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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 3 W 4006/04
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 278 Abs. 6
RVG Nr. 3104 VV
Im Falle des Abschlusses eines Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO ohne mündliche Verhandlung fällt keine Terminsgebühr an, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die nach § 128 Abs. 2 oder § 495 a ZPO keine mündliche Verhandlung erfordern.
3 W 4006/04

Nürnberg, den 15.12.2004

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 3. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Regensburg vom 29.10.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 470,50 EURO festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien haben um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall gestritten.

Auf Vorschlag der Beklagten hat das Landgericht den Parteien vor der mündlichen Verhandlung einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und das Zustandekommen des Vergleiches nach Einverständnis der Parteien gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt.

Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.10.2004 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von beiden Parteivertretern beantragte Terminsgebühr abgesetzt. Auf diesen Beschluss wird verwiesen.

Gegen den am 9.11.2004 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit am 12.11.2004 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde mit dem Ziel der Festsetzung der Terminsgebühr eingelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO) ist nicht begründet.

Die Frage, ob bei Abschluss eines Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO für den Rechtsanwalt eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG anfällt, ist umstritten.

Weite Teile der Literatur bejahen dies (Enders, JurBüro 2003, 1, 3; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage, W 3104 RdNr. 58; Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 278 RdNr. 27). Begründet wird dies mit dem Wortlaut der Vorschrift, die bestimme, dass die Gebühr nach Nr. 3104 W auch entstehe, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde.

Teilweise wird vertreten, dass das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO gerade keine mündliche Verhandlung erfordere. Nach Hartmann bezieht sich die Vorschrift nur auf Vergleiche in Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung. Das sind Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO und § 495 a ZPO (Hartmann, Kostengesetze, 34. Auflage, VV 3104, RdNr. 30).

Der BGH hat unter Geltung der BRAGO entschieden, dass eine Erörterungsgebühr für den Fall eines Vergleichsabschlusses gem. § 278 Abs. 6 ZPO außerhalb einer mündlichen Verhandlung nicht anfalle (BGH, NJW 2004, 2311 = MDR 2004, 965 = JurBüro 2004, 481). In diesem Beschluss hat er - ohne dass dies für die Entscheidung tragend gewesen wäre - ausgeführt, dass bei Abschluss eines Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO unter Geltung des damals noch nicht in Kraft getretenen RVG die Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) und die Verfahrensgebühr (Nr. 3101 VV) entstünden, nicht jedoch die Terminsgebühr. Die gegen den Beschluss gerichtete Gegenvorstellung hatte keinen Erfolg (BGH, Beschluss vom 30.6.2004 - VI ZB 81/03, NJOZ 2004, 4083).

Der Senat ist der Auffassung, dass die Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV nicht entsteht, wenn im normalen Prozeßverfahren vor einer mündlichen Verhandlung ein Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird. Die vom BGH zur früheren Rechtslage erörterten Argumente gelten auch für das RVG. Die Ausdehnung des Kostentatbestandes aus Nr. 3104 W auch auf einen Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO widerspricht dem Interesse der Parteien, die Kosten eines Rechtsstreites so gering wie möglich zu halten. Auch ist der Arbeits- und Zeitaufwand für den Rechtsanwalt bei einem gerichtlichen Termin wesentlich höher als bei einem Vergleichsabschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO.

Der Wortlaut der Nr. 3104 VV zum RVG steht dieser Auffassung nicht entgegen. Nachdem der Gebührentatbestand ausgeweitet wird, ist bei der Auslegung Zurückhaltung geboten. Nach der Vorschrift entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 307 Abs. 2 oder § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Der Wortlaut bezieht sich demnach in der ersten Alternative auf das Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO und nicht auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO.

III.

Kosten: § 97 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor, denn die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 574 ZPO).

Ende der Entscheidung

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