen worden ist, wenn diese unter dem von ihm behaupteten Pauschalpreis liegt; eine solche Fallgestaltung ist auch dann gegeben, wenn zwar die Pauschalpreisangaben der Parteien sich decken, aber der Pauschalpreis nach Darstellung des Auftraggebers ein größeres Leistungsvolumen beinhaltet als nach dem Vortrag des Unternehmers (BGH NJW-RR 1988, 983; LM § 632 BGB Nr. 15; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 3. Aufl., § 632 BGB Rn. 19, 20; a.A. Staudinger-Peters, BGB, 2000, § 632 Rn. 122). Wenn indes die Klägerin mehr Leistungen zum vereinbarten Pauschalpreis hätte erbringen müssen als geschehen, dann ist ihr nunmehr die Erbringung dieser Leistungen durch den Arbeitseinsatz der Beklagten und damit durch einen bereits deshalb von der Beklagten zu vertretenden Umstand unmöglich geworden (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 324 a.F. Rn. 10; vgl. BGH NJW 1992, 683, 686); mithin findet § 324 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 645 BGB a.F. Anwendung, wobei die Klägerin den Anspruch auf die Vergütung behält, sich aber anrechnen lassen muß, was sie erspart hat. Auf solche Ersparnisse beruft die Beklagte sich aber selbst nicht, weshalb zu deren Darlegung die Klägerin auch keinen Anlaß hatte (BGH NJW 2002, 57, 58 = LM § 324 BGB Nr. 10 Bl. 2 R). Die Klägerin sagte sich nicht unberechtigt vom Vertrag los, verweigerte nämlich weitere von ihr geschuldete Arbeiten nicht endgültig. Der Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe die Arbeiten endgültig eingestellt, ist schon nicht substantiiert; im übrigen hat die, Beweisaufnahme erster Instanz nicht ergeben, daß die Klägerin zu weiteren Leistungen überhaupt von der Beklagten aufgefordert wurde.

b) Soweit die Beklagte Mangelbeseitigungskosten (Nachreinigung im Schwarzbereich) geltend macht, verkennt sie -da sie sich auf fehlende Abnahme beruft- die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 7, 8 Nr. 3 VOB/B. Die Beklagte hätte nämlich eine Frist zur Mängelbehebung setzen und eine Auftragsentziehung androhen und dann auch den Auftrag entziehen müssen. Das alles ist nicht geschehen, und daß dieser Weg wegen der hartnäckigen Weigerung der Klägerin entbehrlich gewesen wäre, behauptet die Beklagte selbst nicht substantiiert (BGH NJW-RR 1998, 235, 236; BGH NJW 2000, 2997; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1387, 1388).

4. Die Aufrechnung mit einem Anspruch aus der vereinbarten Vertragsstrafe geht ins Leere; denn ein solcher Anspruch besteht nicht. Eine in AGB zu einem Bauvertrag enthaltene Vereinbarung, wonach der Auftragnehmer, wenn er in Verzug gerät, für jeden Arbeitstag der Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,5 %, höchstens jedoch 5 % der Auftragssumme zu zahlen hat, ist nämlich unwirksam. Der Tagessatz beschränkt die Vertragsstrafe nicht auf ihre berechtigten Zwecke und ist nicht mehr geeignet, die beiderseitigen Interessen der Vertragspartner zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Aus 0,5 % je Arbeitstag ergibt sich ein zu enger zeitlicher Rahmen. Schon nach 10 Arbeitstagen, die im allgemeinen 2 Wochen entsprechen, ist die volle Vertragsstrafe verfallen. Die bei einer angemessen gestalteten Vertragsstrafenklausel mit jedem Tag des Verzuges steigende Dringlichkeit der Erledigung kann nicht entstehen. Denn in der kurzen Zeitspanne von 10 Tagen läßt sich bei einem größeren Bauvorhaben -wie hier- kaum etwas veranlassen, um die Folgen der Verspätung aufzufangen und die verspäteten Leistungen nachzuholen. Dem Auftraggeber bleibt fast keine Möglichkeit zu reagieren und die Verwirkung der vollen Vertragsstrafe zu vermeiden. Darüber hinaus bewirkt der zu enge Zeitraum vor allem, daß die Vertragsstrafe sich nicht in dem Bereich voraussichtlicher Schäden hält.

Die generalisierende und typisierende Abschätzung möglicher Verzugsfolgen ergibt, daß Nachteile in Höhe von 5 % der Auftragssumme nicht innerhalb von 10 Arbeitstagen entstehen. Fälle einer besonders ungünstigen Schadensentwicklung können die für typische Fälle unangemessene Ausgestaltung der Strafklausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht rechtfertigen (BGH NJW 2000, 2106, 2107).

5. Was die zur Aufrechnung gestellten Unterbringungskosten betrifft, hat die Beklagte keinen tauglichen Beweis für ihre Sachdarstellung angeboten. Sie ist indes darlegungs- und beweispflichtig. Ihrem Antrag auf eigene Vernehmung konnte nicht entsprochen werden. Es spricht gerade keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Vortrag der Beklagten; es handelt sich nicht um ein übliches Mietverhältnis. Zu Recht hat mithin das Landgericht nur 464,-- DM abgezogen.

6. Der von der Klägerin jetzt noch verfolgte Anspruch auf gesetzliche Verzugszinsen ist berechtigt aufgrund Anwaltsschreibens vom 25.10.2000 (Anlage K 7), §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.

Die der Klägerin wegen des Verzugs der Beklagten weiter zuzusprechenden Mahnauslagen schätzt der Senat auf die verlangten 20,45 Euro, § 287 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO a.F.

Der Senat läßt die Revision nicht zu, weil die in § 543 Abs. 2 ZPO n.F. normierten Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Weil eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO nicht zulässig ist, unterbleibt die Anordnung einer Sicherheitsleistung (§§ 711, 713 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück