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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 27.07.2004
Aktenzeichen: 3 U 2102/04
Rechtsgebiete: UWG, BORA
Vorschriften:
UWG § 8 n. F. | |
UWG § 3 n. F. | |
UWG § 4 Nr. 11 n. F. | |
BORA § 12 |
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL
Verkündet am 27.7.2004
In Sachen
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seidel, die Richterin am Oberlandesgericht Junker-Knauerhase und die Richterin am Oberlandesgericht Scheib aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.7.2004
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.5.2004, Az. 3 O 4075/04, abgeändert wie folgt:
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,-- EURO festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 313 a Abs. 1, 540 ZPO abgesehen und insoweit auf das Ersturteil Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und auch begründet.
Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder nach § 8 in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG n.F., das am 8.7.2004 in Kraft getreten ist, noch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu.
1. Entgegen der Auffassung der Berufung ist - wie das Erstgericht zutreffend feststellte - der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet.
Es mag zwar ein Verstoß gegen Standesrecht vorliegen, für den auch das Berufsgericht zuständig ist. Geltend gemacht wird aber ein Unterlassungsanspruch aus BGB bzw. UWG, für den die Zivilgerichte zuständig sind. Der Antragsteller trägt einen Sachverhalt vor, dessen Richtigkeit unterstellt, den erhobenen Anspruch ergeben könnte. Ob dieser Anspruch zu Recht geltend gemacht wird, ist keine Frage der Zuständigkeit, sondern der Begründetheit.
2. Zutreffend geht das Landgericht weiter davon aus, dass die Antragsgegnerin gegen § 12 BORA verstoßen hat. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird insoweit Bezug genommen. Dies gilt auch, wenn ein Sachverhalt zugrundegelegt wird, wie ihn die Antragsgegnerin bzw. Frau W in ihren eidesstattlichen Versicherungen behaupten. § 12 BORA verbietet jeden unmittelbaren Kontakt mit der Gegenpartei. Hierbei kommt es nicht darauf an, von wem die Initiative ausgeht, ob der Kontakt von dem Mandanten selbst gewünscht wird. Solange der andere Anwalt mandatiert ist, verstößt der von der Gegenpartei angesprochene Rechtsanwalt gegen das Umgehungsverbot, wenn er sich auf das Gespräch einlässt (vgl. Kleine-Cosack, BRAO, 4. Auflage, § 12 RdNr. 4, Henssler/Prütting, BRAO, 2. Auflage, § 12 RdNr. 3 f).
3. Ein Verstoß gegen § 12 BORA kann einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch jedoch nicht stützen, da dieser Vorschrift der erforderliche wettbewerbsbezogene Charakter fehlt.
Zwar ist § 12 BORA wohl als wertbezogene Norm anzusehen. Sie schützt, worauf das Erstgericht zutreffend hinweist, das besonders wichtige Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Sie ist aber als wettbewerbsrechtlich neutrale Norm anzusehen, die keinen Schutz vor anwaltlicher Konkurrenz bietet (vgl. Henssler-Prütting, a.a.O., Einleitung RdNr. 20 bzw. § 12 RdNr. 2; Kleine-Cosack, a.a.O., Vorbemerkung RdNr. 4 und § 12 RdNr. 1; Hartung/Holl, anwaltliche Berufsordnung, 2. Auflage, § 12 RdNr. 2).
Daher entfällt die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG n.F. dessen Aufgabe es ist, das Marktverhalten zu regeln. Der Begriff der Marktverhaltensregelung tritt damit an die Stelle der von der Rechtsprechung zu § 1 UWG a.F. geprägten Formel, wonach die Norm eine "zumindest sekundäre Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs" haben muss. Dagegen wurde die frühere Aussage des BGH, ein Wettbewerbsverstoß durch Rechtsbruch könne auch dann vorliegen, wenn die verletzte Norm selbst keinen unmittelbar wettbewerbsbezogenen Zweck verfolge, sofern sie gewichtige Allgemeininteressen schütze, nicht übernommen. Es kann nicht Aufgabe des Wettbewerbsrecht sein, alle nur denkbaren Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit Wettbewerbshandlungen auch wettbewerbsrechtlich zu sanktionieren (vgl. Köhler, der Rechtsbruchtatbestand im neuen UWG, in: GRUR 2004, Seite 381 ff.).
Im übrigen wäre entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Unterlassungsanspruch auch nicht nach § 1 UWG a.F. gegeben. Die Neufassung des UWG brachte vorliegend keine Veränderung der gesetzlichen Situation mit sich. So hat das OLG Köln für einen gleichliegenden Fall einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. bei einem Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 12 BORA zutreffend verneint (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.1.2003, Az.: 6 U 181/02 in NJW-RR 2003, 283 f.). Dieses Urteil entsprach entgegen der Meinung des Landgerichts der inzwischen gefestigten Rechtssprechung des BGH, die nicht mehr darauf abstellt, ob eine wertbezogene bzw. wertneutrale Norm verletzt ist, sondern prüft, ob der verletzten Norm Wettbewerbsbezug beigemessen werden kann (vgl. GRUR, 1999, 1128-Hormonpräperate; GRUR 2000, 1076 - Abgasemissionen; GRUR 2001, 354-Vielfachabmahner; GRUR 2003, 825- Elektroarbeiten/GRUR 2004, 247-Krankenkassenzulassung).
4. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB, da der Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 12 BORA durch die Beklagte keinen unmittelbaren Eingriff in die Berufsausübung des Klägers begründet, sondern allenfalls zu einer mittelbaren Beeinträchtigung führen könnte. Eine solche wird jedoch vom Schutzzweck des § 823 Abs. 1 BGB nicht erfasst.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Ende der Entscheidung
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