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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 18.04.2002
Aktenzeichen: 13 U 902/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 209 Abs. 1
BGB n.F. § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 398
BGB § 421
1. Beruht eine Gesamtschuld nicht auf einer sichernden Schuldmitübernahme, und tritt der Gläubiger nur den Anspruch gegen einen Gesamtschuldner ab, erfordert die Wirksamkeit der Abtretung die Zustimmung aller Gesamtschuldner.

2. Eine Klage, die eine der deutschen Rechtsordnung unterliegende und nach diesem Recht nicht rechtsfähige Gesellschaft erhebt, beeinflußt regelmäßig den Lauf der Verjährungsfrist nach deutschem Recht auch dann nicht, wenn die Gesellschaft in einem anderen Staat wirksam gegründet worden ist und sodann ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt hat.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

13 U 902/01

Verkündet am 18.04.2002

In Sachen

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. W und die Richter am Oberlandesgericht S und H aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20.09.2001 wird aufrechterhalten.

II. Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu leisten.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 28.632,35 Euro.

Tatbestand:

Der Kläger macht aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Anwaltsvertrag geltend.

Der Beklagte wurde im Jahre 1994 zusammen mit seinem seinerzeitigen Sozius Dr. M S von der Firma O Import-Export AG, V, L (im folgenden: O AG), über deren damalige M Rechtsanwälte S D und K beauftragt, die O AG in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth zu vertreten. Hintergrund der Beauftragung war, daß die O AG mit einer Firma F S, S, im Jahr 1992 in R bei E einen Vertrag über die Lieferung von Radbremsen für eine Laufzeit von 5 Jahren abgeschlossen hatte. Nach den Allgemeinen Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, die gem. Ziffer 11 dieses Vertrages Geltung haben sollten, war Erfüllungsort und Gerichtsstand N.

In der Folgezeit kam es zu Streitigkeiten zwischen der O AG und der Firma S über die Abnahme der Radbremsen.

Am 23.12.1993 reichten die Anwälte S, D und K beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg einen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides über einen Hauptsachebetrag von 11.424.000,-- DM gegen die Firma S ein. Dieser Mahnbescheid wurde am 07.01.1994 erlassen. Nach Einlegung des Widerspruchs durch die Firma S wurde das Verfahren am 04.10.1994 an das im Mahnbescheidsantrag und erneut in der Anspruchsbegründung vom 22.08.1994 als zuständig benannte Landgericht Nürnberg-Fürth antragsgemäß abgegeben.

Mit der Vertretung der O AG vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde die Kanzlei S Dr. S über die Rechtsanwälte S, D und K beauftragt. Diese waren weiterhin als Korrespondenzanwälte tätig und hielten den Kontakt zu dem Mehrheitsgesellschafter der O AG, Herrn G Sp.

Mit Schriftsatz vom 23.11.1994 zeigten der Beklagte und Rechtsanwalt Dr. S die Vertretung an und beantragten die Abgabe des Rechtsstreits von der zunächst befaßten 10. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth an die Kammer für Handelssachen. Nach Beendigung eines Zuständigkeitsstreits zwischen den beiden Kammern durch Beschluß des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 10.02.1995 gab die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth am 14.07.1995 nach mündlicher Verhandlung der O AG auf, eine Ausländersicherheit in Höhe von 166.000,-- DM zu leisten.

Am 10.10.1995 erließ dieselbe Kammer einen die örtliche Zuständigkeit betreffenden Aufklärungsbeschluß. Nach Beweisaufnahme durch Einvernahme des Mehrheitsgesellschafters der O AG, des Zeugen Sp, verwies das Landgericht Nürnberg-Fürth am 02.04.1996 den Rechtsstreit an das Landgericht Amberg als das für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständige Gericht.

Den nun folgenden Streit zwischen den Landgerichten Nürnberg-Fürth und Amberg über die örtliche Zuständigkeit entschied das Oberlandesgericht Nürnberg mit Beschluß vom 20.06.1996 dahin, daß das Landgericht Amberg zuständig sei, wo der Rechtsstreit seitdem vor der Kammer für Handelssachen weitergeführt wird.

Die Gebühren für die Vertretung der O AG durch den Beklagten und Rechtsanwalt Dr. S vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth sind bereits bezahlt; hingegen sind die Kosten der Anwälte der Firma S noch nicht abgerechnet, da das Landgericht Amberg bislang den Rechtsstreit nicht entschieden und damit auch keine Kostenentscheidung getroffen hat.

Mit dem den Zuständigkeitsstreit beendenden Beschluß des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20.06.1996 endete das Mandat des Beklagten und seines damaligen Sozius Dr. S.

Wegen der Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Nürnberg-Fürth und der deshalb von der O AG unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu tragenden Kosten der von der Firma S beauftragten N Rechtsanwälte erhob die O AG vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth unter dem Aktenzeichen 12 O 2770/99 Feststellungsklage gegen den Beklagten und Rechtsanwalt Dr. S.

Sie führte in dem Prozeß im wesentlichen aus, diese Gebühren seien zusätzlich zu den Prozeßgebühren vor dem Landgericht Amberg angefallen; sie müsse sie unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits tragen. Der Beklagte und Rechtsanwalt Dr. S müßten ihr diesen Betrag wegen Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages ersetzen, weil sie sich bereits mit Schriftsatz vom 23.11.1994 als Prozeßbevollmächtigte der O AG bestellt hätten. Sie hätten lange vor Einschaltung der damaligen Anwälte der Firma S die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Amberg beantragen müssen. Wäre dies geschehen, so wäre die kostenverursachende Verhandlung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth vermieden worden. Es liege insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten und von Dr. S vor, da die örtliche Zuständigkeit besonders gewissenhaft hätte geprüft werden müssen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies mit Endurteil vom 27.10.1999 die Klage der O AG wegen Verjährung als unbegründet ab.

Die Berufung der O AG gegen dieses Endurteil wies das Oberlandesgericht Nürnberg am 24.7.2000 (Az: 13 U 4292/99) mit der Maßgabe zurück, daß die Klage als unzulässig abgewiesen werde. Der Senat begründete seine Entscheidung mit der fehlenden Parteifähigkeit der O AG. Der tatsächliche Verwaltungssitz der Firma habe nicht in Liechtenstein, sondern in Deutschland gelegen, wo der Mehrheitsgesellschafter der O AG, G Sp die Geschäfte seiner diversen Unternehmen geführt habe und wo auch der Vertrag zwischen der O AG und der Firma S abgewickelt worden sei. Die O AG hätte daher, um als Aktiengesellschaft rechts- und parteifähig zu sein, nach den für ihren Sitz, also nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Regeln gegründet werden müssen. Weil das nicht der Fall sei, fehle der O AG die Parteifähigkeit.

Gegen das Endurteil des Oberlandesgerichts Nürnberg hat die O AG Revision eingelegt, über die der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden hat.

Am 30.07.2000 verfaßte der Mehrheitsgesellschafter der O AG, G Sp folgende Erklärung:

"Abtretung

Hiermit trete ich, G Sp ... meine (angeblichen) Ansprüche gegen Rechtsanwalt L S ... im Umfang von 15.000,-- DM (Erstattung und Schadensersatzanspruch) ab.

Diese Ansprüche ergeben sich aus der Tatsache, daß Herr Rechtsanwalt S die Firma O Import und Export AG ... im Rechtsstreit O gegen S ... vertreten hat und diese Vertretung wegen mangelnder örtlicher Unzuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth zur Verweisung an das Landgericht Amberg geführt hat. Dadurch werden und können nach § 281 Abs. 3 ZPO für die Firma O zusätzliche Kosten von mindestens 130.000,-- DM entstehen. Da nach Ansicht des OLG Nürnberg die Firma O (in Deutschland) nicht parteifähig sei, wären die durch diese Vertretung von Rechtsanwalt S der Firma O entstandenen Schäden solche von deren Gesellschafter und Aktionär G Sp."

Mit Schriftsatz vom 30.08.2000, eingegangen bei Gericht am 18.09.2000, hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 15.000,-- DM Feststellungsklage gegen den Beklagten erhoben. Er hat sich auf den Abtretungsvertrag vom 30.07.2000 berufen und ausgeführt, daß, die Parteiunfähigkeit der O AG unterstellt, deren Gesellschafter Sp und Be den Beklagten beauftragt hätten.

Der mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Schaden betreffe jedoch allein den Zedenten Sp, der die Bürgschaft im Verfahren gegen die Firma S gestellt habe. Zudem sei mit der Mitgesellschafterin Be ausdrücklich vereinbart worden, daß Herrn G Sp alle Ansprüche der O AG persönlich zustünden und er diese im eigenen Namen geltend machen könne.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe die O AG bzw. deren Gesellschafter Sp über die Problematik der Anrufung des Landgerichts Nürnberg-Fürth nicht informiert; insbesondere habe der Beklagte nicht auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, daß das Landgericht Nürnberg-Fürth seine örtliche Zuständigkeit verneinen könnte und daß die O AG in diesem Fall unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits der Fa. S die Gebühren der von diesem Unternehmen beauftragten Prozeßbevollmächtigten in N erstatten müsse. Der Beklagte habe auch nicht darauf hingewiesen, daß diese eventuelle Kostenbelastung durch einen (rein vorsorglichen) Verweisungsantrag nach § 281 ZPO vermieden werden könne.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es sei die Pflicht des Beklagten gewesen, von zwei möglichen Wegen den sichereren zu wählen und die Abgabe des Rechtsstreits an das Landgericht Amberg zu beantragen. Der Beklagte habe seine Mandantschaft auf die in Betracht kommenden Gerichtsstände und die Antragsmöglichkeit gemäß § 281 Abs. 2 ZPO pflichtwidrig nicht hingewiesen.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Mehrkosten und Schäden in Höhe eines Teilbetrages von 15.000,-- DM zu ersetzen, die Herrn G Sp als Gesellschafter bzw. Aktionär der Firma O Import Export AG, P, v Fürstentum Liechtenstein, in dem Rechtsstreit gegen die Firma S F S. S, Landgericht Amberg, 41 HK O 834/96, durch Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Nürnberg-Fürth (noch nicht fällig und abschließend bezifferbar) entstehen werden.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er hat die Existenz des Klägers bestritten. Er hat ferner die erhobene Feststellungsklage für unzulässig gehalten und gemeint, der Kläger könne die der O AG bzw. Herrn Sp entstehenden Kosten der N Prozeßbevollmächtigten der Firma S beziffern. Zudem hat er den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit der Forderung erhoben.

Der Beklagte hat die Klage auch für unbegründet gehalten. Er hat hierzu ausgeführt, die zwischen der O AG und der Firma S getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei wirksam gewesen, so daß das Landgericht Nürnberg-Fürth zur Entscheidung zuständig gewesen sei.

Der Mehrheitsgesellschafter der Firma O habe zudem ausdrücklich gewünscht, daß die Sache vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth ausgetragen werde.

Der Beklagte hat weiterhin die Einrede der Verjährung erhoben. Etwaige Schadensersatzansprüche seien im November 1994 entstanden. Seit November 1997 sei der Anspruch verjährt. Die Klage der O AG gegen den Beklagten und Rechtsanwalt Dr. S habe die Verjährungsfrist nicht unterbrochen.

Mit Endurteil vom 24.01.2001 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat hierzu insbesondere ausgeführt, daß an der Existenz des Klägers keine Zweifel bestünden. Das Feststellungsinteresse sei gegeben, woran die grundsätzliche Errechenbarkeit der Anwaltsgebühren nichts ändere. Die Klage sei auch nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig, da die Parteien in beiden Prozessen verschieden seien. Jedoch sei der Kläger zur Geltendmachung der Klageforderung nicht berechtigt; ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten bestehe nicht. Die Abtretung vom 30.07.2000 enthalte lediglich eine solche des Gesellschafters Sp, nicht eine der Mitgesellschafterin Be. Eine Vereinbarung, nach der alle Ansprüche der O AG Herrn Sp persönlich zustünden, sei nicht substantiiert genug vorgetragen worden. Es könne letztendlich jedoch dahinstehen, ob die Abtretung wirksam erfolgt sei; denn jedenfalls habe der Beklagte seine Anwaltspflichten nicht verletzt. Im Hinblick auf die unklare Rechtslage zu § 38 ZPO könne dem Beklagten eine Pflichtverletzung nicht vorgeworfen werden. Zudem sei der geltend gemachte Anspruch des Klägers verjährt. Eine sekundäre Hinweispflicht des Beklagten habe nicht bestanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Endurteil vom 24.01.2001 verwiesen (Bl. 38-55 d.A.).

Der Kläger hat gegen dieses seinen Prozeßbevollmächtigten am 05.02.2001 zugestellte Urteil am 05.03.2001 Berufung eingelegt. Seine Berufungsbegründung ist am 07.05.2001 eingegangen, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis dorthin verlängert worden war.

Der Kläger hat mit der Berufung die Klage auf einen Teilbetrag in Höhe von 70.000,-- DM erweitert.

Er wiederholt und vertieft seinen Sachvortrag erster Instanz.

Er behauptet darüberhinaus, daß in Höhe des erweiterten Betrages und im Umfange sowie nach Maßgabe des Feststellungsantrages der Zedent Sp ihm seine Ansprüche gegen den Beklagten am 07.05.2001 abgetreten habe.

Darüberhinaus macht er geltend, daß die Gesellschafterin Be mit Vertrag vom 07.03.1997 den Zedenten Sp ermächtigt habe, die der Firma O zustehenden Ansprüche zu verfolgen. Auch sei Herr Sp zwischenzeitlich Verwaltungsrat der O AG und habe die Abtretung der Ansprüche durch Herrn Sp an den Kläger genehmigt.

Nach Ansicht des Klägers tritt an die Stelle der O AG - das Fehlen der Parteifähigkeit unterstellt - die Gemeinschaft der Gesellschafter. In diesem Falle sei der Zedent Sp zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt gewesen. Nach der Abtretung dieser Ansprüche sei nunmehr er - der Kläger - Forderungsinhaber.

Der Kläger hält darüberhinaus die Rechtsansicht des Landgerichts zur fehlenden Pflichtverletzung für unrichtig. Ein Schaden sei schon dadurch entstanden, daß der Beklagte den Rechtsstreit einer nicht parteifähigen Firma betrieben habe.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2001 die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24.01.2001 durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Gegen dieses seinen Prozeßvertretern am 27.09.2001 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.10.2001, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, Einspruch eingelegt.

Er beantragt jetzt:

1. Das Versäumnisurteil des OLG Nürnberg vom 20.09.2001, Az.: 13 U 902/01, wird aufgehoben.

2. Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 24.01.2001, Az.: 12 O 7931/00, wird abgeändert.

3. Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Mehrkosten und Schäden in Höhe eines Teilbetrages von DM 70.000,00 zu ersetzen, die Herrn G Sp als Gesellschafter bzw. Aktionär der Firma O Import und Export AG, P, V, Fürstentum Liechtenstein in dem Rechtsstreit gegen die Firma S F, S, S, LG Amberg, Az.: 41 HKO 834/96, durch Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Nürnberg-Fürth (noch nicht fällig und abschließend bezifferbar) entstehen könnten bzw. werden.

Der Beklagte beantragt:

Das Versäumnisurteil vom 20.09.2001 wird aufrechterhalten.

Er verteidigt das Ersturteil und wiederholt hierzu seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er hält die Feststellungsklage nach wie vor für unzulässig, und zwar zum einen wegen der Möglichkeit, Zahlungsklage zu erheben, zum anderen wegen der anderweitigen Rechtshängigkeit. Die Klageerweiterung in zweiter Instanz sei unzulässig. Die Abtretung des Anspruchs an den Kläger sei unwirksam. Eine Pflichtverletzung liege nicht vor. Die Ansprüche seien jedenfalls verjährt. Die Klage der O AG habe die Verjährung jedenfalls nicht unterbrochen.

Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze, insbesondere auf die vom 05.03.2001 (Bl. 83 f. d.A.), 20.03.2001 (Bl. 86 f. d.A.), 07.05.2001 (Bl. 92 ff. d.A.), 11.06.2001 (Bl. 115 f. d.A.), 25.06.2001 (Bl. 117 f. d.A.), 08.08.2001 (Bl. 122 ff. d.A.), 17.09.2001 (Bl. 130 ff. d.A.), 11.10.2001 (Bl. 172 f. d.A.), 10.12.2001 (Bl. 175 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 20.09.2001 ist zulässig (§§ 338 ff. ZPO). Der Prozeß wird damit in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Das Versäumnisurteil vom 20.09.2001 ist daher aufrechtzuerhalten.

1. Die Klage ist zulässig.

a) Der Feststellungsklage fehlt nicht das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO).

Nach § 51 b BRAO verjährt der Schadensersatzanspruch spätestens in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrags. Das Mandatsverhältnis endete mit der Bestimmung des Landgerichts Amberg als des zuständigen Gerichts durch das OLG Nürnberg am 20.06.1996; jedenfalls ab da lief die Verjährungsfrist. Davon abgesehen tritt ein Schaden, der einen Ersatzanspruch des Auftraggebers gegen seinen Anwalt und damit den Verjährungsbeginn auslöst, dann ein, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen infolge des schädigenden Ereignisses objektiv verschlechtert hat; dies ist noch nicht der Fall, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils infolge einer Pflichtverletzung besteht (BGH NJW 1996, 661 = LM § 51 BRAO Nr. 25 Bl. 2), also bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt (BGH NJW 2000, 1263 = LM § 51 b BRAO Nr. 4 Bl. 1 R, 2). Eine Vermögensgefährdung lag hier so lange vor, solange bei der durchaus zweifelhaften Rechtslage noch kein Verweisungsbeschluß erlassen worden war. Erst mit diesem Verweisungsbeschluß schlug die Vermögensgefährdung in eine Verschlechterung der Vermögenslage um, weil nunmehr die Tatbestandsvoraussetzungen des § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfüllt sind. Andererseits ist noch keine Kostengrundentscheidung bezüglich der Mehrkosten ergangen. Solange das noch nicht der Fall ist, hat sich die Verschlechterung der Vermögenslage nicht in einen endgültigen Vermögensschaden gewandelt, so daß noch nicht auf eine Schadensersatzzahlung geklagt werden kann. Andererseits ist für den Beginn der Verjährung gleichgültig, ob der Schaden sogleich (in vollem Umfang) eingetreten ist. Vielmehr beginnt die Verjährung bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte Feststellungsklage erheben kann (BGH NJW 1995, 2039, 2040}. Dann können aber an dem Feststellungsinteresse und an der Zulässigkeit der Feststellungsklage keine Zweifel bestehen.

b) Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht eine anderweitige Rechtshängigkeit entgegen (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit setzt voraus, daß das neue Verfahren nach Rechtschutzziel und Klagegrund denselben Streitgegenstand betrifft. Es müssen dieselben Parteien betroffen sein oder doch eine Person, auf die sich die Rechtskraft erstreckt. Mithin ist Voraussetzung der Rechtshängigkeitssperre die Identität der Parteien. Da die Rechtshängigkeitssperre in subjektiver Beziehung denselben Umfang hat wie die materielle Rechtskraft, wirkt sie auch gegenüber denjenigen Personen, auf die sich die materielle Rechtskraft nach den §§ 325 ff. ZPO erstreckt. Hier besteht keine Parteiidentität. Im Vorprozeß ist die Klagepartei die O AG, und, weil die O AG auf ihrer Parteifähigkeit beharrt, nicht etwa Herr Sp allein oder gar zusammen mit Frau Be (BGH LM § 50 ZPO Nr. 51 mit Anm. Heidenhain). Zwar hat Herr Sp dem Klagevortrag zufolge Ansprüche an den Kläger abgetreten, so daß an sich Raum für die Anwendung des § 325 Abs. 1 ZPO sein könnte. Indes ist Herr Sp nicht Rechtsnachfolger der O AG, und auf deren Verhältnis zueinander kommt es an: Es geht zwischen ihnen nicht um einen abgeleiteten Rechtserwerb, sondern um eine Gläubigeralternativität. Auf eine solche Fallgestaltung paßt § 325 Abs. 1 ZPO nicht, und für eine erweiternde Auslegung des Gesetzes ist kein Raum, zumal es sich bei § 325 ZPO um eine Ausnahmevorschrift handelt.

2. Die Klage ist indes unbegründet.

a) Die Abtretung der Ansprüche durch den Zedenten Sp an den Kläger ist unwirksam.

Die behaupteten Abtretungen haben einen Anspruch ausschließlich gegen den Beklagten zum Gegenstand. Das Mandatsverhältnis bestand aber mit dem Beklagten sowie mit dessen damaligen Sozius Dr. S, so daß beide als Gesamtschuldner haften würden, träfe der Vortrag des Klägers zu (§ 51 a Abs. 2 BRAO; Staudinger-Noack, BGB, 13. Aufl., § 425 Rn. 40 ff). Die Folge der Abtretung wäre, daß Herr Sp einen Anspruch gegen Herrn Dr. S, und daß der Kläger einen Anspruch gegen den Beklagten hat. Auf diese Weise wäre ein der Gesamtgläubigerschaft ähnliches Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar entstanden. Eine Gesamtgläubigerschaft kann indes nur mit Einverständnis des Schuldners begründet werden. Eine solche Separatübertragung setzt also die Zustimmung des oder der weiteren Schuldner voraus, die hier fehlt (OLG Hamm NJW-RR 1998, 486; Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 425 Rdn. 9; anderer Ansicht: OLG Schleswig WM 1998, 2057). Aus § 401 BGB ergibt sich nichts anderes; denn diese Bestimmung betrifft bloße Neben- und Vorzugsrechte. Deshalb geht mit der Abtretung des Anspruchs gegen einen Gesamtschuldner die Forderung gegen die anderen Mitschuldner entsprechend § 401 BGB dann auf den Zessionar über, wenn sich diese nur zur Sicherung der abgetretenen Forderung mitverpflichtet haben (BGH NJW 1972, 437, 439; 2000, 575; BAG WM 1990, 734, 737; Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 401 Rdn. 4). Wenn der ausschließliche Sicherungszweck der Verpflichtung im Interesse des Zessionars kein gesondertes rechtliches Schicksal im Verhältnis zur dadurch gesicherten Schuld zuläßt, dann erfordert umgekehrt bei einer Gesamtschuld, die - wie hier - auch nicht teilweise vom Sicherungszweck bestimmt ist, die Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs gegen nur einen Gesamtschuldner die Zustimmung aller Gesamtschuldner. Die Gesamtschuldner brauchen nämlich keine ihre Rechtsposition erschwerenden Nachteile hinzunehmen, die ihnen erst aus der Separatübertragung erwachsen und gerade mit dieser Abtretungsart verbunden sind (vgl. BGHZ 64, 67, 70 = NJW 1975, 969, 970; Kogel NJW 1975, 2063, 2064). Rechnet beispielsweise der Gesamtschuldner, gegen den der Anspruch abgetreten worden ist, mit einem Anspruch gegen den Zessionar auf, und bestreitet der Zedent die Wirksamkeit der Aufrechnung, dann muß der von dem Zedenten in Anspruch genommene andere Gesamtschuldner, der sich auf die Erfüllungswirkung der Aufrechnung gemäß § 422 Satz 2 BGB beruft, darlegen und nachweisen, daß dem Zessionar, der in seinen Augen Dritter ist, ein Anspruch gegen den Mitschuldner zustand, der durch die Aufrechnung erloschen ist. Mit der Erforderlichkeit dieser die Rechtssphäre einer weiteren Person einschließenden Rechtsverteidigung ist aus der Sicht des vom Zedenten in Anspruch genommenen Gesamtschuldners gleichsam eine nachträgliche Gläubigerverdoppelung verbunden, die deshalb auch von seiner Zustimmung abhängt. Die Abtretung der Forderung gegen nur einen Gesamtschuldner erschwert zudem die Abwicklung des Innenverhältnisses zwischen den Gesamtschuldnern, wenn beispielsweise die Gläubiger unterschiedlich vorgehen, etwa der eine Gläubiger Klage erhebt, der andere einen Vergleich schließt.

b) Im übrigen sind etwaige Ansprüche verjährt.

Nach § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbricht nur die Klage des Berechtigten. Wer Berechtigter ist, richtet sich nach sachlichem Recht (BGH BB 1999, 1030). Berechtigt kann nur sein, wem ein Anspruch zustehen kann, wer also rechtsfähig ist. Mithin setzt die Berechtigung die Rechtsfähigkeit zwangsläufig voraus. Fehlt einem Gebilde die Rechtsfähigkeit, dann fehlt ihm auch die Berechtigung im Sinne des § 209 Abs. 1 BGB a.F. Es ist auch nicht möglich, bei Verneinung der Rechts- und Parteifähigkeit der O AG die Gesellschafter unter Bejahung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Partei des Verfahrens und damit auch als Berechtigte anzusehen (BGH LM § 50 ZPO Nr. 51 mit Anmerkung Heidenhain).

Insbesondere kann nicht von einer Vorgründungsgesellschaft ausgegangen werden; denn die Vorgründungsgesellschaft zielt auf eine Gesellschaftsgründung. Das ist hier gerade nicht der Fall; denn die O AG ist nach liechtensteinischem Recht bereits gegründet, und sie leitet aus der erfolgten Gründung die Rechts- und Parteifähigkeit auch für den deutschen Rechtsbereich her.

Entweder ist bei Zugrundelegung des Verwaltungssitzes in Liechtenstein von der dort anerkannten Rechtsfähigkeit der O AG auszugehen, oder es fehlt im deutschen Rechtsbereich überhaupt an einem juristisch fassbaren Gebilde. Es kann nicht die nach deutschem Recht fehlende Rechtsfähigkeit der nach dem Recht des Gründungsstaates fortbestehenden Gesellschaft durch die Rechtsfähigkeit eines anderen Gebildes ersetzt werden, welches mit der Gesellschaftsform im Gründungsstaat nicht vergleichbar und damit nicht vereinbar ist.

Als der Kläger als Zessionar Klage erhob, war Verjährung bereits eingetreten. Die Verjährung begann spätestens mit dem Ende des Mandatsverhältnisses mit der Kanzlei S/Dr. S (§ 51 b BRAO), nämlich mit dem die Zuständigkeit des Landgerichts Amberg bestimmenden Beschluß des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20.06.1996. Die Verjährung endete damit mit Ablauf des 21.06.1999 (Montag). Zwar ist die Klage im Verfahren der O AG gegen den Beklagten und seinen Sozius Dr. S am 06.04.1999 bei Gericht eingegangen und auch demnächst im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. zugestellt worden. Die Klage wurde aber nicht durch einen Berechtigten erhoben, weshalb die Verjährung nicht unterbrochen wurde.

Es besteht auch kein sekundärer Ersatzanspruch gegen den Beklagten; denn ein Rechtsanwalt braucht seinen Auftraggeber nicht auf einen möglichen Regreßanspruch und dessen Verjährung hinzuweisen, wenn der Mandant rechtzeitig vor Ablauf der Verjährung in der Haftungsfrage anwaltlich beraten wird oder auf anderem Wege entsprechende Kenntnis erhält. Es kommt darauf an, daß andere Rechtsanwälte beauftragt waren, den Mandanten bezüglich eines Regreßanspruchs gegen den Beklagten zu beraten (BGH NJW 2000, 1263 - LM § 51 b BRAO Nr. 4 Blatt 3). So liegen die Dinge hier; Rechtsanwalt R war rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist mit der Prüfung der Haftung des Beklagten und von dessen Sozius beauftragt worden, und er hatte namens der O AG auch noch rechtzeitig Klage erhoben. Er hat es zu vertreten, daß er die Rechts- und Parteifähigkeit unrichtig beurteilte, zumal er die Informationen von Herrn Sp erhalten hatte und sich von diesem weitere Informationen mühelos beschaffen konnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO n.F.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO n.F. liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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