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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 3 W 1324/04
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 13 Abs. 5 a.F.
Rechtsmißbräuchliche Mehrfachverfolgung kann vorliegen, wenn das Hauptsacheverfahren vor rechtskräftigem Abschluß des Verfügungsverfahrens betrieben wird.
3 W 1324/04

Nürnberg, den 20.7.2004

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 3. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.2.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf 3.600,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger hat im Verfügungsverfahren gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht.

Die beantragte einstweilige Verfügung ist zunächst durch Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13.3.2003 (Az. 1 HK O 2165/03) erlassen worden.

Der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlußerklärung mit Schreiben vom 8.4.2003 kam die Beklagte nicht nach, sondern legte am 22.4.2003 Widerspruch gegen die Beschlußverfügung ein.

Daraufhin erhob die Klägerin wegen derselben Verletzungshandlung am 5.5.2003 Hauptsacheklage gegen die Beklagte.

Nach Aufhebung der Verfügung durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.7.2003 hat das Oberlandesgericht Nürnberg auf die Berufung des Klägers durch Endurteil vom 21.10.2003 (Az. 3 U 2708/03) dem Unterlassungsantrag des Klägers im Wege der einstweiligen Verfügung stattgegeben.

Die Beklagte erklärte sodann mit Schreiben vom 29.12.2003 den Verfügungstitel des Oberlandesgerichts Nürnberg als einem rechtskräftigen Hauptsachetitel gleichwertig anzuerkennen.

Daraufhin haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Beschluß vom 23.2.2004 hat das Landgericht dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO auferlegt mit der Begründung, die Klage wäre bei Fortführung des Rechtsstreits wegen rechtsmißbräuchlichen Vorgehens des Klägers gemäß § 13 Abs. 5. UWG abzuweisen gewesen.

Gegen diesen, dem Kläger am 1.3.2004 zugestellten, Beschluß richtet sich dessen sofortige Beschwerde, eingegangen bei Gericht am 9.3.2004, mit der er erstrebt, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

II.

1) Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, §§ 91 a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 ZPO, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil er unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes bei einer Fortführung des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen wäre. Auch der Senat hält die Klage im Hauptsacheverfahren für rechtsmißbräuchlich gemäß § 13 Abs. 5 UWG und damit für unzulässig.

Der Mißbrauch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Mehrfachverfolgung. Zu Recht weist das Landgericht in diesem Zusammenhang auf die neuere Rechtsprechung des BGH -(GRUR 2001, 82 f - "neu in Bielefeld I", GRUR 2002, 715 f - "Scanner-Werbung"; BGHZ 144, 165) sowie die Kommentarliteratur (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kapitel 51 Rn. 58 sowie in GRUR 2003, 278; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 62) hin. Die dort entwickelten Grundsätze, mißbräuchliches Verhalten i.S.d. § 13 Abs. 5 UWG dann anzunehmen, wenn der Unterlassungsgläubiger, ohne hierzu - etwa mit Blick auf den drohenden, auf andere Weise nicht zu verhindernden Eintritt der Verjährung - genötigt zu sein, neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird und der Schuldner dies in einer Abschlußerklärung als endgültige Regelung akzeptiert, sind entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Dies gilt, obwohl die Beklagte nach Erlaß der einstweiligen Verfügung zunächst keine Abschlußerklärung abgegeben, sondern Widerspruch eingelegt hat.

Denn dem Kläger war es - ohne die zeitliche Verzögerung seines Rechtsschutzes befürchten zu müssen - durchaus zuzumuten, den rechtskräftigen Abschluß des Verfügungsverfahrens abzuwarten. Dabei erschien es nach der Lebenserfahrung durchaus als möglich, daß eine Entscheidung des Oberlandesgerichts die Beklagte zur Aufgabe ihrer Verweigerungshaltung bewegen könnte und sie die von dem Kläger geltend gemachten Unterlassungsansprüche ohne erneute Anrufung des Gerichts in einem Hauptsacheverfahren in kostensparender Weise erfüllen würde (zu ähnlichem Ergebnis bei vergleichbarem Sachverhalt gelangt das OLG Düsseldorf unter dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO in GRUR 1991, 479). Daß im vorliegenden Verfahren eine endgültige Regelung nach rechtskräftigem Abschluß des Verfügungsverfahrens - entgegen der Auffassung des Klägers - zu erwarten war, zeigt gerade das Verhalten der Beklagten, die nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg in ihrer Erklärung vom 29.12.2003 den Verfügungstitel des Oberlandesgerichts als einem rechtskräftigen Hauptsachetitel gleichwertig anerkannt hat.

Da im vorliegenden Fall keinerlei vernünftige Gründe ersichtlich sind, weswegen die Hauptsacheklage erhoben wurde, ohne den rechtskräftigen Abschluß des eV-Verfahrens abzuwarten, lag rechtsmißbräuchliche Mehrfachverfolgung i.S.d. § 13 Abs. 5 UWG vor. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

2) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert richtet sich nach der ungefähren Höhe der Verfahrenskosten aus einem angenommenen Streitwert von 45.000,-- Euro, der bisher unbeanstandet blieb.

3) Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof.

Abgesehen hiervon ist die Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nicht geeignet, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Denn Grundlage der Kostenentscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung des Sach- und Streitstandes ohne genaue Wertung aller für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsamer Rechtsfragen (vgl. BGH, Beschluß vom 17.3.2004, Az. NZB 21/02).

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