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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 02.05.2006
Aktenzeichen: 13 W 985/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 494 a
Nach Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens können die Kosten eines Nebenintervenienten, der nach Streitverkündung durch den Antragsgegner auf dessen Seite beigetreten ist, dem Antragsteller weder nach § 494 a ZPO noch nach § 91 a ZPO auferlegt werden, wenn der Antragsteller innerhalb einer ihm gesetzten Frist nach § 494 a ZPO Klage gegen den Antragsgegner erhebt.
13 W 985/06

Nürnberg, den 2.5.2006

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 13. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.03.2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Nebenintervenientin.

III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.536,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die zulässige (§ 567 Abs. 1 Nr. 2, § 565 ZPO) sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin ist unbegründet.

Die Nebenintervenienten können nicht verlangen, dass der Antragstellerin die durch die Nebenintervention im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt werden.

Denn die Antragstellerin hat innerhalb der ihr gesetzten Frist Klage erhoben.

1. Mit Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.09.2005, der dem Antragstellervertreter am 12.10.2005 zugestellt wurde, wurde der Antragstellerin eine Frist von vier Wochen ab Zustellung des Beschlusses zur Erhebung der Klage in der Hauptsache gesetzt. Die Frist endete mithin mit Ablauf des 09.11.2005. Am 09.11.2005 reichte die Antragstellerin unter gleichzeitiger Einzahlung der Gerichtskosten die Hauptsacheklage gegen die Antragsgegnerin beim Landgericht Nürnberg-Fürth ein. Dass die Klage erst nach Fristablauf zugestellt wurde, ist unerheblich, da die Antragstellerin alles Erforderliche getan hatte, um eine baldmögliche Zustellung der Klage zu gewährleisten (§ 167 ZPO; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 494 a Rn. 4 i.V.m. § 926 Rn. 8).

2. Dass diese Klage sich nur gegen die Antragsgegnerin richtet und nicht auch gegen den Nebenintervenienten, führt nicht dazu, dass der Antragstellerin die Kosten der Nebenintervenientin auferlegt werden könnten.

a) Eine Rechtsgrundlage dafür ergibt sich nicht aus § 494 a Abs. 2 ZPO. Zwar können nach dieser Vorschrift auch die einem beigetretenen Streitverkündeten entstandenen Kosten dem Antragsteller auferlegt werden (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a Rn. 4; OLG Oldenburg NJW-RR 1935, 82S; OLG Karlsruhe NJW-RR 2001, 214; für den Fall der Antragsrücknahme auch OLG München BauR 1998, 592). Auch der beigetretene Streitverkündete kann einen Antrag nach § 494 a Abs. 1 ZPO stellen, sofern er sich dadurch - wegen § 67 ZPO - nicht in Widerspruch zu Erklärungen der Hauptpartei setzt (Thomas/Putzo, a.a.O., § 494 a Rn. 1; Zöller/Herget, a.a.O., § 494 a Rn. 2; OLG Celle NJW-RR 2003, 1509; OLG Köln OLGR 2005, 219).

Allerdings kann der Nebenintervenient nur erreichen, dass der Antragsteller zur Erhebung einer Klage gegen den Antragsgegner (also die Hauptpartei) aufgefordert wird, nicht aber gegen ihn, den Nebenintervenienten (OLG Koblenz NJW-RR 2001, 1726; Thomas/Putzo, a.a.O., § 494 a Rn. 1). Denn § 494 a ZPO meint nach seinem Wortlaut ersichtlich nur die Erhebung einer Klage gegen den Antragsgegner. Dies ergibt sich auch aus der Stellung des Streithelfers, der die Hauptpartei unterstützt (§ 74 Abs. 1, § 66 Abs. 1, § 67 ZPO) und damit keine weitergehenden Befugnisse hat als die von ihm unterstützte Partei (§ 67 ZPO; OLG Koblenz, a.a.O.).

Das aber hat zur Folge, dass die Antragstellerin die Aufforderung aus dem Beschluss vom 15.09.2005 mit der Erhebung der Klage gegen die Antragsgegnerin erfüllt hat; eine Rechtsgrundlage für eine Entscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO besteht damit nicht.

Auch der Zweck des § 494 a Abs. 2 ZPO rechtfertigt es nicht, die Kosten der Nebenintervenientin im selbständigen Beweisverfahren trotz Erhebung der Klage gegen die Hauptpartei der Antragstellerin aufzuerlegen. § 494 a Abs. 2 ZPO soll dem Antragsgegner eine vereinfachte, vom materiellen Recht unabhängige Grundlage einer Kostenerstattung verschaffen. Er betrifft die Fälle, in denen der Antragsteller - in der Regel mit Rücksicht auf das ihm nachteilige Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens - davon abgesehen hat, Klage in der Hauptsache zu erheben. Da er jedoch das Beweisverfahren in Gang gebracht und hierdurch Kosten veranlasst hat, erscheint es angemessen, ihn mit den Kosten des Gegners im selbständigen Beweisverfahren zu belasten, wenn es nicht zu einem Hauptsacheverfahren kommt (OLG Köln OLGR 2005, 219). Im Hauptsacheverfahren wären die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens Teil der dortigen Verfahrenskosten (BGH MDR 2004, 1372; NJW 2003, 1322). Gewinnt der Antragsgegner dort, steht ihm ein entsprechender Erstattungsanspruch zu. § 494 a ZPO nimmt dem Antragsteller die Möglichkeit, sich dem zu entziehen, in dem er es - im Hinblick auf den Au s gang des selbständigen Beweisverfahrens - gar nicht zum Hauptsacheverfahren kommen lässt.

Diese Bewertung trifft aber nicht zu, wenn der Antragsteller - wie im vorliegenden Fall - Klage gegen den Antragsgegner erhoben hat. Eine Klage gegen einen Streitverkündeten des Antragsgegners aus dem selbständigen Beweisverfahren wäre ihm sogar vielfach gar nicht möglich, weil es sich - wie im vorliegenden Fall - um Vertragspartner des Antragsgegners handelt, mit denen er nicht in unmittelbaren Rechtsbeziehungen steht. Streitverkündete aus dem selbständigen Beweisverfahren sind auch dadurch geschützt, dass es im Hauptsacheverfahren zu einer erneuten Streitverkündung kommen kann mit der Folge, dass zu ihren Gunsten § 101 ZPO anwendbar ist. Es wird auch die Auffassung vertreten, dass die Kosten von Nebenintervenienten im selbständigen Beweisverfahren auch dann der unterliegenden Gegenpartei im Hauptsacheverfahren aufzuerlegen sind, wenn im Hauptsacheverfahren keine Streitverkündung erfolgt ist und der Nebenintervenient auch nicht - etwa in Form einer Nebenintervention nach § 66 ZPO - dem Rechtsstreit beigetreten ist (OLG Celle NJW-RR 2003, 1509). Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist mit dem Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens auch die kostenmäßige Entwicklung hinsichtlich von Nebenintervenienten im selbständigen Beweisverfahren nicht abgeschlossen, wenn es zu einer Hauptsacheklage kommt.

b) Auch § 91 a ZPO scheidet als mögliche Rechtsgrundlage aus. Das selbständige Beweisverfahren - auf das es für die Frage der Erledigung ankommt - hat sich gerade nicht erledigt, sondern ist zu Ende geführt worden. Eine Erledigung liegt um so weniger vor, wenn Hauptsacheklage gegen den Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens erhoben wurde und eine Verwertung der Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens dort in Betracht kommt.

II.

Kostenentscheidung: § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Für den Streitwert wurden die in Betracht kommenden Kosten der Beschwerdeführerin geschätzt. Das Gericht geht dabei von zwei Gebühren nach § 31 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, § 48 BRAGO, § 61 RVG aus einem Streitwert von 26.500,-- Euro aus.

Ende der Entscheidung

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