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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 31.07.2002
Aktenzeichen: 4 U 391/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 661
Beauftragt der Auslober eines Architektenwettbewerbs bei der Verwirklichung der Aufgabe keinen der Preisträger, sondern einen Dritten, so müssen die übergangenen Preisträger eventuelle Schadensersatzansprüche grundsätzlich gemeinsam geltend machen.

Zur eigenständigen Verfolgung ist ein Preisträger jedoch dann befugt, wenn der Auslober seine Bevorzugung vor den übrigen Preisträgern bereits konkret zu erkennen gegeben hatte, bevor er sich dann doch für einen Nicht-Preisträger entschied.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

4 U 391/02

Verkündet am 31. Juli 2002

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht Braun als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht Redel und Prof. Dr. Rohe aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.Mai 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Ansbach vom 19. Dezember 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Klagepartei die aus G F und E K bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,-- EUR abwenden, wenn nicht die Beklagt vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 73.497,88 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen der Nichtbeauftragung der Klägerin mit Architektenleistungen.

In den Jahren 1931/1392 führte die Beklagte einen Architektenwettbewerb "Sanierung und Erweiterung Gymnasium C A" durch, bei dem das Klagende Architekturbüro, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, den ersten, aber nicht den einzigen Preis gewann. Diese wurde dann auch mit Verträgen vom 29. Juli/6. August 1992 und 24./30.März 1994 damit beauftragt, für die Baumaßnahme "Sanierung und Aufstockung Gymnasium C A BA I und BA II für das bestehende Hauptgebäude vom Kellergeschoß bis zur Aufstockung, Dachgeschoß "Architektenleistungen nach § 15 Abs.2 Nrn. 2-8 HOAI zu erbringen. Die Turnhalle des Gymnasiums mit Verbindungsbau ohne die Direktorenvilla waren in diesem Auftrag ausdrücklich nicht enthalten.

Die Aufgabenstellung des Architektenwettbewerbs hatte beide Gebäude mit umfaßt. Das in Teil III enthaltene Raumprogramm enthielt u.a. die Vorgabe, die zwei Übungseinheiten Hallensport, bestehend aus der zu sanierenden vorhandenen Halle, 24 x 12 m, und einer neuen Übungseinheit mit mindestens 200 m müßten so gestaltet und so geordnet werden, daß parallel zwei Klassen unterrichtet werden könnten. In Teil II Nr.4.4 des Auslobungstextes wurde die Wettbewerbsaufgabe unter anderem dahin beschrieben, daß auch Möglichkeiten untersucht werden sollten, die Raumansprüche durch Erweiterungen und Umbauten im Gebäude selbst zu befriedigen, wofür u.a. ein Grundstücksstreifen östlich und südlich des zu erhaltenden und zu sanierenden Turnhallenkörpers und die Nutzung des Direktorenhauses zur Disposition stünden. In Nr.1.4 "Realisierungskonzept in Teilbereichen" hieß es, da für die Verwirklichung des Gesamtkonzepts in einem zeitlichen Zusammenhang Haushaltsmittel mittelfristig nicht bereitgestellt werden könnten, sei es wesentliche Aufgabe des Wettbewerbs, wirksame Realisierungsschritte aufzuzeigen. Der Schulbetrieb müsse während der Baumaßnahmen aufrechterhalten werden.

Im Jahr 1998 entschloß sich die Beklagte, die Raumansprüche im Bereich der Hallensportflächen durch den völligen Abriß der alten Schulturnhalle und den Neubau einer Doppelturnhalle zu erfüllen, die u. a. den A Vereinen die Möglichkeit bieten sollte, Wettkämpfe in allen Ballsportarten durchzuführen. Mit den dazugehörigen Architektenleistungen beauftragte sie statt der Klägerin ein ortsansässiges Architekturbüro.

Nach den in Teil I der Ausschreibungsunterlagen niedergelegten "Allgemeinen Bedingungen" lagen dem Wettbewerb die Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens (im folgenden: GRW 1977) zugrunde. Unter Nr.11.1.1 heißt es weiter (zu 5.1.1. GRW): "Der Auslober verpflichtet sich, wenn die Aufgabe realisiert wird, unter Würdigung der Empfehlungen des Preisgerichts, einen der Preisträger mit Architektenleistungen, mindestens aber mit der Planungsbearbeitung nach § 15 Abs.1 Nr.(1), 2-5 HOAI zu beauftragen.

Die Klägerin hat hieraus den Schluß gezogen, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihr den Auftrag für die bei Abriß und Neubau der Turnhalle anfallenden Architektenleistungen wenigstens für die Leistungsphasen nach § 15 Abs.1 Nr.1-5 HOAI zu erteilen. Denn es habe sich dabei lediglich um eine andere, durch die Freigabe der alten Halle zum Abriß möglich gewordene Lösung der ursprünglichen Aufgabe gehandelt. Ihr sei durch die pflichtwidrige Nichtbeauftragung unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen von 74.160,-- DM ein Schaden in Höhe von 143.749,36 DM entstanden, den ihr die Beklagte zu ersetzen habe.

Die Klägerin hat daher folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 143.749,36 DM nebst 12 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der nunmehr realisierte Bau habe mit der Wettbewerbsaufgabe nichts mehr zu tun. Es handele sich nicht um den Bauabschnitt III des ursprünglichen Sanierungskonzepts. Statt der Erweiterung einer Schulturnhalle sei eine Mehrzweckhalle realisiert worden, in der auch öffentliche Veranstaltungen etwa der ballsporttreibenden A Vereine stattfinden könnten. Hilfsweise hat die Beklagte geltend gemacht, es habe ein wichtiger Grund vorgelegen, die Klägerin nicht mit weiteren Architektenleistungen zu beauftragen.

Das Erstgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluß vom 24.August 1999 auf den verwiesen wird, durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K-G S vom 17. April 2000 nebst Ergänzungen vom 22. Februar und vom 14. Juli 2001 Bezug genommen.

Mit Endurteil vom 19. Dezember 2001, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, hat das Landgericht Ansbach die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Klägerin fehle es an der Aktivlegitimaion; sie könne den streitgegenständlichen Anspruch nicht ohne die anderen Preisträger des Wettbewerbs geltend machen, da die Auslober generell nur verpflichtet seien, einen der Preisträger, aber nicht den ersten Preisträger zu beauftragen.

Gegen dieses ihr am 2.Januar 2002 zugestellte Endurteil hat die Klägerin mit einem am 1.Februar 2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Am 12.März 2002 hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und zugleich die Verlängerung dieser Frist bis 2.April 2002 beantragt. Auf einen entsprechenden Hinweis des Senats hin hat sie ihr Rechtsmittel mittels eines am 15.März 2002 eingegangenen Schriftsatzes begründet. Mit Beschluß vom 6.Mai 2002 hat der Senat die beantragte Wiedereinsetzung gewährt.

Die Klägerin wendet sich mit ihrem Rechtsmittel nur gegen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Landgericht; dessen Tatsachenfeststellung erkennt sie ausdrücklich als richtig an. Sie vertritt die Auffassung, es habe von Anfang an nur eine einheitliche Wettbewerbsaufgabe gegeben, mit deren Gesamtrealisierung nur ein Preisträger habe beauftragt werden können. Die Entscheidungsfreiheit der Beklagten habe daher in dem Moment geendet, in dem sie mit den Architetkenleistungen für die Bauabschnitte I und II des Projekts beauftragt worden sei. Das Vorgehen der Beklagten stelle sich daher als Rücknahme einer bereits eingegangenen Verpflichtung dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 5.März 2002 und den Schriftsatz vom 3.Juli 2002 verwiesen.

Die Klägerin stellt den Antrag,

unter Abänderung des am 19.12.2001 verkündeten Urteils des LG Ansbach, Az.: 2 O 1434/98, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 73.497,98 Euro (vormals 143.749,36 DM) nebst 12 % Zinsen hieraus seit der Klageerhebung zu bezahlen.

Die Beklagte stellt folgenden Antrag:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie macht geltend, es sei von Anfang an Bestandteil der Auslobungsunterlagen gewesen, daß das Gesamtprojekt in Teilabschnitten realisiert werden könne. Sie habe sich bewußt die Entscheidung vorbehalten, welche Bauaufgabe bzw. Lösung verwirklicht werden solle und auf welche Teilabschnitte verzichtet werden könne. Mit der Beauftragung der Klägerin für die Bauabschnitte I und II sei daher keine wie auch immer geartete Festlegung hinsichtlich weiterer Baumaßnahmen auf dem Gelände des Gymnasiums C verbunden gewesen.

Im übrigen habe der tatsächlich verwirklichte Neubau einer Mehrzweckhalle mit der ursprünglich beabsichtigten Sanierung einer Schulturnhalle nichts zu tun.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungserwiderung vom 22.Mai 2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist zwar nicht fristgerecht begründet worden; der Senat hat aber mit Beschluß vom 6.Mai 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg, da das Landgericht die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen hat, die Klägerin könne den streitgegenständlichen Anspruch nicht allein, ohne die Mitwirkung der anderen Preisträger geltend machen. Zur Begründung nimmt der Senat daher zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug und macht sie sich zu eigen.

Die hiergegen gerichteten Angriffe, der Berufungsführerin geben lediglich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen Anlaß:

I.

1. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. November 1983 (NJW 1984, 1533; bestätigt durch Urteil vom 22.1.1987, NJW 1987, 2369) ist in Rechtsprechung und Literatur (Werner, Pastor, Der Bauprozeß, 9.Aufl., Rdnrn.639 ff. m.w.N.) anerkannt, daß die Nummern 5.1.1 und 5.1.2 der GRW 1977 eine rechtsgeschäftliche Verpflichtungserklärung des Auslobers und nicht nur eine unverbindliche Absichtserklärung enthalten, obwohl dort nur davon die Rede ist, daß "beabsichtigt sei, unter Würdigung der Empfehlungen des Preisgerichts einem oder mehreren Preisträgern weitere Leistungen zu übertragen, soweit und sobald die dem Wettbewerb zugrunde liegende Aufgabe realisiert werden solle. Die Beklagte wollte offenbar mit der von ihr verwendeten Formulierung, in der von einer Verpflichtung und nicht nur von einer Absicht die Rede ist, den Auftrag an einen der Preisträger zu vergeben, diese Rechtsprechung berücksichtigen. Hieraus kann man aber nicht schließen, daß sich die Beklagte stärker als nötig binden wollte.

Die Beklagte hat sich nicht verpflichtet, im Fall der Aufgabenrealisierung den Auftrag an den ersten Preisträger zu vergeben. Auch wenn sowohl in den GRW 1977 wie in den Bedingungen der Beklagten davon die Rede ist, daß die Empfehlung des Preisgerichts bei der Vergabe zu würdigen sei, heißt das nicht, die Beklagte habe die Entschließungsfreiheit ihrer Beschlußgremien dahin einschränken wollen, daß eine Vergabe der weiteren Architektenleistungen an die Gewinner des zweiten und der weiteren Preise nur dann zulässig sein soll, wenn triftige Gründe gegen die Auftragserteilung an den ersten Preisträger sprechen, etwa weil dieser keine Gewahr für eine einwandfreie Ausführung der zu übertragenden Leistungen bietet.

Die gebotene Auslegung der einschlägigen Klauseln der Wettbewerbsbedingungen ergibt für eine solch weitgehende Bindung an das Ergebnis des Wettbewerbs nichts. Wenn eine solche gewollt gewesen wäre, hätte es nahe gelegen, nicht nur von der Würdigung der Entscheidung des Preisgerichts und der Vergabe an einen der Preisträger zu sprechen, sondern unmittelbar die Verpflichtung aufzunehmen, die weiteren Architektenleistungen an den ersten Preisträger bzw. an die ausgezeichneten Büros - vorbehaltlich deren Eignung und Leistungsfähigkeit - in der vom Preisgericht bestimmten Reihenfolge zu vergeben.

Die Beklagte behielt danach die Freiheit, einen der Preisträger zu beauftragen; sie war nicht verpflichtet, den ersten Preisträger auszuwählen.

Die neuen GRW 1995 haben in ähnlicher Weise die Vorgaben der BGH-Rechtsprechung übernommen, ohne daß hieraus bisher der Schluß gezogen worden wäre, der Auslober habe keine Möglichkeit mehr, den zu beauftragenden Architekten frei unter den prämierten Wettbewerbsteilnehmern auszuwählen.

2. Die Beklagte hat diese Freiheit auch nicht dadurch verloren, daß sie die für die Bauabschnitte I und II angefallenen Architektenleistungen an die Klägerin vergeben hat.

Wenn in den Wettbewerbsbedingungen davon die Rede ist, die weiteren Architektenleistungen müßten an "einen" der Preisträger vergeben werden, ist damit nach Überzeugung des Senats nichts anderes gemeint als in den dort in Bezug genommenen GRW 1977.

Für diese ist anerkannt, daß der Auslober durchaus verschiedene Preisträger mit unterschiedlichen Teilen der Planungsleistungen beauftragen kann (Werner/Pastor, a.a.O.; OLG Düsseldorf BauR 1998, 163/166). Das OLG Düsseldorf hält in der zitierten Entscheidung sogar eine Vergabe der einzelnen Leistungsphasen an unterschiedliche Preisträger für zulässig.

Dem Interesse - aller - Preisträger, das durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die Wettbewerbsbedingungen geschützt werden soll, kann auch auf diese Weise Genüge getan werden.

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, daß der Wortlaut der fraglichen Bedingung auch die von ihr bevorzugte Auslegung erlaubt. Zwingend ist dies jedoch nicht.

Für die Frage, ob und inwieweit ein Rechtsbindungswille des einen Vertragsteils vorhanden ist, kommt es darauf an, ob und inwieweit der andere Teil unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen muß. Es ist also maßgebend, ob anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen der Parteien ein Wille der Beklagten festgestellt werden kann, eine rechtsgeschäftliche Bindung einzugehen, die nur die Auswahl eines Architekturbüros für die bei allen Bauabschnitten anfallenden Architektenleistungen erlaubt, die Beauftragung "eines" Preisträgers für jeden Bauabschnitt gesondert aber verbietet, festgestellt werden kann. Dabei sind vor allem die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen. Wenn derjenige, der dem anderen etwas gewährt, selbst ein rechtliches Interesse daran hat, so wird dies in der Regel für seinen Rechtsbindungswillen sprechen (BGH a.a.O., 1536).

Die Beklagte hat sicher ein Interesse, durch einen hinreichenden Anreiz qualifizierte Architekten für eine Teilnahme am Wettbewerb zu gewinnen und zu einer möglichst guten Lösung der gestellten Aufgabe anzuspornen. Dem entspricht das Interesse des (der) Preisträger, auch mit der weiteren Bearbeitung beauftragt zu werden, da der bei Architektenwettbewerben zu erringende Geldpreis den materiellen Aufwand der Teilnehmer bei weitem nicht ausgleicht.

Dieses beiderseitige Interesse spricht dafür, in den Wettbewerbsbedingungen überhaupt eine verbindliche Zusage zu sehen. Es spricht aber nicht gleichermaßen dafür, die Auswahlfreiheit des Auslobers möglichst früh einzuschränken und ihn zu zwingen, sich für alle Bauabschnitte des Gesamt-Projekts auf ein und denselben Preisträger festzulegen. Denn insoweit gibt es kein ähnlich eindeutiges Interesse der Wettbewerbsteilnehmer, die in aller Regel wenigstens mit einem Teil der Planungsleistungen beauftragt werden möchten, anstatt zugunsten eines Mitbewerbers ganz auszufallen, und das Interesse der Beklagten spricht eher gegen die Annahme einer frühzeitigen Bindung an einen Preisträger.

Gegen die Annahme der Klägerin, mit ihrer Beauftragung mit den Architektenleistungen für die Bauabschnitte I und II habe sich die Beklagte auf "einen" Preisträger, nämlich auf sie selbst auch hinsichtlich weiterer Bauabschnitte festgelegt, spricht auch die bereits in den Wettbewerbsbedingungen hervorgehobene, von Anfang an bestehende Absicht, die Sanierung des Gymnasiums C nebst Turnhalle in mehreren Bauabschnitten zu verwirklichen. Wenn die Beklagte sich auf diese Weise die Möglichkeit offen hielt, das Vorhaben auf mehrere Haushaltsjahre zu verteilen, die Aufträge an die Handwerker immer nur für bestimmte Bauabschnitte zu vergeben, spricht dies eher dafür als dagegen, daß sie auch die Architektenleistungen für jeden Bauabschnitt, jedesmal wieder neu, an einen der Preisträger vergeben wollte.

Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Verwirklichung der ersten beiden Bauabschnitte zwangsläufig zur Ausführung auch des dritten Bauabschnitts hätte führen müssen. Die tatsächliche Entwicklung hat gezeigt, daß zumindest der hier streitgegenständliche Bauabschnitt so unabhängig von dem anderen war, daß die von der Klägerin insoweit vorgesehene Lösung gänzlich fallengelassen und eine gänzlich andere ausgeführt werden konnte. Eine weitergehende Bindung der Beklagten kann daher auch nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, der Gesamtsanierung und -erweiterung des Gymnasiums der Beklagten habe eine Gesamtkonzeption zugrundegelegen, die entweder ganz oder gar nicht umgesetzt habe werden können.

Ein Mehr an Bindungswillen vermag der Senat dem Text der Wettbewerbsbedingungen jedenfalls nicht zu entnehmen.

3. Einen Stadtratsbeschluß oder eine andere Willensäußerung der Beklagten, der sich entnehmen ließe, daß diese sich mit der Unterzeichnung der Architektenverträge zu den Bauabschnitten I und II über diese hinaus auf die Klägerin als Architektin festlegen habe wollen, trägt die Klagepartei selbst nicht vor.

II.

Die Entscheidung des Landgerichts hat aber auch dann Bestand, wenn man die Wettbewerbsbedingungen so verstehen wollte wie dies die Klägerin für richtig hält. Denn die Beklagte hat nicht die den Teilnehmern des Architektenwettbewerbs gestellte Aufgabe, sondern eine andere verwirklicht.

1. Bei der Beurteilung der Frage, ob dieselbe oder eine andere Bauaufgabe realisiert worden ist, kann sicher nicht einfach die von den Nachfolgearchitekten gefundene und verwirklichte Lösung mit dem Wettbewerbsbeitrag der Klägerin oder anderen Entwürfen aus dem damaligen Verfahren verglichen werden.

Wie der Sachverständige Dipl.-Ing S überzeugend ausführt, muß zwischen verschiedenen Lösungen derselben Aufgabe und verschiedenen Aufgabenstellungen unterschieden werden. Sonst wäre jeder Wettbewerbsbeitrag für sich eine eigene Aufgabe. Es kommt deshalb darauf an, die tatsächlich verwirklichte neue Lösung daraufhin zu untersuchen, ob in ihr eine neue Bauabsicht ersichtlich wird.

2. Im Rahmen des danach gebotenen Vergleichs zwischen der dem Wettbewerb zugrunde gelegenen Aufgabenstellung und der tatsächlich verwirklichten spricht allerdings der Umstand, daß es jeweils um Hallensportflächen geht, dafür, daß dieselbe Aufgabe realisiert wurde. Auch ging es nach wie vor darum, zwei parallel nutzbare Übungseinheiten zu schaffen, die Nebenräume wie Umkleiden, Geräteräume u.a. blieben ausweislich der unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Gutachters ebenfalls weitgehend gleich.

Aber nur in der Neuplanung ist eine für externe Zuschauer zugängliche Galerie (Stiefelgang) vorgesehen. Hier zeigt sich die von der ursprünglichen Planung einer reinen Schulturnhalle verschiedene Funktion der nunmehr geplanten und verwirklichten Halle.

Entscheidend ist aus der Sicht des Senats aber, daß die Sanierung einer vorhandenen Turnhalle etwas anderes ist als die Neuerrichtung einer solchen nach Abriß eines vorhandenen Gebäudes. Auch nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S liegt ein Unterschied der beiden Aufgabenstellungen darin, daß etwa die Bindung an gegebene Ausmaße der alten Halle entfallen ist.

Insgesamt sind die Unterschiede nach Überzeugung des Senats so groß, daß die neue Planung nicht mehr als Realisierung der ursprünglichen Wettbewerbsaufgabe angesehen werden kann.

3. Der Vortrag der Klägerin zur Eignung bzw. Nichteignung der nunmehr gebauten Halle für Sportwettkämpfe kann bei der Entscheidung nicht mehr berücksichtigt werden (§§ 523, 296 a ZPO a.F.).

Es handelt sich dabei um neuen Sachvortrag, der weder mit dem Inhalt der Berufungserwiderung noch mit den im Senatstermin vom 29.Mai 2002 getroffenen Feststellungen etwas zu tun hat, sondern eine Antwort auf die Klageerwiderung vom 15.Februar 1999 und den weiteren Schriftsatz der Beklagten vom 14.Juni 1999 enthält. Damals bereits argumentierte diese damit, die nunmehr verwirklichte Lösung diene nicht allein dem Schulsport, sondern auch den A Vereinen. Die Wettbewerbsaufgabe habe aber die Erweiterung und Sanierung einer ausschließlich dem Schulsport dienenden Halle zum Inhalt gehabt.

Wenn die Klägerin für eine substantiierte Reaktion auf diesen Sachvortrag mehr als drei Jahre benötigt, besteht für den Senat keine Veranlassung, nach den §§ 523, 156 ZPO a.F. die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Im übrigen ist der neue Vortrag allenfalls für eine der beiden die Klageabweisung je für sich allein tragenden Gründe von Bedeutung.

III.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs.1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr.10, § 711 ZPO.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs.2 ZPO n.F. liegen nicht vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da keine für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erhebliche Rechtsfrage ersichtlich ist, die bisher höchstrichterlich noch nicht geklärt wäre. Es geht vielmehr um die Anwendung höchstrichterlich geklärter Regeln auf den konkreten zur Entscheidung anstehenden Lebenssachverhalt.

Aus demselben Grund erfordert auch weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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