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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 03.08.2007
Aktenzeichen: 3 W 1300/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 91 Abs. 1 |
3 W 1300/07
Nürnberg, den 3.8.2007
In Sachen
erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 3. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichte Nürnberg-Fürth vom 23.05.2007 (Az.: 3 O 4426/05) wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 2.598,28 Euro festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beklagte begehrt Erstattung außergerichtlicher, nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbarer Anwaltskosten, die für die Beantwortung eines klägerischen Abmahnschreibens angefallen sind.
Mit Beschluss vom 23.05.2007 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth den auf §§ 2 Abs. 2,13 RVG, Nr. 2400 VV a.F. RVG gestützten Antrag der Beklagten auf Festsetzung des verbleibenden Teils der Geschäftsgebühr von 0,65 für ein vorprozessuales Abwehrschreiben ihres Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den insoweit geltend gemachten Aufwendungen nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO, da diese nicht der Prozessvorbereitung, sondern vielmehr der Prozessvermeidung gedient hätten.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 30.05.2007 bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Sie hält die ihr für die Beantwortung des Abmahnschreibens entstandenen Aufwendungen unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg ( Beschluss vom 7.6.2006, MDR 2007, 57 f.) für notwendige Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO und daher im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens für erstattungsfähig.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 28.06.2007 nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Mit zutreffender Begründung hat der Rechtspfleger bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth die Festsetzung der von der Beklagten geltend gemachten nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr für das vorgerichtliche Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten abgelehnt. Ergänzend hierzu ist lediglich folgendes auszuführen:
Gem. § 60 RVG ist auf den vorliegenden Erstattungsanspruch Nr. 2400 VV RVG in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung anzuwenden.
Nach vorherrschender Ansicht (vgl. BGH, GRUR 2006, 439 ff. = WRP 2006, 237 f. - Geltendmachung der Abmahnkosten - m. w. N.) handelt es sich bei der Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts nach Nr.2400 VV a.F. RVG in der Regel nicht um Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO (zu den hierzu vertretenen Rechtsauffassungen vgl. Weglage, Pawliczek, "Die gerichtliche Geltendmachung der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Geschäftsgebühr", NJW 2005, 3100 ff. m.w.N.).
Die Klärung dieser Frage kann vorliegend allerdings dahinstehen, da die anteilige Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV a.F. RVG, die im Zusammenhang mit der vorprozessualen Abwehr einer patent- bzw. Wettbewerbs rechtlichen Abmahnung entstanden ist, jedenfalls nach Meinung des Senats ebensowenig zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO gehört, wie die Kosten für eine erfolglose Abmahnung selbst (BGH - Geltendmachung der Abmahnkosten - a.a.O). Insoweit hält der Senat hinsichtlich der Abmahnkosten nicht mehr an seiner gegenteiligen Auffassung (etwa Beschluss vom 6.4.2005, Az. 3 W 590/04) fest und vermag sich auch nicht der von der Beschwerde zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 07.06.2006 (a.a.O.) anzuschließen.
Zu den Prozesskosten zählen zwar grundsätzlich nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Auf die Kosten zu seiner Abwendung ist § 91 ZPO demgegenüber unanwendbar (Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 91 Rdnr. 9; § 104 Rdnr. 21 Stichwort "außergerichtliche Anwaltskosten" m. w. N; Thomas/Putzo, ZPO, 28.Aufl., § 91 Rdn. 8). Gerade aber um solche Kosten, die der Streitbeilegung ohne Inanspruchnahme des Gerichts dienen sollten, handelte es sich bei dem vorliegenden Abwehrschreiben gegen die Abmahnung der Klägerin. Insoweit ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamburg die Entscheidung des BGH vom 20.10.2005 "Geltendmachung der Abmahnkosten" (a. a. O.) auch für die Beurteilung des Streitfalls heranzuziehen. Es gelten hier ebensolche Überlegungen, wie sie der BGH hinsichtlich des dortigen Sachverhalts angestellt hat. Denn ebenso wie die Abmahnung selbst, bezweckte die Antwort auf diese gerade die Prozessvermeidung. So war das streitgegenständliche Abwehrschreiben vom 03.03.2005 nach seinem Zusammenhang und Erklärungsinhalt nicht zweifelsfrei dahin zu verstehen, dass eine Rechtsverfolgung seitens der Klägerin im gerichtlichen Verfahren unmittelbar bevorstand. Dies ergibt sich aus dem Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Seite 2, 2. Absatz des Schreibens (Bl. 94 d. A.), wonach die Beklagte bereits mehr als ein Jahr zuvor wegen desselben Sachverhalts abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert worden sei, ohne dass es zu einem gerichtlichen Verfahren gekommen sei. Auch den weiteren Ausführungen in dem Abwehrschreiben ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte mit einem konkret bevorstehenden Rechtsstreit rechnete. Letztlich kam dem Abwehrschreiben die gleiche Funktion wie der Abmahnung selbst zu.
Auch aus Gründen der Waffengleichheit der Parteien müssen daher die vom BGH zu den Kosten der Abmahnung selbst entwickelten Grundsätze ebenso für die Kosten gelten, die durch die Zurückweisung der in der Abmahnung behaupteten Unterlassungsansprüche entstanden sind (so auch Gerold/Schmidt u.a., RVG, 17. Aufl., Anhang II Rdn. 121, 98)
Die beim Prozessbevollmächtigten der Beklagten für die Fertigung seines Abwehrschreibens nach den §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V. m. Nr. 2004 VV a.F. RVG angefallene und auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG nicht anrechenbare Geschäftsgebühr zählt somit nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und kann nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO festgesetzt werden.
III.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 ZPO.
Der Beschwerdewert ergibt sich aus dem von der Beschwerde beanstandeten, nicht festgesetzten hälftigen Teil der Geschäftsgebühr.
IV.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor, da die Rechtssache grundlegende Bedeutung hat, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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