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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 3 AR 2517/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist kein Raum, wenn ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand bestanden hätte (hier der des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO), mit einem der Beklagten jedoch ein anderer ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart wird.
3 AR 2517/06

Nürnberg, den 13.12.2006

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 3. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag der Antragstellerin auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens.

III. Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird auf 11.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin macht Werklohnansprüche gegen die Antragsgegnerinnen geltend. Die Antragsgegnerin zu 1) hatte für die Antragsgegnerin zu 2) als Generalbauträger die Errichtung eines Supermarktes in F übernommen und die Antragstellerin mit der Erstellung der Außenanlagen beauftragt. Im Bauvertrag mit der Antragstellerin wurde Nürnberg als Gerichtsstand vereinbart. Als es vor Fertigstellung der Bauarbeiten zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1) zu Auseinandersetzungen kam, bei der die Antragstellerin mit der Einstellung der Bauarbeiten drohte, sicherte die Antragstellerin zu 2) die Zahlung des Werklohnes zu, um die Antragstellerin zur Weiterarbeit zu bewegen. Die Arbeiten wurden fertiggestellt. Die Antragstellerin will den Werklohn gegen beide Antragsgegnerinnen einklagen.

Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Nürnberg-Fürth, die Antragsgegnerin zu 2) im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Karlsruhe. Der Supermarkt liegt im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Frankfurt/Main.

Die Antragstellerin hat beantragt, das Landgericht Nürnberg-Fürth gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständiges Gericht zu bestimmen.

II.

Das OLG Nürnberg wäre zwar für eine Zuständigkeitsbestimmung berufen, da für die Landgerichte Karlsruhe und Nürnberg das nächsthöhere gemeinsame Gericht der Bundesgerichtshof wäre (§ 36 Abs. 2 ZPO) und das OLG Nürnberg als erstes um die Bestimmung ersucht wurde (BayOLG NJW-RR 1999,1269).

III.

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen jedoch nicht vor.

Denn entweder ist am Ort des Bauwerkes ein besonderer gemeinsamer Gerichtsstand gegeben (§ 29 ZPO) oder die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstand mit der Antragsgegnerin zu 1) hindert eine Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

1. Für die Parteien wäre jedenfalls ohne eine Gerichtsstandsvereinbarung ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet gewesen, nämlich beim Gericht des Bauwerkes, also beim Landgericht Frankfurt/Main. Dies schließt eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus. Es besteht der gemeinsame Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) am Ort des Bauwerkes (BGH NJW 1986, 935 m.w.N.). Beim Bauvertrag liegt der Schwerpunkt des Vertrages wegen der besonderen Ortsbezogenheit der vertragstypischen Werkleistung eindeutig am Ort des Bauwerkes. Hier muss der Unternehmer seine Leistung erbringen; hier muss auch der Besteller nach § 640 BGB eine seiner Hauptpflichten, nämlich die Abnahme seines Werkes erfüllen. Soweit sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt, entspricht es dabei der Natur dieses Schuldverhältnisses, wenn die Vertragsparteien ihre gesamten das Bauwerk betreffenden Rechtsbeziehungen an diesem Ort erledigen. Hierauf haben sich die Beteiligten im Allgemeinen eingestellt. Es liegt auch im Interesse der Vertragsparteien, eine gerichtliche Auseinandersetzung dort zu führen, wo aufgrund der räumlichen Nähe zum Bauwerk eine Beweisaufnahme regelmäßig wesentlich einfacher und kostengünstiger durchgeführt werden kann.

2. Eine Klage dort ist jedoch im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 1) nicht möglich, denn die Antragstellerin hat mit dieser eine wirksame (ausschließliche) Gerichtsstandsvereinbarung für das Landgericht Nümberg-Fürth getroffen. In diesem Fall ist jedoch kein Raum für eine Gerichtsstandsbestimmung.

a) Die Parteien konnten als Kaufleute eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen (§ 38 Abs. 1 ZPO).

b) Von der Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes ist auszugehen.

Eine solche ergibt sich aus dem Bauvertrag vom 23.9./29.9.2005. Dort ist als Gerichtsstand Nürnberg vereinbart. Ob es sich bei dem vereinbarten Gerichtsstand um einen zusätzlichen oder um einen ausschließlichen handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei es eine Vermutung für eine der beiden Möglichkeiten nicht gibt (Zöller/Vollkommer, ZPI, 26. Auflage, § 38 RdNr. 14). Es spricht nichts dafür, dass hier nur ein zusätzlicher Gerichtsstand vereinbart werden sollte. Das Interesse der Antragsgegnerin zu 1) als Auftragsgeberin des Bauwerks war darauf gerichtet, gerichtliche Auseinandersetzungen über das Bauwerk ausschließlich an ihrem Geschäftssitz führen zu können. Dies war für die Antragstellerin und für einen objektiven Dritten erkennbar (§§ 133,157 BGB).

Die Ausschließlichkeit ergibt sich aber auch daraus, dass die Parteien in diesem Vertrag die Geltung der VOB/B vereinbart haben (Vertragsurkunde Seite 4). Hiernach gilt nach § 18 Nr. 1 VOB/B mangels anderer Vereinbarung der Gerichtsstand aus dem Sitz des Auftraggebers. Insoweit liegt ein ausschließlicher Gerichtsstand vor (Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB/B, 15. Auflage, § 18 Nr. 1 RdNr. 41; Zöller/Vollkommer, § 29 RdNr. 25 "Bauwerksvertrag"; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 24. Auflage, § 29 RdNr. 32). Auftraggeberin der Bauwerksleistungen war die Antragsgegnerin zu 1). An ihrem Sitz, folglich am Landgericht Nürnberg-Fürth, besteht somit ein vereinbarter ausschließlicher Gerichtsstand.

Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist jedoch in der Regel kein Raum, wenn der Kläger mit einem der Streitgenossen eine Gerichtsstandsbestimmung getroffen hat. Der prorogierte Gerichtsstand kann dem begünstigten Streitgenossen nicht über die Bestimmung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entzogen werden, andererseits aber auch dem anderen Streitgenossen nicht aufgedrängt werden. Nach der Rechtsprechung steht jedoch ausnahmsweise die mit einem Streitgenossen geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung einer Bestimmung nicht entgegen, wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand mit den übrigen Streitgenossen nie bestanden hat, das dem Verhältnis zu einem Streitgenossen prorogierte Gericht auch für die übrigen Streitgenossen gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO "bestimmt" werden kann und die Prozessführung im prorogierten Gerichtsstand auch für diese zumutbar ist (BGH NJW 1987, 439; BayObLG NJW-RR 2000, 1592).

Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 2), die einer Gerichtsstandsbestimmung für das Landgericht Nürnberg-Fürth ausdrücklich widersprochen hat, nicht vor. Denn es hätte, wenn es keine (ausschließliche) Gerichtsstandsvereinbarung gäbe, ein besonderer gemeinsamer Gerichtsstand, nämlich der am Ort des Bauwerkes bestanden (s.o.).

c) Damit ist die Antragstellerin auch nicht unzumutbar belastet. Denn sie hat sich durch eine vertragliche Vereinbarung gebunden und muss dann auch die damit verbundenen Nachteile, weitere Streitgenossen, mit denen solche Vereinbarungen wie vorliegend nicht existieren, gesondert verklagen zu müssen, in Kauf nehmen.

IV.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Bestimmungsverfahrens (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH NJW-RR 1987, 757; BayObLG, Beschluss vom 30.6.2004, Az.: 1 ZAR 75/04 - zitiert nach Juris).

Der Wert des Bestimmungsverfahrens wurde gem. § 3 ZPO auf einen Bruchteil (10 %) des von der Antragstellerin mit 111.000,- € bezifferten Gegenstandswertes festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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