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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: 3 U 2220/00
Rechtsgebiete: UWG, StGB


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2
StGB § 284 Abs. 4
StGB § 287 Abs. 2
1. Ein Sportwettenunternehmen, dem gemäß dem Gewerbegesetz der DDR vom 06.03.1990 die gewerberechtliche Erlaubnis zur Aufnahme seiner Tätigkeit erteilt wurde, ist auch nach der Wiedervereinigung zum Geltendmachen von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen klagebefugt, solange die Gewerbeerlaubnis nicht rechtswirksam aufgehoben ist.

2. Der Verstoß gegen das Werbeverbot im § 284 Abs. 3 StGB bzw. § 287 Abs. 2 StGB begründet gleichzeitig einen Verstoß gegen § 1 UWG, ohne daß es weiterer Unlauterkeitsmerkmale bedürfte.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

3 U 2220/00 2 HK O 141/00 LG Regensburg

Verkündet am 7. November 2000

Justizangestelle als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In Sachen

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht Honorarprofessor Dr. und Dr. S aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 10. Mai 2000, (Az. 2 HK O 141/00) wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Leistung von Sicherheit in Höhe von DM 113.000,-- abzuwenden, falls die Klägerin vor der Vollstreckung nicht in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Beklagte ist in Höhe von DM 100.000,-- beschwert.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf DM 100.000,-- festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Anzeigen, die die Beklagte veröffentlicht hat.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit dem Sitz in G, die am 28. 5. 1990 in das Handelsregister des Amtsgerichts G (HRB 627) eingetragen wurde. Ihr Geschäftsgegenstand bezieht sich auf den Abschluß und die Vermittlung von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen einschließlich mobiler wetten, sowie alle damit im Zusammenhang stehenden, diesem Gesellschaftszweck dienlichen und förderlichen Nebengeschäften. Sie ist seit über neun Jahren tätig und wirbt in ganz Deutschland für ihr Angebot, u.a. über Internet, den Sportkanal DSF sowie in Zeitschriften und auf Werbeplakaten. Sie ist im Besitz einer Gewerbeerlaubnis des Magistrats - Gewerbeamt - der Stadt G vom 14. 9. 1990 zum Abschluß von Sportwetten - Buchmacher. Mit Bescheid vom 11. 9. 1996 untersagte das Landesverwaltungsamt der Klägerin, ab Zugang des Bescheides Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen abzuschließen oder zu vermitteln. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung angeordnet. Der Bescheid ist nicht rechtskräftig, da die Klägerin gegen ihn vor den Verwaltungsgerichten im Wege der Klage, über die noch nicht entschieden ist, vorging. Mit Beschluß vom 13. 1. 1997 ordnete das Verwaltungsgericht G die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des T Landesverwaltungsamts an. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Stadt G wurde mit Beschluß des OVG vom 21. 10. 1999 zurückgewiesen.

Die Beklagte betreibt einen in S ansässigen Verlag, der die Fachzeitung "E N" verlegt, die wöchentlich erscheint. Seit Juli 1997 veröffentlicht die dort für die Firma I W Sportwetten GmbH (im folgenden mit "I W" bezeichnet), einem in W ansässigen Unternehmen, welches auch in Deutschland über das Internet den Abschluß von Sportwetten anbietet, Werbeanzeigen, darunter auch die als Anlage K2 von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegte Anzeige aus der Ausgabe Nr. 45 vom 2. 11. 1999. Wegen des Aussehens dieser Werbeanzeige wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Die Firma I W verfügt über keine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland.

Die Klägerin hat die Veröffentlichung von Werbeanzeigen der Firma I W durch die Beklagte als eine wettbewerbswidrige Beihilfe zu einer nach § 234 Abs. 4 StGB verbotenen Tätigkeit bezeichnet. Zur Begründung hat sie im ersten Rechtszug vorgetragen, sie werde durch die illegale Betätigung der W Firma in ihrer Wettbewerbsposition unmittelbar betroffen. Es bestehe deshalb ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen ihr und dem Unternehmen, das die Beklagte durch Veröffentlichung der fraglichen Anzeigen bewußt fördere. Für ihre wirtschaftliche Betätigung sei die Gewerbeerlaubnis der Stadt G vom 14. 9. 1990 ausreichend. Einer weiteren Genehmigung des Ministers des Inneren der DDR nach § 2 Abs. 1 und Abs. 3 der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR habe es nicht bedurft. Das Werbeverbot des § 284 Abs. a StGB diene insbesondere dazu, daß dem unkontrollierten Auftreten ausländischer Glücksspielunternehmen, deren Zuverlässigkeit nicht festgestellt und überprüft werden könne; vorgebeugt werde. Der Verstoß gegen diese Vorschrift begründe gleichzeitig auch einen Verstoß gegen § 1 UWG.

Die Klägerin hat deshalb beantragt:

Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten bzw. ihrer Komplementärin, verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland Werbeanzeigen ausländischer Sportwettunternehmen, die nicht Inhaber einer deutschen Gewerbeerlaubnis sind, zu verbreiten, insbesondere Werbeanzeigen der I W Sportwetten Ges.m.b.H. aus W.

Die Beklagte hat dagegen den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, daß der Klägerin die Aktivlegitimation für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehle. Da der Geschäftsgegenstand der Beklagten sich auf die Herausgabe einer Eishockey-Fachzeitschrift beziehe, stünden beide Parteien nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zueinander. Es sei auch nicht erkennbar, inwiefern die Klägerin durch die geringfügige Werbung wettbewerbsrechtliche Nachteile erlitten habe oder erleiden könnte. Die Klägerin verfüge selbst über keine behördliche Genehmigung zum Abschluß von Sportwetten, nachdem ihr das Landesverwaltungsamt mit Beschluß vom 11. 9. 1996 untersagt habe, Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen abzuschließen oder zu vermitteln. Im übrigen hätte die Tätigkeit der Klägerin einer Genehmigung durch den Minister des Inneren nach § 3 der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR bedurft. Die reine Gewerbeerlaubnis der Stadt G vom 14. 9. 1990 habe nicht nur nicht ausgereicht, sondern sei wegen der absoluten sachlichen Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde nichtig. Auf einen Verstoß gegen § 284 Abs. 4 StGB könnten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nicht gestützt werden, weil es sich um eine wettbewerbsneutrale Ordnungsvorschrift handele und der neu hinzutretende Konkurrent allein durch die Mißachtung der Zulassungsregel noch keinen Wettbewerbsverstoß begehe. § 284 Abs. 4 StGB sei zudem tatbestandsmäßig nicht erfüllt, weil eine Sportwette kein Glücksspiel im Sinne der Vorschrift sei. Die Firma I W veranstalte in Österreich legal Sportwetten und dürfe deshalb von dort aus über das Internet weltweit den Abschluß von Sportwetten anbieten. Würde man allein auf eine deutsche Erlaubnis abstellen und die Werbung in Deutschland verbieten, wäre der Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit des Artikel 59 EGV verletzt.

Das Erstgericht hat ohne Durchführung einer Beweisaufnahme am 10. 5. 2000 folgendes Endurteil verkündet:

1) Der Beklagten wird verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland Werbeanzeigen ausländischer Sportwettunternehmen, die nicht Inhaber einer deutschen Gewerbeerlaubnis sind, zu verbreiten, insbesondere Werbeanzeigen der I W Sportwetten GmbH aus W.

2) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,-- DM und falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Auf seine Begründung (Bl. 45 - 52 d.A.) wird Bezug genommen.

Gegen dieses ihren Prozeßbevollmächtigten am 12. 5. 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. 6. 2000 form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb der Begründungsfrist begründet.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, daß die Aufnahme der Tätigkeit durch die Klägerin einer Genehmigung nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR bedurft hätte. Auf die Bestandskraft der nichtigen Gewerbeerlaubnis vom 14. 9. 1990 habe sie nicht vertrauen können. Deshalb sei sie nicht aktivlegitimiert. Die Klägerin sei auch nicht unmittelbar Verletzte, weil zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe. Das Erstgericht habe ferner verkannt, daß der Tatbestand des § 284 Abs. 4 StGB schon nicht gegeben sei, weil die Firma I W in Deutschland keine Sportwetten veranstalte. Artikel 59 EGV erlaube im übrigen die grenzüberschreitende Werbung.

Die Beklagte stellt daher den Antrag,

das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 10. 5. 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Ersturteil für richtig. Sie ist der Meinung, daß sie sich nach Artikel 19 des Einigungsvertrages auf die Bestandskraft der Gewerbeerlaubnis vom 14. 9. 1990 berufen könne. Einem Zivilgericht sei es verwehrt, die Ausübung eines Gewerbes für unzulässig zu erklären, wenn für diese Tätigkeit eine Erlaubnis vorliege. Das Werbeverbot des § 284 Abs. 4 StGB richtete sich insbesondere gegen ausländische Glücksspielunternehmen, die im Inland werben würden. Diesen gesetzlich verbotenen Wettbewerb der Firma I W fördere die Beklagte. Durch die neuere Rechtsprechung des EuGH sei geklärt worden, daß es den nationalen Gesetzgebern erlaubt sei, durch nationale Verbote ausländische Glücksspielunternehmen aus dem Inland fernzuhalten, auch wenn sie aus Mitgliedsstaaten der EU stammten.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 10. 5. 2000 ist nicht begründet. Das Erstgericht hat mit Recht der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Deutschland Werbeanzeigen ausländischer Sportwettunternehmen, die nicht Inhaber einer deutschen Gewerbeerlaubnis sind, zu verbreiten, insbesondere Werbeanzeigen der I W Sportwetten GmbH aus W.

1. Die Klägerin ist befugt und aktivlegitimiert, den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG als unmittelbar Verletzte gerichtlich durchzusetzen.

a) Unmittelbar verletzt ist derjenige, der durch ein Wettbewerbsverhalten eines anderen konkret betroffen ist.

Das erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis muß dabei nicht zu der in Anspruch genommenen Beklagten bestehen. Es reicht nach ständiger Rechtsprechung vielmehr aus, wenn es im Verhältnis zu dem von der Beklagten geforderten Unternehmen vorliegt (Köhler/Piper, UWG, vor § 13 Rdz. 39 m. w. N.). Durch die Veröffentlichung von Anzeigen der beanstandeten Art in der von ihr verlegten Zeitschrift "E N" fördert die Beklagte den Wettbewerb der Firma I W in Deutschland. Diese wirbt dort für Angebot, Sportwetten durchzuführen. Auch der Geschäftsgegenstand der Klägerin bezieht sich auf den Abschluß und die Vermittlung von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen. Sie hat ihren Sitz in G und veranstaltet dort Sportwetten. Sie wirbt für ihr Angebot bundesweit, u.a. im Sportkanal DSF, über das Internet, in Zeitschriften und auf Werbeplakaten. Die von der Beklagten verlegte Zeitschrift wird ersichtlich ebenfalls in ganz Deutschland, also auch in T, wo die Klägerin ihren Sitz hat und wo sie ihre Sportwetten veranstaltet, vertrieben, so daß sich die beanstandete Werbung der Firma I W auch räumlich auf denselben Markt bezieht wie die Geschäftstätigkeit der Klägerin. Der Erfolg dieser Werbung ist daher unmittelbar und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet, den Absatz der Firma I W auf dem Tätigkeitsbereich der Klägerin zu fördern und denjenigen der Klägerin dort zu behindern (vgl. BGH WRP 1998, 973 ff. - Fotovergrößerungen). Die für das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses erforderliche Wechselbeziehung zwischen dem geförderten Dritten und dem klagenden Mitbewerber liegt deshalb sowohl sachlich wie auch räumlich vor.

Für ihren gegenteiligen Standpunkt beruft sich die Beklagte vergeblich auf die Entscheidung des T OLG vom 25. 8. 1999, wobei dahinstehen kann, ob der dortige Sachverhalt mit dem hier vorliegenden vergleichbar ist.

Soweit dieser Entscheidung entnommen werden könnte, daß die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses weitere Kriterien voraussetzt, die über die Begegnung der betreffenden Unternehmen auf demselben sachlichen. und räumlichen Markt hinausgehen, ist dem aus den dargestellten Gründen und im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung nicht zu folgen.

b) Der Klagebefugnis und Aktivlegitimation der Klägerin steht nicht entgegen, daß ihr etwa die gewerberechtliche Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet des Abschlusses und der Vermittlung von Sportwetten fehlt. Grundsätzlich wird man zwar fordern müssen, daß derjenige, der als Mitbewerber wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend macht, über die erforderlichen behördlichen Erlaubnisse zur Aufnahme seiner Tätigkeit verfügt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht 21. Auflage, § 13 Rdz. 12; OLG Hamburg WRP 1982, 533 f.). Der Klägerin ist aber mit Bescheid der Stadt G vom 14. 9. 1990 auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. 3. 1990 für den Abschluß von Sportwetten - Buchmacher - eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden. Dieser Verwaltungsakt ist gemäß Artikel 19 des Einigungsvertrages wirksam geblieben und gilt grundsätzlich im gesamten erweiterten Bundesgebiet fort (Bundesverwaltungsgericht NJW 1998, 253 f.). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin aufgrund dieser Erlaubnis auch außerhalb des Bundeslandes Sportwetten veranstalten und dafür werben darf. Die Gewerbeerlaubnis vom 14. 9. 1990, die wenigstens ihre Tätigkeit in T gestattet, ist jedenfalls nach wie vor in Kraft und von den Zivilgerichten zu respektieren (BGH NJW 1993, 1790). Soweit der Klägerin mit Bescheid des T Landesverwaltungsamts vom 11. 9. 1996 untersagt wurde, Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen abzuschließen oder zu vermitteln, ist dieser Bescheid nicht rechtskräftig geworden. In dem daraufhin von der Klägerin in Gang gesetzten Verwaltungsverfahren hat vielmehr das Verwaltungsgericht G mit Beschluß vom 13. 1. 1997 (Az. 1 E 1274/96 GE) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen diesen Bescheid angeordnet und zur Begründung ausgeführt, daß er offensichtlich rechtswidrig sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das OVG mit Beschluß vom 21. 10. 1999 (Az. 3 EO 939/97) zurückgewiesen. Im einzelnen hat es dabei ausgeführt, daß die Klage der Klägerin voraussichtlich Erfolg haben wird und keine Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der Erlaubnis bestünden. Die Klägerin könne sich deshalb auf die bestandskräftige Erlaubnis zur Gewerbeausübung berufen. Insbesondere sei nach dem im Zeitpunkt der Genehmigung geltenden Recht der DDR eine parallele weitere Genehmigung für Sportwetten der genehmigten Art durch private Gewerbetreibende, etwa nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR oder dem Rennwett- und Lotteriegesetz der DDR, nicht erforderlich gewesen (ebenso VG G T Verwaltungsblatt 2000, 66 f.). Die Klägerin hat damit zwei verwaltungsgerichtliche Entscheidungen erstritten, die ihr bescheinigen, daß sie sich auf die am 14. 9. 1990 erteilte Gewerbeerlaubnis berufen kann, um ihre gewerbliche Sportwettentätigkeit zulässigerweise ausüben zu können. Solange dieser Verwaltungsakt nicht rechtskräftig aufgehoben ist, folgt daraus, daß ihr die Klagebefugnis und Aktivlegitimation zur Abwehr wettbewerbswidriger Handlungen, die eben diese Tätigkeit berühren, nicht abgesprochen werden kann.

2. Die Beklagte ist als Verbreiterin wettbewerbswidriger Anzeigen gemäß § 1 UWG i. V. m. § 284 Abs. 4 oder § 287 Abs. 2 StGB zur Unterlassung in dem beantragten Umfang verpflichtet.

a) Daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der fraglichen Werbeanzeige im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs handelte, steht außer Zweifel.

Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs setzt in objektiver Hinsicht ein Verhalten voraus, das geeignet ist, den Absatz oder Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, und in subjektiver Hinsicht eine entsprechende Wettbewerbsförderungsabsicht, die nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktreten darf. Der Abdruck von Werbeanzeigen in einer Zeitschrift dient objektiv neben der Förderung des eigenen Absatzes stets auch dem Zweck der Unterstützung des Wettbewerbs des Anzeigenkunden (vgl. BGH GRUR 1993, 54 - ausländischer Inserent). Daß dieser Zweck im vorliegenden Fall in den Hintergrund tritt, kann nach dem Inhalt der strittigen Werbeanzeige ausgeschlossen werden. Auch sonst sind keine Umstände hervorgetreten und vorgetragen worden, die die Vermutung, die Beklagte habe subjektiv ihren eigenen Zweck und den der Firma I W fördern wollen, widerlegen könnten.

b) Durch die Aufgabe und Veröffentlichung der angegriffenen Anzeige in der von der Beklagten verlegten Zeitschrift, hat die Firma I W objektiv gegen § 284 Abs. 1 oder § 287 Abs. 2 StGB verstoßen. Danach ist es verboten, für ein öffentliches Glücksspiel bzw. eine öffentliche Lotterie zu werben, ohne über eine behördliche Erlaubnis für die Veranstaltung eines solchen Glücksspiels oder einer solchen Lotterie zu verfügen. Zu den Glücksspielen bzw. Lotterien im Sinne dieser Vorschrift zählen auch Sportwetten, da bei ihnen regelmäßig einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten vom Veranstalter festgelegten Spielplan regen Geldeinsatz ein ausschließlich oder doch wesentlich vom Zufall abhängiges Recht auf einen Geldgewinn zu erwerben (Leipziger Kommentar StGB/von Bubnoff, 11. Auflage, § 284 Rdz. 5). Je nachdem ob der Spieler die Höhe des Einsatzes selbst bestimmen kann oder nicht, handelt es sich bei einer solchen Sportwette um ein Glücksspiel im engeren Sinn; das nach § 284 Abs. 1 StGB zu behandeln ist oder um eine Lotterie im Sinne von § 287 Abs. 1 StGB (Leipziger Kommentar/von Bubnoff, § 287 Rdz. 3). Es kann hier dahinstehen, welche dieser beiden Alternativen vorliegt, da in beiden Fällen der Veranstalter einer behördlichen Erlaubnis bedarf und ohne eine solche Erlaubnis nicht werben darf.

Nach dem Inhalt der Werbeanzeige (Anlage K2) besteht kein Zweifel, daß hier für eine Sportwette in dem dargestellten Sinn geworben wird. Das wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt und ergibt sich schon aus dem Werbetext "Wetten wie die Profis, erzielen Sie den entscheidenden Treffer und gewinnen Sie mit den Spielen Ihres Teams" sowie aus der Firmenbezeichnung des werbenden Unternehmens. Den durch die Anzeige angesprochenen Lesern der Zeitschrift ist wenigstens vom Fußballtoto her der Charakter einer Sportwette bekannt, so daß er aus dem Werbetext unschwer entnehmen kann, daß es sich um eine vergleichbare Veranstaltung vor allem im Bereich des Eishockey-Spielbetriebs handelt.

Werbung im Sinne der genannten Vorschriften ist jede Maßnahme, die beim Adressaten ein wohlwollendes Interesse am Gegenstand der Werbung, hier an Sportwetten wecken oder fördern soll (Leipziger Kommentar/von Bubnoff, § 287 Rdz. 27). Dies trifft hier zweifellos zu. Die Werbeanzeige der Firma I W ist insbesondere kein bloßer Hinweis auf eine im Ausland stattfindende Veranstaltung, sondern enthält bereits die Aufforderung, sich direkt über die abgedruckte Telefonnummer oder Internet-Adresse von Deutschland aus mit dem werbenden Unternehmen in Verbindung zu setzen und gegebenenfalls auf diese Weise direkt Wettangebote abzugeben (vgl. Leipziger Kommentar/von Bubnoff, § 284 Rdz. 25).

Die werbende Firma verfügt unstreitig nicht über eine zur Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland berechtigende behördliche Erlaubnis. Auf eine für Österreich erteilte Gewerbeerlaubnis kommt es nicht an, da das Werbeverbot der §§ 284 Abs. 4 und 287 Abs. 2 StGB nach der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 13/9064, Seite 20 f.) gerade auch die Fälle erfassen soll, in denen ausländische Veranstalter, die im Inland den Tatbestand des § 284 Abs. 1 oder § 287 Abs. 1 StGB nicht verwirklichen, für ihr Angebot werben (vgl. Leipziger Kommentar/von Bubnoff, § 287 Rdz. 26; Tröndle/Fischer, StGB 49. Auflage, § 284 Rdz. 14 f). Erfaßt wird somit auch die Werbung für Veranstaltungen, die, wenn sie im Inland durchgeführt würden, genehmigungspflichtig wären. Dem Argument der Beklagten, der Tatbestand der genannten Strafvorschriften sei deswegen nicht erfüllt, da die Firma I W in Deutschland keine Sportwetten veranstaltet, ist daher nicht zu folgen.

c) Der Verstoß gegen den Tatbestand der §§ 284 Abs. 4 oder 287 Abs. 2 StGB begründet gleichzeitig auch einen Verstoß gegen § 1 UWG, ohne daß es weiterer Unlauterbarkeitsmerkmale bedarf, da diese Vorschriften nach der Ansicht des Senats zu den sog. wertbezogenen Normen gehören (ebenso OLG Köln GRUR 2000, 537 - Sportwetten I). Sie sind nicht bloß Ausdruck ordnender Zweckmäßigkeit, sondern regeln unmittelbar die Zulässigkeit des Werbeverhaltens der Veranstalter von Glückssielen und Lotterien. Sie dienen dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter. Ihr Schutzanliegen geht dahin, den spezifischen Gefahren einer unkontrollierten Gewinnauslosung und Manipulation bei der Weiterleitung und Verteilung von Gewinnen entgegenzutreten (Leipziger Kommentar/von Bubnoff, vor § 284 Rdz. 9 f).

Aber auch wenn man dem nicht folgen wollte und die Werbeverbote der §§ 284 Abs. 4 und 287 Abs. 2 StGB als wertneutrale Normen qualifiziert, ist ein Verstoß gegen § 1 UWG zu bejahen. Da die Firma I W bereits seit 1997 Anzeigen in der Zeitschrift der Beklagten veröffentlicht, handelt sie insoweit ohne Zweifel bewußt und planmäßig. Ihr ist auch bekannt, daß sie in Deutschland über eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten nicht verfügt. Ihr kann ohne weiteres auch die Kenntnis unterstellt werden, daß sie durch diese Art der Werbung gegenüber in Deutschland legal operierenden Konkurrenzunternehmen einen sachlich ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung erlangen kann.

3. Das vom Erstgericht ausgesprochene Verbot tangiert auch nicht die europäische Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 49 (früher 59) EG-Vertrag. Der EuGH hat vielmehr in einer Reihe von Entscheidungen (Urteil vom 24. 3. 1994 - C 275/92 - NJW 1994, 2013 ff.; Urteil vom 21. 9. 1999 - C 124/97 - und vom 21. 9. 1999 - C 67/98) ausgeführt, daß jeder Mitgliedsstaat das Recht hat, die Genehmigungserfordernisse im Zusammenhang mit Glücksspielen und Lotterien einschließlich Wetten über Sportereignisse für sein Hoheitsgebiet autonom zu treffen, wenn die dadurch bewirkte Beschränkung der schädlichen Wirkungen solcher Aktivitäten gerechtfertigt ist und sie nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen. Davon sind auch Beschränkungen gedeckt, die die Einfuhr von Werbematerialien für Glücksspiele und Lotterien aus anderen Mitgliedsstaaten verbieten. Ein solches Einfuhrverbot ist nämlich zum Schutz, den dieser Mitgliedsstaat in seinem Gebiet im Glücksspiel- oder Lotteriewesen sicherstellen will, erforderlich (EuGH NJW 1994, 2016). Mit diesen Vorgaben steht der Schutzzweck, der mit der Fassung der §§ 284 ff. StGB verfolgt wird, nämlich die übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern, durch staatliche Kontrolle einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb zu gewährleisten, eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken zu verhindern und einen nicht unerheblichen Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Finanzierung gemeinnütziger oder öffentlicher Zwecke heranzuziehen (Bundestagsdrucksache 13/8567 Seite 67), im Einklang (vgl. auch OLG Köln GRUR 2000, 541 - Sportwetten II). Daß das Werbeverbot der §§ 284 Abs. 4 und 287 Abs. 2 StGB außer Verhältnis zu diesen Zielen steht, ist nicht erkennbar.

4. Die Beklagte haftet für den Wettbewerbsverstoß der Firma W als Störerin, da sie ihn durch Verbreitung der Anzeigen ermöglicht und gefördert hat. Es kann dahinstehen, ob sie für sich das sog. Presseprivileg in Anspruch nehmen kann, wonach die Presse bei der Entgegennahme und Veröffentlichung von Anzeigenaufträgen nur dann haftet, wenn die Anzeige grobe und unschwer zu erkennende Wettbewerbsverstöße enthält (BGH - ausländischer Inserent, a.a.O., m. w. N.).

Die Beklagte hat vorgetragen, daß sie seit Juli 1997 derartige Werbeanzeigen dieser Firma in ihrer Zeitschrift veröffentlicht. Sie hat im Laufe dieses Verfahrens stets ihre Rechtsansicht verteidigt, daß die Firma I W durch diese Art der Werbung nicht gegen § 284 Abs. 4 StGB verstoße und sie deshalb berechtigt sei, solche Anzeigen entgegenzunehmen und abzudrucken (so zuletzt in der Berufungsbegründung, Bl. 83 f d.A.). Sie berühmt sich daher, zu der beanstandeten Handlung berechtigt zu sein und sie jederzeit und gegenüber jedermann vornehmen zu dürfen. Sie hat damit jedenfalls Erstbegehungsgefahr in Form der Berühmung (BGH GRUR 1987, 126 - Berühmung) begründet.

5. Dem Inhalt und Umfang nach ist der Verbotsausspruch nicht zu beanstanden. Er bewegt sich im Bereich zulässiger Verallgemeinerung.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zulässig, da die Beschwer der Beklagten DM 60.000,-- übersteigt.

Ende der Entscheidung

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