Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 17.06.2002
Aktenzeichen: 4 W 1787/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 2 S. 3
Das Gericht ist im Kostenfestsetzungsverfahren an die Erklärung des Antragstellers, wonach er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, trotz § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht gebunden, wenn diese Erklärung nicht plausibel oder gar zweifelsfrei unrichtig ist und das Gericht, wäre es an die Erklärung gebunden, sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsste.
4 W 1787/02

Nürnberg, den 17.6.2002

In Sachen

wegen Forderung,

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 4. Zivilsenat, durch den unterzeichneten Einzelrichter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Mai 2002 dahin geändert, dass die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten nur 2 234,09 Euro betragen (zuzüglich Zinsen hieraus nach Maßgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses).

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes betragt 414,02 Euro.

Gründe:

I.

Der Senat wertet den als "Erinnerung" bezeichneten Rechtsbehelf als sofortige Beschwerde. Als solche ist das Rechtsmittel zulässig (§ 104 Abs. 3 Satz 1, §§ 567 ff. ZPO).

II.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

1) Zwar hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2002 mitgeteilt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Liegt eine solche Erklärung vor, ist deren Richtigkeit für das Kostenfestsetzungsverfahren im allgemeinen zu unterstellen (§ 104 Abs.2 S. 3 ZPO).

Anders verhält es sich jedoch dann, wenn die Erklärung nach Lage der Dinge nicht plausibel erscheint oder gar zweifelsfrei unrichtig ist, so dass das Gericht - wäre es an die Erklärung gebunden - sehenden Auges eine offensichtlich falsche Entscheidung treffen müsste (vgl. Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 104 Rn 21; Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rn 13 "Umsatzsteuer"; jeweils mit weiteren Nachweisen des Meinungsstandes).

So liegt der Fall hier. Die Auskunft der Beklagten vom 15. Mai 2002, wonach die Beklagte "als Kommune" nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, beruht erkennbar auf der Überlegung, dass Kommunen in aller Regel keine Unternehmer und deshalb auch nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Dieser Ansatz ist zwar grundsätzlich richtig, gilt aber nicht ausnahmslos. Nach § 2 Abs. 3 UStG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, 4 KStG können vielmehr auch juristische Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen gewerblicher Betriebe umsatzsteuerpflichtig sein. Bei der Verpachtung eines gemeindeeigenen Hotels an einen privaten Hotelbetreiber, wie im konkreten Fall, ist diese Voraussetzung erfüllt. Folgerichtig hat daher die Beklagte in ihren Verträgen und Abrechnungen gegenüber dem Kläger Mehrwertsteuer ausgewiesen und sie von ihm auch verlangt (vgl. § 14 UStG).

Auf telefonische Nachfrage und nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Erklärung, wonach die Beklagte als Kommune nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, für den konkreten Sonderfall nicht mehr aufrecht erhalten und sich damit einverstanden erklärt, die im Kostenfestsetzungsantrag angesetzten Mehrwertsteuer-Beträge zu streichen.

2) Die Berechnung auf S. 2 des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses ist somit wie folgt zu ändern:

Der Beklagten sind als gewöhnliche außergerichtliche Kosten nicht 2.734,18 Euro erwachsen, sondern - wie dem Kläger - nur 2.357.05 Euro. Rechnerisch wirkt sich das dahin aus, dass ihr der Kläger insoweit nicht 1.970,49 Euro zu erstatten hat, sondern nur 1.649,94 Euro.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten, die durch die Säumnis des Klägers entstanden sind, verringert sich der Erstattungsanspruch der Beklagten von 677,61 Euro auf 584,15 Euro.

Die Summe des vom Kläger zu erstattenden Betrages beträgt somit nicht 2.648,11 Euro, wie vom Landgericht festgesetzt, sondern nur 2.234,09 Euro.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Umstand, dass die Beklagte auf telefonische Nachfrage des Senats dem Rechtsbehelf nicht entgegengetreten ist, entbindet sie nicht von der gesetzlichen Pflicht, als Unterlegene die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (OLG Nürnberg, OLG-Report 2000, 88) Schließlich war es die Beklagte, die durch die - wenn auch gutgläubig abgegebene - Erklärung vom 15. Mai 2002 die Festsetzung des überhöhten Erstattungsbetrages erst ausgelöst hatte.

Ende der Entscheidung

Zurück