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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 26.03.2002
Aktenzeichen: 3 U 3384/01
Rechtsgebiete: UWG, BGB


Vorschriften:

UWG § 3
BGB § 133
BGB § 157
Zur Auslegung des Begriffs "Computerartikel" in einem Vertragsstrafenversprechen.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

3 U 3384/01

Verkündet am 26.3.2002

In Sachen

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schicker und die Richter am Oberlandesgericht Maier und Prof. Dr. Haberstumpf aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.2.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 23. Augugst 2001 (Az. 1 HKO 610/01) wird zurückgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 59 % und die Beklagte 41 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 25 % der Klägerin und zu 75 % der Beklagten zu Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zur Rücknahme der Berufung durch die Beklagte in der Sitzung vom 19.02.2002 auf 28.632,34 EURO (= 56.000,-- DM) und danach auf 7.158,08 EURO (= 14.000,-- DM) festgesetzt.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

I.

Gemäß § 543 Abs. 1 a.F. ZPO wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen. Es wird daher insoweit auf die Gründe des angefochtenen Ersturteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Nachdem die Beklagte in der Sitzung vom 19.2.2002 wirksam ihre Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 23.8.2001 zurückgenommen hat, ist nur noch über die selbstständige Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zu befinden. Diese ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Erstgericht hat mit Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt DM 14.000,-- aus dem Vertragsstrafenversprechen vom 6.8.1996 wegen des Vorwurfs, die Beklagte habe die Playstation-Spiele "Shadow Man" und "Soul Reaver" am 1.9.1999 nicht vorrätig gehabt, verneint.

1. In der strafbewerten Unterlassungserklärung vom 6.8.1996, die die Klägerin angenommen hat, verpflichtete sich die Beklagte unter anderem, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Computerartikel zu bewerben, die am Tag der Werbung nicht vorrätig sind. Die Parteien streiten darüber, ob die genannten Playstation-Spiele "Shadow Man" und "Soul Reaver" unter den verwendeten Begriff "Computerartikel" fallen. Die Streitfrage ist im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu beantworten.

Der Abgabe der strafbewerten Unterlassungserklärung ging eine Abmahnung seitens der Klägerin voraus, in der moniert wurde, daß die Beklagte in ihrer Werbung vom 31.7.1996 im Regensburger Wochenblatt einen Farbdrucker der Marke Epson Color II zu einem Preis von DM 299,-- beworben habe, der nicht vorrätig gewesen sei. Anlass zur Abmahnung und zur Abgabe der streitgegenständlichen Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafenversprechen war somit das mangelnde Vorrätighalten eines Zubehörgerätes für eine Computeranlage. Die durch eine solche irreführende Werbung begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr umfasst nach der Rechtssprechung (BGH WRP 1996, 899 ff. - EDV-Geräte; WRP 199, 412 ff. - Vorratslücken) Computergeräte aller Art einschließlich von Zubehörgeräten, nicht aber EDV-Waren schlechthin, wozu eine Vielzahl unterschiedlicher Artikel aus den unterschiedlichsten Warengruppen, wie Software, Disketten, Stecker, EDV-Literatur usw. gehören. Wenn die Beklagte dennoch die begehrte Unterlassungserklärung unter Verwendung des Begriffes "Computerartikel" abgegeben hat, hat sie somit eine Verpflichtung übernommen, die deutlich über den Umfang ihrer aus § 3 UWG resultierenden gesetzlichen Unerlassungsverpflichtungen hinaus ging. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß ihr Verpflichtungswille alle denkbaren Artikel umfassen sollte, die in einem weiten Sinne Gemeinsamkeiten mit den genannten Computerartikeln aufweisen.

Es entspricht objektiv nicht der Interessenlage eines gesetzlichen Unterlassungsschuldners, der eine gesetzliche Pflicht vertraglich bekräftigen will, sich übermäßig von der Gesetzeslage zu seinen Lasten zu entfernen. Dies spricht dafür, seine Erklärung hier eng auszulegen.

Der Senat kann aufgrund des beiderseitigen Sachvortrages und seiner eigenen Sachkunde nicht feststellen, daß es in den einschlägigen Fachkreisen einen einigermaßen gefestigten Sprachgebrauch gab und gibt, wonach Playstation-Spiele auch unter den Begriff Computerartikel fallen. Computerartikel sind nach allgemeinem Verständnis solche, die entweder Teile oder Zubehör einer Computeranlage oder für deren Betrieb erforderlich oder nützlich sind. Dies trifft auf Playstation-Spiele nicht zu, da sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht auf einer normalen Computeranlage einsetzbar sind, sondern ein eigenes Spielgerät, eine Spielkonsole, benötigen. Die Verarbeitungsfunktionen solcher Abspielgeräte sind nur auf Spiele begrenzt, wie die Klagepartei auch einräumt. Die Tatsache, daß solche Abspielgeräte auf der digitalen Technologie beruhen und insoweit wie Computergeräte fungieren, begründet zwar Gemeinsamkeiten zu Computeranlagen, steht aber dem Umstand nicht entgegen, daß die streitgegenständlichen Spiele nur im Rahmen eines eigenen Abspielsystems bestimmungsgemäß einsetzbar sind. Sie ähneln insoweit eher anderen teilweise ebenfalls digital aufbereiteten Produkten wie Musik-CDs oder Videospielen, Dementsprechend belegen die von beiden Parteien vorgelegten Auszüge aus Trefferlisten der Internet-Suchmaschine Yahoo keinen eindeutigen Sprachgebrauch zugunsten der klägerischen Auslegung. Die von ihr vorgelegten Auszüge besagen nur, daß über die Suchbegriffe "Computer" und "Computer-Spiele" die Kategorie "Videospiele" erreichbar ist. Die von der Beklagten vorgelegten Auszüge belegen dagegen, daß das Produkt "Playstation" - jedenfalls auch - über die Oberbegriffe "Spiele und Spielzeuge" und "Videospiele" erreicht werden kann. Ein eindeutiger Beleg, daß der Verkehr zu Computerartikeln auch Playstation-Spiele zählt, ergibt sich somit daraus nicht.

Es bestehen deshalb auch aufgrund des Wortlautes keine sicheren Anhaltspunkte dafür, daß sich die Beklagte in dem von der Klägerin behaupteten weiteren Sinne verpflichten wollte und verpflichtet hat.

2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 a.F., 92 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisonsgerichts nicht erfordert (§ 543 n.F ZPO; § 26 Nr. 7 EGZPO).

Ende der Entscheidung

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