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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 09.03.2007
Aktenzeichen: 4 W 2561/06
Rechtsgebiete: EnWG, GWB, GZVJU


Vorschriften:

EnWG § 75 Abs. 4
EnWG § 106 Abs. 2
GWB § 92
GWB § 93
GZVJU § 22 Abs. 2
Ist durch Landesverordnung gerichtsübergreifend bei einem Oberlandesgericht ein bestimmter Senat für Kartellsachen zuständig, so entscheidet dieser Senat als "EnWG-Senat" auch über Beschwerden gegen Entscheidungen von Regulierungsbehörden, die ihren Sitz im Bezirk eines anderen Oberlandesgerichts haben.
4 W 2561/06

Nürnberg, den 09.03.07

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 4. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Das Oberlandesgericht Nürnberg erklärt sich für unzuständig und verweist das Beschwerdeverfahren auf den Hilfsantrag der Beschwerdeführerin an den Kartellsenat des Oberlandesgerichts München.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin ist Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes. Sie hat mit Schreiben vom 28.10.2005 bei der Beschwerdegegnerin als der dafür zuständigen Regulierungsbehörde die Genehmigung der kostenorientierten Entgelte für den Zugang zu dem von ihr betriebenen Stromnetz nach § 23 a EnWG beantragt. Mit Bescheid vom 18.10.2006 hat die Beschwerdegegnerin dem Antrag nur zum Teil entsprochen und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Die Beschwerde wendet sich gegen die teilweise Ablehnung. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass die Beschwerdegegnerin die im Antrag enthaltenen Positionen der kalkulatorischen Gewerbesteuer, der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung und der Verlustenergie unzutreffend beurteilt habe. Die Beschwerdeparteien halten die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Nürnberg für gegeben.

II.

Das Oberlandesgericht Nürnberg ist für das Beschwerdeverfahren nach § 75 EnWG nicht zuständig. Auf den Hilfsantrag der Beschwerdeführerin war gemäß § 281 ZPO die Unzuständigkeit des Oberlandesgerichts Nürnberg auszusprechen und das Verfahren an den Kartellsenat des Oberlandesgerichts München zu verweisen.

1. Nach § 75 Abs. 4 EnWG entscheidet über die Beschwerde das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht. Für das Verfahren gelten daneben die §§ 106 ff EnWG. § 106 Abs. 1 EnWG erklärt die bei den Oberlandesgerichten gebildeten Kartellsenate für zuständig; § 106 Abs. 2 EnWG begründet die entsprechende Anwendbarkeit von §§ 92 und 93 GWB. Danach kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Zuständigkeit für Rechtssachen nach dem GWB einem Oberlandesgericht zugewiesen werden. Von dieser Konzentrationsmöglichkeit hat Bayern Gebrauch gemacht. § 22 Abs. 2 GZVJU weist dem Oberlandesgericht München die Entscheidung über Berufungen und Beschwerden für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten nach § 87 GWB zu. Ist gerichtsübergreifend oder sogar länderübergreifend bei einem Oberlandesgericht ein bestimmter Senat in Kartellsachen zuständig, so entscheidet dieser Senat nach § 106 EnWG auch als "EnWG-Senat" (Salje, Kommentar zum Energiewirtschaftsgesetz, 2006, § 106, Rn 1).

2. Der Bundesgesetzgeber hat durch § 106 Abs. 2 EnWG die Parallelität von GWB-Zuständigkeit und Zuständigkeit nach dem EnWG angeordnet (Salje a.a.O.Rn 7).

Daraus ergibt sich für die Länder nur noch ein eingeschränkter Gestaltungsspielraum, der sie zu einer einheitlichen Regelung der Zuständigkeit für Kartellsachen und EnWG-Sachen berechtigt (vgl. Salje a.a.O., Rn 8). Diese gesetzliche angeordnete Parallelität darf nicht dadurch aufgespaltet werden, dass eine von der Zuständigkeit der Kartellsenate losgelöste Zuständigkeit für Rechtssachen, die nach dem EnWG den Oberlandesgerichten zugewiesen sind, begründet wird.

3. Auch die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass für die Beschwerden nach § 75 EnWG die Zivilgerichte zuständig sind, die nach geltendem Recht die Entscheidung in Zivilprozessen und über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden auf der Grundlage des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen treffen, die energiewirtschaftliche Fragen zum Gegenstand haben (BT-Drucksache 15/3917, Seite 71).

4. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeparteien ergibt sich aus der Verweisung in § 106 Abs. 2 EnWG auf §§ 92,93 GWB eine ausdrückliche Verknüpfung mit der landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung für Kartellsachen. Es handelt sich nicht nur um eine Frage der gerichtsinternen Geschäftsverteilung. In dieser Regelung liegt auch keine Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

Der Umstand, dass für Kartellverwaltungssachen keine Zuständigkeitskonzentration durch Rechtsverordnung geschaffen wurde, ist dabei ohne Bedeutung, denn die ausschließliche Zuständigkeit des OLG München ergibt sich insoweit aus § 63 Abs. 4 GWB, da die Landeskartellbehörde ihren Sitz in München hat. Das EnWG will eine "Gleichschaltung" des Rechtsschutzes gegen Kartellverfügungen und gegen Entscheidungen der Landesregulierungsbehörden (vgl. Salje a.a.O. § 75 Rn 33).

Ende der Entscheidung

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