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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 23.08.2005
Aktenzeichen: 3 U 991/05
Rechtsgebiete: BGB, UKlaG
Vorschriften:
BGB § 439 Abs. 4 | |
UKlaG § 2 |
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL
Verkündet am 23.8.05
In Sachen
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.08.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Seidel, den Richter am Oberlandesgericht Huprich und die Richterin am Oberlandesgericht Scheib für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1.2.2005 -Az 7 O 10714/04- abgeändert und neu gefasst wie folgt:
II. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, Verbrauchern, die Sachmängelhaftungsansprüche bezüglich der von der Beklagten im Rahmen von Verbrauchsgüterkaufverträgen erworbenen Ware geltend machen, formularmäßiges Schreiben wie das folgende zu übersenden bzw. übersenden und übergeben zu lassen:
...
2. an den Kläger 67,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.11. 2004 zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 66 % und die Beklagte 34 %.
V. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleitung von 15.000 € abwenden, wenn nicht vorher der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 5.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Für beide Parteien wird die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird zugleich unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.04.2005 für beide Instanzen auf 30.067,86 € festgesetzt.
Gründe:
A.
Der Kläger ist ein bundesweit tätiger Verbraucherschutzverband und in der in § 4 UKlaG genannten Liste eingetragen. Die Beklagte ist ein bekanntes Versandhandelsunternehmen.
Die Parteien streiten um insgesamt 3 Unterlassungsansprüche sowie einen Rückzahlungsanspruch, zu dessen Durchsetzung sich der Kläger von der Verbraucherin Frau B. hat ermächtigen lassen.
Dem Berufungsurteil liegen folgende im Tatbestand des Ersturteils festgestellte und von den Parteien nicht angegriffene Sachverhalte zugrunde:
1. Die Beklagte veranlasste ihre Kundendienstmitarbeiter, an Kunden, die im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes einen Mangel an einer bei der Beklagten gekauften Ware rügen, das im Tenor unter II. Ziff.1 wiedergegebene Schreiben zu verschicken.
2. Im Sommer 2002 bestellte Frau B. bei der Beklagten ein "Herd-Set" zum Preis von 524,90 € inklusive Einbau-Service. Die Ware wurde im August 2002 geliefert. Im Januar 2004 stellte Frau B. fest, dass sich die Emailleschicht im Backofen abgelöst hatte. Da eine Nachbesserung nicht möglich war, erfolgte vereinbarungsgemäß ein Austausch des Backofens noch im Januar 2004.
Die Beklagte verlangte nach Austausch des Backofens von Frau B. eine Nutzungsentschädigung in Höhe von zunächst 119,97 €, später reduzierte die Beklagte diesen Betrag um 50 €. Zwischen Frau B. und der Beklagten kam es zu einer umfangreichen Korrespondenz (s. Anlagen K 6 - K 11). Frau B. zahlte schließlich den geforderten Betrag. Am 2.6.2004 unterzeichnet Frau B. zugunsten des Klägers eine "Prozessstandschaftserklärung" (Anlage K 14.). Unter Vorlage dieser Erklärung forderte der Kläger von der Beklagten erfolglos die Rückzahlung des Betrages von 67,86 €. (Die Differenz zu eigentlich 69,97 € ist nicht dargelegt).
Der Kläger ist der Ansicht, beim 2. Absatz des im Tenor aufgeführten Schreibens handle es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegen zwingende Vorschriften verstießen und deshalb unwirksam seien. In seiner Eigenschaft als Verbraucherschutzverband könne er dies rügen und Unterlassung von der Beklagten verlangen.
Im Übrigen verstoße das Schreiben inhaltlich gegen die §§ 475 ff BGB, so dass er - hilfsweise - im Wege der Unterlassungsklage der Beklagten generell verbieten könne, ein solches Schreiben im Zusammenhang mit Reklamationen von Verbrauchern zu verschicken.
Der Kläger stellt mit dieser Begründung den im Tatbestand des Ersturteils aufgeführten Klageantrag 1.1 samt Hilfsantrag.
Der Kläger vertritt ferner die Auffassung, dass die Beklagte 67,86 € zurückzahlen müsse, da Frau B bei einer Neulieferung aufgrund der gesetzlichen Gewährleistung keine Nutzungsentschädigung schulde. Als Verbraucherschutzverband könne er im Wege der Unterlassungsklage ganz generell die Forderung nach einer Nutzungsentschädigung verbieten.
Der Kläger stellt mit dieser Begründung den im Tatbestand des Ersturteils aufgeführten Zahlungsantrag = Klageantrag II. sowie den Unterlassungsantrag I.2.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung in vollem Umfang. Beim 2. Absatz des vom Kläger beanstandeten Schreibens handle es sich um keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein Verstoß gegen irgendwelche verbraucherschützende Normen sei mit der Versendung dieses Schreibens ebenfalls nicht verbunden. Die Nutzungsentschädigung schulde Frau B. nach § 439 Abs. 4 BGB, im Übrigen habe sie mit Frau B. einen Vergleich über die Zahlung einer Nutzungsentschädigung geschlossen.
Wegen der genauen Einzelheiten der Ausführungen der Parteien wird auf das Ersturteil Bezug genommen.
Das Erstgericht hat lediglich der Zahlungsklage stattgegeben und die Unterlassungsanträge abgewiesen. Zur Begründung führt das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass sich entgegen der Auffassung der Beklagten aus § 439 Abs. 4 BGB kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung ergebe. Die Klägerin könne dieses unberechtigte Verlangen der Beklagten allerdings nicht mit einer Unterlassungsklage unterbinden. Das Gleiche sei auch hinsichtlich des im Tenor aufgeführten Schreibens der Fall. Wegen der genauen Einzelheiten der Begründung wird auf das Ersturteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, wobei die Berufung für die Beklagte vom Erstgericht ausdrücklich zugelassen worden ist.
Der Kläger begründet seine Berufung wie folgt:
Zu Unrecht habe das Erstgericht die Anwendung des § 305 BGB verneint und den Hauptantrag 1.1. abgewiesen. Hier werde eine Regelung im Rahmen der Abwicklung eines Vertrages gestellt. Es gebe eine Reihe von Urteilen, in denen Allgemeine Geschäftsbedingungen in diesem Stadium eine Rolle gespielt hätten.
Das Erstgericht hätte auf jeden Fall dem zum Hauptantrag 1.1. gestellten Hilfsantrag stattgeben müssen. Die Auslegung des § 2 UklaG sei fehlerhaft, da das LG davon ausgehe, ein Unterlassungsanspruch könne nur durch ein gesetzliches Verbot oder Gebot ausgelöst werden. Es sei dem Kläger unbenommen, geschäftliche Praktiken schlechthin zu rügen, die mit den Bestimmungen verbraucherschützender Normen nicht im Einklang stehen. Es genüge, wenn das vorformulierte Schreiben geeignet sei, den Kunden von der Durchsetzung ihm zustehender Rechte abzuhalten. Schließlich habe das Erstgericht selbst ein Defizit erkannt, nämlich dass im Schreiben die maßgebliche Frist an den Zeitpunkt des Kaufs und nicht des Gefahrübergangs anknüpft. Es sei ein Unterschied, ob von "Kauf gesprochen werde, oder auf die Übergabe der Sache Bezug genommen werde. Das Gesetz selbst spreche vom "Gefahrübergang". Auch wenn die Beklagte selbst darauf hinweise, dass im Versandhandel der Kauf regelmäßig erst mit der Übermittlung der Ware zustande komme, sei dies nicht geeignet, die durch das Schreiben hervorgerufenen falschen Vorstellungen zu beseitigen. Der Verbraucher werde das Wort "Kauf auf den Zeitpunkt seiner Bestellung beziehen, aber nicht analysieren, wann er denn eigentlich den Kaufvertrag abgeschlossen habe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Ersturteils seinem in 1. Instanz gestellten Hauptantrag I samt Hilfsantrag statt zu geben.
Die Beklagte beantragt
Zurückweisung der Berufung des Klägers.
Sie wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der vom Kläger nun angesprochene Unterschied zwischen dem Wort "Kauf und "Gefahrübergang" sei unergiebig. Der Verbraucher werde keineswegs irregeführt, wenn wie in dem Schreiben ganz generell auf den Zeitpunkt des "Kaufs" abgestellt werde. Damit werde sowohl der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als auch der der Lieferung erfasst. Im Übrigen erfülle die Beklagte ihre Informationspflichten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-InfoV und teile dem einzelnen Kunden mit, wann der Kaufvertrag zustande komme.
Die Beklagte hat gegen ihre Verurteilung zur Rückzahlung Berufung eingelegt und trägt zur Begründung vor:
Das Erstgericht habe verkannt, dass dem Bereicherungsanspruch der Frau B. § 814 BGB entgegenstehe. Schließlich habe Frau B. aufgrund der vorprozessualen Korrespondenz gewusst, dass sie eine Nichtschuld bezahle. Auch hätten Frau B. und die Beklagte einen Vergleich nach § 779 BGB geschlossen, nachdem die Beklagte ihr aus Kulanzgründen 50 € nachgelassen und Frau B. daraufhin den Klagebetrag überwiesen habe.
Im Übrigen verletze das Urteil nachhaltig materielles Recht:
Der BGH habe in einem Urteil (NJW 2003, 290 ff) festgestellt, dass eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Anwendung des Gesetzes durch Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt sein kann, dass aber hierfür dann - jedenfalls in der Regel - keine Platz sei, wenn der Gesetzgeber wie hier die Zahlung einer Nutzungsentschädigung im Falle einer Nachbesserung durch Neulieferung ausdrücklich geregelt habe. Die entsprechenden Hinweise auf die BT-Drucks. 14/6040 seien in 1. Instanz bereits ausführlich vorgetragen worden. Auch vernachlässige das Erstgericht, dass sich in der Literatur eine herrschende Meinung gebildet habe. Dies sei ein Indiz, wie sich ein Unternehmer verhalten müsse.
Das Erstgericht übersehe, dass sich der Käufer infolge der im Urteil vertretenen Ansicht den infolge der Abnutzung eingetretenen Wertverlust erspare.
Beklagte beantragt,
das Ersturteil dahingehend abzuändern, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.
Frau B. sei aufgrund der Belehrungen der Beklagten davon ausgegangen, dass sie deren Forderung begleichen müsse. Allein aus der Tatsache, dass dann der reduzierte Betrag überwiesen worden sei, könne nicht auf den Abschluss eines Vergleichs geschlossen werden.
Im Übrigen weist der Kläger nochmals daraufhin, dass § 439 Abs. 4 BGB lediglich die Rückgewähr der mangelhaften Sache erwähne. Unzutreffend sei es auch, dass die Beklagte die Darlegungen in der Gesetzesbegründung für verbindlich halte.
Eine herrschende Meinung habe sich noch keineswegs herausgebildet, da es insbesondere an entsprechenden gerichtlichen Entscheidungen fehle.
Bereits in 1. Instanz habe er dargelegt, dass sich der Käufer nichts "erspart" habe. Die Tatsache, dass die Beklagte nun einmal eine mangelhafte Sache geliefert habe, gehe bei der Argumentation der Beklagten völlig unter.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
B
I.
Die Berufung der Beklagten, die sich gegen die Rückzahlung der 67,86 € richtet, ist unbegründet. Die Zahlung erfolgte ohne Rechtsgrund und kann nach § 812 Abs. 1 zurückgefordert werden. Aus der Verweisung des § 439 Abs. 4 BGB auf § 346 Abs. 1 BGB kann die Beklagte keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung herleiten. Der Senat teilt die Ansicht des Erstgerichts, dass § 439 Abs. 4 BGB keine Rechtsfolgenverweisung auf § 346 Abs. 1 2. Alt (= Herausgabe von tatsächlich gezogenen Nutzungen ) enthält.
1. Das Erstgericht hat mit diesem Verständnis des § 439 Abs.4 BGB keine Verletzung des materiellen Rechts begangen:
Dies wäre nur dann der Fall - und auch nur darauf bezieht sich die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH in NJW 2003, 290 ff -, wenn der Gesetzeswortlaut des § 439 Abs. 4 BGB wirklich so eindeutig wäre, wie die Beklagte dies behauptet. Zutreffend weist jedoch Rott in BB 2004, 2478 ff darauf hin, dass § 346 BGB genau unterscheidet zwischen der Rückgabe der Sache und der Herausgabe tatsächlicher, bzw. pflichtwidrig nicht gezogener Nutzungen. Dass § 439 Abs.4 BGB eindeutig und zweifelsfrei auch die Herausgabe von Nutzungen im Falle einer Ersatzlieferung anordnet, ist dem Gesetzeswortlaut gerade nicht zu entnehmen.
2. Somit haben auch die wiederholt von der Beklagtenseite zitierten Erwägungen des Gesetzgebers in der BT-Drucksache keinen eindeutigen Niederschlag in der Gesetzesfassung gefunden. Abgesehen davon, dass diese Erwägungen keineswegs bindend für die Auslegung sind (s. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl. Einleitung Rdnr. 45 ), überzeugen sie nicht:
Denn die Pflicht des Käufers zur Nutzungsentschädigung im Falle der Ersatzlieferung wird in der mehrfach zitierten BT-Drucksache 14/6040, dort Seite 232, rechte Spalte unten begründet wie folgt:
" Das rechtfertigt sich daraus, dass der Käufer mit der Nachlieferung eine neue Sache erhält und nicht einzusehen ist, dass er die zurückgegebene Sache in dem Zeitraum davor unentgeltlich nutzen können soll und so noch Vorteile aus der Mangelhaftigkeitziehen können soll ...."
Weiter unten heißt es dann auf Seite 233, linke Spalte, 4. Absatz:
" Auch wenn diese Ausführungen durch die Bezugnahme auf die Minderung einer "dem Verbraucher zu leistenden Erstattung" auch unmittelbar auf die Rückabwicklung des Vertrages nach dessen Auflösung bezogen sind, so zeigen sie doch, dass die Richtlinie eine derartige Verpflichtung des Verbrauchers ausdrücklich billigt. Die Interessenlage ist bei der Rückgabe einer mangelhaften Sache im Zusammenhang mit einer Nachlieferung durch den Verkäufer nicht anders."
Bei dieser Argumentation werden jedoch Interessenlagen verglichen, die mit der hier zu klärenden Frage, nämlich in welchem Umfang Rücktrittsvorschriften im Falle einer Ersatzlieferung anzuwenden sind, nichts zu tun haben:
Verglichen wird hier zum einen der Zustand einer sofortigen mangelfreien Lieferung mit dem einer mangelbehafteten. bei dem die Gewährleistungsansprüche des Käufers durch eine Ersatzlieferung befriedigt werden. Im Übrigen berücksichtigt dieser Vergleich nur die Interessenlage des Käufers, nicht aber auch die des Verkäufers.
Ausgangspunkt für eine wertende Betrachtung muss zunächst die tatsächliche Lieferung einer mangelhaften Sache sein. Dann müssen die aus dem Gewährleistungsrecht resultierenden Rechtsfolgen "Ersatzlieferung" nach § 437 Nr. 1 BGB und "Rücktritt" nach § 437 Nr. 2 BGB miteinander verglichen werden. Nur so kann abschließend geklärt werden, ob es gerechtfertigt ist, bei einer mangelhaften Lieferung alle aus dem Rücktritt resultierenden Rechtsfolgen auch im Falle der Ersatzlieferung anzuwenden.
Es ist der Beklagten zwar zuzugestehen, dass der Käufer im Falle der Ersatzlieferung an Stelle der mangelhaften Sache nun eine neue ungebrauchte Sache mit einer (so jedenfalls die Kommentierung bei Palandt/Heinrichs, a.a.O. Rdnr. 4 zu § 212 BGB) neuen Gewährleistungsfrist erhält und grundsätzlich mit einer längeren Lebensdauer rechnen kann.
Auf Seiten des Verkäufers bleibt als Nachteil zwar eine de facto unverkäufliche, weil mangelbehaftete Sache, allerdings behält er den vollen Kaufpreis und damit den eigentlichen Gewinn. Hier muss jedoch zu Lasten des Verkäufers berücksichtigt werden, dass er nun einmal eine mangelbehaftete Sache geliefert und somit den Kaufvertrag nicht vollständig erfüllt hat, für den Käufer seinerseits die Durchsetzung seiner Gewährleistungsansprüche vielfach mit Unannehmlichkeiten verbunden ist. Auch können wirkliche Extremfälle ( "kleiner" Mangel wird kurz vor Ende der Verjährung gerügt) über § 439 Abs. 3 BGB korrigiert werden.
Im Falle des Rücktritts stellt sich die Situation für den Verkäufer allerdings deutlich ungünstiger dar:
Er bleibt nicht nur auf der mangelhaften Ware "sitzen", sondern muss zusätzlich noch den im Kaufpreis enthaltenen Gewinn herausgeben, während der Käufer den vollen Kaufpreis zurückerhält und sich von seinem Vertragspartner, der sich als unzuverlässig erwiesen hat, lösen kann. In diesem Falle ist es durchaus interessengerecht, wenn - wie auch im Erwägungsgrund 15 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgeführt - eine "Minderung der zu leistenden Erstattung" infolge einer vom Käufer zu leistenden Nutzungsentschädigung erfolgt. Es fällt auf, dass der Gesetzgeber, wie aus Blatt 233 der BT-Drucks ersichtlich, selbst feststellt, dass seine Erwägungen für eine Nutzungsentschädigung im Fall einer Ersatzlieferung eigentlich erst bei einer "Rückabwicklung des Vertrages", die hier gerade nicht vorliegt, Berücksichtigung finden sollen. Eine überzeugende Begründung für die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung bei einer Ersatzlieferung ist damit gerade nicht verbunden. Vielmehr führt eine hier erlaubte generalisierende Betrachtungsweise dazu, dass den Vorteilen des Käufers bei einer Ersatzlieferung ein deutlicher Vorteil des Verkäufers, der den Gewinn behalten darf, gegenübersteht.
3. Der Senat ist sich bewusst, dass er sich mit dieser Ansicht gegen die von der Beklagten wiederholt zitierte herrschende Meinung in der Kommentarliteratur stellt. Allerdings wird diese- wenn sie überhaupt begründet wird - stets mit dem Hinweis auf die mehrfach zitierte BT-Drucksache begründet. Damit hat sich der Senat eingehend auseinandergesetzt und aufgezeigt, dass dieses Argument nicht überzeugt. Der Senat schließt sich vielmehr der - zugegebener Maßen von der herrschenden Meinung abweichenden - Auffassung von Rott a.a.O., Gsell, NJW 2003, 1969 ff und Woitkewitsch, VuR 2005, 1 ff an. Auch sie sind wie der Senat der Ansicht, dass kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht.
Auch das vom Beklagtenvertreter zitierte "Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts" von Wolff, Eckert und Ball, 9.Aufl., dort Ball in Rdnr. 1813 ff geht ohne Begründung von einem Nutzungsersatzanspruch aufgrund der Verweisung aus. Aber Ball sieht im Gegensatz zu den sonstigen Stimmen, dass die Neulieferung für den Käufer = hier Leasinggeber keineswegs die ins Felde geführten Vorteile mit sich bringt, da die Neuwertigkeit des Ersatzfahrzeuges sich nicht immer in einem Mehrerlös am Ende des Leasingvertrages niederschlagen wird.
Noch differenzierter ist die Betrachtungsweise bei Schwab, JUS 2002, 630 ff. Er tritt deshalb für eine sehr zurückhaltende Handhabung ein, die aber in der Praxis wohl nur mit Schwierigkeiten zu verwirklichen ist.
Im Ergebnis sehen somit auch die Vertreter der "herrschenden Meinung", dass die Argumentation "zu viele Vorteile" für den Käufer nur sehr beschränkt zutrifft.
4.
a) Auf einen Vergleich als Rechtsgrund für die Zahlung der 69,86 € kann sich die Beklagte nicht berufen, da die Parteien insoweit einen solchen wirksam auch nicht konkludent abgeschlossen haben. Aus der von der Beklagten zur Begründung herangezogenen vorprozessualen Korrespondenz (Anlagen K 6 -K 11) ergibt sich gerade das Gegenteil:
Die Beklagte erweckte bei Frau B durch ihre Schreiben, insbesondere das vom 18.02.2004 = K 9 den Eindruck, Frau B sei auf jeden Fall rechtlich zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet. Nur aufgrund dieses Irrtums beglich Frau B die Forderung der Beklagten. Damit ist der Vergleich jedoch unwirksam, da zu dem in § 779 BGB genannten Sachverhalt auch ein reiner Rechtsirrtum in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis zu rechnen ist (s. Palandt/Sprau, a.a.O, Rdnr. 14 zu § 779 BGB).
b) Auf § 814 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen. Nach dieser Vorschrift scheidet eine Rückforderung der ohne Rechtsgrund erfolgten Leistung nur aus, wenn der Entreicherte positiv wusste, zur Leistung nicht verpflichtet zu sein (Palandt/Sprau a.a.O., Rdnr. 3 zu § 814 BGB). Dieses positive Wissen hatte Frau B. nicht. Auf die vorstehenden zu § 779 BGB erfolgten Ausführungen wird verwiesen.
II.
Die Berufung des Klägers ist nur teilweise begründet, nämlich soweit der Hilfsantrag I.1. abgewiesen worden ist.
1. Der Hauptantrag I.1 erweist sich auch in der Berufungsinstanz als unbegründet.
Zutreffend geht das Erstgericht davon aus, dass die von dem Kläger mit seinem Unterlassungsantrag beanstandete Passage keine für eine "Vielzahl von Verträgen vorformulierte" Vertragsbedingung ist. Auch in seiner Berufungsbegründung kann der Kläger keine von der Beklagten beabsichtigte Vertragsgestaltung nennen, in die diese Passage - unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt einen "regelnden" Charakter hat - einbezogen werden sollte. Als Regelung innerhalb eines noch abzuschließenden Reparaturvertrages ist sie nicht gedacht. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen auch im Rahmen der Abwicklung eines Vertrages eine Rolle spielen können, ist dies durchaus zutreffend. Aus den vom Kläger zitierten Urteilen ist jedoch ersichtlich, dass es dort bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in den verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Regelung über die Abwicklung des Vertrages getroffen war, was vorliegend gerade nicht der Fall ist.
2. Begründet ist allerdings der hilfsweise zu 1.1. gestellte Unterlassungsantrag, mit dem der Kläger die Versendung des im Tenor aufgeführten Schreibens insgesamt verbieten will. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts liegt ein Verstoß gegen verbraucherschützende Vorschriften, hier § 475 BGB iVm § 476 BGB vor.
Der Senat teilt zwar weitgehend die Ausführungen des Erstgerichts zum Hilfsantrag des Klageantrages 1.1. und nimmt ausdrücklich darauf Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden. Denn auch der Kläger selbst führt in der Berufungsbegründung im Wesentlichen nur den nachfolgend abgehandelten Gesichtspunkt an, ansonsten beschränkt er sich auf die Wiederholung der vom Erstgericht ausführlich abgehandelten Punkte, ohne neue Argumente vorzutragen.
Der Senat folgt jedoch nicht dem Erstgericht, nämlich dass es § 476 BGB nicht verbiete, in unzutreffender Weise auf den Beginn der dort genannten 6-Monatsfrist hinzuweisen. Der Kläger stellt sich hier in der Berufungsbegründung nochmals ausdrücklich auf den Standpunkt, dass der Gebrauch des Wortes "Kauf und "Erhalt" an Stelle des Wortes "Gefahrübergang" irreführend sei und einzelne Verbraucher von der Durchsetzung ihrer Rechte abhalten könne.
a) Der Senat teilt die Meinung des Klägers, dass die Formulierung des Schreibens bei einem Verbraucher Fehlvorstellungen hervorrufen kann, wie lange die für ihn günstige Beweislage des § 476 BGB überhaupt besteht. Das Gesetz knüpft den Beginn der in § 476 BGB genannten sechsmonatigen Frist eindeutig an den Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Es ist dem Erstgericht zuzugestehen, dass auch dieser reine Rechtsbegriff für viele Verbraucher ohnehin nicht verständlich ist. Allerdings übersieht diese Argumentation, dass die Unverständlichkeit eines Rechtsbegriffes der Beklagten dennoch nicht erlaubt, diesen Begriff dann in einer für den Verbraucher irreführenden Weise zu interpretieren. Denn weder der zweimal verwendeten Begriff "Kauf noch das Wort "Erhalt" füllen den Rechtsbegriff "Gefahrübergang" mit einer zutreffenden Erklärung aus. Beim "normalen" Kaufvertrag tritt der Gefahrübergang nach § 446 BGB mit der "Übergabe" ein. Insoweit verwendet die Beklagte mit dem Wort "Kauf keinesfalls einen zutreffenden Begriff. Auch das Wort "Erhalt" vermag den Begriff "Übergabe" nicht zutreffend zu interpretieren, wie die Kommentierung bei Palandt/Putzo, a.a.O Rdnr. 1 - 15 zu § 446 BGB zeigt. Selbst wenn die Beklagte ihren beim Versandhandel gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten nach § 1 Nr. 4 BGB InfVO (die Beklagte spricht irrtümlich in ihrem Schriftsatz vom 20.07.2005, Blatt 4 von einer "Nr. 3" ) nachkommt, und dem Verbraucher mitteilt, wie der Kaufvertrag zustande kommt, erklärt sie damit dennoch nicht den im Rahmen des Versandhandels besonders schwierigen Begriff des Gefahrüberganges (s. Palandt, a.a.O. Rdnr. 11 zu § 454 BGB) zutreffend. Im Übrigen wäre diese Information für den Verbraucher auch nur dann überhaupt hilfreich, wenn er die von der Beklagten inhaltlich ohnehin nicht näher beschriebene Information tatsächlich beim Erhalt des Schreibens neben diesem liegen hätte.
c) Der Senat sieht in diesem Schreiben einen Verstoß gegen die durch § 475 BGB als zwingend ausgestaltete Vorschrift des § 476 BGB. § 475 BGB verbietet nicht nur Vereinbarungen, sondern über Abs. 1 Satz 2 BGB auch "anderweitige Gestaltungen", die zum Nachteil des Verbrauchers u.a. von § 476 BGB abweichen. Solche anderweitigen Gestaltungen sind entsprechend § 312 f BGB auch geschäftsähnliche Handlungen und tatsächliche Vorgänge, es genügen bereits Handlungen, die dem Verbraucher die Durchsetzung seiner Rechte erschweren (s. Palandt/Putzo, a.a.O. Rdnr.7 zu § 475 BGB sowie Palandt/Heinrichs a.a.O. Rdnr. 2 u.3 zu § 312 f BGB). Genau dies ist bei dem beanstandeten Schreiben der Fall: Der Verbraucher kann dadurch veranlasst werden, den für ihn günstigen Zeitraum des § 476 BGB falsch zu berechnen und von der Durchsetzung seiner ihm zustehenden Gewährleistungsansprüche abzusehen.
Auch wenn dieses Schreiben von der Beklagten erst nach der "Mitteilung eines Mangels" (so § 475 Abs. 1 BGB) hinausgegeben wird, sind selbst nach diesem Zeitpunkt Abweichungen von der zwingenden Vorschriften des § 476 BGG nur dann erlaubt, wenn sie auf einer "Vereinbarung" beruhen. Denn nur der Verbraucher, der sich auf eine solche eingelassen hat, ist nicht mehr schutzwürdig. Eine Vereinbarung über § 476 BGB haben die angeschriebenen Kunden und die Beklagte unstreitig nicht getroffen.
d) Der Senat teilt die von der Beklagten aufgrund § 8 a UklaG geäußerten Bedenken gegen den Inhalt des gestellten Hilfsantrags nicht. Dieser ist ein Antrag nach § 2 UKlaG, auf den sich § 8 a UKlaG gerade nicht bezieht. Der Hilfsantrag ist inhaltlich konkret formuliert und einer zweifelsfreien Vollstreckung zugänglich.
e) Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem im Ersturteil festgestellten Sachverhalt. Die tatsächliche Versendung ist eine tatsächliche Verletzungshandlung und indiziert damit die Wiederholungsgefahr.
Die vom Kläger begehrte Unterlassung ist auszusprechen.
3. Unbegründet ist die Berufung des Klägers jedoch, soweit sie sich auf den Unterlassungsantrag I. 2. bezieht.
a) Auch wenn der Senat - wie oben dargelegt - der Meinung ist, dass der Beklagten kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusteht, kann der Kläger dennoch nicht nach § 2 UKlaG von der Beklagten verlangen, dass diese generell keine solchen Ansprüche mehr geltend macht. Denn durch ihr - wenn auch unberechtigtes - Verlangen verstößt die Beklagte nicht gegen eine Vorschrift, die dem Schutz des Verbrauchers dient.
b) Zutreffend geht das Erstgericht davon aus, dass die Erwähnung von § 439 BGB in § 475 BGB ersteren nicht generell zu einer verbraucherschützen den Vorschrift werden lässt. Dies hieße, den Regelungsbereich weit über den Wortlaut des § 475 BGB hinaus auszudehnen. Denn in § 475 BGB wird als spezielle Verbrauchsgüterkaufsregelung nur die grundsätzliche Unabdingbarkeit des § 439 BGB festgeschrieben, allein dies ist Ergebnis des § 475 BGB und entspricht auch inhaltlich den Vorgaben des Art. 7 VerbrGKRL. Die sonstigen Vorgaben der genannten Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber ohnehin bereits bei der Ausgestaltung des nationalen Kaufrechts verwirklicht. Dass damit auch ein Schutz des Verbrauchers verbunden ist, ist eine Nebenwirkung, aber nicht Hauptanliegen des modernisierten Schuldrechts. Auch der zitierten Richtlinie ging es primär um eine Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften im Falle des Verbrauchsgüterkaufrechts. Als zwingende Vorgabe ist deshalb in der Richtlinie allein die in Art. 7 vorgeschriebene Unabdingbarkeit, sowie sie in §§ 475 ff BGB (s.o.) ihren Niederschlag gefunden hat, festgeschrieben.
c) Das vom Kläger geforderte Verständnis, dass auch die Bestimmungen des §§ 433 ff BGB, soweit sie die Vorgaben der VerbrGKRL umsetzen, dem § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG unterfallen, hätte die nicht beabsichtigte Folge, dass aus jedem Rechtsstreit, in dem ein Unternehmer bei einem Verbrauchsgüterkauf unterliegt, ein genereller, vom Kläger durchzusetzender Unterlassungsanspruch resultiert.
Im Übrigen ist dem § 439 BGB ein Verbot, eine Nutzungsentschädigung verlangen zu dürfen, ohnehin nicht zu entnehmen. Denn auch § 439 Abs. 2 BGB spricht nur von den zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen "Aufwendungen". Gemeint sind damit nach der gesetzlichen Erläuterung selbst die Aufwendungen des Verkäufers, aber nicht den Ausgleich für Nutzungsvorteile des Käufers.
Festzuhalten bleibt, dass § 439 Abs. 4 BGB keine Anspruchsgrundlage bietet, aber auch kein Verbot enthält, eine Nutzungsentschädigung zu verlangen, wenn dies - was hier jedoch gerade nicht der Fall war - vertraglich vereinbart ist.
III. Die Kostenentscheidung berücksichtigt den Umfang des beiderseitigen Unterliegens mit den Klageanträgen, bzw. den Berufungen und orientiert sich an den festgesetzten Streitwerten.
Für den Hilfsantrag zu I.1., der ausdrücklich nicht wie der Hauptantrag auf § 1 Nr. 1 UklaG, sondern auf § 1 Nr. 2 UKlaG gestützt worden ist, ist ein gesonderter Streitwert festzusetzen. Der Senat bewertet alle 3 Unterlassungsanträge gleich, nämlich mit dem von den Parteien auch nicht beanstandeten Betrag von 10.000 €.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V. Die Revision ist für beide Parteien wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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