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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 4 U 3133/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 930
BGB § 933
Gutgläubiger Erwerb von Sicherungseigentum

Die Vorlage eines Blankofahrzeugbriefs durch den Veräußerer genügt für sich allein nicht, um den Erwerber von jeder Pflicht zu weiteren Überlegungen zu befreien.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

4 U 3133/00 1 O 279/00 LG Regensburg

Verkündet am 6. Dezember 2000

Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und im aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 31. Juli 2000 abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 77.000,00 DM nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % für die Zeit vom 14. Juni 1996 bis 6. Februar 2000 und von 6,05 % für die Zeit danach zu bezahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch die Beklagte jedoch durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 DM, die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Kläger durch eine solche in Höhe von 110.000,00 DM abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Entscheidung beschwert die Kläger mit 32.000,00 DM, die Beklagte mit 77.000,00 DM.

Beschluß:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren festgesetzt auf 109.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen als Rechtsnachfolger ihrer am 12. Mai 1994 verstorbenen Tochter von der Beklagten Schadensersatz, hilfsweise Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, weil diese am 7. Juni 1996 ein angeblich ihnen, den Klägern, gehörendes Kraftfahrzeug Alfa Romeo Zagato an einen Dritten veräußert hat.

Eigentümerin dieses Fahrzeugs war zunächst die Firma Alfa Romeo-Großhändlerin in. Diese stellte es am 2. April 1992 dem Zeugen für 105.000,00 DM und am 6. Mai 1992 für 125.000,00 DM der Firma in Rechnung. Letztere erwarb Eigentum an dem Fahrzeug und übertrug dieses am 17. August 1994 gegen Zahlung von 49.552,90 DM an den bereits erwähnten Zeugen. Eine Zulassung erfolgte nicht. In dem Fahrzeugbrief, der bereits am 14. November 1991 von der Technischen Überwachung Hessen mit Eintragungen bezüglich einer Sonderausstattung versehen worden war, wurde kein Halter eingetragen.

Bereits am 7. Mai 1994 hatte der Zeuge mit der Rechtsvorgängerin der Kläger eine "Privatkreditvereinbarung" über 109.000,00 DM geschlossen, in der dieses Auto wie folgt erwähnt wurde: "Als Gegenwert dient die Sicherungsübereignung des Neuwagens Alfa Romeo Zagato ES 30, SZ, Fahrgestell-Nr." Der Zeuge übergab dabei einen Fahrzeugbrief, den er sich auf unbekanntem weg verschafft hatte und in dem wiederum kein Halter eingetragen war.

Am 19. Dezember 1994 schloß der Zeuge mit der Beklagten einen Sicherungsübereignungsvertrag, wegen dessen Einzelheiten auf die als Anlage B1 zur Klageerwiderung vorgelegte Vertragsurkunde verwiesen wird. Der Zeuge legte dabei seinen Gewerbeschein vor, nach welchem er im Bereich des Autohandels tätig war, und übergab den erstgenannten Blanko-Fahrzeugbrief, den er von der zurückerhalten hatte. In gleicher Weise übereignete der Zeuge der Beklagten an diesem Tag noch einen weiteren Alfa Romeo Zagato.

Am 27. Dezember 1995 erfuhr die Beklagte, daß der Zeuge den zweiten, hier nicht streitgegenständlichen Alfa Romeo Zagato, am 3. Januar 1995 an die Volksbank sicherungsübereignet und dabei einen Ersatzfahrzeugbrief übergeben hatte, der ebenfalls keinerlei Haltereintragung aufwies. Am 28. Dezember 1995 erfuhr die Beklagte vom Zeugen, daß das streitgegenständliche Fahrzeug auf dem Gelände der Firma stehe. Daraufhin ließ sie sich von der Firma noch am selben Tag eine Erklärung unterzeichnen, nach der diese Firma das Kraftfahrzeug nur an von der Beklagten bevollmächtigte Personen herausgeben werde. In der Folgezeit ließ die Beklagte den Wagen betriebsfertig machen und verkaufte ihn am 7. Juni 1996 für 77.000,00 DM an einen Herrn, dem das Fahrzeug auch übergeben wurde.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, sie seien als Rechtsnachfolger ihrer Tochter Eigentümer des streitgegenständlichen Wagens geworden. Die Beklagte habe dagegen kein Eigentum erworben, da ihr Vertragspartner, der Zeuge, als Nichtberechtigter gehandelt habe. Die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Erwerb seien nicht erfüllt. Der Fahrzeugbrief sei als Basis für einen guten Glauben der Beklagten ungeeignet, da er keinerlei Haltereintragungen aufweise. Auch habe die Beklagte aus ihrem Wissen um die finanzielle Situation des Zeugen und dessen Machenschaften im Bezug auf den zweiten Zagato die nötigen Schlüsse ziehen müssen.

Die Kläger haben beantragt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger das Fahrzeug der Marke Alfa Romeo Zagato, Fahrgestell-Nr., herauszugeben.

2.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 109.000,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Zustellung der Klage zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat schon bezweifelt, daß der Vertrag vom 7. Mai 1994 geeignet gewesen sei, der Rechtsvorgängerin der Kläger Eigentum zu verschaffen. Es fehle an der Vereinbarung eines konkreten Besitzmittlungsverhältnisses. Im übrigen hat sie darauf verwiesen, daß der Zeuge am 7. Mai 1994 über das Eigentum an dem Alfa nicht habe verfügen können. Ein Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin der Kläger scheitere unter diesen Umständen daran, daß diese ebenso wie die Kläger selbst zu keiner Zeit Besitz an dem Auto erlangt hätten. Zumindest habe sie, die Beklagte, gutgläubig Eigentum erworben. Da es um die Übereignung eines Neuwagens durch einen Händler gegangen sei, habe sie sich auf die durch den Besitz des Blanko-Fahrzeugbriefs gestützten Angaben des Zeugen über sein Eigentum verlassen dürfen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10. Juli 2000 (Bl. 52 ff. d.A.) verwiesen.

Mit Endurteil vom 31. Juli 2000, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe gutgläubig Eigentum erworben.

Gegen dieses ihnen am 2. August 2000 zugestellte Urteil haben die Kläger am 26. August 2000 Berufung eingelegt, die sie mittels eines am 22. September 2000 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatzes begründet haben.

Sie machen weiterhin geltend, die Beklagte sei nicht gutgläubig gewesen, weil der Zeuge nicht im Fahrzeugbrief eingetragen gewesen sei. Für den bösen Glauben der Beklagten spreche auch ihr Wissen um die vom Zeugen bezüglich des zweiten Zagato vorgenommene weitere Sicherungsübereignung an die Volksbank vom 3. Januar 1995. Es fehle aber auch an einer Übergabe des Fahrzeugs im Sinn des § 933 BGB; die Beklagte habe den Wagen nur mit Zustimmung des Veräußerers an sich genommen, nicht aber von diesem übergeben erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 22. September 2000 (Bl. 90 ff. d.A.) verwiesen.

Die Kläger formulieren ihren Antrag wie folgt:

Das Urteil des Landgerichts Regensburg, Aktenzeichen 1 O 279/2000, wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 109.000,00 DM zu bezahlen nebst 6,05 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Kläger könnten allenfalls nach den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb von Nichtberechtigten Eigentümer geworden sein. Deren Rechtsvorgängerin sei aber nicht gutgläubiger als ihre bei der Sicherungsübereignung tätigen Angestellten gewesen. Von den dolosen Absichten des Zeugen sei den Mitarbeitern der Beklagten jedenfalls nichts bekannt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 23. Oktober 2000 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Auch in der Sache hat das Rechtsmittel überwiegend Erfolg, da den Klägern nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Herausgabeanspruch in Höhe von 77.000,00 DM zusteht.

Die Frage, ob in der Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs die Einführung eines anderen Streitgegenstandes liegt, bedarf hier keiner Entscheidung, da eine dann vorliegende Klageänderung jedenfalls zulässig wäre (§§ 523, 267 ZPO).

I.

1. Die Kläger haben an dem streitgegenständlichen Fahrzeug nach §§ 929, 930, 185 Abs. 2 Satz 1 BGB Eigentum erworben.

a) Der Vertrag, den die Rechtsvorgängerin der Kläger am 7. Mai 1994 mit dem Zeugen geschlossen hat, bringt mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß eine Sicherungsübereignung erfolgen sollte. Das neben der Willensübereinstimmung der Parteien bei einer Übereignung nach § 930 BGB regelmäßig erforderliche Besitzmittlungsverhältnis ist die Sicherungsabrede. Der Vereinbarung eines Leih-, Verwahrungs-, oder Kommissionsverhältnisses bedarf es nicht. Da die Sicherungsabrede die heute typischen Beziehungen zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer hinreichend konkretisiert, reicht die Formulierung "Sicherungsübereignung" auch ohne nähere Ausgestaltung als Besitzmittlungsverhältnis aus (BGH, NJW 1979, 2308; Palandt/Bassenge, BGB, 59. Aufl., § 930, Rn. 7 m.w.N.).

b) Allerdings war der Zeuge im Zeitpunkt dieses Vertragsschlusses (Mai 1994) nicht zur Verfügung über das Fahrzeug berechtigt, da es damals unstreitig noch im Eigentum der stand.

Ein gutgläubiger Erwerb seitens der Rechtsvorgängerin der Kläger scheitert nicht nur daran, daß diese möglicherweise nicht in gutem Glauben war. Ihr stand neben der entsprechenden Behauptung des Zeugen als Basis für ihren guten Glauben genau wie der Beklagten nur ein Kraftfahrzeugbrief zur Verfügung, in dem niemand, insbesondere nicht der Zeuge, als Halter eingetragen war. Auch sie wußte, daß der Zeuge kein autorisierter Vertragshändler für Alfa Romeo-Fahrzeuge war. Wenn man die Schlüsse, die die Kläger aus einer solchen Situation auf den bösen Glauben der Beklagten ziehen wollen, ernst nimmt, könnte man folgerichtig auch ihrer Rechtsvorgängerin nach der eigenen Meinung der Kläger keinen guten Glauben im Sinne des Gesetzes zubilligen.

Der gutgläubige Erwerb des Eigentums durch die Rechtsvorgängerin der Kläger oder durch diese selbst scheitert aber unabhängig von der Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit daran, daß diesen zu keiner Zeit das Auto übergeben wurde. Eine solche Übergabe ist aber nach § 933 BGB erforderlich, wenn eine nach § 930 BGB veräußerte Sache nicht dem Veräußerer gehört.

c) Die Kläger haben aber nach § 185 Abs. 2 Satz 1, 2. Fall, BGB Eigentum erworben, weil der Zeuge das Eigentum an dem Alfa Romeo im August 1994 erlangt hat. Dabei ist es unerheblich, ob ihm die etwa nach den Grundsätzen über ein Geschäft für den, den es angeht (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164, Rn. 8 m.w.N.), das Eigentum direkt übertragen hat, oder ob ihm seine Ehefrau, die Zeugin, das zunächst ihr verschaffte Eigentum weitergegeben hat. Sowohl die beiden Zeugen wie die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß der Zeuge Eigentümer geworden ist. Unter diesen Umständen ist es nicht nötig, den genauen Übertragungsweg näher aufzuklären, da es allein darauf ankommt, daß überhaupt einmal Eigentümer des Alfa Romeo geworden ist.

2. Die Kläger haben ihr Eigentum nicht an die Beklagte verloren.

Die Beklagte hat die Rechtslage in ihrem Schreiben vom 28. Dezember 1995 an die Volksbank zutreffend dahin zusammengefaßt, daß die Vorlage eines Blanko-Fahrzeugbriefs und die Ansichnahme des Autos durch den Erwerber nicht genügen, um diesem über die Nichtberechtigung des Veräußerers hinwegzuhelfen. Im Einzelnen gilt folgendes:

Als Grundlage für einen solchen Eigentumserwerb der Beklagten kommt allein die Vereinbarung mit dem Zeugen vom 19. Dezember 1994 in Betracht. Diese hat jedoch an der Eigentümerstellung der Kläger nichts verändert, da der Zeuge als Nichtberechtigter verfügte und die Voraussetzungen für einen wirksamen Erwerb von Nichtberechtigten nicht vorlagen.

a) Der mögliche Eigentumserwerb der Beklagten ist nach § 933 BGB, nicht nach § 934 BGB zu beurteilen.

Das von der Beklagten für diesen Vertragsschluß verwendete Formular nennt zwar die Vorschrift nicht ausdrücklich, nach der die Sicherungsübereignung erfolgen soll, beschreibt aber in Ziffer 4.1. deutlich die Tatbestandsmerkmale des § 930 BGB, wenn es dort heißt, die Übergabe werde dadurch ersetzt, daß die Sparkasse dem Sicherungsgeber das Fahrzeug leihweise überlasse.

Im übrigen erscheint es sehr fraglich, ob es dem Zeugen seinerzeit überhaupt möglich gewesen wäre, der Beklagten einen Herausgabeanspruch abzutreten. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme spricht sehr viel dafür, daß die Firma, bei der das streitgegenständliche Fahrzeug die ganzen Jahre über abgestellt war, dem Zeugen lediglich einen Standplatz zur Verfügung gestellt hatte. Durch die leihweise Überlassung eines Standplatzes wird der Verleiher aber nicht unmittelbarer Besitzer.

b) Die Übereignung nach den §§ 930, 933 BGB scheitert daran, daß die Beklagte jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt, dem der Übergabe der Sache durch den Zeugen an sie, nicht in gutem Glauben war.

Ihr war zwar nicht positiv bekannt, daß weder der Zeuge noch seine Ehefrau, welche den Sicherungsübereignungsvertrag mitunterzeichnet hatte, berechtigt war, über das Auto zu verfügen; ihre Unkenntnis beruhte aber auf grober Fahrlässigkeit (§ 932 Abs. 2 BGB).

aa) Dabei wird der Beklagten nicht nur das Wissen ihrer verfassungsmäßigen Vertreter, sondern nach § 166 Abs. 1 BGB das Wissen aller Mitarbeiter zugerechnet, die am Vertragsschluß sowie an der Vorbereitung und Durchführung des Vertrages auf ihrer Seite beteiligt waren (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 166, Rn. 6 f. m.w.N.). Das Wissen, das der Kreditsachbearbeiter bei Abschluß des Sicherungsübereignungsvertrages erhielt, wird mit dem des Zeugen, der die Sicherstellung und Verwertung des Fahrzeuges erledigte, zusammengerechnet.

bb) Es spricht schon sehr viel dafür, daß die Mitarbeiter der Beklagten bereits bei Abschluß des Sicherungsübereignungsvertrages am 19. Dezember 1994 im Rechtssinne nicht in gutem Glauben an das Eigentum bzw. die Verfügungsbefugnis (§ 366 HGB) des Zeugen waren.

Grob fahrlässig im Sinne des § 932 BGB handelt, wer die bei dem betreffenden Erwerbsvorgang erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt und das unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.

Nach ständiger Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, muß sich der Erwerber eines Kraftfahrzeugs, der sich auf gutgläubigen Erwerb des Eigentums berufen will, zumindest die Fahrzeugpapiere vorlegen lassen, um die Berechtigung des Veräußerers überprüfen zu können (BGH, NJW 1994, 2022/2023). Dahinter steckt die Erwägung, daß es Argwohn erwecken und zu weiteren Nachforschungen Anlaß geben muß, wenn der Veräußerer entweder den Fahrzeugbrief nicht vorlegen kann oder wenn sich aus diesem ein vom Veräußerer personenverschiedener Halter ergibt.

Wird dem Käufer bzw. dem Erwerber, wie im vorliegenden Fall, ein Fahrzeugbrief vorgelegt, in dem kein Halter eingetragen ist, so besitzt das Papier für die hier entscheidende Frage nach der Berechtigung des Veräußerers keinerlei Aussagekraft. Ein Erwerber, der dem Vorwurf entgehen will, er habe seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlichem Maße verletzt, muß daher weitere Nachforschungen anstellen. Er kann nicht darauf vertrauen, daß die den Fahrzeugbrief ausstellende Behörde die Eigentumsverhältnisse geprüft habe. Für die Annahme einer solchen Prüfung bietet der der Beklagten vorgelegte "Blanko-Fahrzeugbrief" keinen Anhaltspunkt; schon gar nicht kann ihm entnommen werden, wen die Behörde als Eigentümer festgestellt haben sollte. Davon abgesehen wurde der vorliegende Brief von überhaupt keiner Behörde ausgestellt. Hier füllte offenbar der Inhaber einer allgemeinen Betriebserlaubnis nach § 20 Abs. 3 StVZO einen Briefvordruck aus, der ihm vom Kraftfahrtbundesamt zur Verfügung gestellt worden war. Durch diese private Eintragung erhielt der amtliche Vordruck Beziehung zu einem bestimmten Fahrzeug und es entstand ein Fahrzeugbrief (BGH, DAR 1960, 177), aber noch keine öffentliche Urkunde, der sich irgendwelche Hinweise auf die Berechtigung des Besitzers dieses Briefes hinsichtlich des dort beschriebenen Fahrzeugs entnehmen ließen.

Diese weiteren Nachforschungen durfte die Beklagte auch nicht etwa deshalb unterlassen, weil sie das Auto von einem im Bereich des Kraftfahrzeughandels gewerblich Tätigen erwarb oder weil es sich um ein Neufahrzeug handelte.

Zwar haben die Eintragungen im Fahrzeugbrief bei der Veräußerung eines gebrauchten Wagens von privat eine größere Bedeutung als bei einem Neuwagengeschäft mit einem Händler. Aber auch beim Kauf von Neuwagen kommt der Eintragung des Halters im Fahrzeugbrief eine nicht nur untergeordnete Bedeutung zu. Das Fehlen einer solchen Eintragung mag üblich sein und den Erwerber deshalb von der Pflicht zu weiteren Nachforschungen freistellen, wenn er das Fahrzeug von einem autorisierten und zuverlässigen Vertragshändler der betreffenden Marke erwirbt (BGH, NJW 1996, 314).

Da der Zeuge aber auch nach dem Sachvortrag der Beklagten kein solcher autorisierter Vertragshändler der Marke Alfa Romeo war, entband sie die Vorlage des Blanko-Fahrzeugbriefs durch ihn nicht von weiteren Nachforschungen.

Für solche Nachforschungen sprachen zudem noch weitere Besonderheiten des Geschäfts vom 19. Dezember 1994, die ebenfalls das Mißtrauen der Beklagten hätten erregen müssen, weil sich dadurch auch für sie dieser Vertrag von üblichen Geschäften der gleichen Art unterschied.

So konnte der sicherungsübereignete Alfa Romeo Zagato selbst bei großzügiger Betrachtung am 19. Dezember 1994 nicht mehr als fabrikneu angesehen werden, wenn die ersten Eintragungen in den dazugehörigen Fahrzeugbrief vom 14. November 1991 stammten. So wurde in dem Vertragsformular trotz Vorhandenseins entsprechender Rubriken weder der gewöhnliche Standort festgehalten noch wurden Eintragungen zu einem für das Auto bestehenden oder abzuschließenden Versicherungsschutz gemacht. Da die Beklagte den Behauptungen der Kläger, die im Vertragsformular erwähnte Wertermittlung durch Schätzung einer von der Sparkasse beauftragten Person habe nie stattgefunden und der Zeuge sei zur Zeit der Sicherungsübereignung in finanziellen Schwierigkeiten gewesen, nicht entgegengetreten ist, müssen auch diese beiden besonderen Umstände zu ihren Lasten mitberücksichtigt werden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Wenn unter solchen Begleitumständen nicht nur ein, sondern sogar zwei Fahrzeuge von erheblichem Wert zur Sicherungsübereignung angeboten werden, muß sich bei dem zuständigen Mitarbeiter einer Sparkasse der Verdacht aufdrängen, der diese Sicherheiten anbietende Kunde sei nicht Eigentümer des offerierten Sicherungsgutes und es handele sich um Autos, die bereits anderweitig als Kreditsicherheit Verwendung gefunden hatten.

Die Frage, ob die erörterten Besonderheiten genügen, um der Beklagten schon für den Tag der Sicherungsübereignung den guten Glauben abzusprechen, muß allerdings hier nicht entschieden werden.

Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beklagte ihre durch diese Auffälligkeiten ausgelöste Erkundigungspflicht erfüllt hätte, wenn sie sich die Fahrzeugrechnung für den Zeugen vom 2. April 1992, das Kaufangebot an die vom 6. Mai 1992 und die Rechnung dieser vom 17. August 1994 an die Zeugin hätte vorlegen lassen und geprüft hätte, ob der in der letztgenannten Urkunde erwähnte Restkaufpreis bezahlt worden ist. Dem Sachvortrag der Beklagten ist insoweit nicht eindeutig zu entnehmen, ob sie diese Schriftstücke vom Zeugen erst während des Prozesses erhalten hat oder ob sie sie seit der Sicherungsübereignung vom 19. Dezember 1994 bei sich archiviert hatte.

Die Überzeugung des Senats von dem groben Sorgfaltsverstoß der Beklagten beruht nämlich auf der Tatsache, daß diese auch dann noch auf das Wort des Zeugen vertraute, als zu den aufgezeigten Unsicherheiten und Unklarheiten spätestens am 27. Dezember 1995 die Information hinzukam, der Zeuge habe einen der beiden am 19. Dezember 1994 der Beklagten übereigneten Alfas am 3. Januar 1995 mit Hilfe eines zweiten Blanko-Fahrzeugbriefs an die Volksbank sicherungsübereignet. Spätestens jetzt mußte der Zeuge Mitarbeiter in der Rechtsabteilung der Beklagten, erkennen, daß der Zeuge offensichtlich die Möglichkeit hatte und auch nutzte, für "seine" Autos Zweitbriefe zu bekommen, und daß er nicht davor zurückschreckte, Kreditinstituten mit Hilfe solcher Zweitbriefe vorzuspiegeln, sie erhielten Sicherheiten übertragen, obwohl er zu einer solchen Sicherungsgewährung, wie der Zeuge in seinem Schreiben vom 28. Dezember 1995 an die Volksbank richtig bemerkt hat, rechtlich nicht mehr in der Lage war.

Wenn nun der Zeuge trotz dieses Wissens am 28. Dezember 1995 sich vom Zeugen im sagen ließ, wo sich der Alfa Romeo Zagato befindet, sich zum Standplatz des Fahrzeugs bei der Firma begab und dort von dieser eine Erklärung unterzeichnen ließ, nach der das Auto nur noch an Bevollmächtigte der Beklagten herausgegeben werden sollte, handelte er nicht mehr in gutem Glauben. Da die Beklagte aber frühestens jetzt, wenn überhaupt, sich das Fahrzeug vom Zeugen im Sinn des § 933 BGB hat übergeben lassen, scheitert der Eigentumserwerb der Beklagten zumindest daran, daß sie nicht lange genug in gutem Glauben war.

3. Nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Beklagte verpflichtet, den von ihr beim Verkauf des Wagens im Juni 1996 erzielten Kaufpreis herauszugeben.

Sie war, wie ausgeführt, bei der Übereignung des Fahrzeugs Nichtberechtigte. Ihre Verfügung war wirksam, da sie an einen unstreitig gutgläubigen Käufer veräußerte.

Erlangt im Sinne des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB hat die Beklagte den erzielten Erlös, also 77.000,00 DM. Auf den Wert des Autos kommt es nach ganz herrschender Meinung nicht an (BGH, NJW 1997, 190; Palandt/Thomas, a.a.O., § 816, Rn. 24).

4. Der Zinsanspruch der Kläger ergibt sich aus § 818 Abs. 1 BGB sowie § 284 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.

Die Parteien haben im Senatstermin vom 15. November 2000 unstreitig gestellt, daß die Beklagte aus dem am 14. Juni 1996 erlangten Kaufpreis Nutzungen in Höhe von 4 e Jahreszinsen gezogen hat. Die Parteien sind in diesem Termin darüber hinaus übereinstimmend vom Bestehen einer Pflicht der Beklagten ausgegangen, solche Nutzungen an die Kläger herauszugeben.

Unter diesen Umständen hält es der Senat für geboten, den Antrag der Kläger, der in seiner Formulierung diesen Nutzungsherausgebanspruch noch nicht ausdrücklich erfaßt, entsprechend auszulegen. Klageanträge sind wie andere Prozeßhandlungen auch so zu verstehen, daß die Partei das anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihren recht verstandenen Interessen entspricht (BGH, NJW-RR 1995, 1183; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., vor § 128, Rn. 25).

Für die Zeit ab Klagezustellung haben sich die Parteien im Senatstermin vom 15. November 2000 auf einen Zinssatz von 6,05 % verständigt.

5. Die weitergehende Berufung der Kläger mußte zurückgewiesen werden, da ihnen auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes allenfalls ein Anspruch in Höhe von 77.000,00 DM zustehen kann.

Im Wege des Schadensersatzes können die Kläger allenfalls verlangen, so gestellt zu werden, wie sie vermögensmäßig stünden, wenn die Beklagte den Alfa Romeo Zagato nicht veräußert hätte. Sie könnten mit anderen Worten in diesem Fall nur Ersatz des Wertes dieses Fahrzeugs verlangen. Der Wert beläuft sich aber nach den unstreitigen Angaben der Parteien im Senatstermin vom 15. November 2000 auf 77.000,00 DM.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer für beide Parteien festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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