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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 30.06.2008
Aktenzeichen: 13 W 1113/08
Rechtsgebiete: RVG, VV-RVG


Vorschriften:

RVG § 2 Abs. 2 Satz 1
VV-RVG Nr. 3104
VV-RVG Nr. 3105
Wird der Prozessbevollmächtigte erstmals nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids im Mahnverfahren mit der Sache befasst und beantragt er in dem im nachfolgenden streitigen Verfahren anberaumten Einspruchstermin den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils, so fällt hierfür nur eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 RVG-VV an.
Oberlandesgericht Nürnberg

Aktenzeichen: 13 W 1113/08

Das Oberlandesgericht Nürnberg, 13. Zivilsenat, erlässt durch Richter am Oberlandesgericht Dr. Herz als Einzelrichter

in Sachen

...

ohne vorherige mündliche Verhandlung am 30. Juni 2008 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. April 2008 (Az.: 3 O 445/08) wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 288,40 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die - in diesem Verfahrensstadium anwaltlich noch nicht vertretene - Klägerin hatte am 2. Januar 2008 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten erwirkt. Nachdem dieser hiergegen Einspruch eingelegt hatte, das Verfahren an das Landgericht Nürnberg-Fürth als Streitgericht abgegeben worden war und die Klägerin einen Rechtsanwalt mandatiert hatte, fand am 31. März 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung statt. In diesem Termin erging ein - rechtskräftig gewordenes - zweites Versäumnisurteil, durch das der Einspruch des Beklagten verworfen und ihm die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.

Mit Antrag vom 1. April 2008, berichtigt mit Schriftsatz vom 8. April 2008, begehrte die Klägerin Kostenfestsetzung. U.a. wurde hierbei die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV-RVG beantragt.

Der Rechtspfleger des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. April 2008 diesem Antrag insoweit nicht entsprochen, als lediglich eine 0,5-Terminsgebühr gemäß Nr. 3105 VV-RVG festgesetzt wurde. Gegen diesen, der Klagepartei am 16. April 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 29. April 2008 bei Gericht eingegangene Beschwerde.

Mit Beschluss vom 29. Mai 2008 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert gemäß § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht, die Beschwerdefrist von 2 Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) ist gewahrt.

2. Die sofortige Beschwerde hat indes in der Sache keinen Erfolg.

a) Die Beschwerde rügt, ausgehend von der BGH-Rechtsprechung (Beschluss vom 7. Juni 2006 - VIII ZB 108/05, NJW 2006, 3430) sei die anwaltliche Terminsgebühr für die Vertretung der Klägerin im Termin vom 31. März 2008 mit einem Satz von 1,2 nach Nr. 3104 VV-RVG festzusetzen.

b) Mit der von der Beschwerde zitierten Entscheidung hat der BGH die Streitfrage, ob - wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils und nach Einspruch durch den Gegner dieser im daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung weder erschienen noch ordnungsgemäß vertreten ist und deshalb zweites Versäumnisurteil ergeht - gleichwohl die ermäßigte Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV-RVG zu berechnen ist, auch wenn derselbe Prozessbevollmächtigte bereits das erste Versäumnisurteil erwirkt hat, oder ob hier für die Terminsgebühr Nr. 3104 VV-RVG einschlägig ist, also ein Gebührensatz von 1,2 festzusetzen ist, in letzterem Sinne entschieden. Zwar sei der Wortlaut der Nr. 3105 VV-RVG insoweit nicht eindeutig. Dennoch spreche eine daran anknüpfende Auslegung für den Ansatz einer 1,2-Terminsgebühr; das Wort "nur" in Nr. 3105 VV-RVG wäre überflüssig und könnte gestrichen werden, wenn die Norm auch bei mehrmaligen Terminen einschlägig wäre. Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift weise eher in diese Richtung. Zudem stelle die Gesetzesbegründung ausdrücklich fest, die verminderte Terminsgebühr nach Nr. 3105 trage dem in der Regel geringeren Aufwand des Rechtsanwalts in diesen Fallkonstellationen Rechnung. Die Vorbereitung und Präsenz in einem zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung übersteige aber deutlich den von Nr. 3105 VV-RVG jedenfalls typischerweise unterstellten Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts.

An dieser Rechtsprechung hat der BGH auch in der Folge festgehalten (Beschluss vom 18. Juli 2006 - XI ZB 41/05, NJW 2006, 2927; Beschluss vom 26. September 2006 - XI ZB 19/06, FamRZ 2006, 1836; Beschluss vom 24. Januar 2007 - IV ZB 21/06, NJW 2007, 1692).

c) Der streitgegenständliche Sachverhalt ist bereits deshalb nicht mit der Fallkonstellation vergleichbar, die der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde lag, da eine anwaltliche Vertretung der Klägerin im Mahnverfahren gerade nicht stattgefunden hat, die Klägerin vielmehr erst nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids und Einspruchseinlegung des Beklagten hiergegen einen Anwalt mandatiert hat. Der anwaltliche Vertreter der Klägerin hat deshalb "nur" einen Termin wahrgenommen, nämlich denjenigen, in weichem zweites Versäumnisurteil erging.

Ein Vollstreckungsbescheid kann einem ersten Versäumnisurteil zudem auch aus einem weiteren Grund gebühren rechtlich nicht gleichgestellt werden, denn er gehört zu einer anderen Angelegenheit, dem Mahnverfahren. Er löst in diesem Rahmen eigene nicht anzurechnende Gebühren aus (Nrn. 3305, 3308 VV-RVG). Von daher besteht keine Veranlassung, auch ein auf den Vollstreckungsbescheid folgendes zweites Versäumnisurteil mit einem erhöhten Gebührenanfall auszustatten.

Der Anfall einer 1,2-Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV-RVG für die Wahrnehmung des Einspruchstermins bei vorausgegangenem Vollstreckungsbescheid wurde dementsprechend von der Rechtsprechung bislang abgelehnt (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 21. Februar 2007 - 17 W 26/07, AGS 2007, 296). Daran ist auch im Streitfall festzuhalten.

d) Die sofortige Beschwerde bleibt damit in der Sache ohne Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat entsprechend einer Bewertung des Interesses der Beschwerdeführerin auf den Betrag der zusätzlich festzusetzenden 0,7-Terminsgebühr festgesetzt (ausgehend vom Streitwert von 7.178,91 EUR rechnerisch ermittelt mit 288,40 EUR).

Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen war.

Ende der Entscheidung

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